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Snapes Enttäuschung war gross, als er Sombra bei Raven gesehen hatte. Aber was hatte er denn erwartet? Dass sie alleine rumsitzt und darauf wartet, dass er sie besuchen kommt? Er hatte sich resigniert abgewandt und wollte gerade gehen, da huschte Sombra bereits an ihm vorbei und war weg. Zögernd wandte er sich zu Raven um, die ihn nicht anblickte. Sie hatte ihr Gesicht abgewandt. Ihre Haare glänzten im Schein des Feuers. 'Wie geheimnisvoll und schön sie doch ist', dachte er. 'Aber ich hätte doch nicht herkommen sollen, sie... es ist ihr unangenehm. Wie so vielen anderen auch.' Verzweifelt wartete er darauf, dass sie ihn hereinbitten würde, aber sie tat es nicht. Dann sagte sie das, was er die ganze Zeit über befürchtet hatte: "Geh, Severus. Laß mich in Ruhe."
Diese Worte schnitten in sein Herz. Den Rest, den sie noch sagte, drang nicht mehr bis zu ihm durch. Raven schloss die Tür und Snape stand allein im dunklen Treppenhaus. Er fröstelte. Die ganze Wärme, die vor einigen Minuten noch dagewesen war, hatte ihn verlassen. Stumm starrte er auf die dicke Eichentür, die nun geschlossen worden war. Was nun? Nein, er hatte keine Lust, hinunter in die Kerker zu gehen. Trotz des Feuers würde ihn die Kälte genaugleich umfangen, wie hier. Resigniert liess er sich auf der obersten Treppenstufe nieder und vergrub sein Gesicht in den Händen. Clarissa schien der einzige Mensch auf der Welt zu sein, dem er etwas bedeutete. Und selbst das war verwunderlich. Auch bei ihr hatte er zuerst das Gefühl gehabt, dass sie ihn hassen würde. Clarissa... Er fühlte wieder die Sorge um sie in sich aufsteigen. Was war ihr zugestossen? In seiner Kehle bildete sich ein Kloss. Er musste es wissen. Er würde sich nicht einfach so abweisen lassen. Snape erhob sich, trat auf die Tür zu und hämmerte voller Wucht auf die massive Eiche ein. Der nächste Tag begann gleich mit Zaubertränke und war somit Shelleys erste Unterrichtsstunde in Hogwarts überhaupt. Als sie mit den anderen Schülern die Klasse betrat, konnte sie am Lehrertisch den finsteren Mann sitzen sehen, von dem sie inzwischen wußte, daß dies Professor Snape sah. Sie musterte ihn diesmal etwas genauer als bei ihrer ersten Begegnung. Ja, er wirkte wirklich finster. Das war das einzige Wort, welches den Gesamteindruck beschrieb, den dieser Mann wohl auf jeden auf den ersten Blick hinterließ. (Blöder Satz, aber irgendwie krieg ich den nicht anders hin.) Aber Shelley hatte auch - wenn auch nur kurz - die andere Seite von Snape sehen können - die besorgte - als dieser sich über die bewußtlose Carmen gebeugt hatte. Sie hatte das Gefühl, daß wahrscheinlich ein großer Teil der Finsternis, die diesen Mann umgab, wohl eher eine Fassade war, um etwas zu verbergen oder sich zu schützen - wovor auch immer. Als Shelley den Professor so unverhohlen musterte, schaute dieser auf und als sich ihre Blicke trafen, verfinsterte sich seine Miene etwas und er erhob sich. "So so, Miss Winters. Sie sind also die neue Gryffindor. Wir hatten ja neulich bereits das .......", Snape verzog leicht das Gesicht, "Vergnügen. Sie haben unerlaubt meine Räume betreten." Ein Raunen ging durch den Raum, besonders bei den Slytherins. Shelley strahlte den Professor fröhlich an und setzte dabei ihre größte Unschuldsmiene auf. "Und Sie haben mich rausgeschmissen." "Ganz recht. Aber ich habe dabei etwas wesentliches vergessen." Snapes Stimme triefte regelrecht vor Öl. "5 Punkte Abzug für Gryffindor." Auf Shelleys Gesicht ging die Sonne wieder unter. "5 Punkte? Aber das ist nicht fair", protestierte sie. "Dann machen wir doch gleich 10 daraus", raunzte Snape gereizt. "Oups", murmelte Shelley und warf einen verstohlenen Seitenblick auf Ron und Harry. Die ruderten verstohlen mit den Armen und bedeuteten ihr verzweifelt endlich still zu sein, damit sie das Punktekonto nicht noch weiter ins Abrutschen brachte. Snape wandte sich nun der Klasse zu und teilte die Schüler wie üblich in Zweiergruppen ein. Shelley stellte er kurzerhand zu Goyle. Angewidert schaute sie zu dem grobschlächtige Etwas hoch, mit dem sie zusammen die Stunde bestreiten sollte. Na das konnte ja heiter werden. Sie bekamen die Aufgabe, einen leichten Heiltrank zusammenzubrauen. Und es dauerte nur knapp 10 Minuten, als aus dem Kessel von Shelley und Goyle ein lautes Jaulen und Pfeifen ertönte, das alle herumfahren ließ, dann schoß ein bunter Funkenregen in die Luft und anschließend flog der Kessel hinterher. Goyle und die anderen Schüler waren in Deckung gegangen. Das war eine Routine