Kapitel 2: Was Ihr wollt
In der Pause füllten sich die Gänge mit lärmenden Kindern. Die jüngeren tobten herum, während die älteren, Wichtigkeit verbreitend, die Flure durchschritten. Ron, Hermine und Harry verließen aufgeregt diskutierend Madam Preists Unterrichtsstunde.
"Brennendes Eis!" Hermine konnte es kaum fassen. "Dass man brennendes Eis nicht mit Wasser löschen kann. Ich hätte nie gedacht, dass es so was überhaupt gibt."
"Aber so verdammt schwer zu beherrschen." Ron rieb sich die schmutzigen Hände. Er fand zwar als erster in der Klasse heraus, wie man brennendes Eis löscht, aber eine kleine Schaufel mit Erde allein hatte nicht gereicht. Außerdem war er in Panik geraten, als das Eis immer höhere Flammen schlug. Da die erste Schaufel keine Wirkung zeigte, begann er ganze Hände voll Erde auf seine Versuchsanordnung zu schütten. Die erfreuliche Nachricht war: die Flamme ging aus und das Eis erlosch. Die schlechte Nachricht: sein ganzer Arbeitstisch, und damit der von Neville Longbottom auch, war unter einem Haufen Erde begraben worden.
"Du warst zu ungeduldig Ron!" Hermine schob ihren Freund zu einem Wasserspeier auf dem Gang. "Wasch dir die Hände, bevor du in den Unterricht zurück gehst."
"Wieso zu ungeduldig? Hätte ich warten sollen bis das ganze Klassenzimmer in Flammen stand?"
"Aber die Erde erstickt die Flammen des Eises nur langsam. Nur wenige Augenblicke später und das Ergebnis wäre das gleiche gewesen."
Die drei wichen einigen Ravenclaws aus, die ihre letzten Würfe vom Quidditch-Training ausprobierten. Sie brauchten viel Platz, als sie mit einem imaginären Schläger ausholten und beinahe in eine Gruppe von Slytherins gerieten. Diesmal blieb es aber nur bei den allgemeinen Wortplänkeleien.
Gemeinsam mit den gleichaltrigen Ravenclaws bogen die Gryffindors in einen weiten Flur ein, der sie zum Klassenzimmer von Gilderoy Lockhart brachte.
Hermine verlangsamte ihren Schritt, und Ron und Harry passten sich verwundert an. "Was ist denn?" wollte Harry wissen.
"Ach, wenn ich Lockhart schon sehe, wird mir übel."
"Dann schau ihn doch einfach nicht an", schlug Ron mit unschuldiger Miene vor.
Nun unterrichtete der berühmte Gilderoy Lockhart schon seit einigen Wochen wieder, aber Hermine hatte ihre Abneigung bisher nicht überwinden können. Mit diesem Unmut stand sie nicht allein. Alle Schüler, die das zweifelhafte Vergnügen hatten, vor drei Jahren den Lehrer kennen zu lernen, waren mit sehr gemischten Gefühlen wieder in seinen Unterricht gegangen. Die Älteren von ihnen hatten ihn längst durchschaut, was gewiss nicht sonderlich schwer war, die anderen, vor allem jüngere, jedoch verehrten ihn weiterhin. Es gab sogar wieder einen Fanclub - allesamt Mädchen. Sie folgten dem Lehrer des Fachs Verteidigung gegen die dunklen Künste mit bewundernden Blicken. Seine Popularität schien genauso ungebrochen wie seine Eitelkeit.
"Zu dumm, dass die in St. Mungo so großartige Ärzte sind. Den Gedächtniszauber haben sie neutralisieren können, heißt es. Fast alles ist wieder wie es war", seufzte Ron. "Na komm schon Hermine!" Er zog sie am Arm hinter sich her.
"Wie du schon sagtest Ron, fast alles!" entgegnete Harry und deutete ein Niesen an. Sogar Hermine musste lachen.
Gilderoy Lockhart begrüßte seine Schüler aus den Häusern Gryffindor und Ravenclaw mit einem bezaubernden Lächeln.
"Setzt euch, Kinder, setzt euch!" Er ruderte hektisch mit seinen Armen in der Luft herum, als dirigierte er ein ganzes Orchester. Ron versuchte, einen der beliebten hinteren Plätze für sich und seine Freunde zu ergattern, aber zwei Jungen aus Ravenclaw waren schneller und so ließen sich Harry, Hermine und Ron in der vorletzten Reihe nieder. Neben ihnen setzte sich ein gefasster Neville Longbottom.
Aus Sicherheitsgründen, wie Harry sagte, hatten er und Ron beschlossen, Hermine in die Mitte zu nehmen. Die ließ es sich gefallen, packte Pergament und Feder aus und verschanzte sich hinter den Büchern. Aus irgendeinem Grund hatte Lockhart beschlossen, die junge Gryffindor-Schülerin immer wieder für seine Ideen und Ansichten begeistern zu wollen. Und wirklich: kaum saß die Klasse, als Lockhart wie ein Pfau durch die Reihen schritt und sich suchend umschaute. Er entdeckte den wilden Haarschopf von Hermine endlich und steuerte auf sie zu. "Ah, Miss Granger, schon so eifrig vertieft in meine Bücher?"
Bevor Hermine etwas sagen konnte, drehte sich Lockhart bereits wieder zur Klasse um. "Sehen Sie, unsere liebe Hermine ist so sehr von meinen Werken begeistert, dass sie selbst in den Pausen darin liest. Ich bin gerührt, Miss Granger." Theatralisch wirbelte Lockhart herum, warf sein goldfarbenes Haar in den Nacken und fuchtelte mit seinem Zauberstab in der Luft herum. "10 Punkte für Gryffindor für diesen Eifer."
Ron und Harry strahlten. Egal, was Hermine auch in Verteidigung anstellte, es lief am Ende immer auf einen Punktezuwachs für Gryffindor hinaus. Es gab kaum bessere Gelegenheiten, so leicht die von Snape abgezogenen Punkte wieder aufzuholen.
Aber auch die Ravenclaws punkteten im Verlauf der Stunde. Man musste nur schmeichelhafte Andeutungen hinsichtlich Lockharts Garderobe machen. Das zog immer.
"Wir werden heute über Poltergeister reden", begann Lockhart endlich mit dem Unterricht, nachdem er ausgiebig über das neueste magische Haarshampoo für besonders goldenen Glanz referiert hatte. Harry hörte von der hinteren Reihe eines der Mädchen kichern. "Vielleicht sollte Snape das Shampoo mal ausprobieren!" Der Gedanke zauberte auch bei Harry ein kleines Lächeln hervor. Er versuchte wieder dem Unterricht zu folgen. Lockhart redete immer noch - wie erstaunlich - über das Thema der Stunde und nicht über seine Person.
"Zu diesem Zweck habe ich Hogwarts eigenen Poltergeist gebeten, mir zu assistieren. - Bitte begrüßen Sie mit mir Mister Peeves." Der Lehrer zeigte dramatisch gegen die Decke des Klassenraumes. Die Schüler erschraken. Der Poltergeist war unberechenbar und nur wenige hatten ihn unter Kontrolle. Definitiv gehörte Lockhart nicht dazu. Der Geist erschien natürlich gleich. Zumindest steckte Peeves seinen Kopf durch die Wand und sah sich misstrauisch um. "Darf ich wirklich?" quäkte er verunsichert.
"Aber sicher doch, kommen Sie, kommen Sie zu mir!"
Mit hoher Geschwindigkeit sauste Peeves hämisch lachend über die Köpfe der Kinder hinweg und durch Lockhart hindurch. "Dummer Mann, dummer Mann, hat nur blöde Sachen an!" schrie Peeves und nahm neuen Anlauf durch Lockhart hindurchzujagen.
"Ja, das ist ja ganz nett", bemerkte dieser etwas irritiert, als er den Kopf des Geistes aus seinem Bauch herausschauen sah. "Wären Sie jetzt aber so freundlich, mal still zu schweben, damit ich den Schülern - hey, lassen Sie meine Bilder in Ruhe. Nein, nicht runterwerfen."
Wum!
"Bin Poltergeist, mach immer Scheiß!" gab Peeves in einem Singsang zurück. Dabei gelang es ihm mühelos, Lockhart auszuweichen, der seine Porträts vor ihm retten wollte.
Die Schüler in der Klasse fanden Lockharts Jagd nach Peeves nur so lange lustig, wie sie nicht betroffen waren.
Wum! Wum! Wum!
Diesmal fegte Peeves einige Schultaschen und Bücher von den Tischen der Schüler, die schreiend auseinander stobten. Stühle wurden dabei umgerissen und landeten mit Krachen auf dem Boden.
Wum! Wum!
Eine Etage tiefer rührte der Zaubertrankmeister in einem komplizierten Trank herum. Um den Arbeitstisch stand die Gruppe Siebendklässler, mit denen er ein Experiment durchführte. "Achten Sie dabei immer auf die Temperatur und auf peinlichste Sauberkeit. Die kleinste Verunreinigung macht den Trank unbrauchbar", erklärte er ihnen. "Wenn Sie nachher den Trank nachbrauen ..."
Wum!
Snape hob den Blick zur Decke und runzelte die Stirn. Was trieb dieser Lockhart da nun schon wieder?
Wum!
"... was zum Muggel, ist denn da oben los?" zischte der Zaubertranklehrer. In seinen Augen blitzte es böse auf.
Im Klassenraum für Verteidigung war Lockhart schon zu erschöpft, um weiter hinter dem Geist her zu jagen. Also hob er seinen Zauberstab. Fast augenblicklich schrieen alle Kinder panisch auf und warfen sich unter den Tischen in Deckung. Hier und da rauschten Bücher und Taschen zu Boden.
Wum! Wum!
