Snape mal 2

 

 

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Kapitel 5: Bruderliebe


Bereits am Ende der ersten Woche hatte Professor Severus Snape eigentlich schon die Nase gestrichen voll von seinem Doppelgänger. Die Unbekümmertheit und Leichtfertigkeit mit der dieser durchs Leben zu schreiten schien, bereitete Severus Magenkrämpfe. Egal wo er hinkam, überall konnte er das Getuschel der Schüler und Lehrer hören - wenn sie glaubten, dass er, Severus, nicht in Hörweite war -, wie cool doch der neue Lehrer sei und wie unglaublich es sei, dass jemand, der im Prinzip so aussah wie der Zaubertränkelehrer, trotzdem so gut aussehen konnte, und wie knackig sein Hintern in dieser engen Muggelhose aussieht, und wie toll ihm diese Robe steht, und wie seidig seine langen schwarzen Haare sind und, und, und.....
Severus hatte schon gar keine Lust mehr, zu den Mahlzeiten in die Große Halle zu gehen, weil er dort direkt neben Severin sitzen und so ständig den vergleichenden Blicken der Anderen ausgesetzt sein würde. Andererseits war er hier an dieser Schule solange er zurückdenken konnte und Severin war der Neue. Wieso sollte sich also Severus vertreiben lassen?
Eine schwierige Entscheidung.... Über die er nachdenken würde, während er sein Abendessen im Büro einnahm - schließlich hatte er noch eine Menge zu tun: Aufsätze korrigieren, Zutaten sortierten, Inventur machen. Letzteres machte Severus normalerweise in den Ferien. Aber da er diesmal ausnahmsweise Urlaub gemacht hatte, war er nicht dazu gekommen.
Überhaupt: Urlaub.
Albus hatte ihn dazu überredet und Severus hatte seinen Urlaub in der Abgeschiedenheit einer Hütte an einem See in den Rocky Mountains verbracht. War toll gewesen. Keine Schüler, die ihn nervten, keine Lehrer, die meinten, ihm mit guten Ratschlägen auf den Geist gehen zu müssen, kein Gedanke an Voldemort. Nur Natur pur. Soviel Natur, dass Severus beinahe die Zeit vergessen hätte und es gerade noch rechtzeitig zum Beginn des neuen Schuljahres geschafft hatte.

Etwas anderes beschäftigte ihn auch noch. Er kam zwar mit den meisten Lehrern einigermaßen aus, aber richtig beliebt war er nicht. Er hatte auch keinen richtigen echten Freund unter seinen Kollegen, mal abgesehen von Dumbledore. Wie hatte dieser aalglatte, schleimige Sunnyboy es nur geschafft, sich so schnell in die Herzen aller Hogwartsbewohner zu spielen? Nicht dass er, Severus, mit jedem gut Freund sein wollte, aber er konnte diese rasante Entwicklung einfach nicht nachvollziehen.
Er hasste Severin Snape. Er hasste jeden Quadratzentimeter an ihm. Die Art, wie der Kerl seine Haare trug, die Klamotten die er bevorzugte. Überhaupt, wie konnte jemand nur Muggelkleidung tragen, das konnte er immer noch nicht verstehen.
Nein, er würde sich nicht ändern. Niemals. Wenn die anderen mit ihm nicht klarkamen, war das deren Problem. Er gefiel sich selbst so wie er war. Dieser Neuling sollte sich bloß nichts auf sein schickes Aussehen einbilden.
Wahrscheinlich war das so eine Art Lockhart, der dummerweise ausgerechnet Severus' Aussehen hatte. Warum ihn das Schicksal mit so einer Gemeinheit strafte, war ihm nicht ganz klar. Hatte er denn jemals so etwas schlimmes verbrochen? 'Ja,' antwortete er sich selbst. Ein Anhänger Voldemorts zu sein verdiente wirklich eine harte Strafe. Aber wenn er damals gewusst hätte, dass die Strafe so ausfiel, hätte er sich das zehnmal überlegt, ob er sich ihm an geschlossen hätte. Außerdem hätte er sich dann dagegen entschieden.

Ein paar Tage später...

