Tortur

 

 

Zurück

 

Zurück zur
Startseite




Kapitel 32: Erkenntnisse



MacGillivray passierte die Korridore mit ausladenden Schritten, in der Hoffnung, daß jemand, der sie gedachte anzusprechen, allein ihrem Gang entnahm, daß es bessere Zeitpunkte für Konversationen gab.
Unglücklicherweise war ein spezieller Personenkreis naturgemäß blind für derartige Subtilitäten, und MacGillivray blieb widerwillig stehen, als die Stimme eines Mädchens rief: "Entschuldigung!"

Catriona zwang sich zu einem einigermaßen unverbindlichen Blick. "Miß Granger, was kann ich für Sie tun?"

Hermione richtete sich unwillkürlich noch ein wenig mehr auf, aber ihr Blick glitt unwillkürlich zu MacGillivrays Hüfte, und ein verdächtiges Zucken umspielte ihre Mundwinkel. "Ich möchte Sie nicht aufhalten, wenn Sie in Eile sind", sagte sie rasch.

"Wie kommen Sie darauf, ich könnte in Eile sein?" erkundigte sich die Schottin ironisch, aber als sie gedankenverloren die Robe glattstrich, stießen ihre Finger an den Utensiliengürtel, den sie vergessen hatte, nach beendeter Tätigkeit abzuschnallen.

"Ausgesprochen scharfsinnig", lächelte sie amüsiert und spürte ein wenig der gereizten Anspannung weichen. "Folgen Sie mir, Miß Granger. Auf dem Gang spricht es sich unbequem. Oder haben Sie Unterricht?"

Hermione verneinte und folgte der jungen Frau zu einem der Gastquartiere.

Eine elegante, stolze Eule saß auf dem Fenstersims. MacGillivray entfernte einen kunstvoll gefalteten Brief vom Bein des Tieres und entließ es mit unergründlicher Miene. Ohne das Siegel geöffnet zu haben, legte sie ihn beiseite, deutete auf einen Sessel und hieß das Mädchen, Platz zu nehmen.

"Was ist Ihr Anliegen?" verlangte sie seltsam heiser zu wissen, während sie sich auf einen bedächtigen Weg durch ihr Quartier machte.

"Ich wollte Sie etwas bezüglich der Hausaufgabe fragen", sagte Hermione, nicht im Mindesten eingeschüchtert durch ihr launisches Verhalten. "Wo kann ich mehr über solche Ersatzdrogen erfahren? Ich habe im Unterricht erkannt, daß wir viel zu wenig über Improvisation wissen. Das würde ich gern ändern."

MacGillivray massierte nachdenklich ihren Nasenrücken, setzte die Brille ab, betrachtete das linke Glas prüfend und setzte sie wieder auf.
"Mir gefällt Ihr Wissensdurst", sagte sie verhalten, "aber Improvisation können Sie nicht auf dieselbe Art und Weise lernen, wie Sie sich Fakten aneignen. Sie müssen zwar aufgrund von Auswendiggelerntem eine Vorauswahl möglicher Lösungen treffen, aber dann gilt: ausprobieren."

Hermione kaute versonnen auf ihrer Unterlippe. "Etwas Ähnliches hat Professor Snape einmal gesagt", bemerkte sie fast bedauernd, "aber bei ihm kostet das Nachfragen soviel Mut. - Ich habe gehört, er unterrichtet wieder?"

"Die nächste Stunde werden Sie noch mit mir bestreiten, damit wir den begonnenen Trank zu Ende führen können", sagte MacGillivray sachlich und verbot sich den Blick auf den Tisch, auf dem der unwillkommene Brief lag, dessen Absender sie allein an der Eule erkannt hatte.

"Werden Sie noch länger hier sein?" erkundigte sich nun auch noch Hermione völlig unschuldig.

"Warum?" gab Catriona schroffer zurück, als sie es beabsichtigt hatte. Die Schülerin konnte nichts wissen von der verfahrenen Situation; und es war auch nicht Grangers Schuld, daß ihre Emotionen Achterbahn fuhren.