"Stupor!" schrie Lockhart, doch bevor er den Schockzauber auch nur ganz ausgesprochen hatte, begann er fürchterlich zu niesen. Die Spitze des Zauberstabes zitterte und der rote Strahl traf statt des Geistes eines seiner Bilder. Krachend fiel es zu Boden.
Wum!
Das Glas zerbrach. Sein Ich drückte sich völlig verängstigt in eine Bildecke, bis es beschloss, ganz aus dem Rahmen zu verschwinden.
Peeves sauste weiterhin um Lockhart wild herum und fegte nebenbei die restlichen Gegenstände von den Schultischen, die er erwischen konnte. Bücher und Pergament flogen durch die Luft. Besonders große und schwere Gegenstände nahm der Poltergeist mit, um sie dann lachend von der Decke aus herunterkrachen zu lassen. Der Abwechslung wegen begnügte er sich auch damit, Bücher zu zerfetzen.
"Leise rieselt der Schnee!" gackerte Peeves und rupfte Blatt um Blatt aus einem Buch heraus.
Hermine und Ron steckten unter ihrer Bank die Köpfe zusammen. Harry folgte ihnen mit Neville im Schlepptau. "Deswegen", belehrte Hermine ihre Freunde, "ist es Peeves von Dumbledore strengstens verboten, in den Unterrichtsräumen zu erscheinen. Er stört. Aber wenn ein Idiot wie Lockhart ihn geradezu einlädt, wird er das auch ausnutzen."
Neville quiekte kurz erschrocken auf, als etwas schweres zuerst auf die Bank über ihnen fiel und dann langsam auf den Boden rutschte. "Oh nein, meine Tasche!" jammerte er. Ein ängstliches Quaken kam dumpf daraus hervor. "Trevor! Warte, ich rette dich!"
Neville sah zuerst ängstlich aus seinem Versteck hervor, dann schob er seinen Arm soweit heraus, dass er den Riemen der Schultasche zu fassen bekam. Noch rechtzeitig, wie sich herausstellte, denn Lockhart versuchte erneut, mit einem Schockzauber den Poltergeist zu treffen. Der augenblickliche Niesanfall ließ den roten Strahl genau dort einschlagen, wo gerade noch Nevilles Tasche mit seiner Kröte gelegen hatte.
"Habt ihr das gesehen?" Longbottom drückte das Tier schützend an sich. "Er hätte Trevor fast umgebracht."
"Sollten wir ihm helfen?" fragte Harry unsicher.
Ron schüttelte den Kopf "Nein, lass ihn weitermachen. Mich würde nämlich interessieren, wo bei dem Kerl die Schmerzgrenze liegt."
Wum!
Eine andere Büchertasche krachte zu Boden und dann folgte Lockharts Schreibpult mit lautem Getöse.
"Wir brauchen Hilfe!" entschied Harry.
"Nein, wir brauchen einen Fluchtplan!" bemerkte Hermine.
Peeves sauste Kreise drehend durch die herumflatternden Buchseiten und summte falsch aber fröhlich den Schneewalzer vor sich hin, nicht sonderlich schön, aber laut, bevor er wieder zu "Leise rieselt der Schnee" überging. Er rupfte einem neuen Buch die Seiten aus.
Die vier Gryffindors befanden sich nahe der Tür. Also versuchten sie unter den Tischen hindurch den rettenden Flur zu erreichen. Es war nicht mehr weit, als Ron, der ihrer Gruppe voran krabbelte, stoppte. Mit weit aufgerissenen Augen sah er vor sich ein Tintenfass auf den Boden fallen und zerschellen. Blaue Tinte spritzte auf. Er konnte rechtzeitig zurückweichen, um nicht von ihr getroffen zu werden. "Das war knapp! - Ähm Leute, hier geht es nicht weiter, es sei denn, jemand will durch die ausgelaufene Tinte und die Scherben kriechen."
"Lass mich durch", bat Harry. "Ich werde es wegzaubern." Er zog seinen Zauberstab hervor. Vorsichtig hob Harry seinen Kopf über den Rand der Schulbank. Um ihn herum blieben die meisten Mitschüler in Deckung. Einige andere krabbelten, sich die Köpfe mit einem Buch schützend, von Bank zu Bank, um gleichfalls die rettende Tür zu erreichen. Der ganze Klassenraum sah aus wie ein Schlachtfeld. Vereinzelte Buchseiten flatterten wie Herbstlaub im Wind, Schreibfedern schwebten herum und überall breitete sich Tinte aus zerbrochenen Tintenfässern aus.
Wum! Wum!
Kalk rieselte von der Kerkerdecke und legte sich als feiner Staub über die Gegenstände in dem Klassenraum. Snape versuchte es zu ignorieren und sich auf den Trank zu konzentrieren. Wenn er ihn jetzt nicht fertig braute, war er nutzlos und konnte weggegossen werden. "Mit den Alraunen warten Sie bis -"
Wum!
Diesmal fiel ein Stück Putz von der Decke und platschte genau in den Kessel hinein.
Die Schüler hielten erschrocken den Atem an. Einige wichen instinktiv ein wenig von dem Arbeitstisch zurück. Der Zaubertrankmeister hielt in der Bewegung inne und starrte ungläubig zuerst in seinen Kessel und dann zur Decke hinauf. Dort zeichnete sich eine kahle unverputzte Stelle ab, zu der das Stück gehörte. Dann sah er wieder in den Kessel. Der Putz löste sich bereits in dem heißen Trank auf, der die Farbe augenblicklich veränderte.
Der Trank war hin, seine Laune sowieso und Lockhart würde es auch gleich sein.
"Das reicht!" zischte Snape wütend, warf den Schöpflöffel auf den Tisch und stieß zwei Mädchen beiseite, die ihm im Weg waren.
"Ich will keinen Laut hören, solange ich weg bin. Lesen Sie in Ihren Büchern über dem Trank nach", blaffte er seine Klasse an, dann war er schon mit wehender Robe aus dem Raum hinaus.
Peeves bereitete es einen riesenhaften Spaß, Dinge zur Decke zu schaffen, um sie von dort wieder herunterfallen zu lassen - bevorzugt Lockharts Bilder. Das umgekippte Pult hatte einige davon aber leider unter sich begraben. Andererseits standen noch genug herum.
Er zielte mit einem größeren Bild auf den schönen Lockhart, der völlig verzweifelt zwischen Niesen und Zaubersprüchen den Kampf um seine Porträts noch nicht aufgegeben hatte.
"Was ist hier los, Lockhart?" Eine gefährlich leise Stimme mit frostigem Unterton war zu hören.
Harry zog sofort den Kopf ein und deutete den anderen unter dem Tisch, still zu sein. "Snapealarm!"
Mehr musste er nicht sagen.
"Hier wird so viel rumgetobt, dass in meinem Unterrichtsraum Staub von der Decke rieselt!"
Die Gestalt des Zaubertrankmeisters betrat nun ganz das Klassenzimmer und bedachte mit herablassendem Blick das Chaos. Dann sah er zu Lockhart hinüber, der verdutzt zu seinem Kollegen schaute. In diesem Moment ließ Peeves das Bild auf Lockharts Kopf fallen und lachte höhnisch über seinen neuesten Streich.
"Au, das war mein Lieblingsbild!"
Neben Lockharts Jammern war der Geist der Einzige, der zu vernehmen war. Die Kinder unter den Bänken hatten aufgehört zu schreien und zu fluchen. Ihre Position war mit Abstand die bessere im Gegensatz zu der von ihrem Lehrer.
"Was unterrichten Sie gerade, Lockhart?" fauchte ihn der Zaubertrankmeister leise an. "Chaos und Wahnsinn?"
"Es ist ein wenig - hatschi - außer Kontrolle geraten", antwortete Lockhart mit einem dämlichen Grinsen.
"Und wie sieht bei Ihnen völlig außer Kontrolle aus?" gab Snape kalt zurück.
Peeves, dem es mit Lockhart zu langweilig wurde, wandte sich nun mit hinterhältigem Grinsen seinem neuen Opfer zu. Eigentlich sollte er es besser wissen. Es war unklug, sich mit Snape anzulegen, aber er war doch so schön in Fahrt. Von hinten schwebte er langsam heran und hob bereits das schwere Buch hoch, um es dem Zaubertrankmeister entgegen zu werfen.
Snape sah aus dem Augenwinkel die Bewegung und reagierte sofort. Plötzlich hatte er seinen Zauberstab in der Hand und auf den Geist gerichtet. "Lirakande!"
Peeves stoppte in der Bewegung und starrte verwundert zu Snape, dann plötzlich machte es Flopp und er zerstob in eine Art grau-weißen Nebel, der sich augenblicklich auflöste. Das Buch fiel krachend vor Snapes Füße.
Zufrieden nahm der Zaubertrankmeister den Stab wieder herunter. Es würde eine ganze Weile dauern, bis der Poltergeist sich wieder zusammensetzen konnte.
Aufatmend ließ sich Lockhart auf einem der Tische nieder. "Ich hätte das natürlich auch allein gemeistert, Kollege!" Er setzte bereits wieder dieses unnatürliche und dämliche Grinsen auf. Sein Niesanfall schien endlich nachzulassen. "Ich wollte den Kindern nur zeigen, zu welchen Schandtaten Poltergeister im Stande sind."
Snape hob die Augenbrauen. "Eine ziemlich teure Methode, Inkompetenz zu demonstrieren. Ich hoffe, Ihre Schüler hatten unter den Bänken eine gute Sicht."
"Das ist eine Frage der Interpretation." Beleidigt zupfte sich Lockhart seine Kleidung wieder zurecht. "Ich habe halt meine eigene Art, die Dinge zu unterrichten, Kollege!"
In Snapes Augen blitzte es gefährlich auf. "Ihre sogenannte Art zu unterrichten hat dazu geführt, einen hochkomplizierten Trank zu verderben, den ich meiner Klasse gerade versuchte, beizubringen."
