Amoris Infinitas

 

 

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Kapitel 4: Die letzte Erinnerung



"Wie - wie geht es Professor Snape?", fragte Hermine die Schulleiterin beim Frühstück in der Großen Halle. Obwohl es ein merkwürdiges Gefühl war in der fast leeren Halle zu essen, war es doch weit besser als auf Hagrids Kochkünste angewiesen zu sein. Der Porridge, den er nach ihrer ersten Nacht bei ihm in der Hütte aufgetischt hatte, war so hart wie Beton gewesen, und die Farbe war einfach - ekelerregend.

"Er wird durchkommen", antwortete McGonagall. "Madame Pomfrey hat ihn in einen Heilschlaf versetzt, so dass der Bluterneuerungstrank richtig wirken kann. Er wird nicht vor morgen Abend erwachen."

Die drei Freunde wechselten erleichterte Blicke. Harry hatte Ron und Hermine schließlich erzählt, was er im Büro der Direktorin erfahren hatte, während Hagrid mit Fang draußen auf den Ländereien einen Nachtspaziergang unternahm. Sie waren den ganzen Abend ziemlich still und niedergeschlagen gewesen. Wieder einmal hatten sie Snape fälschlicherweise beschuldigt, und nun hatten sie ihn fast getötet - was, wenn er die Nacht nicht überlebte?

"Und - war da wieder eine Nachricht, ich meine, über die Pläne der Todesser?", fragte Ron, der seine Neugier nicht beherrschen konnte.

"Ja, in der Tat, Mr. Weasley, da war wieder eine Nachricht. Madame Pomfrey hat sie zusammen mit seinem Zauberstab in Severus' Taschen gefunden. Leider jedoch", McGonagall schaute die drei Jugendlichen streng an, "war sie so verfleckt, dass es unmöglich war sie zu entziffern. Ich habe versucht sie zu säubern, aber nun funktioniert der Dekodierungszauber nicht. Wir werden warten müssen, bis Severus sich so weit erholt hat, dass er es uns selbst erzählen kann. Und hoffen wir, dass dies rechtzeitig genug sein wird, um zu verhindern, was immer die Todesser planen." Eine deprimierte Stille folgte den Worten der Schulleiterin.

"Wenn ich mich richtig entsinne, beabsichtigte Professor Dumbledore Ihnen etwas zu zeigen, Mr. Potter", sagte Professor McGonagall schließlich und bedeutete Harry mit ihr zu kommen. Erwartungsvoll stand der junge Zauberer auf und folgte der Direktorin zu ihrem Büro.


***




"Guten Morgen, Harry", begrüßte ihn das Portrait des ehemaligen Schulleiters fröhlich. "Ich hoffe, du hast gut geschlafen?" Langsam schüttelte Harry den Kopf. "Nun, das war wohl nicht zu erwarten", fuhr der Direktor fort und schenkte Harry ein mitfühlendes Lächeln. "Gestern habe ich versprochen dir etwas zu zeigen, nicht wahr, mein Junge? Dort in dem Schrank neben dem Fenster ist eine kleine Kristallphiole, bitte bring sie mir - ja, diese da, die mit der silbrigen Flüssigkeit. Vorsichtig öffnen, bitte. Ja, so ist es gut. Und jetzt brauchst du noch das Denkarium. Es ist in dem Schrank neben der Tür, du weißt schon wo. Nimm beides mit zum Schreibtisch hinüber. Ja. Gieße jetzt die Flüssigkeit in das Denkarium und rühr sie mit der Spitze deines Zauberstabs um. Sehr gut. Und jetzt darfst du in die letzte Erinnerung eintauchen, die ich für dich aufbewahrt habe."

Harry näherte sein Gesicht der wirbelnden und schimmernden Oberfläche des Denkariums. Die Flüssigkeit wurde transparent. Wie durch ein rundes Fenster in der Decke konnte Harry ein kleines, schäbiges Wohnzimmer erkennen, das die Atmosphäre einer Gummizelle ausstrahlte. Die Wände waren vollkommen mit Büchern bedeckt, von denen die meisten in altes, schwarzes oder braunes Leder gebunden waren. Ein fadenscheiniges Sofa, ein alter Sessel und ein klapperiger Tisch standen zusammen im schwachen Schein einer kerzengefüllten Lampe, die von der Decke hing. Neugierig beugte er sich näher heran, bis sein Gesicht die silbrige Oberfläche berührte. Er fühlte, wie seine Füße den Boden des Büros verließen. Er fiel, fiel durch wirbelnde Dunkelheit und dann, sehr plötzlich, stand er im Inneren des Raumes. Er war nicht allein. Albus Dumbledore saß auf dem Sofa und neben ihm eine verhüllte Gestalt. Im Sessel gegenüber saß ein junger Severus Snape. Harry schätzte, dass er etwa fünf Jahre älter war als in der Erinnerung, die Harry in seinem fünften Jahr in Hogwarts in Snapes Büro gesehen hatte. Er hatte noch immer dieselbe ungesunde, bleiche Hautfarbe und sein Haar war so fettig wie eh und je, aber seine Gesichtszüge waren härter und tiefe Linien durchzogen das ansonsten junge Gesicht.