für die Schüler, die sie im Laufe der letzten Jahre durch Neville gelernt hatten. Allerdings war diesmal auch Longbottom unter dem Tisch. Nur Shelley stand auf der einen Seite des Raumes, vor der Stelle, an der eben noch ihr Kessel gestanden hatte, und starrte nach oben, wo sich dieser tief in das Mauerwerk der Decke gegraben hatte. Und auf der anderen Seite des Klassenzimmers stand Professor Snape und konnte einfach nicht glauben, was er da gerade gesehen hatte. "Wow", fand Shelley als erste die Sprache wieder. "All die tollen Farben..." Plötzlich fiel ein gewaltiger Schatten auf sie und als sie den Blick von der Decke löste, stand Professor Snape vor ihr, die Hände in die Seiten gestützt und schaute drohend auf sie herab. Aus dieser direkten Nähe und etwa einen Kopf größer wirkte er dann doch plötzlich recht beeindruckend auf sie und Shelley verlor auf der Stelle noch einmal ca. 5 cm Körpergröße. Snape zog sich die befleckte Robe aus. Nochmals stieg der Ärger in ihm hoch, als er an die Zaubertrankstunde heute morgen dachte. Diese Winters hatte es geschafft, schon in den ersten zehn Minuten ihren Kessel in die Luft zu jagen. Scheinbar hatte sie sich dann auch noch darüber gefreut! Aber das würde sich noch ändern, da war er sich sicher. Ein spöttisches Lächeln umspielte seinen Mund, als er an seine Reaktion dachte. Er war zu Winters getreten, hatte den Kessel an der Decke festgeklemmt gesehen und hatte diese Gryffindor angelächelt. "Miss Winters," hatte er leise gesagt. "Es scheint sie haben Sinn für Humor? Mal sehen wie spassig sie es finden, wenn ich sie nach der Stunde diesen Kessel runterholen lasse. Wenn sie dann schon dabei sind, können sie gleich die Decke reinigen und das Klassenzimmer wieder in Ordnung bringen. Und bitte, ohne Magie." Grinsend hatte er sich abgewandt und war zu seinem Lehertisch gegangen. Er blickte nochmals zu Miss Winters. Diesmal war sein Blick wie Eis und seine Stimme schneidend. "50 Punkte Abzug für Gryffindor, wegen absichtlichem in die Luft jagen eines Zaubertränkekessels und 2 Strafarbeiten. Gratuliere Miss Winters. Das schon an ihrem ersten Tag." Er streckte seinen Rücken und gähnte. Das Schlagen der Uhr auf dem Kaminsims liess ihn zusammenfahren. Er drehte sich um. Halb zwölf in der Nacht. Schlurfend ging er hinüber zur Couch und liess sich seufzend darauf nieder. Er hatte sich zum Narren gemacht. Kopfschüttelnd dachte er daran, dass er Raven einen Brief mit einer Rose geschickt hatte. Welchen Teufel hatte ihn geritten, zu glauben, dass.... Dann war er am Tag zuvor zu ihr gegangen. Zum einen war es wegen Clarissa, zum Anderen wusste er genau, dass Clarissa nur eine Ausrede war um mit Raven zu sprechen. Er wollte sich mit ihr unterhalten, in ihrer Nähe sein. Aber dann hatte sie ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen, ihm gesagt, dass er sie in Ruhe lassen sollte. Verzweifelt hatte er sich dann noch idiotischer benommen, als er an ihre Tür gehämmert hatte. Er wäre besser sofort zurück in den Kerker gegangen. Nein. Am besten hätte er sich nie darauf eingelassen. Er lehnte sich zurück, legte seinen Kopf auf die Lehne und schloss die Augen. Wie hatte er nur denken können, dass irgendjemand auf dieser kalten, leeren Welt seine Nähe suchen würde. Ihn mögen würde. Nein. Er hätte es besser wissen sollen. Nach Jahren der Einsamkeit, hätte er es dabei belassen sollen. Ein Klopfen riss ihn aus seinen dunklen Gedanken. Nochmals sah er auf die Uhr auf dem Kaminsims. 'Um diese Zeit? Wer mochte ihn jetzt noch belästigen?' Zuerst wollte er da Klopfen ignorieren, doch dann erhob er sich trotzdem. Er ging zur Tür und öffnete sie. Er dachte, ihn treffe der Schlag. An seine Tür gelehnt sass... "Raven?" fragte er verblüfft. Dann fasste er sich wieder und erinnerte sich daran, wie er vor ihrer Tür gestanden hatte. Ein bitteres Lächeln umspielte seinen Mund. "Was suchst Du auf dem Boden vor meiner Tür. Hmmm?" Verbittert fügte er hinzu. "Suchst du nach irgendwelchen Zetteln? Die wirst Du hier nicht finden! Ich erledige meine Angelegenheiten direkt, musst Du wissen und jetzt gute Nacht." Er war im Begriff die Tür wieder zu schliessen. Raven wandte langsam den Kopf zu Snape hoch und blickte ihn mit Augen an, die in diesem Moment voller Leere und trauer waren. Schüttelfrost überflutete in Wellen ihren Körper und sie drückte sich noch enger an die Mauer. "Mir ist so kalt", flüsterte sie tonlos. "Es ist alles so kalt hier. " Eine winzige Träne rann ihre blasse Wange herunter, die sich anfühlte wie Eis. Hilflos starrte sie in die Dunkelheit des