"Oh, was haben Sie denn falsch gemacht?" fragte Lockhart beiläufig. Er ordnete noch immer seine Robe und hörte nicht richtig zu.
Ron blieb der Mund weit offen stehen. Er war so nahe bei Snape, dass er mit ausgestrecktem Arm den Saum seiner Robe berühren konnte. Vorsichtig riskierte er einen Blick nach oben. Ihm entging dabei nicht, wie der Zaubertrankmeister seinen Zauberstab so fest hielt, dass die Knöchel schon weiß hervortraten. Vorsichtig zog sich Ron weiter unter den Tisch zurück und trat dabei Harry auf die Hand.
"Autsch!"
"´Schuldigung!" flüsterte er.
"Was ich falsch gemacht habe?" Snape sprach jetzt so leise, dass alle sich anstrengen mussten, ihn überhaupt zu verstehen. "Ich habe zugelassen, dass Sie hier unterrichten dürfen. Doch dieser Fehler lässt sich korrigieren." Mit diesen Worten verließ Snape wieder den Klassenraum.
"Ist er weg?" wollte Neville wissen.
"Wer?" Ron sah sich nach hinten zu Longbottom um. "Peeves oder Snape?"
"Beide."
"Jetzt ja."
Ravenclaws und Gryffindors krochen langsam unter ihren Tischen wieder hervor. Das Erlebnis mit dem Poltergeist hatte sie verwirrt, und Snapes kurzer Auftritt ein wenig eingeschüchtert. Zögernd begannen die ersten ihre verstreut herumliegenden Sachen einzusammeln.
"Na gut Kinder, ich denke, der Unterricht ist für heute beendet. Ihr könnt gehen!" Lockhart fuchtelte fahrig mit seinem Zauberstab herum und eilte dann so schnell wie es der Anstand gerade noch zuließ, in sein Büro. Die Tür krachte laut hinter ihm zu.
"Das ist so ein widerlicher Kerl!" schimpfte Hermine, die mit einem Reinigungszauber ihre Bücher wieder in Ordnung brachte. "Ich ertrag den nicht eine Stunde länger."
"Halt durch, Hermine!" bat Neville. Er hatte Trevor unter seinen Pullover gesteckt, wo es am sichersten für ihn war. "Oh, bin ich froh, dass wir diese Woche keine Zaubertränke mehr haben."
"Vielleicht haben wir Glück, und Snape bringt ihn um!" überlegte Ron und schwelgte bereits in der Vorstellung von ausgefallenen Stunden in Verteidigung. Er gedachte, die Idee an ein Zaubererduell zwischen Lockhart und Snape noch nicht ganz abzuschreiben.
***
Beim ersten Quidditch-Spiel des Schuljahres hatte sich so ziemlich jeder Schüler auf den Tribünen eingefunden, entweder mit den gelben Schals der Hufflepuffs oder den roten der Gryffindors. Madam Hooch stand bereits in der Mitte des Kreises und sah die Spieler aus den entgegengesetzten Toren auf das Feld marschieren.
"Also schön, ich erwarte ein schönes und faires Quidditch!" verkündete sie den Mannschaften. "Auf Ihre Positionen!" Dann öffnete sie die Kiste und entließ den kleinen goldenen Schnatz.
Es erfolgte der Anpfiff und sofort sausten die Spieler auf ihren Besen davon.
Ron und Hagrid verfolgten mit der ihnen eigenen Begeisterung das Spiel, während Hermine etwas abwesend den Gesprächen der Mädchen um sie herum lauschte. Diese waren offensichtlich nicht bei der Sache.
"Oh, wenn das wahr wäre." Die verzückte Stimme einer Dreiklässlerin ließ Hermine hinter sich blicken. Vier Mädchen steckten aufgeregt die Köpfe zusammen. Eine von ihnen zeigte ein Foto. "Sind sie nicht süß?" Liebevoll strich sie über das Blatt.
"Ich würde ihnen wahrscheinlich zu Füßen sinken und ganz vergehen", hauchte nun die andere. Sie hielt die Hände fest umschlungen und an ihr Herz gedrückt.
Hermine runzelte die Stirn. Was war denn mit denen los?
Auch von der anderen Seite konnte sie aufgeregt tuschelnde Mädchen beobachten. Zwei aus der Abschlussklasse kicherten. "Also, wenn ich die Wahl hätte, dann ließe ich glatt meinen Freund stehen und würde mich der Band anschließen."
"Du kannst doch nicht mal singen", neckte die andere.
"Ach, ein wenig Zauberei und ich trällere wie eine Nachtigall."
"Ja, aber wie eine mit Halsschmerzen."
Auch in den Reihen vor Hermine schien es kein anderes Thema zu geben.
Sämtliche Mädchen waren so sehr mit dem Brauen der Gerüchteküche beschäftigt, dass sie nicht registrierten, wie Gryffindor nach und nach an Boden verlor. Schon hatten die sonst eher mäßig spielenden Hufflepuffs einen Vorsprung von 60 Punkten.
Sich über sich selbst ärgernd, versuchte Hermine nun wieder dem Spiel zu folgen. Ihre Augen begleiteten Harrys langsamen Flug. Aber der Sucher der Gryffindors schien noch immer keine Ahnung zu haben, wo der goldene Schnatz stecken mochte.
Auf der anderen Seite des Spielfeldes, der Tribüne der Slytherins, folgten die Schüler gleichfalls eher unaufmerksam dem Spiel. "Lockhart muß doch völlig bescheuert sein, uns solche Typen in die Schule zu schleppen." Draco Malfoy achtete darauf, dass auch die Umstehenden ihn hören konnten. Zustimmende Kommentare.
"Das sind nicht mal reinblütige Zauberer", setzte er nach.
Wieder Zustimmung.
"Und singen können die auch nicht!"
Diesmal erhielt Malfoy weniger Zuspruch. Einige der Mädchen sahen ihn böse an.
"Hör zu, Draco." Felicitas Sanders war eine Schülerin der 6. Klasse und machte sich aus dem Einfluss der Familie Malfoy gar nichts. Diese Einstellung konnte sie sich jedoch auch nur leisten, weil die Sanders nicht minder einflussreich, reinrassig und alt waren wie die Malfoys.
"Du musst diese Band ja nicht mögen, aber wenn du noch einmal etwas gegen die Musik sagst, dann verpasse ich dir ein Paar Eselsohren. Vielleicht hörst du dann besser!"
"Ach ja?" Draco drehte sich zu dem Mädchen um. "Vielleicht brauchst du aber auch nur ein paar neue Glubschaugen, um besser sehen zu können?"
"Versuch es doch!" Felicitas hatte bereits den Zauberstab gezückt und die Spitze auf Draco gerichtet.
Goyle und Grabbe reagierten reflexartig und warfen sich mit einem einzigen Schrei auf das Mädchen. Sofort packten Sanders Freundinnen die beiden Jungen an den Umhängen die wiederum Hilfe von anderen bekamen. Bei dem Handgemenge wurde Draco von seiner Bank in die dahinterliegende Reihe gestoßen. Die Zuschauer dort mischten sich sofort in das Geschehen ein und zogen auch ihre Nachbarn mit in die beginnende Prügelei hinein.
"Was ist denn mit denen los?" Hagrid richtete das Fernglas auf die Tribüne gegenüber. Ron folgte seinem Blick.
"Sieht aus, als ob die Slytherins mal wieder eine ihrer Diskussionsrunden abhalten." Jetzt konnte Ron ein hämisches Grinsen nicht unterdrücken. "Schaut euch mal Malfoy an. Der kriecht wie eine Ratte unter der Bank vor." Sein Fernglas wanderte weiter. Grabbe hatte gerade einen der jüngeren Schüler am Umhang gepackt. Der aber wehrte sich nach besten Kräften und versetzte seinem Gegner einen heftigen Tritt gegen das Schienbein und kam so frei. Für einen Moment hielt sich Grabbe die betroffene Stelle. Sein Gesicht war vor Schmerz verzogen.
"Oh, das muß weh getan haben", lachte Ron.
Hagrid zeigte weniger Begeisterung für die Keilerei bei den Slytherins.
"Wo bleiben die Vertrauensschüler? Wo steckt denn Snape? - Ah, da kommt er ja." Sein Fernglas ruckte auf das Zentrum der Auseinandersetzung zurück.
"Ja, und er sieht wirklich wütend aus." Um nichts auf der Welt wollte Ron diese Szene verpassen.
"Auseinander mit Ihnen!", schrie der Hauslehrer die Slytherins an. Die ihn gehört hatten, hielten inne und versuchten, ihm auszuweichen. Aber ein großer Teil der Schüler machte nichtsahnend munter weiter. Snape schnaubte wütend und packte zwei sich raufende Sechsklässler an den Armen und zerrte sie auseinander. "Hinsetzen und keinen Ton!"
Dann pflügte er weiter durch die Reihen. Diejenige die ihn endlich gewahr wurden, versuchten sich von ihren Gegnern zu trennen und in beinahe schönster Eintracht dort niederzulassen, wo sie einen Platz fanden. Unter seinen eisigen Blicken senkten sie schuldbewusst die Köpfe.
Endlich kam er zum Zentrum des Geschehens. Goyle drückte gerade Sanders unter die Bank, während Malfoy ihn anfeuerte. Eine von Sanders Freundinnen hockte auf Goyles Rücken und versuchte, ihn davon abzuhalten. Sie hämmerte auf dessen Schädel ein. Allerdings mit nur mäßigem Erfolg.
"Schluss damit!" Snape erwischte das Mädchen am Ohr und zog die schreiende Sechsklässlerin von Goyle herunter. Dann packte er Goyle am Kragen und zerrte ihn neben dem Mädchen auf die Bank. "Sitzen bleiben! Alle beide!"
Malfoy, der die veränderte Situation bemerkte, wechselte sofort seine Taktik. "Professor Snape, ich kann Ihnen genau erklären, wie .."
