Die Austauschschülerin

 

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Kapitel 22: Jenseits allen Wissens



Stella blickte auf das Pergament, das ihr ihre Eltern gesendet hatten. Sie schrieben, dass sie sehr froh waren, dass sie über Weihnachten nach Hause kommen würde. Bei Stella kam jedoch nicht allzu große Freude auf. Sicher, dass sie ihre Eltern wiedersehen würde, darauf freute sie sich, aber der Gedanke, so weit von Severus entfernt zu sein, schmerzte sie sehr.

Sie konnte immer noch nicht so ganz glauben, was Severus ihr da erzählt hatte.
'Dieser verdammte Paragraph!', dachte sie bitter, als sie gerade in Verwandlung saß. Sie konnte sich nur schwer auf den Unterricht konzentrieren.

Nun war schon eine Woche seit ihrer letzten Nacht vergangen und Severus ging ihr ständig aus dem Weg. Anscheinend war er sehr darauf bedacht, sich an Dumbledores Auflagen zu halten. Doch wenn sie in seine Augen blickte, sah sie, dass er genauso leidend aussah wie sie selbst. Unbewusst seufzte sie laut auf.

"Miss Maris!", sprach McGonagall sie an. "Wollen Sie uns nicht mitteilen, was Sie so beschäftigt? Oder haben Sie so Probleme damit, wie man eine Maus in eine Katze verwandelt? Schließlich ist das Stoff aus dem zweiten Schuljahr!" McGonagall schien ziemlich schlechte Laune zu haben.
"Oh, entschuldigen Sie bitte!", murmelte Stella. "Es ist nichts!" Sie setzte ein müdes Lächeln auf. Was hätte sie auch anders sagen können.

Nach der Stunde machten sich Stella, Lavender, Harry und Ron auf den Weg zur Großen Halle, zum Mittagessen.
Die Jungen und Lavender warfen sich immer wieder besorgte Blicke zu. Seit einer Woche wurde Stella stiller und stiller. Sie wirkte sehr in sich gekehrt und selbst mit Lavender redete sie kaum.

Stella hatte ihnen nichts von dem Paragraphen erzählt. Sie konnte einfach nicht. Die Sehnsucht nach Severus zeriss ihr fast das Herz.

Ihr Blick ging, wie immer, automatisch zu Severus hin, der ihren Blicken auswich. Tränen stiegen in ihr auf. Sie sah, wie er lustlos in seinem Essen rumstocherte. 'Genauso lustlos wie ich!', dachte sie traurig und wandte ihren Blick wieder von ihm weg. Da sie eh keinen Hunger mehr hatte, stand sie auf und verließ die Große Halle.

Sie lief auf ihr Zimmer und warf sich ihren Wintermantel über. Über Nacht hatte es angefangen zu schneien und die Landschaft war mit einer flockenweißen Schicht überzogen.

Lavender kam gerade in dem Moment ins Zimmer, als Stella es wieder verlassen wollte. Sie hielt sie fest, weil sie es einfach nicht mehr aushielt, Stella so leiden zu sehen.
"Was ist denn los mit dir?", fragte sie und sah ihr fest in die Augen.
Stella wich ihrem Blick aus. Tränen stiegen in ihr auf.
"Jetzt sprich doch endlich!", sagte Lavender fast flehendlich und zog Stella wieder zurück ins Zimmer.
Stella seufzte und ließ sich auf ihr Bett fallen und berichtete ihr von dem Paragraphen.

Lavender starrte entsetzt zu Stella. "Das darf doch nicht wahr sein! Wenn Peeves mir in die Finger kommt! Deshalb kann der Kerl im Moment also nichts sprechen, ich habe mich schon gewundert!"

Die Sache mit dem Paragraphen trieb sogar Lavender die Tränen in die Augen. Sie hatte nun schon so lange mit Stella gelitten und hatte sich so gefreut, dass es endlich mit den beiden geklappt hatte und nun das! Ihr war klar, dass es nicht ganz so gut war, wenn eine Schülerin und ein Lehrer etwas miteinander hatten, aber wenn sie sich doch liebten! Außerdem war Stella nicht mehr vierzehn!

Sie umarmte ihre Freundin, die inzwischen angefangen hatte, bitter zu weinen. "Es wird schon alles wieder werden!", murmelte sie und drückte Stella fest an sich.
Stella hatte sich wieder gefangen und sah Lavender durch einen Tränenschleier an. "Weißt du, es ist so furchtbar, ihn zu sehen und doch zu wissen, dass wir uns nicht treffen können. Ich will nicht, dass Dumbledore den Entliebungs-Zauber über uns legt! Das wäre so schrecklich!"