Ganges. "Severus, ich..", sagte sie leise, "ich wollte dich um etwas bitten, aber..." Weiter kam sie nicht. Die kältewelle erfasste sie aufs Neue und Raven ließ sich zitternd auf den Boden sinken... Gerade als er die Tür wieder hatte schliessen wollen, hatte Raven zu ihm aufgesehen. Eine Träne war über ihre Wange gekullert. Schwach hatte sie gesagt "Severus ich...wollte Dich um etwas bitten, aber..." Doch dann war sie zitternd zu Boden gesunken. Severus blickte sie kalt an und schloss die Tür. Sollte sie doch dort draussen liegen und sich den Tod holen, wen würde das schon kümmern. So stand er einen kurzen Moment an seine Tür gelehnt. "Verdammt sollte ich sein" murmelte er vor sich hin, als er die Tür wieder öffnete und sich neben Raven kniete. Er berührte ihre Stirn. Sie war eiskalt. Leise vor sich hinfluchend hob er Raven hoch und trug sie hinein. Mit einem Fuss versetzte er der Tür einen Stoss, so dass sie ins Schloss fiel. Sanft legte er Raven auf seiner Couch nieder und deckte sie mit einer warmen Decke zu. Er zog seinen Zauberstab und liess das Feuer etwas höher werden. Alsbald verbreitete es seine Wärme im ganzen Raum. Mit einem weiteren Spruch, liess er die Decke magisch warm werden. So würde die Kälte in Raven bald verschwinden. Nochmals legte Severus eine Hand auf Ravens Stirn. Einige Zeit betrachtete er sie aufmerksam. Jeden Zug ihres Gesichts, als möchte er sich jede Linie einprägen, doch auf einmal wandte er sich ab und ging hinüber an seinen Schreibtisch. Er musste arbeiten. Irgendetwas tun, das ihn von Ravens Anwesenheit ablenkte. Er setzte sich vor einen Stapel Aufsätze, die er zu korrigieren hatte. Doch nach einigen Minuten gab er auf. Er konnte sich nicht konzentrieren. Also stand er auf und ging hinüber zu einem kleinen Schrank. Er öffnete einen Flügel und entnahm einen Kristallkelch und eine Flasche Rotwein. Leise ging er hinüber zum Kamin, zog sich einen Sessel heran und liess sich hineinsinken. Er nahm den Kristallkelch und füllte etwas von der dunkelroten Flüssigkeit hinein. Er hob das Glas und liess durch den Schein des Feuers, das Rot des Weins leuchten. 'Welch herrliche Farbe,' dachte er, nahm einen kleinen Schluck und starrte gedankenverloren ins Feuer. David raste durch die Gänge des Schlosses. Wo war Snape bloss? Warum war dieser Typ nie da wenn man ihn brauchte? Sondern immer wenn nicht. `Toll ganz toll. Ich lauf hier wie ein blöder rum wärend Carmen bewusstlos da oben im Krankenflügel liegt,`dachte David wütend. Doch plötzlich hielt er inne. Da hätte er doch gleich drauf kommen können. Snapes Büro klar da musste Snape sein logisch. David jagte die Treppe zum Kerker runter und klopfte ETWAS heftig an die Tür. Snape würde ihm mit Sicherheit den Kopf abreissen doch das war ihm egal es ging hier immer hin um eine seiner besten Freunde. Ein lautes Klopfen an seiner Türe riss Snape aus seinen Gedanken. "Ja!" rief er genervt. Irgendwie schienen heute alle verrückt geworden zu sein. Zornig ging er hinüber zur Tür und riss sie auf. Vor ihm stand ein Junge aus seinem Haus. David. Snape schenkte ihm seinen berühmt berüchtigten kalten Blick. Vielleicht würde David ja wieder verschwinden. Er wollte sich jetzt nichts über tropfende Wasserhähne und der Gleichen anhören. Dafür war schliesslich Filch zuständig. David kannte diesen Blick nur zu gut. Er war dran gewöhnt und auch ihn wenns nötig war zu ignorieren. "Professor verzeihen Sie die Störung aber es geht um Carmen...." Doch der Blick der jetzt von Snape folgte schüchterte selbst David ein. "Carmen? Und warum kommt sie nicht selbst her? Ist sie sich zu fein dazu?" Er genoss es, wie David sich wand. Sein Blick schien immer noch die gewünschte Wirkung zu erzielen. "Sie....sie kann nicht Sir....denn sie ist bewustlos...," sagte David leise und wartete auf Snapes Reaktion. "Wo ist sie?" fragte Snape plötzlich scharf. Irgendwo in seinem Hinterkopf hatte er plötzlich das Gefühl, dass alle Welt Hilfe von ihm erwartete, aber wozu. Was hatte die Welt für ihn, zu geben? Rasch schüttelte er diesen Gedanken ab. "In der Krankenstation...Doch Madam Pomfrey meinte sie könne ihr nicht helfen," sagte David leise und kämpfte gegen Tränen denn ihm lag sehr viel an Carmen. "Ich komme gleich. Gehen sie wieder zu ihr." Er schloss die Tür und ging hinüber zu Raven. Besorgt strich er ihr über die Haare. "Leider werde ich auf der Krankenstation gebraucht, Raven." flüsterte er und eine Art Trauer lag in seiner Stimme. Rasch krizelte er ein paar Zeilen auf einen Zettel und legte ihn auf das Salontischchen. Raven, ich musste dringend