Geheimnisse

 

 

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Kapitel 11: Gewissen



Wenn man sich von den Bergen entfernt, so erblickt man sie erst recht in ihrer wahren Gestalt; so ist es auch mit Freunden.

Hans Christian Andersen


Die Stunden bei Firenze wurden einige der wenigen Highlights in Sirius Blacks Leben in Hogwarts. Natürlich begeisterte er sich weiterhin für das Quiditchspiel seines Patenkindes und mit stoischer Ruhe, die er in Askaban gelernt hatte, ließ er Hermines Abfragerei über den zukünftigen Unterrichtsstoff über sich ergehen. In einer Regalecke lagerten die Rollen von Hagrid und Sirius rührte sie nicht mehr an. Die Wochenenden verstrichen und Snape saß jeden Montag Morgen am Lehrertisch, manchmal etwas bleich aber quicklebendig. Harry berichtete es seinem Paten.
"Naja, heute saß er die meiste Zeit im Unterricht. Aber sonst war er so gemein wie immer. Neville kamen beinahe die Tränen, zum Glück kam da die Schulglocke, sonst hätte er sicher im Unterricht geweint!" Harry sah dabei dem immer noch bleichen Neville Longbottom nach.
Sirius saß neben seinem Patenkind auf einer Steinbank in einem der vielen Innenhöfe in Hogwarts. Nachdenklich sah auch er Neville Longbottom nach, das Schicksal der Longbottoms war bis nach Askaban gedrungen und je nach Gefangenen hatte es grimmige Genugtuung oder tiefes Mitleid ausgelöst. Auch ihm tat der Junge leid. Harry Potter sagte etwas.
"Hm?" fragte Black und sah zu Harry.
"Ich fragte, warum interessiert es dich? Ich denke du und Snape mochten sich nicht sonderlich." Harry sah seinen Paten neugierig an.
Sirius zuckte mit den Schultern. "Ach ich weiß nicht."
Snape rauschte etwas langsamer als normal durch einen Gang und verschwand kurz darauf in einem Seitenflügel der Schule. Nicht ohne vorher einen verachtenden Blick auf Black zu werfen.
"Du hast recht Harry. Er war ein schleimiger, hinterhältiger, aalglatter Typ dieser Snape, schon damals. Und ICH kann ihn immer noch nicht leiden." Sirius versuchte dabei sehr fest zu klingen, doch ganz tief in sich hegte er Zweifel. "Ich wette du freust dich schon auf die zwei Tage schulfrei wegen Halloween?"
Harry strahlte seinen Paten an.