Lavender konnte dem nichts mehr hinzufügen. Andererseits konnte sie auch nicht glauben, dass Dumbledore so herzlos sein könnte. Das war nicht seine Art! "Und jetzt?"
"Ich fahre über Weihnachten nach Hause!"
"Nach Deutschland?"
Stella nickte.
"Aber du kommst doch wieder, oder?" Lavender konnte und wollte nicht glauben, dass die Geschichte zwischen Snape und Stella so tragisch enden sollte!
"Natürlich komme ich wieder!" Sie lächelte traurig.
"Hast du es schon Snape gesagt?"
Stumm schüttelte Stella ihren Kopf.
"Dann gehe zu ihm und sag ihm, dass du nach Hause fährst! Snape leidet doch bestimmt genauso wie du! Und am Freitag fährst du dann doch schon nach Hause!"
Stella seufzte tief und nickte. Sie stand auf, blickte Lavender noch einmal in die Augen und beschloss, sofort mit Severus zu reden.

***



Mit zitternden Knien stand sie vor der Tür zu Snapes Kerker. Wie würde er reagieren? Als sie gerade die Hand gehoben hatte um zu klopfen wurde auch schon die Tür aufgerissen.

Severus wollte gerade nach draußen gehen um sich Zutaten für den Unterricht zu besorgen. Zudem hielt er es nicht mehr in seinen Gemächern aus. Stella fehlte ihm in jeder Minute, die er wach war. Er öffnete die Tür und erblickte zu seiner Überraschung Stella davor, die anscheinend gerade anklopfen wollte.
Seit einer Woche war er ihr aus dem Weg gegangen. So schwer es ihm auf fiel. Aber er war auch Dumbledore gegenüber irgendwie verpflichtet und der verdammte Paragraph spukte ihm ständig im Kopf umher.

Einen Moment lang sahen sie sich nur stumm an. Severus lächelte nicht. Seine Stirn war angespannt und sie konnte gut die kleine Falte zwischen seinen Augen erkennen. Sein Mund war leicht geöffnet und er entrang sich einen kleinen Seufzer. Am liebsten hätte er sie jetzt sofort wieder in seine Arme gezogen. Doch unter größten Mühen wiederstand er seinem Wunsch.
Stella fragte sich in diesem Moment wieder, wie sie es nun schon eine Woche ausgehalten hatte, ihn nicht näher zu sehen. Seine Ausstrahlung war unbeschreiblich und sie bemerkte, wie ihre Knie anfingen zu zittern.

Sie versuchte sich zu sammeln und begann leise zu sprechen: "Hallo, Severus! Ich, ich muss mit dir reden!"
So leidend sein Gesichtsausdruck war, genauso leidend war nun Stellas Stimme.
"Nicht hier!", murmelte Severus. Er würde es nicht aushalten, mit ihr in einem Raum alleine zu sein. Dann würde er für nichts garantieren können! "Wir treffen uns in zehn Minuten am hinteren Eingang des Gewächshauses, einverstanden?"
Stella sah wieder zu ihm auf und nickte. "Bis dahin!" Zu gerne hätte sie noch hinzugefügt, dass sie sich darauf freute, traute sich aber dann doch nicht. Sie wand sich ab und lief schnell um ihre Winterjacke zu holen und lief dann auf dem schnellsten Weg nach draußen.

Es war ziemlich kalt und als sie am Gewächshaus ankam, schlang sie erst einmal fest ihren Mantel um sich. Sie sah sich um und erblickte den Wald, den See, das Gewächshaus hinter sich und dachte daran, dass sie dort überall von Severus gerettet wurde!
Wie ein Film zogen die letzten Monate vor ihrem geistigen Auge vorbei und es schmerzte sie sehr, dass sie Hogwarts nun verlassen musste.

Sie hörte knirschende Schritte im Schnee und drehte sich um. Gehetzt lief Severus auf sie zu, ergriff ihren Arm und zog sie aus dem Blickfeld der Schule.
Er drückte sie an die Mauer und Stella dachte schon, dass er sie wieder küssen würde. Doch er ließ seine Hand nur sanft durch ihr Haar gleiten und seufzte. "Was stellst du nur mit mir an, Stella Maris?", fragte er sie nachdenklich.
Severus ….!
"Severus, ich fahre weg!" Sie sagte dies schnell, sie hatte sonst Angst, dass sie es nicht schaffen würde, es ihm zu sagen.
"Weg? Wohin?" Severus spürte in seinem tiefen Inneren einen Stich. Verzweiflung stieg in ihm auf.

