Geheimnisse

 

 

Zurück

 

Zurück zur
Startseite


 

Kapitel 50: Zufall


Das Schicksal gibt die Karten und wir spielen sie aus.

Unbekannt



Die Bahn fuhr den ganzen Tag durch und als die Nacht hereinbrach kamen sie stockend in einem der Vororte von London an. So geschickt wie sie ihr ungewöhnliches Gefährt bestiegen hatten, kletterten und sprangen Black und seine Begleiter heraus. Sie wollten die Nacht außerhalb von London verbringen. Am nächsten Tag wollten sie sich vorsichtig in die Stadt wagen und dann die Aurorenhäuser abklappern. London war eine der wenigen Städte, in der auch die Hexen- und Zaubererpopulation so hoch war, dass sie nicht mehr einfach so frei umhergehen konnten. Es hatte Sirius schon überrascht, dass sie in der vorherigen Stadt keiner erkannt hatte, aber vielleicht lagen der Schock und auch die Freude noch zu nah beieinander um Freudendtänze auf den Straßen auszulösen. Keine Eulen waren gesichtet worden, wie beim ersten Fall Voldemorts, kein Funkenregen. Dazu hatte dieser Fall einen zu großen Preis gefordert: Albus Dumbledore.
London war eine unsichere Stadt und als Black auf der Fahrt im Zug den Vorschlag unterbreitet hatte doch die Nacht außerhalb von London zu verbringen, gab es keine Gegenstimmen oder Schnauben. Firenze hatte den Rucksack genommen und Black ritt wieder auf dem Einhorn. Schnell und wie ein Schatten huschten sie die Gleise entlang über Felder und schließlich eine Landstraße entlang. Fast zwei Stunden galoppierte das Einhorn ruhig und gelassen über die Straße, brachte ihn weg von der Stadt und der drohenden Gefahr. Im Gegensatz zu Firenzes Galopp war dieser hier weich wie eine Feder und Black war es ein leichtes, ohne Sattel und Zaumzeug die Balance zu halten. Firenze blieb dicht hinter ihnen und sah sich aufmerksam um. Sie bogen schließlich in ein Feld ab. An einem leichten Hang wuchsen Sträucher und dorniges Gestrüpp im Feld, es lag außerhalb einer parkähnlichen Anlage eines alten Hauses, das weit entfernt an der Landstraße lag, die sie entlang gekommen waren. Durch dieses Gestrüpp waren sie auch vor neugierigen Blicken geschützt. Im fahlen Mondlicht sah sich Black kurz um. Der Park, der einige Meter von hier endete, war so etwas von typisch englisch, dass es ihn wunderte, dass hier keine Werbeschilder für Touristen zu sehen waren. Das alles sah aus wie aus einem Werbeprospekt der Muggel entsprungen und war sehr gepflegt. Black schüttelte den Kopf und suchte Deckung am Gestrüpp. Entweder war dieser Bewohner hier sehr reich oder hatte einen wahren Sauberkeitskomplex. Firenze stellte den Rucksack ab und streckte sich genüßlich. Das Einhorn wälzte sich im nahen Gras, als ob es sich den Staub der Reise aus dem Fell reiben wollte. Black bedauerte kurz keine Bürste dabei zu haben, er hätte dem Einhorn gern den Gefallen getan, den Staub zu entfernen.
"Kennen Sie wirklich alle Adressen der Auroren?" fragte Firenze erschöpft.
Die Bahnreise hatte den Zentauren viel Kraft gekostet, den bekanntlich waren Züge nicht sehr ruhig und es hatte dem vierbeinigen Wesen viel Mühe bereitet das Gleichgewicht zu wahren.
"Nein, aber vielleicht finden wir dort Hinweise auf die anderen. Die meisten werden im Land unterwegs sein um Todesser zu fangen." Black rieb sich die Augen, er war auch erschöpft.
Mit leer blickenden Augen stand er da, die Arme locker hängend und den Kopf in den Nacken gelegt. Fasziniert beobachtete Firenze die Verwandlung in einen Hund. Müde suchte der Hund die Nähe des Zentauren und schlief sicher an dessen Flanke ein.