Snape hatte Schmerzen. Der letzte Überfall war knapp ausgegangen und ein Fluch der Ministeriumsauroren hatte ihn gestreift. Sein Bein war daraufhin zuerst taub geworden, dann hatte es angefangen zu brennen, als ob man es in siedenden Öl hielt. Die Irritationen wechselten sich ab, nach dem Brennen kam die Kälte bis er nicht mehr spürte ob er überhaupt noch ein Bein hatte. Er hatte gehofft, dass die Beschwerden bis Montag Morgen verschwunden waren, doch nichts dergleichen war eingetreten. Etwas mürrisch und gleichzeitig ängstlich stand er nun vor dem Krankenflügel. Vielleicht wußte ja Madame Pomfrey Rat? Er war mit seiner Kunst am Ende und tief in ihm hallte dieser alte Befehl von Dumbledore wieder.
Keine Selbstheilversuche!
Mochte er von außen der verbitterte freie Professor Snape sein, aber das war nur außen. Tief in sich war er immer noch Eigentum, war er immer noch an Befehle gebunden, die anderen ihm gegeben hatten. Die Kunst war es, den Schein zu wahren und dennoch seine Order nicht zu vernachlässigen. Vorsichtig öffnete er die Tür und sah in den Krankenflügel. Zum Glück war im Moment kein Schüler in den Betten oder Besuch im freundlichen Krankenflügel des Schlosses. Madame Pomfrey stand kopfschüttelnd vor einem geöffneten Medizinschrank.
"Also ich muß dringend mit Professor Snape reden", murmelte sie vor sich hin.
"Was wünschen Sie Madame Pomfrey", sagte Snape leise in die Stille des Raumes.
Die Krankenschwester und Heilerin des Schloßes wirbelte herum und sah Snape überrascht an.
Snape verbeugte sich tief. "Was wünschen Sie?"
"Ähm..." Die Frau lief rot an und wies mit einer Hand auf den Schrank. "Einige der Tränke sind alt und müßten erneuert werden. In nächster Zeit."
Snape sah sie wieder ruhig an, Pomfrey schien es sichtlich unwohl in ihrer Haut zu gehen.
"Geben Sie mir eine Liste und ich werde sie Ihnen so bald wie möglich liefern." Snape ging langsam auf sie zu.
"Und was machen Sie hier?" Sofort huschte der geübte Blick der Heilerin über Snape, suchte ihn nach Schwachstellen ab.
Sie wird so keine finden, dachte Severus.
Die Heilerin kannte ihn nur halb so gut wie sie es sich wünschte. Hagrid. Ja Hagrid hätte erahnt was mit ihm nicht stimmte. Nicht so diese Frau, auch wenn sie ihm mehr als einmal das Leben gerettet hatte.
"Keine Selbstheilversuche!" wiederholte er die Order und sofort sprang die Frau auf ihn zu.
Snape knickte sein Bein unter ihm weg und er sank ächzend auf den steinernen Boden des Krankenflügels. Der feste Griff von Pomfrey verhinderte Schlimmeres. Das Bein brannte wieder.
Zwischen zwei scharfen Atemzügen preßte der Spion hervor: "Streiffluch. Auroren. Wechselnde Nervenirritationen. Kalt, heiß, Taubheit."
Die Heilerin legte eine Hand auf das zitternde Bein. "Im Moment?"
"Verbrennt es", keuchte er und biss sich auf die Lippen.
Pomfrey zog ihn hoch und ließ Severus sich auf eines der freien Betten setzen.
"Sie haben Glück! Ich kenne den Fluch. Jedoch dauert die Behandlung den ganzen restlichen Tag. Ich werde Sie beim Direktor entschuldigen", sagte sie fest und als der Lehrer zu einem Widerspruch ansetzte, fügte sie hinzu: "Oder ich laß es Ihnen von Dumbledore sagen!"
Snape ließ den Kopf hängen und Pomfrey gewähren. Die Heilerin zog ihren Zauberstab hervor und begann mit ihren Beschwörungen. Das Brennen verschwand, dafür wurde ihm schwarz vor Augen.