"Setzen Sie sich hin, Mister Malfoy und halten Sie den Mund!" befahl der Zaubertrankmeister barsch, während er Felicitas Sanders am Arm packte und sie unter der Bank vorzog.
Das Spiel um sie herum war vergessen. Alle Augen seiner Hausschüler richteten sich nun auf die dunkle drohende Gestalt. Die Arme vor der Brust verschränkt, bedachte Snape die Schüler mit eiskaltem Blick. Mit vor Wut bebender Stimme blaffte er sie an. "Sie gehen jetzt alle zurück in den Kerker und bleiben so lange dort, bis ich zu Ihnen komme. Und bei Merlin, Sie sollten eine gute Erklärung für das hier haben." Er wies mit ausgestreckten Fingern über die Bankreihen. "Los, und keine weiteren Zwischenfälle."
Auf der anderen Seite des Spielfeldes kommentierte Ron das Geschehen bei den Slytherins. "Ich würde was drum geben, um zu erleben, wie Snape seine eigenen Schüler zur Schnecke macht."
Sie konnten alle sehen, wie Snape den Abzug der Slytherins überwachte und schließlich selbst von der Tribüne verschwand.
Natürlich war die Rauferei auch den anderen Zuschauern nicht entgangen. Nur noch wenige verfolgten das Spiel, das plötzlich sein jähes Ende fand.
Ron bekam nur einen Teil der Ansage mit.
"... hat den Schnatz gefangen, damit gewinnt Hufflepuff mit 170 Punkten Vorsprung vor Gryffindor."
"Was?" Ruckartig sahen Ron und Hermine in Richtung der Tafel mit den Spielständen.
"Das kann doch nicht sein? Wann haben die denn ... ich meine ... das ist doch nicht wahr, oder?"
Hagrid sah auf den verwirrten Ron herunter. "Tja, Ron, da kann man nichts machen. War aber trotzdem ein schönes Spiel."
Das Quidditchspielfeld war nun fast leer und auch auf den Tribünen tummelten sich nur noch einige Nachzügler. Die Hufflepuffs waren in einem wahren Triumphzug nach Hogwarts zurückgekehrt. Die Gryffindors hielten sich zurück. In gedrückter Stimmung fragte sich wohl ein jeder, was bei dem Spiel so furchtbar schief gegangen war. Unglaublich, dass sie gegen die Hufflepuffs verlieren konnten.
"Was war denn nur passiert?" wollte Ron von seinem Freund wissen. Er und Hermine hatten auf Harry gewartet, bis er sich von seinen Mannschaftskameraden trennte. "Der Sucher von Hufflepuff war doch sonst nicht so schnell."
Harry war sehr niedergeschlagen. Von Anfang an war alles schief gelaufen. "Vielleicht hätten wir den Vorsprung noch aufholen können", meinte er, "aber dass der Schnatz genau vor den Augen des Suchers der Hufflepuffs auftauchte, hat wohl unser Schicksal besiegelt."
"Vor dessen Augen?" fragte Ron ungläubig.
"Na, das hast du doch gesehen. Er brauchte nur die Hand danach ausstrecken." Harry verlangsamte seinen Schritt und sah Hermine und Ron prüfend an.
"Ihr habt es doch gesehen?"
"Ähm, na ja", druckste Hermine etwas herum. "Nicht richtig." Sie bemerkte, wie Harry sie enttäuscht anschaute.
"Verstehe!" brach es aus ihm heraus. "Niederlagen sind nicht so unterhaltsam!" grummelte er und stapfte davon.
Hermine und Ron sahen sich verblüfft an. Eiligst holten sie Harry wieder ein und zupften an dessen Ärmel. "Nein, du verstehst das falsch", versuchte Ron es zu erklären. "Es ist während des Spiels was passiert, etwas, was so verrückt war, dass nahezu alle hingesehen haben. - Bleib doch mal stehen, Harry."
Er baute sich vor seinem Freund auf und schilderte ihm nun in den schillerndsten Farben die Rauferei bei den Slytherins. "Du hättest Malfoy sehen sollen, wie der unter der Bank vorgekrochen kam. Und dann Snape. Oh, ich sage dir, der sah so wütend aus, als habe Longbottom gerade das ganzes Labor in die Luft gejagt."
"Tröstet es dich nicht ein wenig, zu wissen, Harry, dass die Slytherins diesmal wirklich gewaltigen Ärger bekommen werden?" fragte Hermine.
In der Tat, Harrys Laune schien sich zu bessern. Zumindest tröstete die Schadenfreude ein wenig über die bittere Niederlage hinweg.
"Glaubt ihr wirklich, dass Snape sich sein eigenes Haus zur Brust nimmt? Ist doch eher unwahrscheinlich, oder?"
"Ich weiß nicht", lächelte Hermine hintergründig. "Ich würde jetzt gern mal Mäuschen in den Kerkern spielen."
***
Im Gemeinschaftsraum der Slytherins verstummten augenblicklich die Streitereien mit den Schuldzuweisungen, als der Hauslehrer nahte und mit raschen Schritten auf die Schüler zukam. Wie von unsichtbarer Hand teilte sich die Menge und Snape betrat den freien Raum vor dem mächtigen Kamin. Mit leicht gesenktem Kopf musterte er aus zornigen Augen die Mädchen und Jungen. Etliche von ihnen schrumpften förmlich in sich zusammen, von den Erstklässlern begannen einige sogar zu schluchzen, während die Älteren versuchten, seinen Blicken standzuhalten. Am Ende jedoch brach ihr trotziger Widerstand.
Der Zaubertrankmeister verstand es, allein durch seine Anwesenheit und sein eisiges Schweigen die Schuldgefühle der Kinder ins Unermessliche zu steigern.
Endlich, als die Stille beinahe schon körperlich wurde, brach er sein Schweigen. Er schlug einige Male die Hände zu einem höhnischen Applaus zusammen.
"Bravo Ladies und Gentlemen, Sie haben heute das Kunststück fertiggebracht, das Haus Slytherin dem Gespött der ganzen Schule preiszugeben."
Mit sarkastischer Liebenswürdigkeit fuhr er fort. "Darf ich erfahren, wer die Initiatoren dieses Schauspiels waren?"
Er fing einige Blicke auf, aber wer auch immer zu einer Antwort ansetzen mochte, schwieg am Ende.
Drohender fuhr er fort. "Wagen Sie es nicht, mir zu erzählen, Sie könnten sich nicht daran erinnern." Seine Augen wanderten über die Kinder hinweg.
Einigen Schülern sah man an, dass sie jetzt lieber gern woanders wären als hier. Unbehagen mischte sich mit Schweigen.
"Keine Antwort? Das ist zumindest besser als eine Lüge."
Weiter nur betretenes Schweigen. Endlich brachte Felicitas Sanders genug Mut auf, um einen Rechtfertigungsgrund vorzubringen.
"Sir, es war nicht so, wie es aussah!" versuchte sie es.
"Nein?" Snape drehte sich zu der hübschen Sechsklässlerin um, die nun versuchte, Blickkontakt mit den anderen Schülern aufzunehmen. Die erhoffte Unterstützung blieb jedoch aus. Jeder ihrer Hausgenossen sah gerade zufällig in eine völlig andere Richtung.
"Es war nur eine Meinungsverschiedenheit", fügte sie leise hinzu.
Der Zaubertrankmeister schnaubte verächtlich. "Seit wann werden Meinungsverschiedenheiten des Hauses in aller Öffentlichkeit ausgetragen? Haben Sie alle kein Ehrgefühl?" Die letzte Frage donnerte er seinen Schülern ins Gesicht. Snape holte tief Luft, um seine Wut niederzukämpfen. Langsam schritt er vor den Schülern auf und ab, dann drehte er sich wieder zu ihnen um. Er stützte seinen linken Arm auf dem Kaminsims ab.
Wie oft hatte er versucht, dieser Gruppe von egozentrischen Intriganten beizubringen, dass es ihrer Position innerhalb Hogwarts schadet, wenn sie nach außen hin nicht geschlossen auftraten. Man zeigte keine Schwäche vor den Gegnern - egal wer das auch sein mochte. Schwäche macht angreifbar.
"Welche Regel gilt für das Haus bei Meinungsverschiedenheiten?" kam jetzt seine leise Frage. Er schien plötzlich die Ruhe in Person zu sein. Die älteren Schüler wussten, wie trügerisch diese Ruhe war.
"Sie werden sachlich geklärt", erklang eine schüchterne Stimme von irgendwo aus der Gruppe.
"Und wenn eine sachliche Klärung nicht mehr möglich ist?" fuhr Snape zischend fort.
"Entscheidet ein Zaubererduell", war von einer anderen Seite kleinlaut zu vernehmen.
Jetzt hob der Hauslehrer gespielt beeindruckt die Augenbrauen. "Sehr gut. - Nun frage ich Sie noch einmal. Wer hat diese Schlägerei angefangen? Und der Grund würde mich auch interessieren." Wieder wurde er lauter.
Seine dunklen, durchdringenden Augen richteten sich auf die Schüler des Hauses. Er erwartete nicht wirklich eine Antwort. Seine Jungen und Mädchen mussten lernen, ihre Differenzen selber beizulegen. Dennoch war er nicht gewillt, ein derartiges Fehlverhalten zu tolerieren. Und er konnte es auch nicht, wenn er nicht selbst mit Albus Dumbledore ein Gespräch über Disziplin und angemessene Bestrafung führen wollte.
Das Schweigen hielt an.
"Also gut, wie Sie wollen." Snape richtete sich zu seiner vollen Größe auf und warf mit einer leichten Kopfbewegung das Haar zurück. "Vielleicht helfen 100 Punkte Abzug Ihrem Gedächtnis nach und dazu Strafarbeiten für das ganze Haus. Für die Älteren von Ihnen kommt zudem Ausgangsverbot nach Hogsmeade bis Ende des Monats hinzu."
