Harry riß seinen Blick von dem schockierten Lupin los. Mrs. Weasley verließ die Seite ihres Gatten und umrundete den Tisch in Richtung Dumbledore. Dädalus Diggel erhob eine Hand um sie aufzuhalten.
"Das ist schon viel zu weit gegangen", flüsterte sie scharf und selbst Harry, der sie nicht so gut kannte, wie ihre Kinder es taten, konnte den Zorn in ihrer Stimme hören. Wenn Blicke töten könnten, dann wäre Diggel jetzt wohl nur noch ein Häufchen Asche auf dem Boden.
"Zu viele Leute hier in diesem Raum werden davon verletzt und ich für meinen Teil habe genug gesehen. All das ist schon bei weitem mehr, als ich jemals über diesen Mann habe erfahren wollen."
"Aber nicht für mich, mir reicht es nicht", grummelte Moody mit leiser Stimme, sie mit seinem normalen Auge ansehend, während das magische unverwandt auf den Meister der Zaubertränke neben ihm gerichtet war. "Ich bin zu nah dran, letztendlich die Antworten zu bekommen, auf die ich gewartet habe, seit ich das erste Mal mit ihm zusammengetroffen bin. Und außerdem, willst du, daß alles hier für die Katz ist? Snape wird eher ärgerlich auf das hier reagieren, wie ich annehme, als sollten wir versuchen möglichst viel dabei raus zu holen, solange wir die Chance dazu haben."
Harry fand Moody mit jeder verstreichenden Minute mehr verabscheuungswürdig und offenbar dachte Mrs. Weasley genauso. Ihr entschlossener Versuch, zu streiten, wurde jedoch überraschender Weise von ihrem Mann verhindert.
"Er hat Recht, Molly", sagte Arthur Weasley bedauernd während er seiner Frau einen Arm um die Schultern legte. "Wir sind schon zu weit gegangen. Außerdem denke ich, daß es keine gute Idee ist, die Verbindung zu unterbrechen. Einer von ihnen muß es tun, schätze ich, wenn wir nicht wollen, daß noch mehr Schaden angerichtet werden soll."
An diese Möglichkeit hatte Harry gar nicht gedacht. Was würde passieren, wenn die Verbindung von außen mit Gewalt getrennt werden würde? Würde einer von ihnen eine Art Gehirnschaden davon tragen? Oder gar beide? Würde es überhaupt möglich sein, einen Zauber zu durchbrechen, den ein Zauberer ausgesprochen hatte, der so mächtig war, wie Albus Dumbledore?
Er beschloß, daß er es nicht herausfinden wollte.
Die Ränge um das Quidditchfeld waren mit Schülern gefüllt. Snape saß neben Lucius Malfoy, beide trugen grüne Roben und riefen ihrem Team Anfeuerungen zu. Auf der Kante der Bank saß Narzissa, ihre Zeigefinger fest in die Ohren gestopft, ein Buch aufgeschlagen auf den Knien. Ihre Lippen bewegten sich beim Lesen.
"Und Patrick Brandon fängt den Schnatz! Slytherin gewinnt!"
Der Kommentator hörte sich recht aufgeregt an und entschieden weniger enttäuscht, wie es Lee Jordan in dieser Situation gewesen wäre. Die Menge um Snape und Malfoy jubelte. Ein Junge hatte begonnen, erregt auf und ab zu hüpfen, wobei er Narzissas Rücken anstieß. Das Buch glitt von ihren Knien und verschwand, durch die hölzerne Konstruktion und gen Erdboden purzelnd. Laut fluchend schob sie die jubelnden Jungen aus ihrem Weg und lief nach unten um das Buch wiederzuholen. Lucius war dabei ihr zu folgen, doch Snape hielt ihn zurück. Der Junge grinste über das ganze Gesicht und auf seinen Wangen lag ein ungewöhnlicher Hauch von Farbe.
"Was?" erkundigte sich Lucius, zwischen Neugierde und Ärger hin und her schwankend. "Das Spiel ist vorbei. Worauf wartest du noch?"
Snape stand nun auf der Bank und sah aufgeregt hinunter auf das Feld.
"Ich möchte nur einen Blick auf die Jungs werfen, die nach dem Spiel sauber machen. Ich denke, man achtet sie nicht so sehr, wie man das tun sollte."
Lucius bedachte ihn mit einem argwöhnischen Blick.
