Kapitel 11: Lacrimoso / Fine / Da Capo?
Albus Dumbledore gab es bald auf, mit seinem Freund zu reden. Severus war einsilbig und völlig in sich verschlossen. War er früher ein stacheliger Igel gewesen, an dem man sich verletzen, an dem man aber auch weiche Seiten entdecken konnte, so war er nun ein verängstigt zusammengerollter Igel, der der Außenwelt nichts mehr als spitze Stacheln bot. Dennoch ging Dumbledore nicht weg. Er setzte sich hin und war einfach nur da, während Severus hektisch und planlos in den Ruinen seiner Räume umherlief und hier und da etwas richtete. Ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Irgendwann sah Severus ein, dass er völlig erschöpft war, und ging zu Bett. Dumbledore war erleichtert, auch noch etwas Schlaf zu bekommen, und ging. Aber morgen würde er wieder da sein. Jeden Tag.
Severus lag auf seinem Bett. Der samtene Himmel hing schief über ihm, wegen des eingeknickten Pfostens. Poe, der Rabe, hockte sich auf das Kopfkissen und stupste seinen Herrn mit dem Schnabel an. Severus vergrub sein Gesicht noch tiefer in das Kissen. Der Rabe zerrte an seinen Haaren, damit er sich ihm zuwenden sollte, aber ohne Erfolg. Doch die Hand des Zauberers tastete nach dem Vogel und schloss sich sanft um ihn.
***
Mirela saß am Seeufer und blickte hinauf zum Vollmond. "Ich würde dir so gern helfen, Severus", sagte sie in die Einsamkeit der Nacht hinein, "es tut mir so leid. Ich... hab dich lieb, Severus. Und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass du das irgendwann spürst. Egal, wie viele Monde bis dahin vergehen. Vielleicht wird irgendwann einmal nicht mehr Neumond in dir sein. Dauernde Finsternis."
Sie überlegte, ob er wohl jemals wieder die Mondschein-Sonate spielen würde. Ob er überhaupt noch musizieren würde. Vermutlich ja, denn es war etwas, das ihm Trost geben konnte. Wenigstens hatte er seinen Flügel nicht kaputtgeschlagen. Aber würde sie ihn je wieder spielen hören? Und das Stück, das nun zerknickt in ihrer Umhang-Tasche steckte, das würde wohl für immer unvollendet bleiben.
Sie stellte ihn sich vor, wie er jetzt in den Trümmern seines Zuhauses saß. Er hatte fast alles zerstört, weil er geglaubt hatte, es nicht mehr zu brauchen. Da wo er hin wollte, konnte man nichts mitnehmen. Nun lebte er doch noch, aber fast alles, was sein Leben ausgemacht hatte, war kaputt. Die meisten Schäden würden nicht mit einem einfachen "Reparo" wiedergutzumachen sein. Weder die an seinen Sachen, noch die an seiner Seele. Seine Noten, seine wertvollen, alten Bücher, teils unwiederbringliche Schätze, für immer zerstört. Vielleicht war es besser für ihn, dass die verbotenen Bücher vernichtet waren. So konnten sie ihn nicht mehr in Gefahr bringen. Aber sie wusste, dass sein Herz daran gehangen hatte. Severus hatte diese Bücher aus Sammel-Leidenschaft behalten, und um des reinen Wissens willen, das er nie zu bösen Zwecken verwendet hätte. Aber das erkläre ein paar Bürokraten aus dem Ministerium!
Vieles war unwiederbringlich verloren, und es würde lange dauern, bis Severus seine Räume wieder als sein Zuhause empfinden konnte. Manches würde er sich nach und nach wieder aufbauen können. Er würde viele Tränke nachbrauen müssen. Aber vielleicht war es gut für ihn, wenn er sich in die Arbeit stürzte. Mirela wünschte, sie hätte auch etwas, das sie so in Anspruch nahm. Sie konnte nicht zulassen, dass Severus alle ihre Gedanken einnahm - nein, nicht "Severus", sondern "Professor Snape". Das war ja das Schlimme daran.
Auch sie hatte soviel Wertvolles besessen und hatte es mutwillig zerstört. Sie hatte sein Vertrauen geschenkt bekommen, seine Freundschaft, und sie hätte mehr haben können. Sie hatte den Schlüssel zu seinem Privatbereich besessen, und nun hatte er ihn zurückgefordert. Sein Bereich war für sie verschlossen. Sie musste wieder um Einlass bitten, wie jeder andere. Aber vielleicht, nur vielleicht, würde er eines Tages wieder öffnen, wenn sie lange genug anklopfte. Wenn sie blieb, egal wie oft er sie an der Tür abwies.
***
Poe spürte, wie das Kopfkissen unter seinen Vogelfüßen immer nasser wurde. Er pickte Snape ins Ohrläppchen, doch der blieb in sein Kissen vergraben. "Mirrrrrrrela", gurrte der Rabe.
"Hör auf!" kam ein dumpfer Aufschrei aus dem Kissen.
Der Rabe legte traurig den Kopf schief und krächzte: "Neverrrrrmorrrrrre?"
"Nie, nie, nie mehr!", drang die halb erstickte Stimme aus dem Kissen.
Der Rabe blieb dort sitzen, bis Severus Snape nach sehr langer Zeit endlich eingeschlafen war. Er zupfte noch einmal zärtlich an einer der wirren, schwarzen Haarsträhnen und sang leise: "Neverrrr say neverrrrrrr..."
~~~ENDE~~~
Feel
Come and hold my hand
I wanna contact the living
Not sure I understand
This role I've been given
I sit and talk to God
And he just laughs at my plans
My head speaks a language
I don't understand
I just want to feel real love
Feel the home that I live in
'Cause I got too much life
Running through my veins
Going to waste
I don't want to die
But I ain't keen on living either
Before I fall in love
I'm preparing to leave her
I scare myself to death
That's why I keep on running
Before I've arrived
I can see myself coming
I just want to feel real love
Feel the home that I live in'
Cause I got too much life
Running through my veins
Going to waste
And I need to feel real love
And a life ever after
I cannot give it up
I just want to feel real love
Feel the home that I live in
I got too much love
Running through my veins
To go to waste
I just wanna feel real love
In a life ever after
There's a hole in my soul
You can see it in my face
It's a real big place
Come and hold my hand
I want to contact the living
Not sure I understand
This role I've been given
Not sure I understand
(Robbie Williams, 2003)
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