Snape erhob sich, um in sein Klassenzimmer zu gehen. Er konnte sein Glück kaum fassen: Kaum stand er vor der Tür des Klassenraumes, um ihn aufzusperren, da sprach ihn dieser Idiot von einem Doppelgänger an.
"Hallo, Kollege! Wie geht's?", fragte Severin gutgelaunt. "Ich war gerade auf einem Spaziergang durchs Schloss, um es mir ein wenig besser einzuprägen. Ist doch schon blöd, wenn man sich immer wieder mal verläuft", plauderte er munter drauflos.
"Ihr Problem, wenn Sie statt eines Gehirns einen Blumenkohl im Kopf haben!", fauchte Severus gereizt.
"Meine Güte, warum denn so schlecht gelaunt?", fragte Severin erstaunt. "Gibt es einen bestimmten Grund dafür?"
Severus hörte auf, sich an der Tür zu schaffen zu machen und fuhr mit fliegendem Umhang herum. "Ja, allerdings. Den gibt es. Und er steht in diesem Moment gerade vor mir und textet mich mit überflüssigem Unsinn zu." Severus Augen blitzten wütend.
Severin ließ sich dadurch aber seine - für ihn typische - gute Laune nicht verderben. Im Gegenteil, sein Lächeln verstärkte sich nur noch. "Severus, ich habe wirklich nicht vor, dir irgendwie zu nahe zu treten oder dir irgend etwas wegzunehmen", sagte er nachdenklich. "Ich will nur dein Bruder sein."
"Mein Bruder?" Severus wiederholte die Worte, aber ein Ton hatte sich nicht recht bilden wollen. "Mein BRUDER?", kreischte er dann übertrieben, fuhr jedoch ruhiger fort. "Wie um alles in der Welt kommst du auf diesen blödsinnigen Gedanken? Warum sollten wir Brüder sein? Wozu soll das gut sein? Kannst du mir das vielleicht mal verraten?" Seine Stimme bebte noch immer vor Zorn.
"Wozu es gut sein soll?", wiederholte Severin ernst. "Naja, um nicht mehr allein zu sein zum Beispiel?"
Das versetzte Severus einen kleinen Knacks in seiner harten Schale. Er überspielte das jedoch schnell. "Wie kommst du darauf, dass ich allein wäre? Und selbst wenn dem so wäre, wer sagt dir, dass ich nicht damit völlig glücklich bin? Zumindest muss ich so nicht dumme Sprücheklopfer ertragen", zischte er giftig.
"Hast du es denn schon mal anders ausprobiert?", fragte Severin mit einem leicht schelmischen Gesichtsausdruck. "Was hältst du davon, wenn ich dich einlade nach der Schule an einem Tag deiner Wahl mit mir ein bisschen in der Gegend herumzufahren? Ein bisschen den Wind um die Nase wehen lassen, die Sonne genießen, sich ein wenig dabei unterhalten? Wäre das was?"
Severus hatte langsam aber sicher das Gefühl, dass das Gespräch irgendwie in die falsche Richtung lief. "Warum fragst du mich das? Ich... ich... ich meine...was zum Teufel bezweckst du damit?", fragte er total verdattert. Severin hatte ihn auf dem völlig falschen Fuß erwischt.
"Muss man denn immer etwas bestimmtes bezwecken?", fragte Severin mit gerunzelter Stirn.
"Anders kann ich mir dieses Affentheater, welches du hier abziehst, einfach nicht erklären", stellte Severus wütend fest. 'Wo soll das bloß noch enden?', fragte er sich genervt im Stillen.
"Ich ziehe kein Affentheater ab. Ich möchte nur was mit dir unternehmen - auch um dich besser kennenzulernen. Und ich dachte, eine Spazierfahrt wäre doch genau das Passende", antwortete Severin ungerührt.
"Warum in drei Teufels Namen willst du mich denn kennen lernen?", knurrte Severus. "Und was ist, wenn ich dich nicht kennen lernen will?" Ihm reichte es langsam.
"Warum ich dich.....?" Severin überlegte kurz, ob er - ohne es zu merken - eine Sprache benutzte, die Severus vielleicht nicht kannte. "Lies es von meinen Lippen und ich spreche dabei auch ganz langsam: Ich will dich kennenlernen, weil du mein Zwillingsbruder bist. Wenn du daran noch immer etwas nicht verstanden hast, dann sag es einfach. Ich schreibe es auch gerne auf." Seine Stimme hatte einen sarkastischen Klang angenommen, der Severus nur zu vertraut war. Er benutzte ihn selber ganz gerne und es war ein seltsames Gefühl, sich auf diese Weise unvermittelt einen Spiegel vorgehalten zu bekommen.
