Alcyone - Teil 3

 

 

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Kapitel 5

Severus saß an seinem Schreibtisch und korrigierte Hausaufgaben. Der große Stapel vom Montag war inzwischen um einiges geschrumpft und Severus hatte sich Mühe gegeben, gerecht zu sein. Seine Abneigung gegen diese Art von Aufgabe hatte ihn immer dazu verleiten lassen wollen, einfach irgendeine Note drunter zu schreiben, die ihm bei dem Schüler, dessen Hausaufgaben er gerade kontrollierte, in den Sinn kam. Das hätte allerdings dazu geführt, daß Schüler, die vermutlich ihren Aufsatz gut geschrieben hatten, eine schlechte Note dafür bekamen, allen voran diese elende Besserwisserin Hermine Granger.

Das sie eine gute Schülerin war konnte Severus nicht bestreiten, das lag auf der Hand. Sie wußte sehr viel, im Gegensatz zu den meisten anderen, und ihre Aufsätze waren allesamt immer korrekt. Leider neigte diese Person aber dazu, vorlaut zu sein, alles besser zu wissen, überall ihre Meinung hinzuzufügen, ob es passend war oder nicht, und was ihre Hausaufgaben betraf, war es bisher kein einziges Mal vorgekommen, daß sie die vorgegebene Seitenzahl eingehalten hatte. Jedes Mal hatte sie fast doppelt so viel geschrieben und Severus erlag jedesmal fast der Versuchung, ihr dafür Punkte abzuziehen. Eigentlich wäre es auch gerechtfertigt, immerhin hielt sie sich nicht an seine Vorgabe. Das dies aber Spitzfindigkeit war, gestand sich Severus ein und er hatte mit keinem Wort erwähnt, daß es eine begrenzte Anzahl von Pergamentplättern nach oben hin gab. Vielleicht müßte er das doch zukünftig ändern.

Severus legte seine Feder beiseite, stemmte seine Ellbogen auf den Schreibtisch und massierte sich die Schläfen. Er war erschöpft, müde und völlig fertig. Wie er all das überstand, war ihm ein Rätsel. Tagtäglich hatte er nicht nur die Aufgaben eines Lehrers zu bewältigen - und das war bei weitem nicht einfach, als meist gehaßter Lehrer - sondern auch die eines Hauslehrers, eines Ansprechpartners für alle Slytherins, die gewisse Erwartungen an ihn hatten und die er ihnen auch allesamt erfüllte. Er führte sich wie ein Slytherin auf: Fies zu allen und schlau, in dem was er tat. Und egal, was sich in seinem Inneren verändert hatte und wie nett und freundlich er gegenüber einer bestimmten Person war, war er dennoch unweigerlich ein echter Slytherin. Er war nie etwas anderes gewesen und er wußte es. 

Doch das war noch nicht alles. Hinzu kam noch seine Funktion an Doppelagent, die er wieder inne hatte. Dumbledore hatte ihn gebeten, diese Aufgabe wieder zu übernehmen, nachdem sich beim Trimagischen Turnier furchtbare Szenen abgespielt hatten, und Voldemort einen großen Schritt in Richtung Rückkehr zu seiner Macht getan hatte. Es war bei weitem nicht einfach gewesen, wieder in die Reihen zurückzukehren. Er hatte Voldemort seine uneingeschränkte Loyalität beweisen müssen. Dazu kam ihm aber sein Ruf an Hogwarts zu Gute. Lucius Malfoy mußte wohl des öfteren Berichte von seinem Sohn erhalten haben, wie dessen Hauslehrer sich so verhielt und hatte das womöglich dem Dunklen Lord berichtet. So in der Art mußte es wohl gewesen sein, denn Voldemort hatte nicht sehr lange gezögert, ehe er Severus Snape wieder in seinen Reihen aufgenommen hatte. Allerdings war der Weg dahin keineswegs einfach gewesen. Zunächst hatte Severus als Strafe dafür, daß er nicht sofort zurückgekehrt war, den Crucitasfluch über sich ergehen las
sen müssen und dann gleich darauf eine ihm völlig unbekannte Person töten sollen. Obwohl Severus es nicht gerne tat, hatte er gemacht, was von ihm verlangt wurde. Es war der einzige Weg um Voldemort zu zeigen, wie unterwürfig und loyal er war. Daß er sich selbst für den kaltblütigen Mord haßte, versteckte er in seiner altbekannten Art den Schülern gegenüber.