"Ich weiß, daß meine Bitte Ihnen komisch vorkommen muß", begann das Mädchen ein wenig scheu, aber dennoch ernsthaft entschlossen, "ich wollte fragen, ob Sie vielleicht eine weitere Improvisation für mich hätten."

Catriona MacGillivray hob feine Brauen, so daß sie halb spöttisch, halb überrascht dreinschaute. Sie wäre weniger verblüfft gewesen, hätte sie Hermione Granger besser gekannt, so aber überwog die Verwunderung darüber, daß es tatsächlich Schüler gab, die um Zusatzaufgaben baten.
Sie selbst hatte sich zwar auch nie mit dem Schulstoff zufriedengegeben, aber dabei nie auf Lehrer zurückgegriffen, sondern sich alles allein erarbeitet.

"Einverstanden, Miß Granger", sagte sie ohne weiteres Nachdenken. Jede Art von Wissensdurst erschien ihr fördernswert, und weshalb sollte sie nicht für die verbleibende Zeit ihres Aufenthaltes ein wenig mehr tun, als sich in Snapes Labor zu vergraben?
"Überlegen Sie sich doch mal, was passiert, wenn Sie das Schrumpfelixier auf die falsche Temperatur erhitzen. Alle Varianten bitte durchspielen. Dann kommen Sie zu mir, wir diskutieren die Ergebnisse und erproben einige davon. Zufrieden?"

"Sehr", Hermione strahlte, "vielen Dank."

"Keine Ursache", nickte MacGillivray freundlich, aber kaum hatte das Mädchen ihr Quartier verlassen, legte sich der bleischwere Sorgenmantel wieder um sie, drückte ihre Schultern nieder und verdarb ihr jegliches Lächeln.

Das Papier dort auf dem Schreibtisch blitzte sie erwartungsvoll an, verwandelte sich in eine drängende Anklage, fesselte ihren unsteten Blick, bis sie entnervt aufgab und das Schreiben öffnete.

xoxoxox

Severus Snape glitt geschmeidig von dem Bett, auf dem er Madam Pomfreys Infusion über sich hatte ergehen lassen.
"Ich sehe Sie morgen, Professor", gab ihm die Heilerin spitz mit auf den Weg, bevor ihr Patient eilends das Weite suchte.
Nach zwei ereignislosen, aber dennoch recht ermüdenden Unterrichtsstunden, in denen erwartungsgemäß niemand seine Rückkehr überhaupt kommentierte, hatte er sich auf die Krankenstation begeben, um die Behandlung einstweilen hinter sich zu bringen.

Nun betrat er sein Büro - es erschreckte ihn, Catriona dort nicht vorzufinden; wie sehr hatte er sich an ihre Gegenwart gewöhnt, wie angenehm, bestimmte Fragen mit jemandem diskutieren zu können… wie beruhigend, sich ihrer Zuneigung und ihrer unverbrüchlichen Treue gewiß zu sein.

Mit sorgenvoller Miene nahm Snape die Arbeit auf. Sie hatte sich natürlich von Zeit zu Zeit eine Pause verdient, gestand er sich mißmutig ein und blickte forschend auf die Kühlschlange in der Ecke, die sich zum Zeichen des Protestes gegen - wie Snape zu Recht vermutete - rüde Behandlung zu einem merkwürdigen Gebilde verdrillt und einen filigranen Kreis aus Eiskristallen um sich errichtet hatte.
Kopfschüttelnd tröstete sie der Tränkemeister mit einer Spezialmischung getoasteter Insekten und machte eine mentale Notiz, Catriona (Wo steckte sie nur?) wegen erwiesener Schlechtbehandlung magischer Geschöpfe die Leviten zu lesen.

