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Kapitel 8: Rosé und Silber
Tatsächlich, dort stand es schwarz auf gelbem Pergament in Snapes winziger Handschrift, unmöglich wegzudiskutieren. Der Zauberspruch, der benötigt wurde, um den abgeänderten Amortentia-Trank zu aktivieren, konnte nur dann erfolgreich ausgeführt werden, wenn jemand sein Leben für Harry gab.
"Ich wusste, dass da irgendwo ein Haken an der Sache ist, das ist so typisch Snape", murmelte Ron und starrte auf das Pergament.
"Jaah", stimmte Harry zu. "Aber da hat er sich verrechnet. Ich werde es nicht tun. Wir vergessen einfach die ganze Sache. Auf keinen Fall werde ich es zulassen, dass sich wieder jemand opfert. Ende der Geschichte." Er fing an, das Pergament zu reißen.
"Harry, warte!", rief Hermine alarmiert. "Tu das nicht. Denk nach. Wir sind im Krieg. Viele Leute sterben. Und wenn es einen großen Angriff auf den Orden gibt, wird es zweifelsohne Opfer geben. Wir können unmöglich wissen, was passieren wird, aber wäre es nicht besser, wenn du auf jeden Fall den Trank bereit hättest, nur für den Fall der Fälle?" Als Nachgedanke fügte sie hinzu: "Immerhin wollte Dumbledore, dass du Snapes Buch bekommst. Er muss von dem Zaubertrank gewusst haben, und auch davon wie er wirkt. Vielleicht hat sogar er den Zauberspruch erfunden, nicht Snape."
"Dumbledore hätte gewusst, dass ich dem nie zustimmen würde", sagte Harry mit Überzeugung.
"Ja, das hätte er", stimmte Hermine zu und ein leichtes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. "Und genau deshalb war er so froh, dass du mich hast."
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Der Amortentia-Trank war extrem schwierig zu brauen, sogar mit all den hilfreichen Hinweisen des Prinzen. Kein Wunder, dass er nicht häufig benutzt wurde. Ohne sein ‚Extratraining' in Zaubertränke hätte Harry es wohl nie für möglich gehalten, dass er den Trank richtig zubereiten könnte. Aber nun war er recht zuversichtlich und fast freudig gespannt auf die Aussicht, einen solch fortgeschrittenen Trank zu brauen.
Nachdem er endlich Hermines Drängen nachgegeben hatte, waren er und Hermine das Rezept durchgegangen, um herauszufinden, wie man ihn am besten braute und wo die kniffligsten Stellen waren. Zusammen hatten sie die Schränke und Regale abgesucht, um die nötigen Geräte und Zutaten zu finden. Die selteneren und wertvolleren Zutaten befanden sich noch immer in Snapes privaten, jetzt versiegelten Vorräten, aber mit Dobbys Hilfe war es kein Problem gewesen, alles zu beschaffen, was sie brauchten.
Am ersten Tag hatte Harry das Grundrezept aus getrockneten und fein gemahlenen Beeren der Tollkirsche, dem Extrakt von Veilchenblüten und einigen aufgelösten Pixiflügeln zubereitet, dem noch ein Esslöffel geschmolzener dunkler Schokolade hinzugefügt wurde, eine der genialen Zusätze des Prinzen. Am nächsten Tag, nach vierundzwanzig Stunden leichten Köchelns, kamen weitere Zutaten dazu: Veelahaar, einige Teelöffel gemustes Drachenherz, Stücke von gefrorenen Eschenwindereiern und eine ganze Menge verschiedener Blumen und getrockneter Kräuter. Das Temperaturregime war ziemlich kompliziert, mit einer Sequenz langsamen Erhitzens, anschließenden Abkühlens und erneuten Erhitzens, aber am Ende hatte der Trank die perfekte Farbe eines klaren Sommerhimmels, genau wie im Rezept beschrieben. Am dritten Tag war besondere Vorsicht geboten, da einige der Zutaten sehr flüchtig und instabil waren. Aber, den Tipps des Prinzen sei Dank, hatte er die Aufgabe ohne Missgeschick gemeistert.