Und jetzt war das ganze noch schwieriger geworden. Bisher brauchte er sich nur Gedanken um sein eigenes, unbedeutendes Leben zu machen. Es gab niemanden, der getrauert hätte, wenn er, Severus Snape, in seiner Funktion als Spion aufgeflogen, und von Voldemort getötet worden wäre. Bisher. Jetzt gab es da Alcy. Allein der Gedanke, daß ihr was durch seine Unvorsichtigkeit zustoßen könnte, ließ ihn fast verrückt werden. Er würde sie gerne beschützen, aber das war zu gefährlich. Je weniger er sie sah - und je weniger von ihnen Beiden wußten - desto sicherer war sie. Aber das war wiederum nicht alles. Auch wenn er daran dachte, daß ihm etwas passieren könnte und Alcy daran seelisch zerbrechen würde, machte ihm das Sorgen, wenn nicht sogar Angst. 

Severus massierte seine Schläfen intensiver. Diese Art von Gedanken, bereiteten ihm schlimme Kopfscherzen. Dabei durfte er auch den Punkt nicht außer acht lassen, daß er Alcy nicht gestanden hatte, wieder als Spion zu arbeiten. Er wollte ihr damit nicht noch mehr Grund zur Sorge geben, wenngleich er oft diese Entscheidung bereute. Sie hatten sich doch geschworen, von jetzt ab immer die Wahrheit zu sagen und das hatte er damit nicht getan. Dennoch bereute er diese Entscheidung des Lügens nicht, da es doch zu Alcys eigenem Schutz diente. Je weniger sie wußte, desto besser. Wenn alles mal vorbei sein wird und Voldemort endgültig gestürzt sein würde, nahm er sich vor, würde er ihr das gestehen und er war sich sicher, daß sie es verstehen würde, daß er sie angelogen hatte.

Er mußte gähnen. Die Müdigkeit breitete sich immer weiter in seinem Körper aus. Mit all diesen Sorgen und Problemen, die ihn quälten, schlief Severus momentan nicht sehr gut. Es kam vor, daß er vor lauter nachdenken eine Nacht lang überhaupt nicht schlafen konnte, was glücklicherweise sehr selten vorkam.

Severus gähnte noch einmal ausgiebig und beschloß, das Korrigieren gut sein zu lassen und lieber versuchen, zu schlafen. 

Er erhob sich von seinem Stuhl und wollte sich gerade in Richtung Bett schleppen - zum Zähneputzen oder sonstiger Körperpflege hatte er einfach keine Lust - als es an seiner Tür klopfte.

‚Wenn es ein Schüler ist, egal von welchem Haus,' dachte sich Severus, ‚bekommt er mindestens fünfzig Punkte Abzug.'

Langsam und eine Spur genervt begab sich Severus zu der Tür und öffnete sie. Er war schon dabei, seinen Vortrag für den Punkteabzug anzufangen, als er in das fröhlich lächelnde Gesicht von Professor Dumbledore blickte.

"Albus?", fragte er überrascht. "Was führt Sie hierher".

Professor Dumbledore lächelte in seinen Bart hinein und blickte Severus durch seine halbmondförmigen Brillengläser an.

"Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht, Severus. Sie waren den ganzen Tag so abwesend und beim Abendessen sind Sie auch nicht erschienen."

Da war es wieder. Woher wußte Dumbledore, wie sich Severus den ganzen Tag verhalten hatte? Alcy hatte mit ihren Vermutungen wohl mehr als recht gehabt. 

Was Severus aber verwirrte, war die Tatsache, warum Dumbledore es als außergewöhnlich darstellte, daß er nicht zum Abendessen erschienen war. Das hatte er schon öfter nicht getan. Es war heute nicht das erste und auch nicht das letzte Mal gewesen.

"Es geht mir gut Albus, danke", sagte er in seiner bekannten abweisenden Art und wollte Dumbledore schon die Türe vor der Nase zuknallen, als dieser frech seinen Füße in die Spalte stellte und Severus damit deutlich machte, daß er sich nicht so leicht abschütteln lies.