oOo

Moray kam zurück. Er war einfach im Chaos abgetaucht. Für einige Stunden würde man ihn nicht vermissen. Die Gruppe von Toten hatten sich als ein massiver Verkehrsunfall heraus gestellt, ausgelöst durch einen unachtsamen Muggel. Es gab fünf Tote und mehrere Verletzte. Für Auroren im Moment ein kleineres Übel, dafür hatte man in einem nahen Haus einen weiteren Todesser gefunden, der seinem Lord in den Tod gefolgt war. Genervt, erschöpft und hungrig kam Moray bei seinem Haus an. Kurz blieb er stehen und sah das Schimmern des fernen Londons am Nachthimmel. Deswegen war er hier her gezogen, deswegen hatte er dieses alte Haus seiner Familie NICHT aufgegeben und war, wie viele Magier, näher an die Stadt gezogen. Er brauchte die Entfernung zur Stadt und zu den Muggeln die dort lebten. Muggel! Mit einem angewiderten Schnauben löste er die kleinen aber feinen Schutzzauber um die Tür auf. Muggel waren so etwas von idiotisch! Selbst wenn man sie förmlich mit der Nase auf Magie drückte, erkannten sie diese nicht. Mit einer eleganten Bewegung warf er seinen Reisemantel über die Garderobe und näherte sich dem Geheimenzugang. Doch halt, zuerst ein wenig essen. Dann würde er sich Snape in Ruhe widmen.

***



Sirius schlief unruhig, trotz dem wunderbaren Erlebnis, ein Einhorn reiten zu dürfen, konnte sich dieses Ereignis nicht in seinen Träumen festsetzen. In seinen Träumen sah er immer wieder Albus unter diesem Trümmerhaufen, meinte das Feuer des Saales wieder zu riechen und die Schreie als der Kampf tobte. In seinen Träumen sah er all das wieder. Seit Askaban war sein Gehirn so getrimmt worden, dass er selbst ohne Dementoren vor der Nase viele schreckliche Ereignisse wieder und immer wieder in seinen Träumen sah. Manchmal hatte er Ruhe, doch dies war selten.

Das Einhorn graste, es brauchte wenig Schlaf und es war noch zu aufgeregt von der langen Reise. Das Bahnfahren hatte ihr wenig gefallen, zu holperig, aber dann, das Galoppieren auf der Landstraße war befreiend gewesen. Wieder Willen hatte das Tier dem Magier gestattet auf ihm zu reiten. Anfangs, da waren die Instinkte, die ihr immer wieder zuriefen: EIN MANN! NUR WEG VON MÄNNERN! Sie rochen furchtbar, ihre Gedanken waren roh und ungehobelt und überhaupt hatten sie bei weitem nicht die Eleganz einer Frau. Doch manchmal mußte man Kompromisse eingehen. Langsam hatte sie sich dem Zauberer genähert, der nun auf der Erde als Hund schlief. Hatte mit ihm Nächteweise im Verbotenen Wald gesessen und ihm gelauscht. Bewußt oder unbewußt war dieser hier anders geworden, aus dem anfänglich rohen und unbeholfenen Zauberer war mehr geworden. Das Einhorn respektierte ihn und gestattete ihm auf ihr zu reiten. Wie bei den Begegnungen im Wald war er zu Angangs nicht sehr elegant gewesen, doch von Minute zu Minute stellte er sich auf das Einhorn ein. Ja, sie hatte seine Freude gespürt, wie er manchmal lachte oder gedankenverloren durch die seidenweiche Mähne strich. Dieser hier war die Ausnahme wert.
Genüsslich kaute es auf Gänseblümchen herum und betrachtete den unruhigen Schlaf. Manchmal blitzten Gedankenbilder vor ihrem inneren Auge auf und was das Einhorn von dem Magier empfing gefiel ihr nicht. Leid, Kummer und so viel Schmerz. Wie bei ihrer zweiten Ausnahme, dem anderen Zauberer, diese zweite Ausnahme bestand fast nur aus Kummer und Leid. Es gab nur wenige Zeiten wo sie ihn anders erlebt hatte. Schnaubend schüttelte sie den Kopf, Menschen. Versteh einer die Menschen. Da erklang ein Schrei und der Kopf des magischen Wesens schnellte hoch.