auf die Krankenstation. Ein Notfall. Es... es tut mir leid. Es tut mir auch leid, dass ich Dich gestern Abend belästigt habe, es war nicht meine Absicht... Severus Warum entschuldigte er sich eigentlich? Ärgerlich griff er wieder nach dem Zettel und warf ihn in den Kamin. Er drehte sich um und eilte hinauf auf die Krankenstation. Dass der Zettel knapp das Feuer verfehlt hatte, hatte Snape nicht bemerkt. Nun lag das zerknüllte Papier ein paar Zentimeter vor dem Kamin und der Schein des Feuers warf selstame Schatten darauf. Snape trat in die Krankenstation. Schon kam Madame Pomfrey auf ihn zugeeilt. "Was ist denn los Poppy?" fragte er leise. "Es ist Carmen, Professor. Kommen Sie. Sie liegt da hinten, ich hab sie ein bisschen von den Anderen abgetrennt, damit die nicht alles mitkriegen. Ich weiss wirklich nicht, was mit ihr los ist, oder wie man ihr helfen kann." Snape ging hinter Madame Pomfrey her und betrat einen kleinen abgetrennten Raum. Carmen lag in dem einzigen Bett, dass hier drin stand. Sie war bleich wie der Tod und hatte dunkle Ringe unter den Augen. Snape schluckte schwer und trat an ihr Bett. Er legte seine Hand auf ihre Stirn. Sofort zog er sie wieder zurück und wandte sich an Madame Pomfrey. "Sie ist ja ganz kalt." "Ich weiss," entgegenete Pomfrey. "Warum tun sie denn nichts dagegen?" fragte er nun etwas schärfer. Wenn ihn etwas rasend machte, dann waren es Menschen, die keine Logik besassen. Er zog seinen Zauberstab und sagte "Calor". Sofort erhitzten sich die Decken, so dass stetig Wärme in den kalten Körper Carmens floss. Anschliessend zog er eine Phiole aus seinem Umhang, goss etwas von der grün-schimmernden Flüssigkeit in ein Glas und flösste es Carmen ein. Einige Minuten vergingen, in denen nichts geschah. Er beobachtete Carmens Gesicht. "Professor, ich.." Mit einer Handbewegung brachte er Pomfrey zum Schweigen. Plötzlich begannen Carmens Augenlider zu flattern und sie öffnete die Augen. Zuerst schien sie nicht zu wissen, wo sie war. Doch dann drehte sie den Kopf und ihr Blick fiel auf Snape. "Professor..." brachte sie schwach hervor. Snape trat rasch an Carmens Bett, doch Carmen hatte die Augen schon wieder geschlossen. Nochmals fühlte er ihre Stirn. Langsam schien wieder Wärme in ihren Körper zu fliessen. "Poppy, hören Sie. Ich muss dringend wieder hinunter in den Kerker. Beobachten sie sie gut. Wenn eine Änderung ihres Zustandes eintritt, dann rufen Sie mich. Okay?" Madam Pomfrey nickte kurz und Snape eilte mit wehendem Umhang davon. Er musste zurück in den Kerker. Dort lag immer noch Raven auf seiner Couch. Er musste nachsehen, wie es ihr ging. Kurze Zeit später stand er keuchend vor seiner Bürotür. Er versuchte seinen Atem wieder ein wenig zu beruhigen und trat dann ein. Ihr Atem ging schwer und unregelmäßig... Raven schritt langsam einen langen, feuchten Gang entlang. Vor ihr ging eine dunkel gekleidete, hochgewachsene Person mit glatt nach hinten gekämmten Haaren -einer der Wächter. Links und rechts an den Wänden waren metallene Türen eingelassen, die im matten Licht der Kerzen bronzefarbe schimmerten. Von den alten Steinwänden tropfte hier und da das Wasser des Meeres, welches das Gemäuer umgab. Der Geruch von Salz und nassem Gestein hing in der Luft und erinnerte Raven an uralte Steingrotten. Doch hier vernahm sie noch andere Gerüche - nach Angst und dumpfer Apathie. Ihre Brust war wie zugeschnürt und sie spürte ein Frösteln, welches selbst in den eisigsten winternächten keinen derartigen Schrecken besaß. Schemenhafte Gestalten glitten an ihr vorbei, Wesen in langen Umhängen und Kapuzen, die ihre Gesichter verbargen. Doch Raven wußte von der gähnenden Dunkelheit, von den schwarzen Schlünden, die jedem menschlichen Lebewesen die Seele aussaugten - gnadenlos, gierig und unersättlich. Ihre Schritte halten in den langen Gängen wieder und verloren sich im weitverzweigten Labyrinth - im Gefangenentrakt von Askaban.... Es war kalt dort. Kälter als die tiefste Winternacht in den nördlichen Gefilden Britaniens. Endlich hielten Raven und ihr Begleiter von einer niedrigen Tür, der Wächter schloß auf, und bedeutete ihr, einzutreten. Raven schritt an ihm vorbei und stand in einer dunklen Zelle...Die Kälte schlug ihr mit aller Wucht entgegen und raubte ihr den Atem. In der Ecke kauerte eine zusammengekrümmte Person, und eine zweite Gestalt glitt nun lautlos auf Raven zu. Sie hob ihre Arme und ließ die Kapuze zurücksinken und Raven starrte in die schwärzeste Leere, die sie jemals in ihrem Leben gesehen hatte. Sie taumelt zurück und ihr Mund öffnete sich zu einem