Nun näherte sich der vierte Tag des Brauens dem Ende. Harry legte gespannt letzte Hand an den Trank, rührte vorsichtig die Mischung aus gemahlenem Einhornhorn und pulverisiertem Perlmut hinein. Nur noch zwei Mal rühren ... noch ein Mal ... jetzt langsam drei Strähnen seines Haares hinzufügen ... drei Mal rühren gegen den Uhrzeigersinn ... genau dreizehn Sekunden lang warten, und dann ... leicht über die Oberfläche blasen ... Mit einem Seufzer der Erleichterung sah Harry, wie der Trank einen hypnotisierenden Rosé-Ton mit deutlichem Perlmuttschimmer annahm. Pastellfarbene Dämpfe begannen in charakteristischen Spiralen aus dem Kessel aufzusteigen und ein betörender Duft, der ihn gleichzeitig an Siruptorte, den Geruch eines frisch gewachsten Besenstiels und eine gewisse Blume im Garten der Weasleys erinnerte, kitzelte seine Nase. Er atmete langsam und tief ein, und eine große Zufriedenheit bemächtigte sich seiner. Er grinste vor sich hin. Slughorn wäre extatisch vor Lobpreisungen. Mit dem Ärmel wischte sich Harry vorsichtig die schweißnasse Stirn, wobei er peinlichst genau darauf achtete, den Tank nicht durch einen herunterfallenden Schweißtropfen zu verderben. Dann begann er, eine zufällige Melodie summend, die Tische frei zu räumen und seine Brauutensilien zu reinigen. Der Trank musste noch abkühlen und sich mindestens vierundzwanzig Stunden lang setzen, bevor er mit dem letzten Schritt beginnen konnte, den Anweisungen auf dem Pergament.
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Genau vierundzwanzig Stunden später stand Harry wieder vor dem Kessel, scharf darauf, beginnen zu können. Wenn Trelawney ihm vorhergesagt hätte, dass er einst Stunden und Tage am Stück in einem Zaubertranklabor zubringen und es genießen würde, hätte er sich vor Lachen auf dem Boden gekugelt. Doch es war wahr. Er genoss es. So sehr, dass er kaum darauf warten konnte, dass der Trank sich gesetzt hatte. Er war noch immer roséfarben und schien buchstäblich in alle Richtungen Magie auszuströmen.
Endlich war es soweit. Harry entzündete das Feuer unter dem Kessel und ließ den Trank leicht köcheln. Dann lehnte er sich über den Kessel und konzentrierte sich. Fest. So fest er irgend konnte.
Bilder erschienen vor seinem inneren Auge. Seine Mutter und sein Vater auf Hagrids sich bewegenden Fotos, wie sie lachten und ihm zuwinkten. Mum und Dad im Spiegel Nerhegeb, ihr Lächeln überfließend vor Liebe. Langsam, fast wie in Trance, hob er den Zauberstab zu seiner Schläfe und extrahierte einen dünnen, silbrigen Faden, der sich von seinem Haaransatz bis zur Spitze des Zauberstabs zog wie ein taubedeckter Spinnfaden, der in der Morgensonne glitzerte.
Vorsichtig ließ er den Faden in den Kessel mit dem köchelnden Amortentia-Trank gleiten, rührte sieben Mal im Uhrzeigersinn, dann konzentrierte er sich von neuem. Hermine in der Bibliothek, tief über ein großes, altes Buch gebeugt, Ron auf seinem Besen, wie er nach dem siegreichen Match gegen Slytherin jubelte und lachte. Sirius, der ihn kräftig umarmte, seine Augen voller Übermut. Albus Dumbledore, wie er ihm aus kristallblauen, blitzenden Augen zublinzelte. Und Ginny. Ginny, ihr rotes Haar in der Sonne lodernd wie feurige Fäden aus Kupfer. Ihr sommersprossiges Gesicht. Die geschwungenen Linien ihrer weichen Lippen, ihr leicht geöffneter Mund, ihre liebkosenden Arme um seinen Hals ... Zum siebten Mal hob sich sein Zauberstab fast wie von selbst an seine Schläfe ... Sieben Erinnerungen an die sieben Menschen, die er liebte ... Die letzten sieben Rührbewegungen ... Langsam formten sich komplizierte silberne Muster auf der roséfarbenen Oberfläche des Trankes, feine Spiralen, die verschmolzen und langsam verschwanden, während die magische Flüssigkeit die Farbe von geschmolzenen Opalen annahm. Beinahe war es vollbracht.
Harry griff nach dem kleinen silbernen Messer, das auf der Arbeitsplatte wartete. Ein schneller Schnitt in seinen linken Zeigefinger und drei Tropfen Blut fielen in den Kessel. Der Trank begann zu zischen, während die roten Flecken in seine Oberfläche sanken, wallte auf und strömte durchscheinende, pastellfarbene Dämpfe und den zarten Geruch von Veilchen aus. Harry hielt den Atem an und starrte auf den Kessel. Bitte lass es gelingen, bitte lass es gelingen, wiederholte er wieder und wieder in Gedanken wie ein Mantra. Nach exakt sieben Minuten setzte sich der Trank. Nun hatte er die dunkle Farbe roten Weines. Vor Erleichterung schloss Harry seine Augen und atmete mit einem tiefen Seufzer aus. Er hatte es geschafft, tatsächlich geschafft. Der abgewandelte Amortentia-Trank war fertig, und er sah perfekt aus.
TBC