Spät am Abend kehrte er in sein Quartier zurück, nahm in dem einzigen Sessel Platz, überkreuzte die Beine und schloß sekundenlang ermattet die Augen.
Natürlich hatte er sich alles andere als geschont, aber dieses Gefühl rastloser Unruhe, das durch jede seiner Nervenbahnen kribbelte, war kein Ausdruck von Erschöpfung, sondern von Sehnsucht.

Es waren erst wenige Stunden vergangen, in denen er MacGillivray nicht mehr gesehen hatte und doch schien die Trennung ihm, der sonst keinen anderen Menschen länger als unbedingt nötig in seiner Nähe duldete, bereits eine schmerzlich-unerträgliche Ewigkeit zu währen.

'Nimm dich zusammen', fuhr er sich unwirsch an, 'und sei vernünftig. Es gibt kein immerwährendes Glück.'

Snape erhob sich, füllte ein Glas mit Kuckuckswein und leerte es in einem Zug. Die delikate bernsteinfarbene Flüssigkeit schmeckte fad und einförmig - er vermißte ihr aufregendes, prickelndes Eigenleben, das erst durch Catrionas schillernde Augen und ihre ironisch-liebevolle Art anhub, in Myriaden von Klängen und Tönen von einer überwältigenden Sinfonie zu künden.
Entgegen aller Vorsätze erhob er sich und glitt rastlos auf den dunklen Korridor hinaus.

xoxoxox

Catriona MacGillivray öffnete auf ein widerwilliges, kurzes Pochen die Tür persönlich; eine einzige Person nur brachte das Kunststück fertig, durch ein simples Anklopfen gleichermaßen Trotz und Eigensinn zu verkünden.
Sie umfaßte die Hand des Besuchers warm, bevor sie ihn wortlos hereinbat.

"Wie schön, daß du gekommen bist", sagte sie leise.

"Ich war ruhelos", gestand Snape überraschend ein, jedoch in so geringer Lautstärke, als fürchtete er, jemand anderem als MacGillivray könnte ein solches Bekenntnis zu Ohren kommen.

Sie lehnte den Kopf gegen seine Schulter, so daß sie dem Pulsieren des Blutes in seinen Adern ganz nahe war und zwang sich, nicht an das zu denken, was Lupin ihr anvertraut hatte; womöglich gab es dem Tränkemeister Sicherheit zu wissen, daß nur noch er selbst, Lupin und Dumbledore eingeweiht waren; er trank selbstvergessen den aromatischen Duft ihres Haares, das angenehm widerspenstig die sensible Haut seiner Nase kitzelte.
Es gefiel ihm, daß für sich genommen nichts an ihr perfekt sein wollte, das Gesamtbild indessen durchaus ansprechend ausfiel.

"Die Stiftung erbittet meine Rückkehr", sagte sie mit einem Mal gänzlich unerwartet. "Heute traf die Eule ein."

Snape schwieg eine geraume Zeit, das Ebenbild eines sinnenden Asketen, bevor er schließlich murmelte: "Wann?"

"So bald als möglich." Catrionas Stimme klang gedämpft wie ein moosüberwachsener Weg, der zu einer Lichtung führt und der jeden noch so leichten Schritt verschluckt.

Sein kaum merkliches Nicken, das sie noch vor kurzem in Rage versetzt hätte, weil sie es als Desinteresse mißverstand, erzürnte sie nicht; ganz im Gegenteil.
Es führte zu nichts, kostbare Zeit mit Traurigkeit zu vergeuden. Entweder man tat sein Möglichstes, um das Problem zu beseitigen oder…
Catriona verdrängte kategorisch jeden Gedanken an die zweite Möglichkeit, die ihr völlig indiskutabel erschien.

Ihrer Arme Verflechtung bedurfte keiner Worte; blind fanden ihre Seelen einander, verschmolzen zu einem einzigen Sein. So nahe bei ihm verklangen die Sorgen, unter deren unerträglichem Lärm Catriona gerade noch vermeint hatte zu ertauben, wichen einer dunklen Stille, in der Geborgenheit fühlbare Gestalt annahm.

