Geheimnisse

 

 

Zurück

 

Zurück zur
Startseite


 

Kapitel 60: Horizonte


Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, haben noch lange nicht den gleichen Horizont.

(Unbekannt)



"Er war wach?!" frage Black ungläubig und sah in die blauen Augen von Firenze.
"Ja etwas mehr als eine Stunde", nickte Firenze.
"Aber warum haben Sie mich nicht geweckt? Hat er etwas gesagt?" hakte Sirius nach.
Er konnte es nicht glauben, er hatte es verschlafen und noch nicht einmal bemerkt! Wie konnte er so nachlässig werden? Ab jetzt gab es keinen Schlaf mehr bis er sicher war, dass Snape über den Berg war. Oder war er es etwa schon. Ein einziger Blick genügte, nein, da fehlte noch ein Stück, aber er war immerhin schon auf dem Weg dahin. Sirius begann auf- und abzulaufen und rieb sich dabei seine schmerzenden Handgelenke.
"Er hat nicht viel gesagt, nur dass er froh ist mich zu sehen und zu hören. Ich habe die meiste Zeit geredet", antwortete Firenze ruhig.
Sirius stoppte und sah zu Snape.
"Wir brauchen weitere Nahrung für ihn, stärkende Nahrung. Ich konnte ihm nur etwas Wasser geben", fuhr Firenze fort und stand nun selber schwerfällig auf.
"Mad Eye hat vielleicht noch was in der Küche woraus wir eine Brühe oder so was kochen können." Sirius seufzte. " Aber ich ein schlechter Koch."
Firenze zuckte mit den Schultern. "Ich auch. Versuchen wir unser Glück."
"Und was ist wenn er wieder aufwacht?" fragte Sirius, es behagte ihm gar nicht Snape nur mit dem Einhorn zurück zu lassen.
"Sie wird uns rufen", sagte Firenze vertrauensvoll und gab dem Einhorn einen leichten Klaps auf den Hals.
‚Es ist ein Erlebnis für sich', dachte Sirius und beobachtete wie Firenze geschickt Gemüse schnitt und in das kalte Wasser warf. Magier und Zentaur standen Seite an Seite und kochten eine stärkende Brühe für Snape. Black konnte nicht anders, er lächelte still und leise vor sich hin. Bis vor ein paar Monaten hätte er sich nicht einmal träumen lassen Snape zu helfen, und Snape hätte Sirius eher eigenhändig vergiftet als ihn in seine Nähe zu lassen. Aber es waren besondere Zeiten und besondere Zeiten verlangten besondere Taten.
"Und wenn die Tat heißt mit einen Zentauren zusammen zu kochen", grummelte Black vor sich hin und warf kleingehacktes Fleisch in den Kessel.
"Wie bitte?" fragte Firenze.
"Ach nichts", wehrte Sirius ab und stellte den Gasherd an.
Stille kehrte ein und breitete sich langsam wie eine erholsame Brise im ganzen Haus aus.