"100 Punkte?" brach es aus Draco Malfoy heraus. "Aber Sir, dann sind wir an letzter Stelle."
"Oh, wirklich?" Der Zaubertrankmeister sah kurz in die Luft, als könnte er dort die Stundengläser mit den Punkten sehen, bevor er sich Malfoy zuwandte. "Daran hätten Sie denken sollen", herrschte er ihn an, "bevor Sie sich auf der Tribüne geprügelt haben."
"Sir", meldete sich nun ein anderer Schüler zu Wort, "es war alles nur ein Missverständnis."
"Missverständnis?" donnerte Snape. "Mich vor der gesamten Schule zu blamieren ist ein Missverständnis? Das macht noch weitere 50 Punkte für Inkompetenz!" Der Hauslehrer begann wütend auf und ab zu schreiten. Seine Robe blähte sich auf und gab dem Zaubertrankmeister noch mehr das Aussehen eines Rachedämons. "Schon heute Abend werden Lehrer wie Schüler auf jeden von Ihnen mit dem Finger zeigen. Da kommen die Slytherins, die sich in aller Öffentlichkeit wie ganz normale Muggel prügeln." Für einen Moment blieb Snape stehen und schüttelte sich bei dem Gedanken an die Welt der Nichtzauberer. "Eine ganz ordinäre Rauferei! Und das vor aller Augen!" schrie er die Schüler an. "Und ich muß mir jetzt auch noch die Kommentare der anderen Kollegen anhören!"
Eines der jüngeren Mädchen begann zu heulen.
"Sie haben nicht einmal die Größe, Ihre Differenzen wie ehrenhafte Zauberer auszutragen."
Der Hauslehrer schien sich wieder zu beruhigen. Sein Blick traf auf das weinende Mädchen. "Hör auf zu heulen, Dummchen!"
Für Snape war die Diskussion beendet. "Sollte dem einen oder anderen noch etwas zu dieser Sache einfallen, dann weiß er ja, wo er mich finden kann." Der Hauslehrer der Slytherins wandte sich zum Gehen. Vor dem Ausgang blieb er noch einmal stehen. Mit einem gefährlichen Lächeln um die Lippen drehte er sich um. "Sie alle haben daran mitgewirkt, dem Ruf dieses Hauses zu schaden, Sie alle werden ab sofort Ihr Bestes geben, um das wieder gut zu machen. Ich erwarte daher von Ihnen, dass Sie bis zum Ende des Monats die 150 Punkte wieder ausgeglichen haben. Wenn nicht, sollten Sie sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass dieses Jahr das Halloweenfest ohne das Haus Slytherin stattfinden wird. - Die Vertrauensschüler sind vor dem Essen in meinem Büro, um die Strafarbeiten abzuholen"
***
Das Abendessen wurde für die Schüler von Slytherin ein einziges Grauen. Wann immer einer von ihnen die Große Halle betrat, sahen sich die Mitschüler der anderen Häuser nach ihnen um, steckten die Köpfe tuschelnd zusammen oder grinsten ganz offen hämisch zu ihnen hinüber.
Für die Weasley-Zwillinge war es natürlich Ehrensache, die Slytherins zu ihrem neuen Punktestand zu beglückwünschen. "Wie unser hoch geschätzter Schulleiter, der ehrenwerte Professor Dumbledore, immer zu sagen pflegt: 'Reife Leistung, Slytherin, reife Leistung!' nicht wahr, Malfoy?" Fred und George verbeugten sich vor der herannahenden Gruppe respektvoll, bevor sie in lautes Gelächter ausbrachen.
Nur mit Mühe hielt sich Draco zurück. Mit blasierter Miene und die Weasleys ignorierend, stolzierte er zu seinem Platz. Goyle und Crabbe gelang es nicht ganz so erhaben auszuschauen. Für einen Moment schienen sie sogar zu überlegen, ob sie den Zwillingen nicht gleich eine verpassen sollten. Doch Malfoys warnender Blick und sein entschiedenes Kopfschütteln hielt sie glücklicherweise davon ab.
Ein wenig enttäuscht setzten sich die Zwillinge wieder. "Was ist denn nur los? Keine Rauferei und keine Essensschlacht?" fragte Fred enttäuscht seinen Bruder.
"Ja, komisch."
Beide sahen sie zu Malfoy hinüber, der sich aus den Schüsseln bediente. Als sich ihre Blicke trafen, verzog der Slytherin sein Gesicht zu einer bösen Fratze.
"Kannst du das übersetzen?" wollte Ron wissen, der die ganze Zeit Draco Malfoy nicht aus den Augen gelassen hatte.
George grinste zu Malfoy zurück. "Scheint, als ob er die nächste passende Gelegenheit nutzen wird, um sich zu revanchieren."
"Mir soll es recht sein." Fred hatte die Slytherins vergessen und stürzte sich aufs festliche Abendessen. "Hey Ron, hast du schon mal diesen Pudding probiert?"
Kurz nach Draco und seinen beiden Begleitern kamen nun auch die Erstklässler in die Halle. Einige sahen ziemlich blass um die Nase herum aus und kaum einer, der nicht geknickt war und mit hängendem Kopf zu seinem Platz ging.
Hermine betrachtete die jüngeren Mitschüler beinahe mit einem mitleidigen Blick. "Das muß wirklich schlimm gewesen sein." Sie beugte sich zu Ron und Harry über den Tisch. "Schaut aus, als ob sie diesmal selber eine Kostprobe von Snapes gemeinem Verhalten abbekommen haben."
"Besser die, als wir." Ron schob die Puddingschüssel zu Hermine hinüber. "Hier probier mal, ist wirklich lecker. - Was war das?" Irgend jemand hatte ihn von hinten geschupst. Mit bösem Blick drehte sich Ron um und entdeckte zwei junge Slytherins, die an ihm gerade vorbei gegangen waren.
"Hey, was soll das? Plötzlich den starken Mann riskieren? Noch nicht genug Prügelei auf der Tribüne gehabt?"
George und Fred sahen sofort interessiert von ihren Tellern auf. Gab es doch noch eine zünftige Essensschlacht?
"Ihr könnt Nachschlag haben!" grummelte Ron noch und wollte aufstehen. Harry hatte kaum Zeit, ihn auf den Platz zurückzuziehen, als ein Schatten hinter ihnen auftauchte.
"Gibt es ein Problem?" Diese kalte Stimme mit dem lauernden Unterton konnte nur einem gehören.
Ron versuchte sich tapfer zu halten. "Nein, Sir." Er musste zu der dunklen Gestalt des Hauslehrers der Slytherins hinaufschauen. Dessen unergründliche schwarze Augen schienen allen Widerstand aus ihm herauszusaugen.
Doch Snape drehte sich ruckartig weg und durchmaß mit seinen langen Beinen eilig die Halle, um zu seinem Platz zu kommen.
Erleichtert atmete Ron auf. "Ich dachte jeden Moment, er würde sich auf mich stürzen. Echt gruselig, dieser Kerl. - Hermine, warum hast du uns nicht gewarnt."
Doch das Mädchen zuckte die Schulter. "Er stand plötzlich hinter euch."
Allmählich waren alle Plätze in der Großen Halle besetzt und auch die Lehrer schienen vollzählig zu sein. Gilderoy Lockhart ließ wohlwollend seine Blicke über seine Fans gleiten und schenkte dem einen oder anderen Mädchen im Saal sein berühmtes Lächeln mit den blitzenden Zähnen.
Snape sah missmutig zu dieser Schande der Zaubererwelt hinüber. Der grinste so breit, überlegte er, dass man getrost die Lichter der Halle löschen konnte, bei dem Gebiss wäre es noch immer hell genug.
Für einen Moment sahen sich die beiden Zauberer an. Jetzt schenkte der Zaubertrankmeister dem Mann mit dem so oft ausgezeichneten charmanten Lächeln einen seiner bewährten eiskalten Blicke. Das Lächeln auf Lockharts Gesicht erstarrte, aber dann gewann er schnell wieder die Kontrolle über sich und erstrahlte erneut.
"Nicht zu glauben", grummelte Snape, "da muß man sich ja die Hand vor die Augen halten, um nicht geblendet zu werden."
"Ah, Severus!" Minerva McGonagalls Stimme war die Liebenswürdigkeit in Person. Sie blieb kurz hinter dem Stuhl des Zaubertrankmeisters stehen und beugte sich zu ihm hinunter.
Nein, er wollte nicht wissen, was sie zu sagen hatte, aber das würde sie nicht davon abhalten, es dennoch zu tun. Oder? fragte er sich.
"Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich den Vorfall am Nachmittag bedaure. Schon schlimm, dass Sie gezwungen waren, Ihrem Haus die 150 Punkte abzuziehen - obwohl das noch recht milde war", drehte sie den Dolch in seiner Wunde noch herum. Schon wie McGonagall das Sie betont hatte, ließ in ihm die kalte Wut aufsteigen.
"Wie Sie immer so gern betonen, Minerva, bin ich der Hauslehrer und ich entscheide, was angemessen ist. Nicht wahr?" gab er in scheinbarer Gelassenheit zurück.
Die Zauberin für Verwandlungen rauschte kichernd davon.
Den nächsten, der ihn darauf anzusprechen wagte, würde er zum Duell fordern. Er griff nach seiner Kanne Tee, die die Hauselfen für ihn zubereitet hatten. Aus dem Augenwinkel sah er Lockhart geräuschvoll den Stuhl nach hinten schieben und aufstehen. "Ja, verschwinde aus meinen Augen", murmelte Snape aufs äußerste gereizt.
"Liebe Schülerinnen und Schüler und mein hoch geschätztes Kollegium."
Der Zaubertrankmeister riss den Kopf hoch und starrte den Lehrer für das Fach Verteidigung gegen die dunklen Künste feindselig an. Was soll das nun schon wieder? Eine Rede? Blieb ihm denn heute gar nichts erspart?
