Kapitel 5: Dumbledores Plan
Einige Stunden später ging Harry verschlafen in die große Halle. Er hatte seit seinem Besuch in Dumbledores Büro keine Minute geschlafen. Seine Alpträume ermüdeten ihn immer, aber der Schlafmangel machte das Nachspiel des Traumes viel schlimmer.
Ron, der neben ihm ging, versuchte ihn etwas aufzuheitern, aber bisher hatte er keinen Erfolg. So setzte sich Harry an den Gryffindortisch, gähnte und versuchte verzweifelt die Augen offenzuhalten. Vielleicht konnte er etwas dösen während alle Andren aßen. Ihm war jetzt wirklich nicht nach Frühstück.
Er hatte gerade die Augen für ein paar Sekunden geschlossen, als ihn etwas am rechten Arm berührte. ‚ich tue einfach so als ob ich es nicht gemerkt hätte’, dachte er. Aber es war vergeblich, denn das etwas packte ihn nun an der Schulter und schüttelte ihn vorsichtig.
“Guten Morgen, Harry.” Sagte Hermines fröhliche Stimme neben ihm,
“Der Tisch ist nicht zum schlafen da,” sagte sie nach einer Pause. “Dafür gibt es Betten, denkst du nicht?”
Harry murmelte etwas, aber er machte die Augen trotzdem nicht auf. Er hörte wie Ron antwortete: „Nicht, Herm. Er hatte gestern Nacht einen dieser Alpträume und ist anschließend zu Dumbledore gegangen.”
Hermine ließ ihn sofort los.
Aber wenn Harry geglaubt hatte, er wäre jetzt sicher vor ihr, hatte er sich getäuscht.
“Oh, Harry, es tut mir so leid, das wußte ich nicht.” redete sie weiter auf ihn ein.
Harry seufzte und machte endlich die Augen auf. “Ja, hmm. Braucht’s nicht. Nichts passiert, wirklich. Hätte sowieso nicht schlafen können.” Er rieb sich die Augen, sah Hermine an und beschloß,, dass er auch eben sogut mir ihr reden konnte.
“Und, wie läuft's beim Unterricht mit den Kleinen? Noch immer so aufgeregt wie letzte Woche?“
Sie strahlte ihn an. Offensichtlich hocherfreut weil er gefragt hatte.
“Es ist wunderbar bisher. Auch wenn wir nicht viele Zaubertränke brauen dürfen, kann ich ihnen die Grundlagen beibringen. Und sie sind so süß!”
Ron sah Harry stirnrunzelnd an. “Süß?”
Harry zuckte nur die Schultern. “Solange sie mit den nervenden kleinen Schlingeln klar kommt“
Jetzt sah Hermine beleidigt aus. „Mit ihnen klarkommen? Sie verehren mich!”
Ron mußte ein Lachen unterdrücken. „Na, wenn du das sagst. Nein, nein, war nur’n Witz. Wir freuen uns wirklich für dich. Hermine. “
Harry nickte zustimmend, und damit schien Hermine zufrieden zu sein, denn sie verfolgte das Thema nicht weiter.
Stattdessen beschloss Harry, dass jetzt die beste Gelegenheit war, ihnen von seinem Traum und dem Gespräch mit Dumbledore zu erzählen, wobei er sicherstellte dass niemand mithörte.
Zum Glück hatten sie an diesem Tag als erstes Geschichte der Zauberei. Harry konnte ein bisschen wohlverdienten Schlaf bekommen, während Professor Binns ihnen die aufregenden Ereignisse der großen Zusammenkunft von 1535 beibrachte, wo Hexen und Zauberer aus aller Welt sich getroffen hatten um ‚moderne’ Arten der Magie zu besprechen. In der Tat war Harry einer der wenigen, die die Stunde des Geistes wacher verließen, als sie sie betreten hatten, was sich als lebenswichtig erwies, denn als nächstes hatte er Verwandlungen, und Professor McGonagall gab ihnen viel Arbeit.
Nach dem Unterricht hielt sie Harry mit einem leicht besorgten Blick auf dem Gesicht zurück. “Mr. Potter, geht es Ihnen gut? Nach gestern Nacht... es war immerhin ziemlich spät.“
“Es geht mir gut, Professor, ich bin nur etwas müde, nichts weiter. Danke für ihre Sorge.“
Sie betrachtete ihn einige Augenblicke um sicherzustellen, dass er die Wahrheit sagte.