Severus wußte, daß man sich Dumbledore nicht widersetzen sollte, öffnete daraufhin brav die Tür und bat den Schulleiter mit einer Handbewegung herein.

"Danke Severus", sagte Dumbledore mit einem Ton, der sich anhörte, als hätte Severus von sich aus diese Aktion getan.

Dumbledore ließ sich auf einen der beiden Sessel beim Kamin fallen und - als bliebe ihm auch eine andere Möglichkeit - setzte sich Severus in den anderen.

"Severus," begann Dumbledore, "ich mache mir tatsächlich Sorgen um Sie und frage Sie jetzt ganz direkt. Halten Sie diesem Streß stand?"

Daß Dumbledore nicht genau sagte, was er meinte, verleitete Severus fast dazu, ihn zu bitten, präziser zu werden. Doch es gelang Severus im letzten Augenblick zu erkennen, was Dumbledore meinte. Er sprach von Severus Arbeit als Spion, und der Tatsache, daß Alcyone weit weg von ihm war und er nicht wissen konnte, wie sicher sie war.

Severus hätte Dumbledore gerne gesagt, daß er sofort aufhören würde, als Spion zu arbeiten, den Schutz Hogwarts genießen würde und Alcyone zu sich holen, aber das tat er nicht. Es stand sehr viel wichtigeres auf dem Spiel als sein eigenes Leben. Es ging um Tausende von Leben. Die Informationen, die er Dumbledore bisher zuspielen konnte, hatten schon mehr als hundert Leben gerettet. Er mußte seine eigenen Bedürfnisse zurückstellen. In der Hinsicht waren sie einfach nicht wichtig und dadurch, daß er bisher nicht viele - nein eigentlich keine - Freunde hatte (daran war seine Art mitschuldig), besaß er das Glück (konnte man es so nennen?), daß niemand um seinen Tod trauern würde, wenn seine Deckung auffliegen würde.

Dumbledore hätte ihm diese Frage vermutlich nie gestellt, wenn Alcy nicht wieder aufgetaucht wäre und Severus vermutete langsam, daß Dumbledore da irgendwie seine Finger mit ihm Spiel hatte, fast so, als hätte er es irgendwie geplant. Aber warum? Warum hatte er nicht warten können, bis alles vorbei sein würde. Jetzt war sie potentiell auch in Gefahr. Diese Frage zu stellen, warum, hätte Severus gerne getan, aber dazu kam er nicht, denn just in diesem Augenblick durchfuhr in ein vertrauter, brennender Schmerz, dessen Ursprung sein linker Unterarm war.

"Severus, alles in Ordnung mit Ihnen?"

Severus blickte zu Dumbledore. Offensichtlich war es Severus nicht gelungen, ein ausdrucksloses Gesicht zu machen. Er faßte sich an seinen Arm und drückte ihn gegen seine Brust. 

"Ist es wieder soweit?", fragte Dumbledore.

Severus nickte. Mindestens einmal im Monat, in unregelmäßigen Abständen, rief Voldemort seine Anhänger zu sich, selbst dann, wenn er keine Aufgabe für sie hatte. Es diente mehr zur Kontrolle, ob ihm auch all seine Anhänger noch loyal waren.

"In Ordnung Severus", sagte Dumbledore. "Dann machen Sie sich schnellstens auf den Weg."

Severus nickte. 

"Ich finde dann selbst hinaus", fügte Dumbledore hinzu.

Severus schnappte sich seinen Zauberstab und den nächst besten warmen Umhang, den er fand, warf ihn sich über und rannte förmlich aus seinen Gemächern. Er mußte sich wirklich beeilen. Voldemort hatte die Angewohnheit, den letzten, der sich zu der Versammlung apparierte, zu bestrafen. Dabei dachte er sich jedesmal noch gemeinere Strafen aus und es war eine wirksame Methode, Zuspätkommen weitgehendst zu verhindern und selbst, wenn man eine noch so gute Entschuldigung fürs Zuspätkommen hatte, Voldemort interessierte das überhaupt nicht.