Schrei.... "Lillian...oh Gott...Lillian!!!" Keuchend schreckte Raven auf. Kalte Schweißperlen stand auf ihrer Stirn und ihre Brust hob und senkte sich. Die Augen voller Panik sah sie um sich, doch der Dementor war verschwunden, Askaban war verschwunden...Und Lillian. Die Realität umgab Raven, doch die Bilder ihres Alptraums wichen nur langsam von ihr. Es dauerte noch einige Minuten, bis Raven die Eindrücke ihres Traumes einigermaßen abgeschüttelt hatte. Jetzt stellte sie fest, daß die Kälte aus ihrem Körper gewichen war und ihre Wangen sich seltsam erhitzt fühlten. Wohlige Wärme umgab sie, und Raven blickte sich um. Hatte sie nicht eben noch vor der dunklen Kerkertür gekauert, die zu Snapes Büro führte? Nun lag sie auf einer weichen Couch, und wenige Meter neben ihr prasselte ein helles Feuer in einem großen Kamin. Ravens Blick streifte die Wände des Raumes -und sie zuckte heftig zusammen. I In alten Holzregalen standen unzählige Gefäße und Flaschen mit klaren und trüben, funkelnden und trübe aussehenden Flüssigkeiten. Daneben standen verschlossene Gläser, in denen sich absonderliche, zum Teil bizarr wirkende Lebewesen und Pflanzen befanden. Einge von ihnen lumiszierten geheimnisvoll im Licht der lodernden Flammen. Auf der anderen Seite des Kamins stand ein massiver Holztisch, auf dem sich unzählige Pergamente und Papiere stapelten. Zweifellos handelte es sich um den Arbeitsplatz eines Lehrers.... Raven schluckte schwer. Sie hatte niemals in ihrem Leben das Büro von Severus Snape gesehen, doch sie war sich sicher - sie WUßTE -, daß sie sich in seinem Raum befand. Ravens Herz begann schneller zu schlagen und hektisch sah sie sich um, dann lauschte sie angestrengt in Richtung einer Tür, die offensichtlich in ein weiteres Zimmer führte - doch außer dem leisen Knacken des Feuers war alles still. Snape war augenscheinlich fortgegangen, nachdem er sie in seinen Raum gebracht hatte. Ein Gefühl der Erleichterung durchströmte Raven - sie wußte, daß seine Anwesenheit sie in tiefste Verlegenheit gestürzt hätte, vor allem in Anbetracht des Zustandes, in welchem er sie hatte vorfinden müssen. Und dennoch -Raven war sich selbst gegeüber ausreichend ehrlich, zuzugeben, daß sie auch enttäuscht war. Nun hätten sie miteinander reden können, hätte sie seine Anwesenheit aus tiefster Seele genossen und in diese seltsamen, ruhelosen schwarzen Augen blicken können... Vorsichitg setzte sie sich auf und musterte den Raum erneut. Er besaß eine düstere Atmosphäre, keine Frage, dennoch verbreitete er im Feuerschein eine geheimnisvolle, behagliche Stimmung. Raven erhob sich und schritt - immer noch mit zittrigen Knien - hinüber zu Severus Schreibtisch. Auf der glatten Oberfläche lag -säuberlich geordnet- ein Packen von Arbeitszetteln. Als sie einen näheren Blick darauf warf, erkannte sie, daß es sich wohl um Arbeiten von Schülern handeln mußte, die Severus dabei war zu korrigieren. Sie nahm das oberste Pergament, welches mit einer recht krakeligen Handschrift beschrieben war, in ihre Hand und überflog die Zeilen. "Was bei der Herstellung eines Unsichtbarkeitstrankes beachtet werden muß.." las sie halblaut und ließ ihren Blick auf den Rand der Seite fallen. Unwillkürlich verzogen ihre Lippen sich zu einem Grinsen. Dort stand: "Hoffnungslos, Longbottom, hoffnungslos!" Raven seufzte und legte das Papier zurück auf den Stapel. Das mußte wohl Severus sein, wie er in Hogwarts bekannt war....Dennoch blieb das Lächeln auf ihrem Lippen. Weiß Gott, sie hatte zu ihrer Zeit den Zaubertränkeunterricht, den Professor Zabini gegeben hatte, gefürchtet, wenngleich es zu ihren stärksten Fächern gehört hatte... Auf dem Papier stand ein offenes Tintenglas, und daneben lag eine achtlos hingeworfene Feder, die darauf hindeutete, daß hier jemand vor nicht allzulanger Zeit gesessen hatte. Noch während sich Raven fragte, was Severus wohl in seiner Arbeit unterbrochen haben mußte, fiel ihr Blick auf eine Stelle vor dem Kamin. Stirnrunzelnd ging sie um den Schreibtisch und bückte sich, um das zerknitterte Stück Papier, welches nur wenige Zentimeter von den Flammen entfernt gelegen hatte, aufzuheben. Sie entfaltete es, hielt es an das Feuer, um es besser entzifffern zu können, und begann zu lesen. "....es tut mir auch leid, daß ich dich gestern Abend belästigt habe, es war nicht meine Absicht..." Raven ließ den Zettel sinken und starrte in das Feuer. Unzählige Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Sie spürte Erleichterung darüber, daß Severus ihr merkwürdiges Verhalten vom Vorabend zu akzeptieren schien. Doch