"Du bist dir bewusst, was passiert, solltest du den Unlösbaren Fluch brechen?", fragte Professor Dumbledore ernst sein Gegenüber.

"Ja, das bin ich", antwortete der junge Snape.

"Und du bist noch immer sicher, dass du ihn ablegen willst?"

Statt zu antworten, kniete Snape dem Sofa gegenüber nieder und streckte seine rechte Hand aus. Langsam nahm die verhüllte Gestalt, die schweigend neben Dumbledore gesessen hatte, ihre Kapuze ab und eine Flut glänzenden, roten Haares kam darunter zum Vorschein. Harry schnappte nach Luft. Die junge Frau, die nun die Hand ausstreckte, um die von Snape zu ergreifen, war niemand anderes als Lily Potter, seine Mutter. In ihrem linken Arm hielt sie beschützend ein Bündel aus Tüchern gegen ihre Brust - ein schlafendes Baby, erkannte er jetzt. Dumbledore trat vor, so dass er über den beiden stand, und berührte ihre verschränkten Hände mit der Spitze seines Zauberstabs.

Lily sprach: "Willst du, Severus Snape, über meinen Sohn wachen, während Voldemorts Macht immer weiter zunimmt?"

Snapes Hand zuckte in der ihren, als sie den Namen des Dunklen Lords erwähnte, aber er zog sie nicht weg.

"Ich will", sagte Snape.

Eine dünne Zunge aus leuchtenden Flammen entsprang dem Zauberstab und schlang sich um ihre Hände wie ein rotglühender Draht.

"Und willst du ihn, so gut du es vermagst, vor allem Bösen schützen?"

"Ich will", sagte Snape.

Eine zweite Zunge aus Flammen schoss aus dem Zauberstab und vereinigte sich mit der ersten zu einer feinen, glühenden Kette. Eine dritte Hand reichte in den magischen Ring aus Feuer und umschloss die von Snape und Lily.

"Und willst du dem Orden des Phönix treu sein und tun, was auch immer sein Anführer von dir verlangt?", fragte der Besitzer der dritten Hand.

Ein Moment des Schweigens folgte. Dumbledore wartete, sein Zauberstab ruhte auf ihren verschränkten Händen.

"Ich will", sagte Snape.

Dumbledores zufriedenes Gesicht leuchtete rot im Wiederschein einer dritten Feuerzunge, die aus seinem Zauberstab schoss, sich mit den beiden anderen verwob und sich fest wie ein Seil, wie eine feurige Schlange, um ihre Hände wand.

Die Bilder verschwammen und Harry wurde mit Gewalt zurück in die Dunkelheit gestoßen, wirbelte herum, und plötzlich trafen seine Füße wieder auf dem Boden des Büros auf. Er rang keuchend nach Luft und merkte erst jetzt, dass er kaum einen Atemzug getan hatte, während er den drei Zauberern zugesehen hatte. Dies war also der Grund, warum Dumbledore Snape immer vertraut hatte. Selbst wenn er gewollt hätte, hätte Snape unmöglich den Orden verraten können, oder er hätte mit dem Leben bezahlen müssen. Und all die vielen Male, die er Harry das Leben gerettet hatte, hatte er es nicht wegen seiner Lebensschuld James gegenüber, sondern wegen des Unlösbaren Schwurs getan, wegen seines Schwurs mit -

"Professor Dumbledore?", Harry wandte sich and das Portrait, das scheinbar ein Nickerchen hielt. Dumbledore öffnete seine Augen und lächelte ermutigend auf Harry herab.

"Professor, warum meine Mutter? Warum hat Snape meiner Mutter geschworen?"

"Severus versuchte, den Schaden wieder gut zu machen, den er dadurch angerichtet hatte, dass er Voldemort von der Prophezeiung erzählte. Und du kannst dir sicher nicht vorstellen, dass er mit deinem Vater einen Schwur eingegangen wäre, nicht wahr, Harry?"

Harry schüttelte den Kopf. Nein, eher würde die Hölle zufrieren. Aber trotzdem, irgendwie hatte er das Gefühl, dass da mehr an der Geschichte war, etwas, das nicht einmal der tote Dumbledore ihm erzählen wollte - aber was?"

Und wieder hatte er eine Menge, worüber er nachdenken musste.


TBC

 
 

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