Irgendwann lagen sie eng beieinander, genossen das dichte Band unbedingter Zusammengehörigkeit, das sie mit jedem Tag, jeder Vereinigung fester miteinander verwob, fühlten die erhitzten Atemzüge in entspannte Ruhe zerfließen und ersehnten nichts mehr, als die Fähigkeit, den Augenblick zu fesseln, das Verrinnen der Zeit aufhalten zu können.

xoxoxox

Severus Snape blätterte gedankenverloren in den Aufzeichnungen, die er während der Entwicklung des Werwolftrankes angefertigt hatte.
Catriona hatte den Vormittag über Vorräte aufgefüllt und an Madam Pomfreys Liste weitergearbeitet; erst kürzlich war sie hinausgeglitten, um das Mittagessen für - wie der Tränkemeister befürchtete - sie beide zu beschaffen.

Wie von Ferne vernahm er gedämpftes Türklopfen - wozu die unnötige Höflichkeit, wenn sie sonst auch einfach eintrat?

"Ja!" sagte er barsch, ohne den Blick von den Pergamenten zu lösen.
Daß die Tür zögernd und beinahe zaghaft geöffnet wurde, irritierte ihn in einer undefinierbaren Weise; er wippte geistesabwesend mit der Feder, strich sich dunkle Strähnen aus den Augen und sah jäh zerstreut auf.

"Miß Granger", fuhr er das Mädchen an, das so gar nicht die Besucherin war, die er erwartet und ersehnt hatte, "haben Sie sich in der Tür geirrt?"

Hermione zog einigermaßen entsetzt scharf den Atem ein. "Professor…eigentlich suche ich Miß MacGillivray", sagte sie schnell, in der Hoffnung, der Mut würde sie nicht verlassen.

Er wölbte eine spöttische Braue, aber selbst diese wohlbekannte Geste höhnischer Herabwürdigung konnte nicht darüber hinwegtäuschen, wie mitgenommen und ausgezehrt er wirkte.
Sie hatte den Tränkemeister monatelang nicht gesehen; Gerüchten zufolge war er im Gefängnis gewesen, aber ihre Vorstellungskraft der Abgründe menschlicher Justiz war zu unvollkommen, um selbst eine Gefangenschaft mit der bleichen, sichtlich erschöpften Person zu assoziieren, die hier vor ihr saß.

Hermione schluckte aufwallende Unsicherheit und bekräftigte: "Wissen Sie, wo ich sie finden kann?"

Blitzschnell erwog Snape, die aufdringliche Schülerin hinauszuwerfen, besann sich jedoch eines Besseren, als er bedachte, daß sie dann Gefahr lief, Catriona zu begegnen - im schlimmsten Falle mit Speisen beladen. Alles, nur das nicht.

"Warten Sie hier", herrschte er sie an, keinen Deut freundlicher und rauschte davon, ein Schatten des Meisters, der einst unterrichtet hatte, aber immer noch respekteinflößend genug, um Hermiones natürliche Neugier so weit zu dämpfen, daß sie keine Anstalten machte, sich von dem ihr zugewiesenen Platz fortzubewegen.

xoxoxox

Er traf MacGillivray auf der Treppe. Sie trug tatsächlich einen Korb am Arm und grinste unverschämt, als sie seiner ansichtig wurde.

"So hungrig?" spöttelte sie liebevoll, aber Snape durchbohrte sie mit einem gereizten Blick und sagte unwirsch: "Sei nicht albern. Hermione Granger wünscht, dich zu sprechen. In meinem Büro."

MacGillivray hob die Brauen, wirkte jedoch ansonsten überhaupt nicht verwundert.

"Das ging ja fix", bemerkte sie mehr zu sich selbst, drückte Snape den Korb in die Hand und wollte sich auf den Weg in sein Labor machen, doch der Zaubertrankmeister hielt sie mit einem herrischen "Nicht so schnell" energisch zurück.
"Was hat das zu bedeuten?" verlangte er mißtrauisch zu wissen, und ein unangenehmes Licht glomm in seinen schwarzen Augen.

