Amoris Infinitas

 

 

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Kapitel 10: Die Hochzeit



Als nur zwei Tage, nachdem Harry den Trank vollendet hatte, Snapes Patronus in Hogwarts ankam, war niemand sonderlich überrascht, dass Voldemort seine Attacke für den folgenden Samstag geplant hatte, den Tag der Hochzeit.

Harry war so beschäftigt damit gewesen, den Trank zu brauen und zu üben, wie man eine Erinnerung extrahierte (natürlich war es Hermine gewesen, die das Buch gefunden hatte, das detaillierte Anweisungen über den Vorgang gab), dass er das nahende Ereignis fast vergessen hätte. Wieder einmal waren sie alle in den Fuchsbau geladen, wo die Vermählungszeremonie für Nymphadora Tonks und Remus Lupin abgehalten werden sollte. Molly hatte dieses Arrangement vorgeschlagen, da weder Remus noch Tonks es sich leisten konnten einen Raum zu mieten, der so viele Menschen beherbergen konnte. Neben Tonks' und Remus' Eltern und einigen Freunden war der gesamte Orden des Phönix eingeladen. Die ideale Gelegenheit für Voldemort, die Bollwerke des Widerstands in einem einzigen Schlag auszulöschen.

Was überraschender war, war der Patronus selbst. Ron hatte durch eines der Fenster in Hagrids Hütte ein schimmerndes Etwas gesehen, das schnellfüßig und mit wehender Silbermähne über die nächtlichen Ländereien flog. Es war ein perlweißes Einhorn.

"Ein Einhorn! Könnt ihr das glauben? Das ist wie - wie -", sagte Ron, der es auch am folgenden Nachmittag noch nicht glauben wollte, obwohl er es mit eigenen Augen gesehen hatte. "Ach, ich weiß auch nicht. Aber es ist einfach total unglaublich."

"Was hast du den erwartet, eine riesige Vampirfledermaus? Oder einen Basilisken?", spottete Hermine. "Krieg dich wieder ein, es ist eben nicht immer alles so offensichtlich." Sie wandte sich an Harry. "Hat McGonagall dir gesagt, was der Orden tun wird? Sie hatten doch ein Treffen, oder?"

Harry nickte ernst. "Sie werden die Hochzeit halten wie geplant."

"Und nichts unternehmen?", fragte Hermine leicht schockiert darüber, wie leicht der Orden die Situation zu nehmen schien. "Sie wollen die Hochzeit nicht verschieben, oder sie wenigstens anderswo abhalten, oder -"

"Es ist absolut unmöglich, dass Todesser auf unser Grundstück gelangen können", sagte Ron mit dem Brustton der Überzeugung, während er Fred und Georges letzte Erfindung in den Mund steckte - ein Cracker in Form eines Drachens, der so scharf war, dass man angeblich Feuer durch seine Nase blasen konnte. Die Zwillinge hatten ihnen freundlicherweise eine Probepackung geschickt. "Der Fuchsbau ist unauffindbar. Und man braucht einen W-" Weitere Erklärungen gingen in einem entsetzten Luftschnappen unter, und Rons Augen purzelten ihm fast aus seinem Kopf. Als er es endlich schaffte auszuatmen, schossen kleine Feuerzungen und Rauch aus seinen Nasenlöchern. Harry hielt sich den Bauch vor Lachen über Rons perplexen Gesichtsausdruck.

Jungen!, dachte Hermine und rollte mit den Augen.

"Wow, das war - das war gigantisch!", rief Ron aus, nachdem er wieder zu Atem gekommen war. "Jedenfalls", er wurde wieder ernst, " braucht man einen Weasley, um hinein zu kommen."

"Dennoch, Ron, wir reden hier von Voldemort, er -", sagte Hermine besorgt.

"Das Ministerium hat eine Spezialeinheit Auroren versprochen", sagte Harry und wischte die letzten Lachtränen aus dem Gesicht. "Sie denken, dass es eine großartige Gelegenheit ist, eine Menge Todesser zu fangen oder zu töten." Harry hielt einen Moment inne und sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich. "Ihr kennt Scrimgeour, ihm ist es egal, dass es eine Hochzeit ist."

"Und was denkst du, Harry?", fragte Hermine vorsichtig.

"Der Trank ist fertig. Ich denke es ist Zeit es hinter mich zu bringen", antwortete er, wobei er versuchte zuversichtlicher zu klingen als er sich fühlte. Was würde ihn auf der Hochzeit erwarten? Höchstwahrscheinlich würde er wieder Voldemort entgegentreten müssen, und dieses Mal musste er versuchen, ihn zu töten - oder bei dem Versuch sterben.


***




Am Samstagnachmittag warteten Ron, Hermine, Harry und Professor McGonagall vor dem Schloss auf Hagrid. Es war fünf vor zwei, und genau zur vollen Stunde würde der Portschlüssel, den Arthur für sie organisiert hatte, aktiviert werden.