Der Schmerz hatte nicht nachgelassen und Severus wußte, daß er es erst tun würde, wenn er am Bestimmungsort angekommen war. Das Mal war in jeder Hinsicht eine Behinderung und im Sommer, wenn es draußen heiß war und alle Schüler und Lehrer in luftigen, teils kurzen Gewändern herumliefen, konnte sich Severus das nicht leisten. Je weniger Personen von seiner Doppelrolle wußten, desto besser.

Kaum hatte er das Schloß durch den Haupteingang verlassen, rannte Severus so schnell er konnte. Um apparieren zu können, mußte er sich etwas von Hogwarts entfernen und inzwischen hatte Severus genau herausgefunden, wo die Grenze begann. Kaum hatte er sie überschritten, blieb er stehen und apparierte zu dem Ort, an dem Voldemort heute sein Treffen abhalten würde. 



Es war in einem ihm völlig unbekannten Wald. Hunderte von Tannen standen dicht an dicht und sahen aus wie schwarze Riesen, die diese kleine Lichtung vor unbefugtem Betreten schützten.

Die Treffen fanden niemals an einem gleichen Ort zweimal hintereinander statt und sie waren auch immer willkürlich ausgewählt, so daß Severus nie berechnen konnte, welcher Ort als nächstes dran war. Hätte er diese Information gehabt, wäre es für die Auroren ein leichtes gewesen, Voldemort zu stürzen. So tiefgründig böse Voldemort auch war, er war äußerst gerissen und bei den richtigen Sachen vorsichtig.

Severus hetzte auf den Kreis zu, welcher von einigen, völlig in schwarz gehaltenen, vermummten Gestalten gebildet wurde. Auf dem Weg zu seinem Platz zählte er die Anwesenden und seine Vermutung, daß er (wieder Mal) der Letzte war, wurde bestätigt.

Severus nahm rasch seinen Platz neben Lucius Malfoy ein, der es aber, wie keiner der Anwesenden, für nötig hielt, auch nur in Severus' Richtung zu blicken. Alle starrten stumm, von Kapuzen verhüllt, auf eine Person, die im Inneren des Kreises stand.

Lord Voldemort.

Er stand stumm und regungslos da. Sein Gesicht war leicht nach unten geneigt und durch den Schatten seiner Kapuze nicht zu erkennen, was Severus begrüßte, der, obwohl er es schon so oft gesehen hatte, jedesmal beim Anblick von seinem Gesicht aufs Neue erschreckt wurde. 

Severus wußte allerdings auch, daß dies nicht lange anhalten würde. Spätestens wenn Voldemort ihn bestrafen würde, was mit Sicherheit demnächst die Attraktion des Abends werden würde, dürfte Severus wieder in den Genuß des abscheulichen Anblicks kommen. Wie sehr er diesen Augenblick herbeisehnte.

Sein Blick war immer noch stur auf den Meister der dunklen Künste gerichtet und obwohl Severus damit gerechnet hatte, fuhr er dennoch leicht erschreckt zusammen, als Voldemort seinen Kopf hob und - das erstaunte Severus - zwar in seine Richtung blickte, aber an ihm vorbei.

"Sieht so aus, als hätten wir unseren glücklichen Sieger gefunden", zischte Voldemorts Stimme.

Severus schossen in diesem Moment tausend Möglichkeiten der Bestrafung durch den Kopf, eine schmerzhafter als die andere und er mußte sich konzentrieren um ruhig zu bleiben. Die Erinnerungen an vergangene Strafen und den damit verbundenen Schmerzen kamen hinzu und sorgten für einen schnelleren Puls.

Voldemort schritt ein Stück näher auf Severus zu. Jetzt war es also soweit. Severus versuchte sich innerlich auf die bevorstehenden Schmerzen einzurichten.

"Schön, daß du dich entschlossen hast, uns mit deiner Anwesenheit zu beehren, Nott!" Der pure Sarkasmus sprach aus Voldemorts Stimme. 

Severus war leicht erschrocken. Nott? Das konnte nicht stimmen. Severus war als letzter hier angekommen, nicht Nott. Das mußte ein Irrtum sein. Aber Voldemort hatte sich in der Hinsicht noch nie geirrt. 