gleichzeitig überkam sie ein Gefühl der Scham, welches ihre Wangen erröten ließ. Es war ihre Eifersucht auf Clarissa gewesen, die sie zu ihrem törichten Benehmen getrieben hatte. Sie schuldete Severus ebenso eine Entschuldigung wie ihrer Freundin Samantha...Ravens Scham wuchs bei dem Gedanken, daß sie Samantha hatte helfen wollen, und noch immer nicht zu ihr zurückgekehrt war. Andererseits -das Veritaserum war augenblicklich ihr einziger Ausweg. Doch dazu mußte sie Severus sprechen. Wo er nur blieb? Natürlich, gewiß saß er in diesem Moment an Clarissas Bett und wachte über ihren Schlaf. Raven versuchte, diese Vorstellung so rasch wie möglich zu verdrängen, doch immer wieder tauchte eine Frage in ihr auf, die sie seit Tagen beschäftigte. Wer war Clarissas Mutter? Raven legte den Zettel abwesend beiseite und hinkte zurück zu der Couch. Sie fühlte sich noch immer benommen, doch an Schlaf konnte sie für den Augenblick nicht denken. Sie würde darauf warten, daß Severus zurückkehrte, um ihn dann um eine Phiole Veritaserum zu bitten. Raven erhob sich noch einmal, ging zum Schreibtisch und nahm einige unbeschriebene Seiten Pergament. Dann suchte sie nach einem Stift und setzte sich zurück auf die Couch. Einige Momente sah sie versonnen auf die leeren Blätter in ihrer Hand, dann griff sie nach dem Stift und begann zu zeichnen. Nach einigen Minuten hatten die ersten Formen Konturen angenommen. Aus einer dünnen Linie war ein Ast geworden, aus einem Ast ein Baum, und schließlich ein Wald. Ein großer Wald in seiner winterlichen Kahlheit, der Boden und die Zweige der großen Bäume von Schnee bedeckt. Raven vermeinte, die Stille der Landschaft mit ihren eigenen Ohren zu vernehmen. Zwei Gestalten liefen durch den Wald, lachend, sich mit dem Schnee bewerfend....Eine Hand griff nach der anderen...Und das Lachen klang hell und fröhlich... Leise entglitt Raven das Papier und schwebte zu Boden. Der Stift, den sie eben in der Hand gehalten hatte, fiel auf die Decke. Und wenige Augenblicke später war Raven in einen ruhigen, traumlosen Schlaf gefallen. Snape öffnete zögernd die Bürotür und trat ein. Raven lag auf der Couch und schien friedlich zu schlafen. Erleichterung durchfuhr seine Brust, aber er fühlte, wie ihm das Herz bis zum Hals schlug. 'Stell Dich nicht so dumm an, Sev.' dachte er ärgerlich. 'Du kennst sie schon ewig!' Leise trat er ein wenig näher. Sie sah so friedlich aus. Er setzte sich in den Sessel neben der Couch und beobachtete sie. 'Es wäre eine Sünde, ihren herrlichen Schlaf zu stören und doch...' dachte er und ein kleines Lächeln umspielte seinen Mund. Er erhob sich wieder, beugte sich über sie und wollte ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht streichen. Er streckte seine Hand aus, doch als er sie schon fast berührt hatte, zog er seine Hand wieder zurück und sagte statt dessen leise und mit sanfter Stimme: "Raven?" Lange Zeit war alles dunkel und still um Raven, doch dann... Jemand schien ihren Namen zu flüstern, eine vertraute Stimme.... Raven blinzelte verschlafen. Zunächst erkannte sie nur verschwommen das matte Licht des verglimmenden Feuers, doach dien fiel ihr Blick auf die Gestalt, die neben ihr saß und sie anblickte. Raven setzte sich auf, mit einem Schlag war ihre Müdigkeit verschwunden. "Severus.." flüstertes sie, und ein leises Lächeln stand ihn ihren Augen. Severus saß dicht bei ihr und musterte sie aus seinen ernsten, dunklen Augen, die jedesmal in ihr Innerstes durchblicken zu schienen. Wie lange mochte sie wohl geschlafen haben? Raven errötete bei dem Gedanken, daß sie bereits Ewigkeiten in Severus Raum verbracht haben mußte. Sie sah ihm kurz in das Gesicht und spürte, wie ihr Herz sich verkrampfte. Der sonst so bittere, eisige Zug um seinen schmalen Mund wirkte weicher als sonst. Irrte sie sich, oder lächelte er selbst ein wenig? Raven wandte ihr Gesicht ab, da sie Angst hatte, daß ihre Augen ihre Gefühle verrieten. Endlich brachte sie einige Worte über ihre Lippen. "Severus, ich..." Sie zögerte erneut und kämpfte gegen ihre Befangenheit. Wieso weckte dieser Mann diese tiefen Gefühle in ihr? Sie verfluchte innerlich ihre Unbeholfenheit und setzte erneut zum Sprechen an. "Ich...ich möchte dir danken dafür, daß du..daß du mir geholfen hast." Sie schwieg kurz und setzte dann hastig hinzu: "Und ich will mich bei dir entschuldigen." Jetzt sah sie ihm direkt in sein Gesicht und ihre Blicke trafen sich. "Entschuldigen? Wofür? Ich... Du hattest Recht gehabt Raven, ich hätte Dich nicht einfach... ich hätte nicht hoch kommen sollen." Er wandte seinen Blick