"Schon unterwegs, schon unterwegs", keuchte der Halbriese, während er in seiner Festtagskleidung (ein haariger und äußerst scheußlicher brauner Anzug mit einer gelb-orange karierten Krawatte) über den Rasen joggte, Seidenschnabel auf den Fersen. "Sin' fas' da, Schnäbelch- Federflügel", gurrte er dem Hippogriff im Rennen zu, "S'wird nich' weh tun. Ich fass' dich nur um'n Hals un' berühr' diesen ollen Balken mit meiner an'ren Hand -"

"Hagrid!", schnitt McGonagalls ungnädige Stimme durch das Gebrabbel des Wildhüters. "Du beabsichtigst doch nicht etwa dieses - dieses Tier mit zur Hochzeit zu bringen, oder?"

"Aber Professor", der Halbriese schaute sie aus flehenden Augen an, "er is' doch sons' ganz allein, wenn wir alle weg sin', das arme Ding. Ich versprech' auch, dass er niemand' nich' stören wird, werd' ihn einfach an 'nen Baum binden un'-"

"Es ist mir ziemlich egal, ob er sich alleine fühlt", sagte McGonagall streng. "Immerhin ist er ein wildes Tier, Tiere gehö-"

"Gleich alle den Portschlüssen berühren", unterbrach Hermine und schaute auf ihre Uhr. "Drei ... zwei ... eins ..."

Es geschah augenblicklich: Es war, als wenn ein Haken gleich hinter ihrem Nabel plötzlich und unwiderstehlich nach vorne gezogen würde. Ihre Füße verließen den Boden und sie schossen wie in einem heulenden Windstoß und einem Wirbel von Farbe vorwärts, ihre Finger klebten an dem morschen Holz, als ob es sie magnetisch voran zöge und dann -

Ihre Füße schlugen auf dem Boden auf. Mit einem panischen Schrei landete Seidenschnabel mitten auf ihnen und schubste auch die, die es geschafft hatten, während der Landung auf den Beinen zu bleiben, über den Haufen.

"Willkommen im Fuchsbau", krähten zwei wohlbekannte Stimmen unisono, als Harry federspuckend aus dem Haufen aufsah. "Wer möchte eine Kanaricremeschnitte?"


***




Um drei Uhr waren schließlich alle Gäste angekommen und bevölkerten den Garten der Weasleys. In einem großen Kreis waren Bänke auf dem frisch gemähten Rasen aufgestellt, und ein Büffet, das mit den Produkten von Molly Weasleys Kochkünsten fast überfloss, stand bereit, um von den hungrigen Gästen geplündert zu werden. In der Mitte des Kreises war eine niedrige, mit burgunderrotem Satin bezogene Bank.

In seinen besten Roben schritt Arthur Weasley auf die Bank zu.

"Heute sind wir zusammengekommen, um zwei junge Menschen im heiligen Bund der Ehe zu vereinen", begann Mr. Weasley. "Nymphadora Hortense Tonks und Remus John Lupin, tretet bitte vor." Er bedeutete dem Brautpaar in den Kreis zu kommen und auf der Bank niederzuknien. Hand in Hand gingen die beiden auf Mr. Weasley zu.

Harry starrte auf Tonks' buchstäblich phosphoreszierendes Haar. Der grellgrüne Schein erinnerte ihn unangenehm an das mit Zaubertrank gefüllte Steinbecken, in dem der falsche Horcrux versteckt gewesen war. Jener Tag hatte mit dem Tod von Albus Dumbledore durch die Hand von Severus Snape geendet. Ein Schaudern kroch Harrys Rücken hinauf. Wie würde dieser Tag enden? Würde es mehr Blutvergießen und Tod geben? Harry versuchte sich auf Mr. Weasleys Rede zu konzentrieren, der von den Pflichten der Ehe sprach, davon, wie ein Ehepaar sich in guten wie in schlechten Zeiten unterstützen und beschützen sollte, wie sie frohe und dunkle Stunden, ihre Lasten, ihre Trauer und ihre Freuden teilen sollten, aber seine Gedanken drifteten immer wieder ab. Wann würden die Todesser kommen? Und wie würden sie in den Fuchsbau gelangen? Wie stark waren ihre Kräfte? Die Mitglieder des Ordens hatten sich darauf geeinigt, dass sich alle im Falle eines Angriffs innerhalb des Kreises aus Bänken versammeln sollten, um sich Rücken gegen Rücken zu verteidigen. Mr. Wealsey würde die Auroren hineinapparieren, die in einem äußeren Verteidigungsring die angreifenden Todesser umzingeln würden. Wenn alles nach Plan lief, konnte keiner der Dunklen Zauberer entkommen. Aber würde es klappen? Was, wenn die Todesser Dementoren mitbrachten? Alle Ordensmitglieder beherrschten den Patronus-Zauber, und auch Hermine, Harry und Ron konnten Patroni heraufbeschwören, aber würde das ausreichen, um einen ganzen Schwarm der seelenverzehrenden Monster zu vertreiben? Und was war mit Voldemort? Würde er von Anfang an dabei sein? Oder würde er nur auftauchen, falls seine Todesser versagten, wie beim Kampf im Zaubereiministerium?