"Wie lange warst du heute der Sonne ausgesetzt, Adlernase? Du weißt, du bist das nicht gewöhnt, vielleicht hast du einen Sonnenstich."
Er rückte näher an seinen Hausgenossen heran und versuchte ihm scherzhaft eine Hand auf die Stirn zu legen. Snape jedoch schob sie ungeduldig weg, eine Geste, die ihm einen gefährlich finsteren Blick einbrachte, und deute hinunter.
"Da, da! Siehst du ihn? Mein Gott, er muß es wirklich machen!"
Ein Junge schlurfte widerstrebend über den Sand, Zweige aufhebend, die manche der Besen während des Spiels gelassen hatten und in Richtung der Umkleidekabine der Slytherins. Er ließ seinen Kopf hängen und trat mit solcher Wucht gegen ein paar unschuldige Kieselsteine, daß die Vermutung nahe lag, daß er sich in einer Stimmung äußerster Enttäuschung befand - oder auch Ärger.
"Ist das ... Sirius Black?" fragte Lucius erstaunt, sein Unmut über den anderen Jungen schien für den Moment wie weggeblasen. Snape sah ihn mit einem glücklichen Ausdruck auf seinem geröteten Gesicht an.
"Jepp. Sirius Black. Der neue Verantwortliche für die Quidditchroben des Slytherinteams. Sie sauber machen, in Ordnung halten, das ist nun seine Sache für den Rest des Schuljahres."
"Was hat er angestellt, um das zu verdienen?" Lucius starrte noch immer der Gestalt hinterher, die langsam das kleine Gebäude am anderen Ende des Feldes betrat. Snape zog eine Augenbraue nach oben, tat sein Bestes um unschuldig drein zu schauen, noch immer ein breites, schelmisches Lächeln auf dem Gesicht.
"Wer weiß?"
Zusammen kletterten die beiden Knaben endlich herunter und gesellten sich zu Narzissa, die mittlerweile ganz verzweifelt nach ihrem Buch Ausschau hielt. Nachdem sie sich alle mehrere Male die Köpfe an den Holzbalken eingerannt hatten und sich gegenseitig ob ihrer Ungeschicklichkeit ausgelacht hatten, fanden sie schließlich das Buch und eilten zurück in Richtung Schloß. Snape hüpfte beinahe.
"Weißt du bereits, ob du über Weihnachten nach Hause fährst, Severus?" erkundigte sich Narzissa bei dem so außergewöhnlich fröhlichen Jungen. "Weil, wenn nicht... weißt du... Lucius und Phillip und Gerhard und ich, wir bleiben... und vielleicht könntest du..."
"Was Narzissa wissen will, ist", deutete Lucius die Stotterei des Mädchens, "ob du es in Erwägung ziehen könntest, Weihnachten mit deinen Eltern dafür zu opfern um uns dabei zu helfen für die UTZ´s zu lernen."
Der Junge hielt mit dem Hüpfen inne und ging nun wieder normal neben seinen Freunden her.
"Ich denke das wird in Ordnung sein", antwortete er nach ein paar Sekunden. "Ich habe ihnen bereits geschrieben, daß ich euch unterstütze und auch selber eine ganze Menge zu tun habe. Ich werde sie einfach fragen und wenn Vater zustimmt, dann trage ich mich in die Liste derer ein, die hier bleiben. Sie werden mich vermutlich eh nicht vermissen", fügte er ruhig hinzu.
Die beiden Slytherin-Siebtklässler hakten sich, jeder auf einer Seite, bei ihm ein.
"Das mein Freund, ist wirklich sehr großherzig von Ihnen", ließ Malfoy mit gestellt aristokratischem Akzent verlauten. "Wenn Ihre Eltern Ihre Anwesenheit nicht zu würdigen wissen, dann lassen Sie sich versichert sein, daß wir es tun, sehr sogar, um genau zu sein. Wir stehen für diese Güte tief in Ihrer Schuld, Sir."
Er versucht sich während des Gehens zu verbeugen, was damit endete, daß alle drei ins Stolpern gerieten.
"Lucius, sei vernünftig", rügte Narzissa ihren Freund als sie ihr Gleichgewicht wieder gefunden hatte. Dann wandte sie ihr hübsches Gesicht dem jüngeren Knaben zu.
"Ehrlich Severus, ich schätze deine Hilfe wirklich sehr. Ich wüßte nicht, was ich ohne dich tun sollte."