Schließlich fuhr sie fort: “Nun, ich freue mich, das zu hören. Der Schulleiter hat gesagt, ich soll Sie nach der Stunde zu ihm schicken. Er will etwas mit Ihnen besprechen. Ich habe Professor Sprout davon berichtet, dass Sie nicht in die Kräuterkundestunde kommen können, aber ich erwarte dass Sie ihre Mitschüler fragen, was sie heute gelernt haben.“
Harry runzelte kurz die Stirn, aber er nickte. “Ja, Professor. Vielen Dank.”
McGonagall lächelte und ließ ihn gehen.
Als er hinauf zu Dumbledores Büro ging, versuchte Harry sich den Rest des Schlafs aus den Augen zu reiben. Er gähnte ein letztes Mal und klopfte an die Türe.
“Herein, herein,” kam die freundliche Stimme des Schulleiters von drinnen.
Harry trat in das Zimmer und erstarrte sofort. Dumbledore war nicht allein. Vor seinem Schreibtisch saß...
“Professor Lupin!“ Harry rannte fast zu seinem ehemaligen Lehrer, der ihn warmherzig anlächelte. “Was machen Sie hier? Ich wusste nicht dass Sie gekommen sind.“ Er wandte sich an Dumbledore. “Professor, warum haben Sie mir das letzte Nacht nicht gesagt?”
Der Schulleiter lächelte. „Nun, Harry, weil ich da selbst noch nicht wusste dass er kommen würde. Es wurde ziemlich kurzfristig arrangiert. Ich habe Remus Lupin um einen Gefallen gebeten und er war so freundlich, sofort auf meine Bitte zu antworten.“
Harry runzelte kurz die Stirn, dann nickte er langsam. „Es hat mit letzter Nacht zu tun, mit meinem Traum, oder?“
Lupin nickte. „In der Tat, Harry. Albus hat mir alles erzählt. “
“Warum sind Sie dann hier? Was will er von ihnen?”
Lupin lächelte nur schwach, und es war Dumbledore der antwortete
“Erinnerst du dich daran dass ich dich ein Genie genannt habe, Harry? Ich wette du warst ein kleines bisschen durcheinander, oder? Der Grund aus dem Remus hier ist, dass er Professor Snape in Askaban besuchen wird.”
Harry runzelte wieder die Stirn.
“Aber sie haben mir erzählt dass er außer Fudges Männern keine Besucher empfangen darf. Wie-“ Er unterbrach sich, als es ihm dämmerte. „Natürlich! Professor Lupin wird nicht als er selbst nach Askaban gehen.” Er sah Lupin aufgeregt an. “Sie werden sich als einer der Männer vom Ministerium verkleiden, oder?”
“Ja, Harry, das werde ich. Severus wird einen ziemlichen Schreck kriegen wenn ihm klar wird, wer ich bin.“ Er grinste bei dem Gedanken. Dann sah er Dumbledore an.
“Ehrlich Albus. Ich bin überrascht, dass du daran nicht vorher gedacht hast. Vielsafttrank ist ein sehr nützliches Werkzeug, wie dir Severus sicher sagen würde, wenn du ihn fragtest.“
Dumbledore zuckte die Schultern und seufzte. “Ich bin ein alter Mann. Alte Männer übersehen gerne Dinge.“
Da schnaubte Lupin. „Natürlich Albus. Und wie alt!“
Harry grinste als er die beiden Männer beobachtete. Trotz seines langen weißen Bartes, sah der Schulleiter überhaupt nicht alt aus. Ganz im Gegenteil.
“Es tut mir leid, wenn ich Ihr interessantes Gespräch unterbreche,” sagte Harry noch immer lächelnd. „Wann geht Professor Lupin nach Askaban?”
“Nun,” fing Dumbledore an. „Das hängt von Fudge ab. Erst müssen wir herausfinden, wann er seinen Mann zu Severus schicken wird. Wir müssen die ganze ‚Operation’ vorsichtig planen. Cornelius darf nichts merken. Einfach verkleidet hingehen wird nicht helfen. Er würde wissen, dass etwas los ist. Ich fürchte wir müssen, ähm, diesen Mann auf einen kleinen Ausflug schicken, während Remus seinen Platz einnimmt.“
Harry nickte. Er verstand. Nun, mit Dumbledore und Professor Lupin sollte der Plan einfach sein, oder?