Ein Regen von goldenen Funken und laute Jubelrufe weckten ihn aus seinen düsteren Gedanken. Remus und Tonks standen eng umschlungen und küssten sich. Die Zeremonie war vorüber.

"Nun laßt das Fest beginnen!", rief Mr. Wealsey in freudiger Erregung über die Köpfe der Versammlung hinweg und erhob sein Glas. "Auf Remus und Nymphadora Lupin!"

***




Die Sonne über dem Fuchsbau ging in einem furiosen Farbenspiel von Feuerrot und Orange unter. Magische Kerzen und Lampions entzündeten sich wie von selbst und tauchten den schnell dunkler werdenden Garten in ihren weichen, vielfarbigen Schein. Fred und George verteilten Hunderte von Glühwurmknallern und leuchtenden Irrlichtern aus ihrer neuen Kollektion, und bald war die Luft gefüllt von herumsausenden und zischenden Flecken farbigen Lichts. Sich Fred und Georges Slogan des Tages (‚Keine Reste für die Todesser') zu Herzen nehmend, bedienten sich die Gäste großzügig an Mollys berühmten Pasteten und Eintöpfen und bemühten sich so zu tun, als sei dies eine ganz normale Hochzeit. Doch als der Abend fortschritt, wurden zunehmend besorgte Blicke gewechselt und eine wachsende Anspannung legte sich über die Feier. Sogar Fred und George wurden ruhiger und hörten auf, ihre neuesten Produkte an nichtsahnenden Gästen auszuprobieren. Die Todesser würden nach Einbruch der Dunkelheit zuschlagen, hatte der Patronus gesagt - es konnte nicht mehr lange dauern...

"Hast du Percy gesehen?", hörte Harry Molly Weasley ihren Ehemann von einer nahen Bank her fragen.

"Er ist nur schnell ins Ministerium appariert, um Tonks und Remus' Heiratsurkunde abstempeln und unterschreiben zu lassen", antwortete Mr. Weasley. "Dachte, sie würden sich freuen, wenn sie sie heute noch bekommen. Er wird in ein paar Minuten zurück sein."

"Du weißt gar nicht, wie froh ich bin, dass sich die Dinge zwischen Percy und uns allen wieder geglättet haben, Arthur", seufzte Molly. "Er hat sogar gelacht, als die Zwillinge seinen Drink mit diesem neuen Pulver versetzt hatten, das dich in einen Esel verwandelt und I-A rufen läßt ..."

Harry Gedanken überschlugen sich. Was hatte Ron noch einmal gesagt - 'Man braucht einen Weasley um in den Fuchsbau zu kommen'? Und Percy hatte das unauffindbare Gelände verlassen und war ins Ministerium appariert ... Percy konnte doch unmöglich ein Todesser sein, oder? Aber was, wenn er gekidnapped und als Schlüssel benutzt wurde, um in den Fuchsbau einzudringen? Oder er könnte unter dem Imperius-Fluch stehen...

"Mr. Weasley", hub Harry gerade an, doch bevor er von seinem Verdacht erzählten konnte, waren überall um den Garten herum leise ‚Pops' zu hören.

Die Todesser kamen.

Plötzlich war die Nacht erfüllt von Schreien und Rufen und immer mehr ‚Pops'. Flüche kamen durch die Luft geflogen. Hoch über ihnen erschien lodernd grün gegen den Nachthimmel der Schädel mit der Schlangenzunge und tauchte Garten und Haus in ein unheimliches Licht. Eine riesige Hand griff Harry an der Schulter und zog ihn in den Kreis aus Bänken. Hagrid stand an seiner Seite und erhob seinen rosa Regenschirm gegen die sich bewegenden Schatten, die näher und näher kamen.

Harry tastete nach der kleinen Glasphiole in seiner Tasche. Sie war unzerbrechlich gezaubert und noch immer dort, wo sie sein sollte. Er zog seinen Zauberstab und zielte auf eine kräftige schwarze Gestalt, die von hinter einem Busch Flüche abfeuerte.

"Stupefy!", rief er.

Die Gestalt fiel zu Boden. Harry sprang zur Seite, als ein Fluch auf ihn zuschoss, und rannte geduckt im Zickzack-Kurs hinüber zu dem Busch. Gregory Goyle lag ausgestreckt im Gras und rührte sich nicht. Sein Zauberstab lag ein ganzes Stück entfernt. Harry hob ihn auf und spähte in das grünliche Halbdunkel. Wenn Goyle hier war, konnte Crabbe nicht weit sein...

Etwas traf ihn in den Rücken und er stolperte. Ein kleines Rinnsal warmen Blutes tröpfelte seine Wirbelsäule hinunter. Leise fluchend wirbelte Harry herum.

"Schau an, wen wir hier haben - Harry Potter, der ‚Auserwählte'", höhnte eine wohlbekannte Stimme aus den Schatten heraus. Lässig gegen einen Apfelbaum gelehnt stand niemand anderer als Severus Snape, in der einen Hand die weiße Todessermaske, in der anderen seinen Zauberstab.

"Bereit für ein kleines Duell, Potter?"



TBC

 
 

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