***


"Mad Eye, du bist verrückt!" flüstere Erawin.
"Wir müssen die Daten dem Ministerium geben", beschwor Alastor seinen alten Kollegen.
Isa ließ die letzten Knochen in einen Eimer fallen und beschriftete ihn umsichtig.
"Mad Eye hat Recht, Erawin. Wir müssen es sagen. Wie viele Tote haben wir allein in den letzten drei Tagen gefunden? Zehn? Zwanzig?" fragte Isa aufgebracht.
"Fünfzehn", murmelte Erawin und schlug die letzte Akte zu.
"Und das war nur ein Brunnen! Ein Schacht! Was denkst du werden wir in den anderen Kammern finden? Nur Kerker?" Isa wies auf die Tür.
Die Tage im Kerker hatten ihre Spuren an den Dreien hinterlassen. Alastor war gereizt, Erawin müde und Isa, wie Alastor, sehr gereizt. Viel Schlaf hatten sie sich nicht gegönnt, aber wenn, dann hatte jeder sehr viel Wert darauf gelegt den Kerker zu verlassen um wenigstens im Haus oben zu schlafen. Das Haus und den Ort des Verbrechens völlig ohne Bewachung zu lassen hatte ihnen wiederstrebt, nach dem sie drei Mitarbeiter des Ministeriums dabei erwischten, wie sie im Haus herumgestöbert hatten. Isa hatte sie mit Schimpf und Schande vertrieben und als Alastor nachsah waren die Schubladen von Morays Schreibtisch aufgerissen gewesen, und der alte Auror verwettete sein magisches Auge, dass einige Dokumente fehlten. Das Ministerium wollte diesen Schandfleck der Auroren vergessen lassen, mit allen Mitteln. So hatten sie auch beschlossen die Leichen in den Kerkern zu lassen. Erawin, ein Profi wenn es um magische Schlösser ging, hatte die bereits untersuchten Leichen in einen Kerker gebracht und diesen magisch versiegelt. Alastor sah nur kurz zu und als er bemerkt hatte wie nah sich Erawin bei dieser Magie auf der Grenzlinie zwischen weißer und schwarzer Magie bewegte, hatte er sich leise zurückgezogen.
"Okay, okay", Erwain hob ergeben die Hände, "aber wenn wir unsere Daten vortragen wollen, dann nicht in diesem Zustand."
Als er sah wie Isa nach Luft schnappte und Alastor dabei war dagegen zu steuern, warf er schnell ein: "Was nützt es uns wenn wir uns gegenseitig an die Kehle gehen, wenn wir vor dem Ausschuss stehen?"
Isa grummelte und Mody nickte müde. Die Logik hatte sie noch nicht völlig verlassen. Wenn sie sich gegenseitig vor lauter Müdigkeit anbrüllten schadete das nur ihrer Glaubwürdigkeit. Wobei auch hier Mad Eye ein Problem sah, sie waren hier nicht gerade die beliebteste Truppe der Auroren. Gut, ja - aber nicht überall beliebt.
"Also dann, alle hier raus. Ich versiegele die Kerker, wie ich auch die Räume versiegelt habe. So kommt hier keiner rein und lässt was verschwinden. Jeder von uns sollte sich mindesten 48 Stunden ausruhen!" befahl Erawin Poll.
"24 Stunden!" protestierte Isa.
"Raus mit euch", grummelte Erawin und schob sie vor die Tür.
"Wie wär's mit 12?" versuchte es Mad Eye.
"RAUS!" brüllte Erawin.
Aus dem Gang hörte man nur noch: "Oh Merlin, ist der schlecht gelaunt."
Alastor antwortete: "Sind wir das nicht alle?"

***


Sirius schreckte hoch. Er war gerade dabei die Verbände von Snape zu wechseln, welcher sich glücklicherweise in tiefer Bewusstlosigkeit befand, als er etwas hörte. Die Eingangstür wurde geöffnet. Die magischen Schlösser klackten leise und als die Tür sich endgültig mit einem leisen Quietschen öffnete war Sirius auf den Beinen. Firenze wirkte angespannt. Mit größter Vorsicht schob sich Sirius aus dem Raum und schlich zur Treppe. Es war bereits weit nach Mitternacht und in der Eingangshalle brannte schon seit Stunden kein Licht mehr. Hecktisch sah sich Sirius um, was konnte er als Waffe benutzen? Doch bevor er weiterdachte sagte eine ihm wohl vertraute Stimme: "Lumos." Und dem folgte ein weiterer leiser Spruch und die Kerzen im Kronleuchter flammten auf.
Ein sehr erschöpft wirkender Alastor Moody stand in der Eingangshalle und zog gerade seinen Mantel aus.
"Mad Eye!" sagte Sirius glücklich und ging die Treppe nach unten.
"Nun Mr. Black ihrem Tonfall nach nehme ich an, Snape lebt noch?" begrüßte Alastor den ehemaligen Gefangenen von Askaban.
Sirius nickte und nahm dem Auroren den Mantel ab - verdammt, der alte Mann sah müde aus. Er brauchte dringend ein gutes Essen, Ruhe und viel Schlaf. Doch Alastor dachte nicht daran; leicht schwankend aber fest entschlossen steuerte er die Treppe an, die nach oben führte. Black verstaute den Mantel sicher am Kleiderhaken und folgte dem alten Auroren. An der Tür zu Snapes Zimmer stand Firenze und begrüßte den alten Mann freundlich. Erst jetzt dämmerte es Sirius was sie aus Moodys Gästezimmer gemacht hatten. Doch bevor er den Auroren warnen konnte war dieser schon an Firenze vorbei in den Raum getreten.