"Wie Sie alle nur zu genau wissen, rückt das große Halloweenfest näher."
Freudig erwartungsvolle Gesichter bei den Schulhäusern der Hufflepuffs, Gryffindors und Ravenclaws. Die Slytherins hielten sich mit ihrer Vorfreude erheblich zurück. Fast alle sahen mit bangen Augen zu ihrem Hauslehrer hinüber. Doch der rührte mit ausdruckslosem Gesicht in seinem Tee und behielt den Blick auf Lockhart gerichtet. Für sie stand diese Entscheidung noch aus.
"Aus diesem Anlass habe ich es mir nicht nehmen lassen, einmal meine doch recht unbedeutenden Beziehungen spielen zu lassen, um Sie alle mit einem kleinen Geschenk zu überraschen." Zufrieden mit sich und seiner Bescheidenheit, hakte Lockhart seine Daumen hinter den Aufschlag seines goldbestickten Umhangs und lächelte.
Für Snape war es unbegreiflich, wie man reden und dabei weiterhin derart grinsen konnte. Vielleicht sollte er in der Krankenstation bei Madam Pomfrey anfragen, was für ein anatomisches Wunder dieser Lockhart eigentlich war. Wenn er Glück hatte, stellte sich vielleicht heraus, dass er alles andere war, nur kein menschliches Wesen? Der Zaubertrankmeister begann sich für diese tröstende Idee zu erwärmen.
"Und ja", fuhr Lockhart mit seiner blumigen Rede fort, "die bereits kursierenden Gerüchte sind wahr... ."
Unsanft aus seinen glücklicheren Gedanken über Lockharts Abstammung gerissen, schaute Snape auf. Der ganze Saal schien sich in ein Tollhaus verwandelt zu haben. Die Kinder waren aufgesprungen und eine nicht ganz unerhebliche Schar von Mädchen schien Schreikrämpfe zu bekommen. Viele von ihnen lagen sich heulend in den Armen.
Mit einem raschen Blick musterte er auch den Tisch seiner Hausklasse. Selbst dort war die Veränderung nicht spurlos vorbei gegangen.
Was war das? Ein plötzlicher Fluch oder Zauber? Hier in Hogwarts? Ein Angriff Voldemorts? Wie sollte der Dunkle Lord unbemerkt auf das Gelände gekommen sein? Wieso wusste er davon nichts? Er hätte Dumbledore warnen können.
Warnen müssen!
Dumbledore!
Snape sah hastig zu Hogwarts Schuldirektor. Dumbledore lächelte.
Lächelte?
Klatschte wohlwollend in die Hände?
Vorsichtig ließ Snape den Zauberstab wieder in die Seitentasche seines Umhangs gleiten und zog langsam die Hand zurück. Mit einigen prüfenden Blicken vergewisserte er sich, dass seine kurze Desorientierung keinem aufgefallen war. Zum Glück. Noch mehr hintergründige Anspielungen und er würde für nichts mehr garantieren.
Lockhart hob Ruhe gebietend die Hände. "Danke, danke!" er verbeugte sich kunstvoll. "Es ist mir ein besonderes Bedürfnis, Ihnen dieses Vergnügen zu bereiten. Also freuen Sie sich alle auf Halloween und die Hobbeats."
Der tosende Applaus ließ die Teller auf den Tischen tanzen - ganz ohne Magie.
Innerlich stöhnte Snape auf. Auch das noch. Es waren noch fast drei Wochen bis zum Fest.
Und Lockhart grinste weiterhin über das ganze Gesicht.
***
Es wurde eine sehr harte Zeit für die Slytherins, denn natürlich blieb es weder Schülern noch Lehrern verborgen, dass Draco und seine Hausgenossen jede nur erdenkliche Gelegenheit nutzten, um Punkte zu sammeln. Sie waren von ausgesuchter Freundlichkeit selbst den Gryffindors gegenüber und brachten einen Fleiß an den Tag, den nahezu jeder Lehrer nur anerkennend und mit Punkten quittieren konnte.
In einem der kleineren Säle des Schlosses wartete Draco Malfoy auf einer der Bänke an der Wand, und überdachte den Punktestand der einzelnen Häuser.
"Wie viele Punkte haben wir denn schon zusammen?" Felicitas Sanders war mit ihren beiden Freundinnen hinzugekommen.
"Das weißt du doch genau. Es fehlen noch immer 38 Punkte an den von Snape geforderten 150."
"Wenn ihr beim nächsten Quidditch gewinnt, bekommen wir 50 Punkte. Dann haben wir es geschafft."
"Wir?" Draco machte eine abfällige Handbewegung. "Jetzt sollen wir Männer auch noch euch blöden Weibern zu dem Auftritt dieser Schlammblüter verhelfen?"
"Na hör mal", empörte sich nun Millicent Bulstrode, "was heißt hier Männer? Wir täten genauso gut Quidditch spielen, wenn ihr uns nur in eure Mannschaft lassen würdet. - Nein", korrigierte sie sich, "wir würden besser spielen."
"Vergiss es!" giftete Draco das Mädchen an, das sich vor ihm aufgebaut hatte und mit ihrer bulligen Gestalt einen ganzen Kopf größer war als Malfoy. "Kein Mädchen wird jemals im Team der Slytherins spielen. Verstanden! Quidditch ist Männersache!"
Eine bedrohliche Spannung baute sich auf, denn nun waren auch Goyle und Crabbe zur Stelle. Mit verschränkten Armen und herausfordernder Geste stellten sie sich neben Draco auf, der herablassend zu grinsen begann.
Sie bemerkten nicht, wie der Hauslehrer eintrat und die Erst-, Zweit- und Drittklässler hinter sich mit einer Handbewegung zum Schweigen brachte. "Wieder ein Missverständnis zur Unterhaltung der Schule?" fragte er mit gespielter Beiläufigkeit. Er hatte seine Hände zusammengefaltet und wartete in scheinbarer Gelassenheit auf eine Antwort. Die Fünf- und Sechsklässler drehten sich erschrocken um. "Nein Professor, wir haben uns nur unterhalten." Draco hakte sich bei Felicitas ein und schenkte Snape ein engelsgleiches Lächeln.
Der Zaubertrankmeister erwiderte dieses Lächeln mit vielsagender Miene. "Gut." Dann drehte er sich zu den Schülern hinter sich um. "Sie werden sich jetzt um das lange Podest in der Mitte des Raumes verteilen. - Und keine unnötigen Diskussionen."
Er trat beiseite und die Slytherins marschierten gehorsam los. "Sie sechs", Snape deutete auf Draco und seine Kumpane sowie auf Felicitas und ihre Begleiterinnen, "werden sich an ein jeweiliges Ende aufstellen."
Die meisten Erstklässler sahen zum ersten Mal einen traditionellen Duellierplatz. Ehrfürchtig berührten sie die gepolsterte dunkelblaue Plane, die über das Holz gespannt war. Darauf, in goldener Farbe gezeichnet, waren die einzelnen Mondphasen, die sich in der Mitte zum Vollmond vereinten. Die Zweit- und Drittklässler täuschten Gelassenheit vor. In Wirklichkeit aber waren sie nicht minder aufgeregt.
Professor Snape legte seine Lehrerrobe ab, nahm seinen Zauberstab zur Hand und stieg mit feierlichem Ernst die wenigen Stufen zum Podest hinauf. In der Mitte blieb er stehen.
Von unten blickten ihn die jungen Schülerinnen und Schüler mit Staunen an. Natürlich war er sich seiner Erscheinung bewusst - durch und durch ein Magier. Kinder waren so leicht zu beeindrucken.
"Heute erlernen Sie die Grundlagen und Regeln eines Zaubererduells. Im Hause Slytherin werden auf diese Art und Weise innere Differenzen geklärt, die anders nicht mehr zu beseitigen sind. So ist es Tradition." Der Hauslehrer verschränkte die Arme und sah kurz an beide Enden des Podestes. "Was passiert, wenn man diese einfache Regel des Hauses verletzt, konnten Sie dank Ihrer Mitschüler bereits erfahren. - Miss Sanders, kommen Sie herauf und erklären Sie Ihren jüngeren Hausgenossen jetzt die Grundregeln."
Snape stieg vom Podest herunter, während auf der anderen Seite die schöne Sechsklässlerin nicht weniger hoheitsvoll herantrat wie ihr Hauslehrer. "Folgende Grundregeln sind zu beachten ...", begann sie mit melodischer Stimme.
Für einige Augenblicke beobachtete der Professor das Mädchen. Er war zufrieden. Sie hatte sich gut vorbereitet. Draco würde den Erstklässlern die Formalien für ein Zaubererduell erklären. Die jüngeren Slytherins starrten gebannt auf ihre Mitschülerin. Die Idee des Zaubererduells faszinierte sie alle.
Mit einem kurzen Nicken gab der Zaubertrankmeister Malfoy ein Zeichen, als Sanders ihren Platz verließ.
"Bevor es zu einem Zaubererduell kommen kann, muß zunächst eine Herausforderung ausgesprochen werden", war nun die leicht blasierte Stimme des blonden Jungen zu vernehmen. "Die gegnerischen Parteien benennen ihre Sekundanten ..."
Die Unterweisung im Zaubererduell endete mit einer kurzen Demonstration. Draco schickte seine beiden Sekundanten zu Felicitas Begleiterinnen. Diese wiederum legten kurz die Bedingungen für das Duell fest und überließen dann den beiden Kontrahenten das Feld.
Snape überwachte mit strengem Auge, dass sich die beiden an seine Anweisungen hielten und nicht mehr als einen Abblockzauber und einen Entwaffnungszauber demonstrierten.
Plötzlich waren seine Sinne geschärft. Draco, dieser dumme Bengel, konnte nicht widerstehen, mit seinen lächerlichen Fähigkeiten zu prahlen. Das war wie eine alptraumhafte Wiederholung.