Severus lächelte schüchtern.
"Wie wäre es, wenn du deinen Eltern im nächsten Brief auch von dem brandneuen Lakaien Slytherins berichtest?" schlug Malfoy spielerisch vor, als sie das Schloß betraten und hinunter in die Kerker gingen. "Ich habe irgendwie das Gefühl, daß dein Vater die Art von Mensch ist, der diese feinsinnige Art von Ironie zu schätzen weiß. So weit ich weiß, kennt er die Mutter von Sirius." Narzissa nickte zustimmend. "Vielleicht findet er auf diesem Wege sogar heraus, womit sich dieser Bastard diese heiß begehrte Stelle eingehandelt hat. Blacks Mutti redet zur Zeit nicht mit Narzissas Familie wegen... nun ja, du weißt schon, der Sache mit Andromeda."
Narzissa blickte ihn scharf und doch zugleich verletzt an, brach in Tränen aus und begann in die entgegengesetzte Richtung zu rennen. Lucius seufzte.
"Ich weiß nicht, was ich mehr hasse, ihre dämlichen, übersensiblen Gefühle oder meine behämmerte, große Klappe."
Er lächelte seinen jüngeren Freund reumütig an und lief dann lässig hinter dem weinenden Mädchen her.
Snape hatte einen äußerst merkwürdigen Ausdruck auf dem Gesicht. Gedanken jagten sich in seinem Kopf offenbar mit Lichtgeschwindigkeit und heraus kam etwas, das er absolut nicht zu mögen schien. Er stand mitten in dem Gang, für eine weitere Minute noch unentschieden, ehe er sich langsam umwandte und wieder nach oben marschierte, aus dem Kerker heraus in die Eingangshalle und eine weitere Treppe hinauf. Sein Kopf war gesenkt und seine Augen schienen auf etwas in ihm drin gerichtet zu sein. Er ging stetig weiter, bis er vor dem Büro des Schulleiters angekommen war. Seinen Kopf hebend realisierte er, daß es keinen Türknauf gab, nicht einmal eine Tür, keine Möglichkeit, um auf sich aufmerksam zu machen. Da war lediglich der übliche, häßliche Wasserspeier, der ihn anzugrinsen schien.
"Nun, wo ist denn nun diese verdammte Tür, die angeblich immer für mich offen steht?" murmelte er verärgert, während er mit seinen Fingern über den Wasserspeier fuhr, auf der Suche nach einem Knopf oder etwas ähnlichem. Mit einem leicht quietschenden Geräusch drehte der Wasserspeier seinen abstoßenden Kopf und die Treppe tauchte auf, die begann sich aufwärts zu winden, einen verwirrten Severus Snape mit sich nehmend.
Harry konnte sich ebenfalls an das Gefühl erinnern. Es war befremdlich, auf diese Art nach oben transportiert zu werden, von etwas, das scheinbar solider Stein war. Man konnte sich einfach nicht dafür entscheiden, ob man sich nun selber bewegte, oder aber die Welt um einen herum. Als er das erste Mal auf dieser Treppe gestanden hatte, wäre er fast herunter gefallen und er fragte sich, was dann wohl passiert wäre. Hätte die Bewegung aufgehört? Oder hätte die Treppe schlichtweg die Knochen von ihm gebrochen, die im Weg gewesen wären?
Snape hielt sich im Gleichgewicht in dem er seine Hand auf den inneren, rotierenden Pfeiler legte. Als die Stufen zu einem Halt kamen, machte er einen hastigen Schritt in den Raum hinein und sah den nun wieder soliden Stein leicht verärgert an.
"Das letzte Mal hast du das aber nicht getan. Du warst einfach da, ohne dich zu bewegen. Wenn ich eine Wahl habe, dann würde ich für das nächste Mal eben das vorziehen."
Ein leichtes Geräusch hinter ihm ließ ihn sich vorsichtig herumdrehen und er duckte sich gerade rechtzeitig um einen Zusammenstoß mit einem großen, herabkommenden Vogel auszuweichen. Rote Federn berührten ihn leicht im Gesicht und der Phönix zwitscherte mit einer Stimme, die ungewöhnlich hell war, bedachte man die Größe des Tieres.
"Fawkes ist ein freundlicher Geselle, Mr. Snape. Er wollte Sie nur mal näher in Augenschein nehmen."