Catriona legte den Kopf ein wenig schief, als überlegte sie, ob er dies wohl ernst meinen konnte.

"Du liebe Güte, Severus", rief sie aus, als er sie unentwegt vorwurfsvoll fixierte, "sie ist vermutlich gekommen, ihre Zusatzaufgabe mit mir zu besprechen. Das ist doch kein Verbrechen."

"Zusatzaufgabe?" echote Snape entgeistert. "Freiwillig?"

"Ganz recht", bestätigte die Schottin amüsiert, ein triumphierendes Lächeln in den Mundwinkeln. "Keine Sorge, du erfährst die Details noch früh genug. - Wir dürfen doch dein Labor benutzen?"

Das indignierte Glitzern in seinen Augen verriet ihr, daß sie weitere Sticheleien nun besser unterließ; Snape indes lächelte listig und sagte mit großzügiger Geste und triefendem Spott: "Aber bitte sehr, fühlt euch wie zu Hause."

MacGillivray streichelte nachsichtig seine Schulter, die sich selbst unter mehreren Lagen dicken Stoffes spitz und knochig anfühlte. Er widerstand dem unwillkürlichen Impuls, sich abzuwenden; zu angenehm, ihre unaufdringliche Zärtlichkeit, deren Qualität erst durch die sparsame Dosierung vollständig zur Geltung kam.

"Es könnte ein Weilchen dauern", sagte sie sanft. "Iß ruhig schon und genieße vor allem das Nie Zusammenfallende Kirschsoufflé - eine kleine Wiedergutmachung der Hauselfen für einen morgendlichen Faux pas."

Zwinkernd eilte sie davon, und Snape, dem sich der Zusammenhang nur bedingt erschloß, da er Catrionas Konversation mit dem Botenelfen nicht mitbekommen hatte, kehrte säuerlich in sein Quartier zurück.

xoxoxox

"Ich hoffe sehr, der Professor ist nicht verärgert wegen mir", sagte Hermione Granger wenig später, während sie auf MacGillivrays Geheiß einen Kessel anfeuerte.

"Woher denn", entgegnete die Schottin vollkommen ernst und fixierte das Mädchen eidechsengleich mit beunruhigenden Jadeaugen.

"Er sieht schlecht aus", fügte Hermione fast ein wenig scheu hinzu. "Wissen Sie, was mit ihm ist?"

"Haben Sie ihn vermißt?" gab Catriona schärfer zurück, als sie es beabsichtigt hatte. Was sollte das Ausfragen, das einzig dazu diente, kleingeistige Neugier zu befriedigen? Severus Snape war als Lehrer alles andere als beliebt gewesen, soviel hatte sie mittlerweile verstanden, und daß sich einzig Draco Malfoy nach seinem Schicksal erkundigt hatte, gestattete tiefe Einblicke in die verständnisvollen, mitfühlenden Abgründe menschlichen Seins.

"In keinem Unterricht habe ich so viel gelernt", verteidigte sich Hermione vage. "Er fordert uns wie sonst niemand, eröffnet Einblicke in immer verborgene Geheimnisse… aber ja, Sie haben recht, wenn Sie glauben, daß ihm das keiner jemals sagen würde. - Ich hätte nicht fragen sollen."

Ein trauriger Zug umspielte ihre Mundwinkel, und MacGillivrays Blick wurde unwillkürlich weicher. Vielleicht saß das Herz des Mädchens doch auf dem richtigen Fleck.

"Es geht ihm schon besser, als vor einigen Monaten", sagte sie kryptisch und wechselte sofort das Thema: "Zu welchen Ergebnissen sind Sie gelangt?"