Gerne hätte Severus seinen Kopf gedreht um sich selbst davon zu überzeugen, daß Nott tatsächlich nach ihm gekommen war, aber er tat es nicht. Er wußte, daß Voldemort das nicht gestatten und ihn dafür betrafen würde. Statt dessen starrte er immer noch in der gleichen Weise wie die letzten Sekunden auf den Dunklen Lord. Dieser war noch ein Stück näher an Severus gekommen, verharrte dort einige Sekunden und sein Gesicht, welches immer noch von der Kapuze verhüllt war, war zu einer Person neben Severus gerichtet.

Nott, der Angesprochene, wußte offensichtlich, daß er mit einer Entschuldigung keine Chance hatte, und blieb somit lieber still, obwohl Severus dadurch immer noch nicht die Gewißheit hatte, daß er doch nicht der Letzte war. Vielleicht war das ganze ein neues Spielchen von Voldemort, um ihm so ein Gefühl der Sicherheit zu geben, nur, um ihn dann überraschend zu foltern, was schlimmer sein würde, als wenn er darauf vorbereitet wäre.

Severus hatte sich mit dieser Vermutung geirrt.

"Eigentlich verdientest du eine gerechtfertigte Strafe", zischte die Stimme des Dunklen Lords. "Aber heute ist dein Glückstag."

Voldemort entfernte sich wieder zurück in das Zentrum des Kreises und blieb dort einige Sekunden stehen.

Was sollte das wieder? fragte sich Severus. Was trieb Voldemort dazu, seine eigenen Regeln mal zu brechen?

Seine Frage wurde im nächsten Augenblick zum Teil beantwortet.

"Meine treuen Anhänger, ich habe heute das Vergnügen, euch einen neuen Anhänger vorzustellen. Tritt zu mir."

Aus dem Kreis trat eine der verhüllten Gestalten und stellte sich neben den Dunklen Lord.

Damit war Severus' Frage, warum er der festen Überzeugung war, der Letzte gewesen zu sein, beantwortet. Sie hatten ein neues Mitglied. Deshalb hatte Severus vorhin auch alle Todesser gezählt.

"Zeige dich den Anderen", befahl Voldemort.

Der Angesprochene gehorchte und enthüllte sein Antlitz, in dem er seine Kapuze abnahm. Zum Vorschein kam das Gesicht eines jungen Mannes, dessen Züge völlige Kälte ausstrahlten.

"Thomas De Vil", zischte Voldemort. "Er kommt gerade aus Frankreich. Dort war er einige Wochen in meinem Auftrag erfolgreich tätig."

De Vil verbeugte sich kurz und verzog dabei keine Miene. 

"Da er bereits im Besitz des Mals ist, können wir auf die Aufnahmezeremonie verzichten".

De Vil reihte sich wieder in den Kreis ein, während Voldemort sich nicht von der Stelle rührte. Er drehte seinen verhüllten Kopf so weit es ging zu beiden Seiten.

"Was habt ihr mir Neues zu berichten!"

Wie bei jeder Versammlung begann Lucius Malfoy mit seinen Berichten, die meist lang und voller grausamer Informationen waren. Daß Malfoy von Fudge immer noch nicht als Todesser angesehen wurde grenzte inzwischen schon beinahe an ein Wunder.

Nachdem Malfoy gut zehn Minuten berichtet hatte, kam der nächste in der Reihe dran, der nur knapp drei Minuten sprach.

Severus hörte gespannt jedem Bericht zu und versuchte sich so viel wie möglich zu merken, was er später Dumbledore erzählen konnte. Als er an die Reihe kam, blieb ihm wieder einmal nichts anderes übrig, als zu berichten, daß sich in Hogwarts nichts neues getan hätte. Dumbledore hüte Harry Potter immer noch so sehr wie sein eigenen Augapfel und die Zaubersprüche und Banne, die Hogwarts beschützten, seien so stark wie eh und je. 

Drohend hob der Dunkle Lord seine Zauberstab und richtete ihn auf Severus.

"Ich erwarte Leistung", zischte er drohend. "In letzter Zeit habe ich die bei dir sehr vermißt."