Alastor sah den jungen Black genau an. Er sah schlicht weg furchtbar aus: die Augen glasig und tief eingefallen, überhaupt wirkte der ganze Magier wie frisch aus Askaban entlassen. Hatte er die letzte Zeit auch abgenommen?
‚Ich hätte früher zurück kommen sollen', dachte Moody betrübt.
Nun betrat er den Raum, in dem er zuletzt Snape gelassen hatte, und erstarrte. Es war als ob er sich auf einer Wiese befand, ein Baum stand nahe am Fenster und der Raum war aller Möbel beraubt worden. Der Rasen federte leicht unter seinen Schritten und sein magisches Auge zeigte mehrere Blumen die über Nacht ihre Kelche geschlossen hatten, dennoch roch es immer noch nach Frühling in dem Raum.
Wortlos aber mit sehr fragendem Gesichtsausdruck wandte er sich zu Firenze und Black um.
"Er driftete ab und wir konnten ihn nicht mehr erreichen, so schufen wir eine Umgebung, die er immer gemocht hat", beantwortete Black die unausgesprochene Frage.
"Er war abgedriftet?" fragte nun Alastor laut.
"Ja, das Fieber war gestiegen und es sah lange lange Zeit nicht gut aus", sagte Black leise und trat nun vor.
"Und jetzt?" Alastor ging nun auch zu Snape, der vor dem Kamin in leichte Leinentücher gehüllt lag.
Das Einhorn graste in seiner Nähe in Ruhe die Blumen ab und ignorierte Alastor mit geübter Einhorngelassenheit.
"Er war ein paar Mal wach, wir haben ihm zu essen gegeben, ihn gewaschen, Verbände gewechselt. Gestern richteten wir ihn sogar etwas auf. Ich glaube er ist über den Berg. Körperlich gesehen", berichtete Black und ging neben Snape in die Knie um ihn eingehend zu betrachten.
Alastor strengte kurz sein magisches Auge an und nickte bedächtig. "Ja die Brüche sehen besser aus, wobei, er hatte Nachwirkungen?"
Sirius bejahte.
"Hm, dachte ich mir weil ein neuer Bruch hinzugekommen ist. Aber keine Sorge, der sieht auch besser aus." Alastor lehnte sich an die Wand und schüttelte den Kopf. "Unterschätze niemals Severus Snape", murmelte Moody.
"Wem sagen Sie das?" lachte Sirius leise.
"Gibt es Neuigkeiten vom Ministerium? Können wir zurück nach Hogwarts?" fragte Firenze aus dem Hintergrund.
Moody seufzte schwer und stieß sich von der Wand ab. "Ja es gibt Neuigkeiten und zwar eine ganze Menge", sagte Mad Eye und ließ sich nun neben Snape auf dem Boden nieder.
Firenze trat neugierig näher, und sogar das Einhorn stoppte im Grasen und wirkte plötzlich sehr interessiert.
Müde und etwas schleppend begann Moody zu erzählen. Obwohl er mehrmals herzhaft gähnte und Sirius daraufhin bestand, dass Alastor ins Bett gehen sollte, endete Alastor mit seinem Bericht - so viel war er Sirius schuldig. Der Mann hungerte nach Informationen, auch wenn er es nicht zugeben wollte. Sogar die magischen Wesen schienen sehr interessiert an den Geschehnissen in der Magierwelt. Ein Umstand, der für ein Einhorn und für einen Zentauren sehr selten war. Als Moody endete wandelte sich das dunkle Blau des Himmels in ein helleres.
"Diese Idioten!" fluchte Sirius und schüttelte seinen Kopf.
"Wem sagen Sie das. Das offensichtliche wollen sie einfach nicht erkennen. Wobei sie es gesehen haben! Die Kerker, die Schächte und die Folterkammer!" In stiller Verzweiflung vergrub Alastor kurz seinen Kopf in den Händen.
"Sie sind müde, Mad Eye, ruhen Sie sich aus", meinte Sirius freundlich und Moody sah überrascht auf.
Wie schnell sich Sirius wandeln konnte vom frustrierten Zuhörer zum besorgten Freund. Das war so gar nicht der junge wilde Sirius, den Alastor kannte.
‚Das muß wohl Askaban gewesen sein', dachte er und eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf meinte: "Oder die Sorge um Snape."
"Ich bleibe hier falls noch Komplikationen auftreten", grummelte Mad Eye noch, ließ sich nach hinten fallen und rollte sich zusammen.
Er war einfach zu müde um noch irgendwo hinzugehen. Der Schlaf hatte ihn bereits sicher umschlugen und so bemerkte er nicht mehr, wie Sirius ihn in eine Wolldecke packte.

Kapitel 61

 

Review

Zurück