Sirius stand nur einen Sekundenbruchteil später auf den Beinen, die Augen schreckensweit geöffnet und am ganzen Körper zitternd. Firenze benötigte nur zwei Sekunden mehr und sah sich schon suchend um.
Da wieder der Schrei, spitz und schrill aber kaum zu hören. Sirius standen die Nackenhaare zu Berge, er knurrte tief. Das Einhorn bockte auf der Wiese und rieb die empfindlichen Ohren an den langen Vorderbeinen. Firenze hielt sich beide Ohren zu und verzog das Gesicht.
"Das kann kein Mensch sein!" schnaufte der Zentaur schwer. "Ein Banshee oder eine Muggelmaschine!"
Doch Sirius hörte genauer hin, obwohl es ihm fast die Nerven zerriss. Einen Bruchteil einer Sekunde später war er wieder ein ausgewachsener Mann. "Das ist ein Mensch."
Firenze sah ihn ungläubig an und Black begann sich nach dem Verursacher des Geräusches umzusehen. "Ich kenne das aus Askaban."
Es kam aus dem Gestrüpp.
"Ich kenne das aus Askaban", murmelte er wieder und kniete sich vor dem Gebüsch nieder.
Das Einhorn hörte auf zu bocken und trampelte Sirius fast um, als es begann wie wild mit dem Horn das Gestrüpp zu zerfetzen. Nichts hielt dem Horn stand. Und nach kurzer Zeit sahen sie es. Es war eine Art Abflußrohr mit einem starken Gitterverschluß. Sirius streckte den Kopf näher daran und lauschte, ja von hier kam das Geräusch. Doch wohin führte dieser Schacht? Er stand auf und klopfte sich den Staub von den Knien. Gerade als er sich an Firenze wenden wollte fiel sein Blick auf das Haus, es brannte Licht. Da erklang dumpf eine Stimme aus dem Rohr: "Ach Mr. Snape immer noch stur?"
Die Augen des Zentauren weitenden sich voll Schrecken und ehe Black etwas sagen konnte, ja begriff was er da schwach gehört hatte, warf ihn Firenze auf den Rücken des Einhorns. Sie hatten das Haus eines Auroren und Snape gefunden. Zu dritt jagten sie auf das Haus zu.
Sie polterten durch die Eingangstür, die dem Einhorn nicht stand gehalten hatte, und kamen schlitternd in der großen Eingangshalle zum stehen.
"Keller", murmelte Sirius hektisch. "Er muss im Keller sein."
Panisch, voll Angst und von Sorge getrieben suchten sie das Haus ab. Doch da war kein Keller. Nicht einmal der Ansatz eines solchen! Der Angstschweiß stand Sirius im Gesicht und selbst Firenze dampfte in der ungewohnten abendlichen Wärme des Hauses.
"Ein Eingang, es muß doch so etwas wie einen Eingang geben", murmelte der Zentaur verwirrt und trippelte in der Eingangshalle umher.
Sirius fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. "Denk nach Sirius, denk nach."
Das Einhorn kam polternd aus dem Esszimmer und auch aus seinen Augen war die Ruhe gewichen. Es war so still im Haus und alle drei starrten sich gegenseitig an. Hatten sie sich getäuscht. War dies doch das falsche Haus? Mit zitternden Knien lehnte sich Black an die Wand, er mußte einen klaren Kopf behalten, einen klaren Kopf... einen...
Klack.
Der Boden bewegte sich und sackte ab. Firenze keuchte vor Schreck auf und wich zurück. Das Einhorn machte einen Satz rückwärts und stand im Eingang zum Esszimmer. Verblüfft starrte Black auf den Boden und sah wie vor ihm eine Wendeltreppe entstand. Mit seinem Ellenbogen hatte er einen Kerzenleuchter umgestoßen, der wiederum an einer Art metallenem Seilzug hing. Schlagartig hörten sie auch wieder die Schreie. Black überlegte nicht lange und eilte die Treppe nach unten. Er mußte sich beeilen, die Schreie klangen schon schwächer. Erfolglos versuchte Firenze ihm zu folgen, nach der ersten Biegung war die Treppe zu schmal und der Gang zu niedrig, um ein Weiterkommen für Firenze zu ermöglichen. Firenze war gut im Treppensteigen geworden, doch hier fand er seine Meistertreppe. Der lange Gang war schwach von Fackellicht beleuchtet und so konnte Black nur teilweise verschiedene Türen ausmachen. Etwas irritierte ihn sehr, als er so den Gang entlang rannte. Er war sauber! So als ob dieses Gewölbe erst vor kurzem gebaut worden war. Außer Atem kam er vor einer Tür zum Stehen unter deren Türschlitz Licht flackerte. Ein klatschender Laut und ein darauf folgender Schrei klangen stechend scharf in Sirius' Ohren. Ohne Nachzudenken stieß er die Tür auf und schnappte nach Luft.

Ein überraschter Peter Moray sah ihm entgegen, in seiner Hand etwas Unförmiges, das Black an eine Peitsche erinnerte.
Stille.
Sirius' Blick wanderte zu Snape, der hinter Moray in Ketten gelegt und blutig geschlagen mehr hing als stand, die schwarzen Augen halb geschossen und, wie es den Anschein hatte, kurz vor dem endgültigem Zusammenbruch. Erst nach und nach bemerkte Black, dass er keine Waffe hatte, keinen Zauberstab, keinen Bogen, nichts. Innerlich verwünschte er sich, so schnell gehandelt zu haben. Morays Gesichtsausdruck wandelte sich von überrascht zu sehr berechnend. Auch er sah nun dass Black nicht bewaffnet war und ein beinahe diabolisches Lächeln strahl sich über Morays Gesicht. Sirius glaubte dem Teufel ins Gesicht zu sehen.


Kapitel 49

Kapitel 51

 

Review

Zurück