Voldemort hob seinen Kopf, so daß Severus mitten in die glühenden, roten, leblosen Augen blickte, was ein Ekelgefühl bei ihm auslöste und er sich beherrschen mußte, keine Miene zu verziehen. Der Anblick des unverhüllten (ob Ganz oder zum Teil) Dunklen Lords erschreckte ihn jedesmal wieder aufs Neue und rief Empfindungen in ihm hervor, die er nicht beschreiben konnte, so abartig waren sie. 

Was aber fast noch schlimmer war, war der Geruch, der von dem Dunklen Lord ausging. Er roch nach Tod. Diesen Geruch zu beschreiben, vermochte selbst Severus nicht. Es war einfach eine Tatsache, daß Voldemort danach roch.

Voldemort blickte ihn eiskalt an und Severus wußte, daß er eine Antwort auf eine ungestellte Frage erwartete. 

"My Lord", sagte Severus, "Ihr müßt wissen, daß es für mich nicht einfach ist, in Hogwarts an Informationen heranzukommen, wenn Albus Dumbledore die Leitung hat".

"Das ist eine jämmerliche Entschuldigung Snape" zischte Voldemort ihn an. "Die kannst du dir ein für alle Mal sparen. "

In diesem Augenblick rechnete Severus damit, die Strafe, welcher er vorhin knapp entgangen war, nun doch noch zu bekommen, was aber (zu seiner Erleichterung) nicht passierte.

"Sie zu, daß du bald ein paar unnachweisbare Gifte herstellst!"

"Sehr wohl My Lord".

"Ich hoffe, du enttäuscht mich nicht."

Severus erwiderte darauf nichts mehr. Das einzige was er in diesem Augenblick tun konnte, war dem Blick seines Gegenübers standzuhalten und keine Schwäche zu zeigen.

Voldemort wandte nach einem kurzen Augenblick sein Gesicht wieder von Severus ab, was dieser äußerst begrüßte, denn er hatte geglaubt, nicht mehr lange in dieses furchtbare Gesicht schauen zu können.. 

Es herrschte ein paar Sekunden Schweigen, in denen keiner auch nur daran dachte irgendein Geräusch von sich zu geben und wäre es nur ein Husten gewesen.

Dann, nach einer nicht vorbeigehen wollenden Minute sprach der Dunkle Lord die erlösende Worte: "Ihr seid entlassen, meine mir treuen Anhänger."

Daraufhin löste sich der Kreis schweigend auf und ohne auch nur mit einem anderen ein Wort zu wechseln apparierte Severus so schnell er konnte zurück. 

Rasch macht er sich auf den Weg in seine Gemächer, warf sein Gewand von sich und legte sich auf sein Bett.

Warum beschlich ihn nur das Gefühl, daß Voldemort etwas ahnte?



Nachdem alle Todesser disappariert hatten, blieben nur noch Voldemort und De Vil zurück. Der junge Mann, dessen Kapuze wieder sein Gesicht verhüllte, stand aufrecht, aber ehrfürchtig vor dem Dunklen Lord.

"Ihr habt mich gebeten zu bleiben, My Lord?"

Während alle Todesser den Versamlungsplatz verlassen hatten, hatte Voldemort De Vil am Arm gepackt und, ohne das es jemand bemerkt hatte, gesagt, daß er noch nicht gehen solle.

"Allerdings." Voldemorts Stimme klang anders als während der Versammlung, aber immer noch nicht menschlich.

"Ich habe einen speziellen Auftrag für Dich."

"Und der wäre?", fragte de Vil.

Voldemort lief einmal um den jungen Mann herum und fuhr dabei mit seiner linken Hand an dessen Schulter entlang.

"Ich hege seit einer Weile den Verdacht, daß einer meiner Anhänger mir nicht mehr richtig ergeben ist. Ich will, daß du herausfindest, ob meine Vermutung stimmt."

"Gewiß My Lord. Um wen handelt es sich?"

"Snape!", zischte Voldemort hervor.

"Aber", begann De Vil zu widersprechen. "Wie soll ich das anstellen? Ich kann doch nicht einfach nach Hogwarts gehen und ihn rund um die Uhr beschatten!"

"Ich überlasse es dir, wie du deine Aufgabe erledigst!"

Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, war der Dunkle Lord auch schon verschwunden und De Vil war als einziger der gerade noch zahlreichen Gruppe zurückgeblieben, nicht wissend, wie er seine Aufgabe erledigen sollte.


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