"Ich fahre nach Hause, nach Deutschland!"
"Kommst du wieder?", fragte er vorsichtig.
"Ja, ich komme nach den Weihnachtsferien wieder. Schreibst du mir?", fragte sie vorsichtig. Als stumme Antwort zog Severus sie verzweifelt in die Arme.

"Es tut mir leid, dass ich mich in letzter Zeit so rar gemacht habe! Aber wir müssen einfach vorsichtig sein! Natürlich schreibe ich dir, meine Liebe!" Während er dies sagte, legte er seine Finger unter Stellas Kinn und drückte ihren Kopf nach oben, damit er in ihre Augen blicken konnte. Sie sah in unendlich traurig an und Severus senkte langsam seinen Mund auf ihre zitternden Lippen.

So sehr hatten sich beide wieder nach einem Kuss des anderen gesehnt und sie gaben sich einen leidenschaftlich-verzweifelten Kuss. Sie konnten sich nur schwer voneinander trennen. Es war schließlich eine Art Abschiedskuss und es würde lange dauern, bis sie sich wieder sehen würden.
"Ich werde dich vermissen, Stella Maris!", murmelte Severus leise und kraulte, während er dies sagte, sanft ihren Nacken.
"Ich dich auch, Severus!"

Mit aller Gewalt trennten sich die Beiden voneinander und Stella lief mit zitternden Knien zurück zum Schloss. Sie drehte sich nicht noch einmal um.

Die Tage bis zu ihrer Abreise vergingen schnell und doch quälend langsam. Besonders wenn sie Unterricht bei Snape hatte, schien die Zeit zu stoppen.
Severus beachtete Stella nicht sonderlich. Er tat dies allerdings nur aus Selbstschutz. Er wollte sich nicht noch mehr quälen. Als die letzte Unterrichtsstunde vorbei war, atmeten Beide auf.
Langsam packte Stella ihre Tasche und als alle anderen Schüler den Raum verlassen hatten, trat Severus zu ihr hin. Eine unangenehme Spannung beherrschte den Raum, die erst durch seine tiefe Stimme durchbrochen wurde.

"Ich wünsche dir eine schöne Zeit zu Hause!"
"Danke!", antwortete Stella tränenblind. Sie sah auf und konnte ihn nur verschwommen sehen. Sie spürte, wie Severus ihre Hand hob, ihr einen Kuss auf den Handrücken gab und schnell von ihr wegtrat.
"Du kannst mir dann schreiben!", sagte er noch rasch und verließ schnell den Raum.
Stella wollte auch gehen, doch dann fiel ihr ein schöner Spruch ein, den sie ihm wenigstens dalassen wollte. Sie suchte in ihrer Tasche Feder und Pergament und schrieb schnell.
Sie faltete den Zettel zusammen und legte ihn auf Severus Schreibtisch.

***



Als sie Freitags zusammen mit Lavender im Hogwarts-Express saß und darauf wartete, dass der Zug losfuhr, ließ sie immer wieder ihren Blick über den Bahnsteig schweifen.
"Vielleicht kommt Severus ja doch noch, um auf Wiedersehen zu sagen!" Sie wünschte es sich so sehr.
Dann setzte sich der Zug in Bewegung. Sie hatten fast schon den Bahnhof verlassen, als sie eine schwarze Gestalt auf den Bahnsteig treten sah.
Stella stürzte zum Fenster und schob es nach unten. Er war tatsächlich gekommen!
Sie streckte ihren Kopf aus dem Abteil und winkte ihm ein letztes Mal zu. Auch Severus hob seine Hand und schenkte ihr ein trauriges Lächeln.
Er blieb so lange stehen, bis der Zug aus seinem Blickfeld verschwunden war.

Er griff nach dem Pergament, das er auf seinem Schreibtisch gefunden hatte und las noch einmal Stellas Zeilen:


Was uns wirklich ausmacht
ist nicht greifbar,
ist Jenseits allen Wissens.

Wir geben uns der Liebe hin,
weil sie uns wenigstens
Fühlen lässt,
was wir nicht wissen können.

Nur darauf kommt es an
- am Ende

Ich werde dich vermissen!

In Liebe, Stella


Langsam lief Severus Snape zurück nach Hogwarts. Er hoffte sehr, dass die nächsten Wochen schnell umgehen würden!


Kapitel 21

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