ab. "Du, du wolltest keinen Besuch und ich hätte das akzeptieren sollen..." Severus erhob sich und ging hinüber zu einem kleinen Schrank, nahm zwei Gläser und eine Flasche Wein heraus und setzte sich in einen Sessel neben der Couch. Er öffnete die Flasche und goss die herrlich rote Flüssigkeit in die beiden Gläser. "Etwas Wein?" fragte er leise, während er ihr ein Glas hinhielt. Er versuchte verzweifelt, ihrem Blick auszuweichen. Ihren Augen, die alles zu sehen schienen. Raven lächelte. Ihre Augen schimmerten, als sie das Glas ergriff und einen Schluck nahm. Ein angenehmes Kribbeln machte sich in ihrer Magengegend breit. Sie sah Severus nicht an, als sie entgegnete: "Nein, ich bedaure es wirklich, daß ich..." Sie brach ab. "Ich meine,ich.."stotterte sie," Es war nur so, daß ich dachte, daß du.." Sie holte tief Luft," Daß du alleine deiner Tochter wegen gekommen bist." Sie wandte ihr purpurrotes Gesicht endgültig ab. Mit klopfendem Herzen wartete sie auf seine Reaktion. Würde er lachen? Raven schien ein wenig nervös zu sein, also ging es nicht nur ihm so. "Natürlich bin ich wegen meiner Tochter gekommen. Ich habe mir wahnsinnige Sorgen um sie gemacht. Das tue ich immer noch, da sie mir immer noch nicht hat sagen können, was geschehen ist, aber..." er zögerte ein wenig. "Ich bin nicht nur wegen... wegen Clarissa gekommen. Ich wollte mit Dir sprechen und..." er leerte sein Glas in einem Zug und schenkte Raven und sich wieder nach. "Ich wollte fragen...,ach, vergiss es, es war dumm von mir." Er blickte ins Feuer und hob sein Glas an die Lippen. Ravens Glas zitterte dieses Mal, als sie es zu ihrem Mund führte. Ein leichter Schwindel hatte sie erfasst und sie unterdrückte ein hysterisches Kichern. `So weit ist es mit mit schon gekommen´,dachte sie, `ich trinke von morgens bis abends...´ Doch dieser Gedanke beunruhigte sie nicht weiter. Sie beugte sich ein wenig vor und schaute Severus ernst an. "Was wolltest du fragen?" Severus hätte beinahe sein Glas fallen lassen. Ravens frage hatte ihn unerwartet getroffen. Er schloss kurz die Augen und blickte dann Raven an. War da wirklich jemand, den interessierte, was er wollte? Dem etwas an dem lag, was er sagte? Er schluckte schwer, bevor er antwortete. "Ich habe mich gefragt, warum... Warum Du es getan hast. Warum Du mir auf der Waldlichtung das Leben gerettet und Deines dafür riskiert hast." Er fürchtete sich etwas vor der Antwort und leerte sein Glas abermals. Mit leicht zitternden Händen griff er nach der Flasche und schenkte nach. Raven stellte nachdenklich ihr Weinglas ab und betrachtete die tanzenden Flammen vor ihr. Inzwischen war ihr entschieden warm, und ihre Wangen glühten von der Hitze des Feuers und des Weins. Sie schluckte schwer. Es war die Frage gewesen, die sie befürchtete hatte. Wollte sie Severus belügen, so hätte sie leicht den Mund aufmachen und eine Antwort formulieren können, etwa wie: Es ist selbstverständlich, jemand anderes retten zu wollen... Doch Raven wußte, daß das eben keine Selbstverständlichkeit war. Es waren einzig und alleine ihre Gefühle gegenüber Severus gewesen, die sie geleitet hatten. Raven wandte sich ihm zu und blickte ihn an. `Und es sind immer deinen Gefühle gewesen, die dich stark gemacht haben, Raven..´ Raven lächelte, als sie sich an jene Worte erinnerte, die jemand vor Jahren zu ihr gesagt hatte. `Es ist so schwer, einem geliebten Menschen seine verletzliche, seine schwache Seite zu zeigen...´ dachte Raven stumm. Leise erhob sie sich und setzte sich auf den Boden direkt vor Severus. Der Schein des Feuers warf tiefe Schatten auf ihr Gesicht, und ihre Augen wirkten dunkel. Sie zwang sich dazu, Severus Blick standzuhalten, als sie leise sagte: " Ich tat es, weil ich Angst hatte, dich nach all den Jahren ein zweites Mal zu verlieren. So wie damals." Ihr Lächeln wurde weicher, und in ihrem Augen funkelte der Widerschein des Lichtes. Ganz langsam hob sie ihre Hand und berührte Severus kühle, lange Finger. Es war eine scheue , zarte Berührung, doch sie war voll unausgesprochener Zärtlichkeit. Es war ganz still im Raum, bis auf das Knistern der Flammen. Raven sass vor ihm auf dem Boden und sah in mit leuchtenden Augen an. Noch nie zuvor hatte ihn jemand so angesehen. Er schien sich in ihrem Blick zu verlieren, als sie sanft seine Hand berührte. Ihre Wärme druchströmte seinen Körper. Sein Herz schlug so laut, dass sie es fast hören musste. Zögernd lehnte er sich nach vorne und ergriff sachte ihre Hand. Ihre Haut war warm und weich. Langsam hob er sie an und führte sie an seine Lippen. Zärtlich hauchte