Elegant schritt Albus Dumbledore eine Treppenflucht herunter, die der Junge zuvor noch nicht bemerkt hatte. Als der Schulleiter zu seinem Schreibtisch herüber ging und dem Slytherin bedeutete sich zu setzen, setzte Fawkes zu einem erneuten Versuch an, sich auf der Schulter des Jungen nieder zu lassen. Dieses Mal hatte er Erfolg. Lange Klauen umklammerten behutsam das magere Schulterblatt und einer der Flügel schien eine leicht gerötete Wange zu liebkosen. Snape griff resolut nach der Rückenlehne des Stuhls und tat sein Bestes den Vogel zu ignorieren.
"Ich denke, ich werde das Geheimnis von Lupin nicht für mich behalten können", sprach er mit fester Stimme und schaute dem Direktor fest in die Augen. Der ältere Zauberer lehnte sich leicht nach vorne.
"Ist das die Feststellung einer Tatsache, Mr. Snape? Oder eine Drohung?"
Der Junge schüttelte seinen Kopf und setzte sich endlich hin, Fawkes noch immer auf seiner Schulter.
"Sie sagten, daß Sie meinen Vater nicht kennen, Sir. Dann lassen Sie mich ein paar Dinge über ihn berichten. Er ist es gewöhnt über alles und jeden um ihn herum die Kontrolle zu haben. Er akzeptiert keinen Ungehorsam. Er akzeptiert es nicht, wenn man ihm widerspricht. Und er akzeptiert keine Geheimnisse. Er hat seine Wege um alles herauszufinden was er wissen will, ohne überhaupt fragen zu müssen. Es ist als... ob er irgendwie in meine Gedanken schaut... Ich weiß nicht wirklich..."
Die Stimme des Jungen wurde leiser und leiser, bis sie zum Ende fast gar nicht mehr zu vernehmen war. Fawkes versuchte ihm freundschaftlich am Ohr zu knabbern, aber Dumbledore scheuchte den Vogel fort. Der alte Zauberer stand auf, umrundete seinen noch immer chaotischen Schreibtisch und stellte sich selbst vor den eindeutig beschämten Jungen. Ein paar Schokofrosch-Verpackungen kullerten zu Boden, als sein Umhang über die Tischplatte fegte.
"Wendet er Legilimens bei dir an?" fragte er ruhig.
Snape nickte.
"Wie oft?"
Der Junge zuckte mit den Achseln.
"Immer wenn er denkt, ich würde etwas vor ihm verheimlichen. Wenn er glaubt, ich wäre nicht seinen Anweisungen gefolgt. Wen er herausfinden möchte, ob ich auch ja eifrig genug lerne."
Dumbledores Gesichtsausdruck konnte man nichts entnehmen, dennoch schien da ein zorniges Funkeln in seinen blitzenden, blauen Augen zu sein.
"Und nun fürchtest du, dass, wenn du nach Hause kommst, er herausbekommt, was du über Mr. Lupin weißt."
"Ich weiß, er wird es", antwortete Snape bedrückt, seine Augen noch immer auf den ausgetretenen Läufer unter seinen Füßen gerichtet. "Es ist eine Art Routineuntersuchung, wenn ich von der Schule nach Hause komme. Das spart ihm die Unannehmlichkeit nachfragen zu müssen, wie mein Schuljahr verlaufen ist und er mir zuhören müßte."
Dumbledore sah in nachdenklich an.
"Und was verlangen Sie nun von mir, Mr. Snape? Möchten Sie meine Erlaubnis, über die Ferien hier in Hogwarts bleiben zu dürfen? Über die Weihnachtsferien ist das keine Problem und ich bin mir sicher, daß wir auch für den Sommer eine annehmbar Lösung finden würden. Es ist vielleicht gar keine so schlechte Idee, wenn du eine Weile lang nicht in das Haus deines Vaters zurückkehrst."
Snape schüttelte den Kopf und sah wieder auf.
"Nein, Sir. Ich möchte meine Mutter nicht allzu lange mit ihm alleine lassen."
Der Schulleiter nickte.
"Was können wir also tun? Wie kann ich dir helfen, Kind?"
Der Junge holte tief Luft und wischte sich seine offenbar verschwitzten Hände an seinem Mantel ab.
"Können Sie mir beibringen, wie ich ihn abblocken kann, ihn aus meinen Gedanken heraus halte?"