“Also warten Sie nur auf den Zeitplan von Snapes Vernehmer, oder?
Lupin nickte. „Ja, Harry. Es kann eine Weile dauern, aber das ist alles, was wir für den Anfang brauchen. Da es dein Einfall war, waren wir der Meinung, wir müssten dir von dem Plan erzählen. Hoffen wir nur, dass du dich jetzt ausruhen kannst und dich in Zukunft nicht mehr mit diesen Ereignissen befassen musst.“ Sein Gesicht wurde wieder ernster - aber Harry konnte sehen dass es teilweise gespielt war. „Immerhin musst du deine ZAGs machen.“
Harry stöhnte. “Jetzt klingen Sie wie Hermine. Aber danke schön.“
Lupin lächelte, ebenso wie Dumbledore, der von seinem Stuhl aufstand.
“Nun, Harry, das wäre alles für den Augenblick. Ich verspreche dir mitzuteilen, sobald wir etwas herausgefunden haben. Aber jetzt lasse ich euch beide lieber alleine. Ihr habe euch eine ganze Weile nicht gesehen, und ich denke das ist die perfekte Gelegenheit, alles nachzuholen, denkst du nicht, Remus?“ Die Augen des Schulleiters zwinkerten.
Lupin lächelte nur. “Danke, Albus.”
Dumbledore zwinkerte Harry zu und verließ sein Büro.
Fast eine Stunde später war Harry wieder in der großen Halle. Das Mittagessen hatte gerade begonnen und er nahm seinen üblichen Platz neben Ron und Hermine ein. Er sah besonders fröhlich aus.
Hermine betrachtete ihn neugierig. „Mann, Harry, was ist los mit dir? Das letzte mal, als wir dich gesehen haben, hast du verzweifelt versucht in Verwandlungen nicht einzuschlafen, und jetzt siehst du aus als ob wir bald Weihnachten hätten.”
Harry grinste sie an. Es war wahr - bei Professor Lupin zu sein hatte alle Müdigkeit von ihm abfallen lassen.
“Nun,” fing er an. „Sagen wir nur, dass Dumbledore für mich das perfekte Mittel gegen Schlaflosigkeit gefunden hat. “
Ron stöhnte. „Oh komm schon! Lass uns nicht dumm sterben! Was hat er mit dir gemacht?“
Wieder grinste Harry. “Okay, ich sag es euch. Ratet wer bei Dumbledore war... Professor Lupin! Ja, es stimmt. Wir haben uns fast eine Stunde unterhalten, bis er gehen musste. Er hat mir von Schnuffel erzählt. Er ist bei Lupin in Sicherheit. Alle schienen zu glauben Remus hätte sich einen Hund angeschafft.“
“Toll!” Ron schlug Harry auf den Rücken. „Das sind gute Neuigkeiten. Wenigstens um ihn brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.“
Hermine, andererseits schien sich für etwas anderes zu interessieren. „Hat Dumbledore etwas über… nun, über deinen Traum gesagt? Über seinen Plan?“
“Ja. Er schickt Lupin zu Snape. In Verkleidung, natürlich. “
Hermine nickte, offenbar beeindruckt. „Brilliant. Einfach und doch wirkungsvoll. Ich wusste dass Dumbledore so etwas einfallen würde.“
„Hey“, protestierte Harry. „Es war mein Einfall! Zumindest zum Teil.”
Da verdrehte Hermine die Augen und wandte sich wieder ihrem Teller zu.
Harry sah Ron an, der nur die Schultern zuckte.
Wie sich herausstellte hatte Lupin recht gehabt. Die nächsten Tage vergingen ohne dass sich weitere seltsame oder beängstigende Ereignisse zutrugen. Harry hatte eine schöne Zeit mit seinen Freunden und war froh dass er jemanden wie Professor Dumbledore hatte, der ihm helfen konnte. Nun da er sich nicht mehr mit Snapes Verhaftung befassen musste, kam er sich wirklich wie ein normaler Junge vor - seine einzigen Sorgen waren Hausaufgaben und Punkte für sein Haus.
Trotzdem konnte er nicht wissen, dass es nur die Ruhe vor dem richtigen Sturm war …