Bevor Malfoy sein "Serpensortia" beendet hatte, war Snape auf dem Podest. "Malfoy, das reicht!" zischte er, doch schon schlängelte sich eine Viper über den Boden. Die Kinder schrieen erschrocken auf.
Fehlte nur noch, dass einer seiner Schüler begann, Parsel zu sprechen. "Treten Sie alle vom Podest zurück!" befahl Snape und richtete dann seinen Stab auf die Schlange. "Vipera Evanesca!" Die Schlange löste sich auf.
Beeindruckt schnatterten die Erst- bis Drittklässler durcheinander. Die Gefahr, die im Grunde nie wirklich bestand, war bereits wieder vergessen. Snapes Kopf zuckte ruckartig zu Malfoy hinüber, der das Ganze offensichtlich für einen gelungenen Streich hielt. Zumindest grinste er zufrieden über das ganze Gesicht. Als er aber den drohenden Blick seines Hauslehrers auf sich ruhen sah, erstarrte sein Lächeln.
"Das Grinsen wird Ihnen gleich vergehen", zischte Snape. "Wenn der Punktestand nicht so traurig aussähe, würde ich Ihnen noch weitere abziehen. Doch um eine Strafarbeit für Sie werde ich nicht verlegen sein. - Der Unterricht ist beendet!" entließ der Hauslehrer seine Schüler.
Der Zaubertrankmeister stieg hinunter und griff nach seiner Robe. Ein Zettel fiel ihm dabei vor die Füße, den ihm irgend jemand zugesteckt haben musste. Stirnrunzelnd hob Snape ihn auf und entfaltete das Pergament. Er überflog eilig die Zeilen, verzog das Gesicht erst ungläubig und dann griesgrämig, bevor er den Zettel in seine Tasche steckte. Schon wieder.
***
Seit Tagen regnete es ununterbrochen. Normalerweise drückte das schlechte Wetter die Stimmung an der Schule. In diesem Jahr jedoch schien es den meisten Schülern nichts auszumachen, in den Räumen zu bleiben. Selbst zum letzten Quidditch-Spiel kamen nicht so viele Schüler wie sonst. Es war jedoch auch eine ziemlich feuchte Veranstaltung, die am Ende Slytherin auch noch den Sieg brachte. Sehr zur Enttäuschung der Ravenclaws und deren Anhängern. Für die Slytherins war es aber ein doppelter Sieg. Endlich gelang es ihnen, die 150 Punkte Abzug von Professor Snape auszugleichen. Besser noch. Sie zogen an den Ravenclaws sogar vorbei und standen nun erneut dicht hinter Gryffindor. Der Hauspokal rückte wieder in greifbare Nähe.
Minerva McGonagall betrat das Lehrerzimmer. "Diese Kinder sind kaum zu bändigen - Guten Tag, Severus. - Nanu, keiner weiter da?" Seufzend legte sie einen Stapel Bücher auf ihrem Platz ab und schob dabei eine etwa 50 Zentimeter lange Holzkiste, in der es verdächtig raschelte, ein wenig beiseite. "Ach, ich habe Hagrid doch gesagt, er soll mir die Kiste ins Klassenzimmer stellen. Ich brauche die Tiere als Übungsobjekte in Verwandlungskunst."
Snape saß über seiner Zeitung gebeugt und schaute nur kurz auf. Er erwiderte Minervas Gruß mit einem Gemurmel, was wohl gleichfalls ein "Guten Tag" sein konnte.
Mit einer Tasse Kaffee in der Hand ließ sich die Lehrerin für Verwandlungen auf ihren Stuhl sinken. "Ach, dieser ewige Regen. Ist es in Ihrem Unterricht auch so unruhig? Bei Merlin, noch vier Tage bis Halloween. Und dann mache ich drei Kreuze. Ich wünschte, wir könnten den Schülern einen Beruhigungstrank verpassen."
Der Zaubertrankmeister reagierte nicht und las weiter im Tagespropheten.
Mit leicht gerunzelter Stirn und einem gewissen Funkeln in den Augen betrachtete Minerva die dunkle Gestalt ihr schräg gegenüber. Snape sah ziemlich griesgrämig aus. Er könnte mit Sicherheit mal eine kleine Aufmunterung vertragen, überlegte die Lehrerin für Verwandlungen. Sie sah auf die Kiste und dann wieder auf ihren Kollegen. Übermütig grinsend griff McGonagall nach dem Holzdeckel.
Es schepperte laut, gleichzeitig schrie McGonagall erschrocken auf. "Auch das noch."
Der Zaubertrankmeister hob sofort wachsam den Kopf und entdeckte die umgestürzte Holzkiste. Der Deckel war auf den Boden gefallen. Plötzlich wuselte eine ganze Schar munterer kleiner Igel aus der Kiste heraus und über den Lehrertisch.
Innerlich stöhnte Snape auf. Er maß seine Kollegin mit einem bitterbösen Blick.
"Stellen Sie sich nicht so an", drängte die Lehrerin für Verwandlungskunst, "helfen Sie mir lieber, die Tiere wieder einzufangen, bevor die anderen kommen." Beherzt griff sie nach einem kleinen Stachelknäuel, das seine spitze Nase gerade höchst interessiert in ihre Kaffeetasse steckte.
Aber der Lehrer für Zaubertränke rührte sich nicht, sondern starrte nur auf eines der Tiere, welches am Tagespropheten zu knabbern begann. Die Personen auf den Bildern, drückten sich ängstlich in eine Ecke.
"Bei Merlin! Severus, Sie sollen sie nur einfangen nicht verwandeln. Ein grüner Igel in der Geschichte Hogwarts ist genug. "
"Das haben Sie mit Absicht getan!" zischte Snape.
Minerva stützte ihre Hände auf der Tischplatte ab und beugte sich zu ihm hinüber. "Klar doch, weil ich es liebe, ein Dutzend Igel auf dem Lehrertisch zu jagen. Seien Sie nicht albern."
Endlich packte der Zaubertranklehrer mit zu und bald hatten sie die Ausreißer wieder eingefangen. Snape strich gedankenverloren über die Stacheln bevor er den letzten Igel in die Kiste zurücksetzte. Minerva befestigte den Deckel mit einem Verschließzauber und schob dann die Kiste in eine Ecke des Lehrerzimmers. "Ah, da kommen die anderen Kollegen schon."
Während der Lehrerkonferenz war Snape nicht ganz bei der Sache. Er dachte noch immer an Greenie, einen kleinen grünen Igel.
***
Endlich Halloween. Die Halle war mit Hagrids selbstgezüchteten Riesenkürbissen dekoriert, die fröhlich unterhalb der Decke schwebten. Die Aufregung an den Tischen zum Mittag war kaum noch zu steigern. Zumindest dachte Snape das, bis zu dem Moment, da eine verspätete Schülerin der Ravenclaws die Flügeltür aufstieß. Kreischend lief sie den Gang ein Stück hinunter und schrie immer wieder "Sie sind da! Sie sind da!"
Die Antwort war ein ohrenbetäubender Lärm. Die Lehrer sahen machtlos zu, wie der größte Teil der Schüler aufsprang und selbst zu kreischen begann. Die Mädchen stolperten über die Bänke und Tische, nur um so schnell wie möglich an der Tür zu sein. Dort gab es ein solches Gedränge und Geschupse, dass Madam Pomfrey heute mit Sicherheit noch einiges zu tun bekommen würde.
Wer sich nicht sofort schreiend in das Gewühl stürzte, der lag sich heulend und völlig hysterisch in den Armen. Es erfüllte Professor Snape mit einer gewissen Genugtuung, dass der größte Teil seiner Schüler etwas mehr Disziplin und Selbstbeherrschung an den Tag legte. Seine eindringliche Warnung, ihm keinen Anlass zu geben, sie doch noch vom Fest auszuschließen, schien Wirkung zu zeigen. Zumindest benahmen sich die Mädchen weniger emotional und die Jungen sorgten für einen geordneten Aufbruch.
"Vielleicht", hörte Snape den Schulleiter zu Professor Lockhart sagen, "sollten Sie hinunter gehen und die Schüler davon abhalten, die Musiker mit Haut und Haar zu verschlingen. Das würde doch ein schlechtes Bild auf unsere Schule werfen. Am besten, Sie nehmen Hagrid mit, damit die Bandmitglieder unbeschadet ihren vorläufigen Aufenthaltsraum erreichen können."
"Selbstverständlich, Professor. Natürlich." Hoheitsvoll stand Lockhart auf und stolzierte wie ein eitler Pfau zum Hauptausgang.
Seine hilflosen Versuche an der Tür für Ruhe und Ordnung zu sorgen, entschädigten Snape für die Zumutung, Lockhart überhaupt sehen zu müssen. Erst als Hagrid sich durch das verworrene Knäuel von Leibern schob, schien es vorwärts zu gehen.
Der Zaubertrankmeister warf einen letzten Blick auf das Chaos in der Halle und verschwand durch die Hintertür. Wie gut, dass es heute keinen Unterricht mehr gab.
***
Die Hobbeats, das waren vier fröhliche junge Männer mit dunklen gelockten Köpfen und großen betörenden Augen. Augen, die die Mädchen reihenweise seufzen ließen und einem Lächeln, das ihre Bewunderinnen von einem Ohnmachtsanfall in den nächsten hetzte.
Kreischend drängten sich diese Bewunderinnen am Rand der Bühne. Ohne Dumbledores Bannkreis davor hätten die Mädchen sie wohl gestürmt.
Derweil saß der Zaubertrankmeister in seinem Kerker und arbeitete an der diesjährigen UTZ-Prüfung für die 5. Klasse. Der Lärm aus der Großen Halle erreichte sogar seine tiefliegenden Räume. Reichlich genervt sah Snape zur Decke hinauf. Wenn das den ganzen Abend gehen soll..... Er griff zur Feder und tauchte sie in das Tintenfass.