Hermione dämpfte die züngelnden Flammen durch einen geschickten Wink ihres Zauberstabes und zog die Nase kraus.
"Ich habe alles aufgeschrieben", gestand sie ein wenig kleinlaut, aber Catriona schien nichts dabei zu finden. Sie wirkte abwesend, als reisten ihre Gedanken, während sie selbst verdammt war, physisch an diesem Ort zu verweilen.

"Gut", bemerkte sie leichthin, "ich lese den Aufsatz später. Was würden Sie am liebsten probieren?"

"Wenn man das Schrumpfelixier auf neunzig statt der erforderlichen siebzig Grad erhitzt, wird es als solches wertlos", begann Hermione verhalten. "Ich habe bei einem Klassenkameraden beobachtet, daß es beginnt, elastische Fäden zu ziehen, wenn man es auf siebzig Grad abkühlt, nachdem man den Fehler bemerkt hat."

Auf MacGillivrays anerkennendes Nicken hin fuhr sie mit der exzitierten Aufmerksamkeit eines eifrigen Schülers fort: "Ich würde nun gern erfahren, ob man die Fäden konservieren kann, um sie für andere Zwecke zu nutzen."

"Beispielsweise?" Catrionas Stimme verriet nichts von ihrer Freude über Grangers neu erwachten Forscherdrang, aber daß das Mädchen Potential besaß, war unverkennbar. Nicht jedem war gegeben, aus den sprichwörtlichen Steinen, die einem hin und wieder den Weg versperrten, etwas Sinnvolles zu bauen.
Prüfend bohrten sich ihre Augen hinter den Brillengläsern in die braunen der Schülerin, die konzentriert erwiderte: "Madam Sprout beklagte neulich den übergroßen Bewegungsdrang des Springkrautes, das sie in Gewächshaus drei züchtet. Freilassen kann sie es nicht, da richtet es nur Unheil an. Anbinden ist ebenfalls schlecht, weil das Kraut ziemlich empfindlich auf Fasern reagiert. Wenn meine Fäden…" Sie unterbrach sich, wurde rot und blickte zu Boden.

"Eine ausgesprochen einfallsreiche Überlegung", lobte MacGillivray sichtlich angetan und kaschierte mit einem ermutigenden Lächeln ihre Erheiterung. Die kleine, pummelige Pomona Sprout beim Bändigen wildgewordenen Springkrautes - gewiß ein Bild für Götter.

"Eins noch, bevor Sie beginnen. Meinen Sie, die Zeit bei neunzig Grad hat einen Einfluß auf die Entwicklung und Qualität der Fäden?"

"Ich würde sagen, zehn Minuten genügen bei einem kleinen Ansatz", erklärte Hermione sofort. "Die Hitze dient ja nur dem Anstoß der Polymerisationsreaktion."

"Scharfsinnig", kommentierte Catriona MacGillivray trocken, aber ihre Augen lachten. "Beginnen Sie. Ich sehe, Sie haben der Aufgabe echte Beachtung geschenkt. Jetzt kommt der praktische Teil. Und vielleicht erinnern Sie sich beim nächsten Mal, wenn Sie Professor Snape sehen, wie angenehm ein Fünkchen Anerkennung wärmt."

In Hermiones Freude über das Lob mischte sich ein wenig Scham. Sie hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, daß ein winziges Entgegenkommen von Seiten der Schüler auch für den zynischen, scharfzüngigen Tränkemeister eine Erleichterung hätte sein können. Er wirkte viel zu abweisend und hochmütig, um solchen Banalitäten Bedeutung beizumessen. Oder hatten sie es sich zu einfach gemacht? Zumindest sie selbst hatte doch Schneid genug, auch einer prinzipiell unbeliebten, launischen Respektsperson wie Severus Snape positive Seiten zuzugestehen. Vielleicht war es an der Zeit, wie eine souveräne Erwachsene denken zu lernen.

Mit nachdenklicher Miene, aber vor Aufregung geröteten Wangen und glänzenden Augen begann sie ihr Experiment.


 

Kapitel 31

Kapitel 33

   

Review

Zurück