Einen Augenblick lang herrschte Stille, in der nur das schwere Atmen des Jungen zu hören war. Seine Augen sahen den Direktor erwartungsvoll, beinahe verzweifelt an. Endlich, für Snape war es gewiß eine Ewigkeit gewesen, nickte Dumbledore.
"Genaugenommen bist du noch ein wenig jung um ein solches Training zu machen. Wie auch immer, es scheint mir, daß es in deinem Fall wirklich eine Notwendigkeit ist. Möchtest du jetzt sofort anfangen?"
Kein Wunder, daß er gut genug war es dir beizubringen, Harry", flüsterte Hermine aufgeregt. "Er hat wirklich früh mit dem Üben angefangen und er hatte den besten Lehrer überhaupt."
Sie klang beeindruckt.
Harry fühlte Ärger in sich aufsteigen. Warum hatte Dumbledore es ihm nicht angeboten, ihn zu unterrichten? Warum hatte er es Snape überlassen? Sicherlich wäre der Schulleiter ein besserer und geduldigerer Lehrmeister gewesen. Mit ihm hätte Harry Okklumentik bestimmt um einiges schneller gemeistert und den Wunsch in sich, mehr über den Raum mit den schimmernden Glaskugeln herauszufinden und noch andere Dinge durch die Augen Voldemorts zu sehen, sicherlich bekämpft. Und wahrscheinlich wäre dieser Unterricht auch weniger schmerzhaft gewesen.
Im Inneren der Blase war Snape gerade zu Boden gesunken, sich beide Hände fest auf die Schläfen pressend. Dumbledore ging langsam auf ihn zu und steckte seinen Zauberstab weg.
"Du mußt deine Verteidigung ändern, Kind. Sie ist stark, aber von der falschen Sorte."
Er half dem Jungen mit fester Hand wieder auf die Füße.
"Es ist, als ob du eine große Eisentür verschließen würdest, die mich erfolgreich draußen hält. Ich war nach dem ersten Mal nicht mehr fähig sie zu durchdringen. Wie dem auch sei, es ist ebenso ein Eingeständnis, daß du tatsächlich etwas zu verbergen hast, etwas, daß unbedingt weggeschlossen werden muß."
Der Junge seufzte schwer.
"Du mußt versuchen, deine Schutzschilde mehr subtil zu halten", fuhr der Schulleiter fort. "Versuch einen Vorhang vor deine Gedanken zu ziehen, vorzugsweise einen, der aus dem gleichen Material besteht wie ein Unsichtbarkeitsmantel. Dann werde ich lediglich fähig sein zu sehen, was du mir gestattest zu sehe - und ich würde nicht einmal vermuten, daß es da noch mehr gibt."
Snape schien eine Weile lang darüber nachzudenken. Die charakteristische Falte zwischen seinen Augenbrauen war erschienen und er sah aus, als wäre er mit sich selber äußerst unzufrieden.
"Entspann dich, Kind."
Dumbledores Stimme war sanft und leise und hatte einen einschläfernden Ton angenommen. Snape schloß seine Augen und zwang sich dazu, gleichmäßiger zu atmen. Er schwankte ein wenig, doch nach ein paar Sekunden hatte er sein Gleichgewicht wiedergefunden und stand unbewegt. Die Spannung schien von seinen Schultern zu verschwinden. Sein ganzer schmächtiger Körper schien entspannt zu sein.
Dumbledores Zauberstab erschien wieder in seiner Hand und er flüsterte: "Legilimens."
Snapes Braue zuckte ein wenig, doch der Rest des Gesichtes blieb unbewegt. Er öffnete seine Augen, doch anstatt auf den Schulleiter zu blicken, ruhten seine Augen auf Fawkes. Der Vogel gab einen zustimmenden Pieps von sich und der Junge lächelte.
Dumbledore öffnete die Augen und lächelte ebenfalls.
"Sehr gut, Mr. Snape. In der Tat, sehr beeindruckend. Ich denke, ich hatte noch nie einen Schüler, der das Prinzip so schnell begriffen hat. Sollen wir uns wieder treffen, sagen wir am kommenden Donnerstag?"
Snape nickte, beugte leicht seine Kopf, ehe er dem Phönix ein "Auf Wiedersehen" zuwinkte und die Treppe herunter verschwand. Er hatte einen triumphierenden Ausdruck auf dem Gesicht.