Albus Dumbledore saß müde und erschöpft hinter seinem Schreibtisch in seinen Räumen. Madame Pomfrey war zu ihm gekommen und berichtete wie Snape zu ihr gekommen war. Sie ließ nichts aus, erzählt von dem heimtückischen Fluch, der ihn gestreift hatte und von den Auswirkungen. Dumbledore hatte gerade ein Zwei-Stunden-Gespräch über das Flohnetzwerk mit dem Zaubereiminister Fudge hinter sich gebracht. Alle Gespräche mit Fudge waren anstrengend, was Fudge an Ausstrahlung und angeblicher Menschennähe aufbrachte, übertünchte teilweise seine naive Einstellung was Voldemort anging. Die Krankenschwester und Heilerin endete und stand nun leicht betreten vor dem Direktor.
"Ist noch etwas Pomfrey?" fragte er nach.
Stumm nickte sie und sah dabei hilfesuchend an die Decke. Albus lächelte sanft und ließ der Heilerin Zeit.
"Er fällt zurück", sagte sie schließlich.
Dumbledore hob eine Augenbraue an. "Wie zurück fallen?"
"Ist es Ihnen nicht aufgefallen? Er sieht Sie nicht mehr offen an und und... heute hat er sich wieder verbeugt! Vor mir!" Pomfrey zog sich einen Stuhl heran und ließ sich schwer darauf fallen. "Ich glaube es ist Jahre her, dass ich so etwas bei ihm gesehen habe. Es hat mich erschreckt. Als er mich dann ansah..."
Sie zitterte leicht und schlang ihre Arme um den Oberkörper. "Als ob man nichts mehr vor sich hat. Diese Leere in den Augen und ganz hinten dieses Funkeln von Gehorsam, Unterwürfigkeit. Wußten Sie, dass er immer noch Ihre Befehle befolgt?"
Albus schüttelte stumm den Kopf. Nein er wußte es nicht. Hatte gehofft, dass er das hinter sich hatte. Dass Snape verstand was er nun war.
"Er hält sich immer noch daran", sagte Pomfrey unbarmherzig und kühl.
"Er mußte nicht zurück. Ich habe ihm damals die Wahl gelassen. Er hätte nein sagen können", murmelte Albus.
Pomfrey sah ihn nachdenklich an.
"Ich hätte ihn schützen können hier in Hogwarts", fuhr Albus weiter fort. "Er hatte die Wahl!"
Pomfrey schüttelte nun den Kopf. "Nein, ich glaube Menschen wie Severus Snape haben nie die Wahl."
Dumbledore sah die Heilerin traurig an.
Sie seufzte. "Auch wenn wir es unserem Gewissen einreden wollen. Wenn wir gehofft haben, dass dieses Leben hier ihm etwas anderes gezeigt hat. Er hatte nie die Wahl. Und wenn, dann konnte er nur entscheiden WEM sein Leben gehört."
Albus schloß die Augen, warum hatte Snape nur diese Illusion aufrecht erhalten? War wirklich alles nur Fassade? War es nur noch eine Frage der Zeit, bis er ihn wieder Herr nannte?
"Albus?" hörte er Pomfrey sagen und er öffnete wieder die Augen.
"Wissen Sie was?" fragte sie ihn, er schüttelte stumm den Kopf.
"Ich bin froh, dass sein Leben Ihnen gehört und nicht mehr Voldemort!" Sie klang sehr ruhig dabei und ihre Arme langen nun ruhig auf den Armlehnen des Sessels.
"Ich wünschte, ich hätte Ihre Gewissheit und Ruhe Poppy. Ich habe gehofft..", er stockte.
"Sein Job ist es, Ihnen Informationen zu bringen und Ihre Befehle auszuführen. Er wird ihn machen bis er stirbt. Unser Job wird es wieder sein, ihn am Leben zu erhalten! Nicht mehr, nicht weniger", sagte die Heilerin fest.
"Und seine Seele, sein Selbstbewusstein? Wer wird ihn suchen? Wer wird ihm beistehen, wenn Voldemort wieder mit seiner Gehirnwäsche anfängt?" brauste Dumbledore auf.
Madame Pomfrey zuckte mit keiner Mine. "DAS ist nicht Ihre Aufgabe! Es ist auch nicht meine!" Sie stand auf und ging an eines der Fenster, sah auf das Gelände. "Es war Hagrids."
"Hagrid ist tot!"
"Das weiß ich Albus. Aber ich habe das komische Gefühl es gibt bereits jemanden, der seinen Job übernommen hat und es nur noch nicht so richtig wahr haben will", schmunzelte sie.
Dumbledore trat neben sie und sah wie Sirius Black über das Gelände ging, umgeben von Harry und seinen Freunden.
"Woher?" fragte er verblüfft.
"Auch ich sehe Severus Snape nach wenn er gerufen wird. Auch ich mache mir Sorgen und ich kenne Sirius Black zu gut. Ich kenne seine Tricks." Sie lächelte nun sanft. "Aber die Wunden sind zu tief, bei beiden. Es ist eine Frage der Zeit."
"Zeit, die Severus Snape womöglich nicht haben wird", gab Albus zu bedenken.
"Wir werden sehen. Wir werden sehen", flüsterte die Heilerin nur geheimnisvoll. "Niemand entkommt seinem Schicksal. Niemand kann eine einmal angenommene Aufgabe einfach so abgeben."

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