Die angesetzte Feder kratzte über das Pergament. Ein heftiges Zucken hinterließ jedoch einen hässlichen Strich auf dem Blatt.
Snape warf die Feder hin und griff mit der Hand nach seinem linken Arm. Er brauchte nicht erst nachsehen, um zu wissen, dass sein Dunkles Mal tiefrot, ja fast schwarz, aufleuchtete.
Mit wenigen Schritten war Snape an seinem Schrank und holte aus einem besonders geschützten Fach die Todesser-Robe heraus.
"Tobby!" rief der Professor nach seinem Hauselfen. "Tobby!"
"Hier Sir!" Der kleine Hauself betrachtete seinen Professor erwartungsvoll. Als er die dunkle Robe mit dem grünen Totenkopf und der Schlange sah, schrak er heftig zusammen. "Oh Sir, Sie sollten nicht gehen."
"Das geht dich nichts an!" blaffte Snape und verbarg das verräterische Kleidungsstück unter seinem Umhang. "Wenn ich bis zum Morgengrauen nicht zurück bin, informierst du den Schulleiter. - Und so lange wartest du hier auf mich."
***
"Und an der Gitarre - Merry!" stellte Lockhart die Band vor. Eigentlich eine überflüssige Aktion, doch er ließ es sich nicht nehmen, zusammen mit den vier berühmten Hobbeats auf einer Bühne zu stehen. Sich in ihrem Glanz zu sonnen, war dem Zauberer ein ganz besonderes Vergnügen. "Am Bass - Pippin!" Das Jubeln nahm kein Ende. Hoffentlich, überlegte Lockhart, knipste der von ihm arrangierte Fotograf auch genug Bilder, die ihn und die Hobbeats zusammen zeigten, damit er sie für sein neues Buch 'Hoppen mit den Hobbeats' - was für ein genialer Titel - verwenden konnte.
"An der Schießbude - Sam!" Mit charmanter Geste wies er auf den Schlagzeuger der Band, bis er endlich auf den Leadgitarristen zuschritt, ihm seinen Arm um die Schulter legte und den Chef der Band vorstellte. "Und hier ist Frodo!"
Kreischender Lärm und völlig aufgelöste Gesichter. Freudentränen und hysterisches Geschrei. Alles mischte sich zu einem ohrenbetäubenden Tumult, in den hinein nun die Band wieder zu spielen begann.
Zufrieden mit sich kletterte Lockhart von der Bühne. Das neue Buch würde ein Bestseller werden, keine Frage. Natürlich bräuchte er noch ein Bild mit sich, der Band und Harry Potter. Das sollte dann der Aufmacher werden. Also machte sich der Lehrer im Fach Verteidigung gegen die Dunklen Künste auf die Suche nach dem Fotografen und Harry.
"Er ist ein Schauspieler, ein Blender!" flüsterte Madam Hooch ihrer Freundin zu. "Jedes Theater würde sich glücklich schätzen, solche Begabung in seinem Ensemble zu haben."
Professor McGonagall und Madam Hooch beobachteten Lockhart, wie er breit lächelnd durch den Saal schritt und dabei suchend seine Augen schweifen ließ.
Professor Dumbledore kam gut gelaunt mit drei Gläsern auf sie zu. "Meine Damen, wie wäre es mit einem ausgezeichneten Kürbispunsch?"
Der Schuldirektor trug zum Fest eine wunderliche Mischung aus schwarzer Lederkluft und barockem Putz. "Diese Musik erinnert mich irgendwie an meine wilden Jahre", gluckste er.
Den Lehrerinnen fiel es im Moment jedoch schwer, sich den Schuldirektor in seinen wilden Jahren vorzustellen, zudem mit diesen Sachen.
"Sie sprachen vom Theater, meine Lieben?"
McGonagall deutete auf Lockhart, der gerade Potter am Arm in Richtung Bühne hinter sich her zerrte. In seinem Kielwasser stürzten Ron Weasley und Hermine Granger ihrem Freund nach. Wahrscheinlich, um ihn aus den Klauen seines Kidnappers zu befreien.
"Wir überlegten gerade, wie sich unser Lehrer in Verteidigung gegen die Dunklen Künste als Schauspieler im Theater machen würde."
Dumbledore hob belustigt die Augenbrauen. "Warum fragen Sie ihn nicht, ob er mit einigen Schülern ein Stück aufführen will. Dann können Sie es selbst erleben. Bestimmt wird er mit Feuereifer dabei sein."
"Oh ja", nickte Madam Hooch, "und er wird mit Sicherheit die Hauptrolle in diesem Ein-Personen-Stück spielen. - Ah, sehen Sie, Potter hat es geschafft, ihm zu entwischen. Bravo, ich hätte Lust 10 Punkte an Gryffindor zu vergeben - für heldenmütigen Widerstand!"
***
Der Zaubertranklehrer apparierte vor seinem Meister. Mit der nötigen Demut kam er auf die große dunkle Gestalt zu und beugte das Knie vor seinem Herren. "Ich grüße Euch Meister. Ihr habt mich gerufen."
Voldemort sah auf die Gestalt herab. "Du hast mich warten lassen, Snape. Das schätze ich nicht", zischte er.
"Ich bitte um Verzeihung, Meister!" Noch immer kniete Snape und sah vor sich nur den Saum des schwarzen Gewandes von Voldemort. Der Dunkle Lord umschritt seinen Diener langsam und schweigend. Snape versuchte, mit einigen verstohlenen Seitenblicken etwas mehr von seiner Umgebung aufzunehmen. Sie befanden sich auf dem alten Landsitz Voldemorts. An der Tür war er zwei Todessern begegnet und im Schatten neben dem Kamin konnte er noch zwei weitere sehen. Das war hier kein offizielles Treffen. Das hier war eine Privataudienz. Leider wusste der Zaubertrankmeister nicht, ob dieser Umstand für oder gegen ihn sprach.
Sein Meister hatte inzwischen seine Wanderung beendet und stand nun wieder dicht vor Snape. "Du kannst dich erheben."
Der Zaubertranklehrer stand auf, trat einen Schritt von Voldemort zurück und wartete mit gesenktem Blick auf das, was da kommen mochte. "Ich habe über deine Bitte, mir wieder dienen zu dürfen, nachgedacht, mein ach so treuer Giftmischer", hörte er die Stimme seines Herren, "ich werde dich wieder aufnehmen."
Für einen Moment blieb dem Zaubertrankmeister die Luft weg. Er hätte zufrieden sein müssen, so schnell sein Ziel zu erreichen, aber genau das beunruhigte ihn jedoch.
"Ich danke Euch, Meister!" Snape beugte rasch erneut das Knie und küsste den Saum vom Umhang des Dunklen Lords.
"Freilich wirst du dich erst wieder beweisen müssen. Einige meiner Getreuen hegen große Bedenken hinsichtlich deiner Loyalität. Sie haben mich förmlich angefleht, dich eliminieren zu dürfen."
Die rot glühenden Augen Voldemorts schienen sich bis in sein Innerstes hineinzubohren. Snape versuchte, seine Angst zu unterdrücken. Das Gespräch stand auf Messers Schneide. Ein falsches Wort von ihm... "Meister, ich habe immer in Eurem Sinne gehandelt. In Hogwarts obliegt mir das Haus Slytherin und dort herrscht Euer Geist. Die Jungen und Mädchen erfahren von mir alles über Eure wahre Größe und Macht. Aus meinem Haus stammen Eure loyalsten und treuesten Anhänger. Schon in diesem Jahr werden neue Schulabgänger den Weg zu ihrem wahren Herren finden."
War er überzeugend genug?
Die rot glühenden Augen wandten sich von ihm ab. Voldemort setzte sich auf seinen thronartigen Stuhl und musterte den Zaubertrankmeister. "Wir werden sehen. Vorerst wartest du auf neue Anweisungen von mir. Einer meiner Getreuen wird dich kontaktieren. Du kannst gehen!"
Noch einmal verbeugte sich Snape vor seinem Meister. Er hatte die Tür fast erreicht, als Voldemorts Stimme ihn zwang, sich umzudrehen. "Damit du nicht vergisst, dass man mich nicht ungestraft hintergehen kann, nimm das zur Auffrischung deines Gedächtnisses mit auf den Weg." Voldemorts unscheinbare Handbewegung hatte katastrophale Folgen für Snape. Er fühlte, wie eine unsichtbare Faust ihn in den Magen schlug. Die Wucht des Aufpralls war so heftig, dass er selbst davon mitgerissen und etliche Meter weiter gegen die Wand gestoßen wurde. Die Schulter prallte gegen den harten Stein und ein neuer Schmerz jagte vom Arm aus durch den ganzen Körper. Plötzlich sackten die Beine unter ihm weg und Snape rutschte an der Wand zu Boden.
Benommen schüttelte er den Kopf, seine innere Stimme jedoch schrie ihn förmlich an, sofort wieder auf die Beine zu kommen, bevor Voldemort ungeduldig wurde. Also biss er die Zähne zusammen und stemmte sich irgendwie, an der Wand Halt suchend, in die Höhe. Hoffentlich hörte das Zittern der Knie gleich wieder auf. "Ich danke Euch, Meister, für diese Lektion", stieß er unter Mühen hervor. Aber Voldemort war nicht mehr da.
Anmerkung Elena:
Greenie: In der FanFiction "Mein Name ist Severus" von Silverfox (in einer Übersetzung von Ricky) muß Severus Snape in Kindgestalt einige Zeit im jetzigen Hogwarts leben. Ein kleiner grüner Igel spielt dabei eine nicht unwichtige Nebenrolle.
Hobbeat: ist natürlich ein Wortspiel aus Hobbit - nach J.R.R. Tolkien - und der englischen Beat-Musik. Ein Analog zu den Beatles.
Zurück