'Na prächtig. Da fährst du einmal in deinem Leben in den Urlaub und wenn du zurückkommst, hat Gott dich mit einem Zwillingsbruder gesegnet', dachte Severus zynisch. Das war wohl der Grund, warum er bisher nie in den Urlaub gefahren war und er würde sicher auch so bald nicht mehr in den Urlaub fahren. Nicht dass hier irgendwann eine ganze Armee von Doppelgängern herumlief. Andererseits bewunderte er die Hartnäckigkeit seines Gegenübers. Es konnte vielleicht nicht schaden, diesen Zwillingsbruder mal ein kleines bisschen näher kennenzulernen, überlegte Severus. "Na schön, na schön. Dann lernen wir uns eben kennen, wenn du meinst, dass es dir was bringt, oder du dann glücklicher bist", gab er zur Antwort. Gleichzeitig bemühte er sich nicht zu zeigen, dass er sich auf eine Fahrt in dem Muggelauto freute. Er hatte nämlich mitbekommen, dass die Schüler diesen Wagen sehr bewunderten und alles geben würden, um mal eine Runde damit zu fahren.
Severins Gesicht hellte sich wieder auf. "Na wunderbar. Wann wäre es dir am Liebsten? Ich bin da total flexibel."
Severus überlegt fieberhaft. Er wollte dennoch ungern gesehen werden. "Wie wäre es am nächsten Samstag?" fragte er schließlich zögernd. Da war der nächste Hogsmeade-Ausflug angesetzt und das Schloss würde leer sein - allerdings bis auf die Erst- und Zweitklässler. Also würden sie mit etwas Glück keine Beobachter haben.
"Gut, nächsten Samstag. Zwei Uhr?" Severin strahlte wieder über das ganze Gesicht und seine nachtschwarzen Augen blitzten.
Severus nickte ein wenig schicksalsergeben: "Ja ist gut. Also, wo steht dein Autodingsbums dann?" Er versuchte die Freude zu verbergen, die ihn nun doch irgendwie erfasst hatte.
"Neben dem Hauptportal? Oder wäre dir ein anderer Treffpunkt lieber? Ich könnte dich auch etwas weiter außerhalb einsammeln, wenn du nicht unbedingt gesehen werden willst", bot Severin erfreut an.
Severus dachte nach. "Hmm, die Schüler wären dann ja schon alle in Hogsmeade. Hauptportal klingt ganz gut", stimmte er dann zu. "Und wohin fahren wir?", wollte er dann noch wissen. Nicht, dass er nachher zufällig an Voldemort oder ein paar Todessern vorbeikam.
"Keine Ahnung. Einfach so durch die Gegend würde ich vorschlagen. Ohne besonderes Ziel."
Das war etwas was für Severus, der eigentlich immer korrekt und ordentlich war, etwas völlig neues. "Aber...man muss doch ein Ziel haben. Also irgendwo ankommen wollen. Wäre das Ganze sonst nicht sinnlos oder Zeitverschwendung. Oder einfach nur äußerst schwierig?" fragte er etwas perplex.
Severin schaute seinen Bruder an, als überlegte er gerade, ob dieser ihn auf den Arm nehmen wollte, aber seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schien das nicht der Fall zu sein. Er mußte sich krampfhaft ein Lachen verkneifen. "Nein, zum Herumfahren braucht man kein Ziel. Man sieht einen Weg, der von der Straße abgeht und beschließt spontan, herauszufinden, wo dieser Weg hinführt. Gut, man kann vielleicht über Zeitverschwendung diskutieren. Aber Vergnügen ist eigentlich nie Zeitverschwendung, oder?"
Severus dachte nach. In seinem Leben hatte er bisher nur einmal versucht herauszufinden wohin ein Weg führte, der von der "Lebensstrasse" abging. Jetzt stand er in Voldemorts Diensten. Tolle Spontanaktion. Gut so spontan war es damals eigentlich nicht gewesen und heute war er Spion, aber das Leid, das er deshalb ertrug, war nicht gerade vergnüglich. "Vergnügen... Vergnügen.." Severus wiederholte das Wort ein paar Mal, als wäre er sich über seine Bedeutung nicht ganz im Klaren. "Dann hoffe ich, was immer dieses Vergnügen auch ist, es lohnt sich es zu erstreben. Aber es freut mich sehr, dass es offenbar keine Zeitverschwendung ist."
Severin blinzelte etwas irritiert. "Ähhh, genau", sagte er dann. "Also am Samstag, zwei Uhr am Tor?"

Als Severus außer Sichtweite war, atmete Severin erleichtert auf. 'Das war ja eine schwere Geburt', dachte er bei sich. Andererseits war es auch wieder leichter als erwartet, Severus zu diesem Zugeständnis zu bringen. Und das Beste war, dass diesem gar nicht aufgefallen zu sein schien, dass er nun doch zum 'Du' übergegangen war.
Severin freute sich schon ungemein auf die Autofahrt.



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