er einen Kuss auf den Handrücken. Sein heisser Atem streichelte sanft ihre Haut, während seine Lippen den Linien ihrer schönen geschmeidigen Fingern folgten. Seine dunklen Augen glühten im Schein des Feuers. Raven schloß ihre Augen und schwieg. Ihr Herz schlug schwer und langsam in ihrer Brust. Es war ein Moment der Innigkeit, den sie nicht zerstören wollte. Dieses Glück...es machte ihr beinah Angst. Angst - nach all dieser endlosen Zeit der Einsamkeit, der Bitterkeit und zahloser unbeantworteter Fragen. Es konnte nicht real sein, nicht wirklich passieren... Und doch - es war Severus, der ihre Hand umschlungen hielt. Es war Severus, der ihr in die Augen sah und mit ihr diese Sekunden teilte. Sekunden für die Ewigkeit. Sie würden unwiederruflich vorbeigehen.. Raben öffnete ihre Augen. Tränen schimmerten in ihnen und sie schmiegte ihren Kopf in Severus Schoß. Da war noch etwas.... Raven legte ihren Kopf in seinen Schoss und er lehnte sich zurück, während er gedankenverloren ihr glänzendes Haar streichelte. So musste die Ewigkeit sein. Genau so. Severus genoss die Nähe, ihre Nähe. Endlich jemand, der freiwillig seine Gesellschaft suchte. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Er hoffte, dass dies nicht nur ein Traum war, aus dem er gleich erwachen würde, allein in seinem riesigen, kalten Bett mit nichts als der grausamen Einsamkeit, die ihn normalerweise umgab. Während Ravens Severus Hand spürte, die sie sanft streichelte, spürte sie, wie sie in einen Zustand der absoluten Ruhe driftete. Es war ein innerer Friede,von dem sie geglaubt hatte, ihn längst verloren zu haben. Verloren in einer Zeit der Dunkelheit, verloren an dem Tag, an dem sie für immer entstellt worden war.. Ihre Gedanken glitten zurück in die Vergangenheit, zu den Tagen in Hogwarts, als sie Severus das erstemal begegnet war... Jene Nacht am See.... Raven hob plötzlich ihren Kopf, über ihr Gesicht huschte ein Ausdruck der Verzweiflung. Sie biß sich auf ihre Unterlippe, dann erhob sie sich und ließ sich neben Severus auf den weichen Sessel gleiten. Der Geruch seines Körpers war angenehm -zedernartig, wild... Raven sehnte sich nach seiner Nähe. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und schmiegte sich innig an seine Brust, ihr Gesicht fest an den weichen Stoff seines Umhang gepresst. "Halt mich fest, Severus.." flüsterte sie rauh, "Halte mich fest und laß mich nie wieder los..." Sie schloss ihre Augen und gab sich dem Moment hin, wissend, daß er gleich vorbei sein würde...Samantha... Raven kuschelte sich eng an ihn, legte ihr Gesicht auf seine Brust und flüsterte: "Halte mich fest und laß mich nie wieder los..." Er schlang seine Arme um sie und hielt sie fest. Wie ein Ertrinkender, der Angst davor hat, zu sterben, wenn er jetzt seinen Griff lösen würde. Severus senkte seinen Kopf und verbarg sein Gesicht in ihren Haaren. Ihr Duft war betörend. Wie eine Blumenwiese mitten im Sommer. Er hatte das Gefühl, die Sonne auf seinem Gesicht zu spüren, der Wind, der leicht durch die Bäume strich, zu hören. Er hoffte, dass dieser Augenblick nie enden möge... "Oh Gott!" flüsterte Raven, noch immer mit geschlossenen Augen. "Ich....kein Wort auf diese Welt könnte ausdrücken, wie sehr ich mich danach gesehnt habe, bei dir zu sein, Severus." Sie hob ein wenig den Kopf und sah ihn an. "Weißt du das?" Ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie bettete ihren Kopf wieder an seine Brust und sog seinen Geruch ein. `Kannst du meine Gedanken hören, Severus? Da ist so vieles, was ich dir noch sagen möchte...´dachte sie. Sie vernahm seinen stürmisch klopfenden Herzschlag an ihrem Ohr, seine Hand war in ihren wirren Haaren vergraben. Sie war wie benommen...durcheinander.. Glücklich. Langsam, ganz allmählich schlich sich ein anderer Gedanke in ihren Kopf. Sie konnte ihn nicht länger ignorieren, so verzweifelt Raven es sich in diesen Sekunden auch wünschte. Sie mußte ihr eigenes Verlangen nun hinten anstellen.. "Severus", flüsterte sie und seufzte. "Es gab natürlich noch einen Grund, warum ich hierhergekommen bin. Es geht um eine Freundin..Ich brauche deine Hilfe." Sie ließ ihren Kopf seiner Brust liegen und streichelte zärtlich über den schwarzen Stoff seines Umhangs. Raven hatte den Eindruck , als wären Zeit und Raum in diesem Augenblick eins, als sie in Severus Armen lag und ihn zärtlich streichelte. `Es ist, als ob etwas in mir nach langer Zeit nach Hause gekommen ist...´ In ihren Augen lag ein Ausdruck von Seligkeit, der sich nur unwesentlich schmälerte, als Raven nun ihr Gesicht auf ihrem Arm aufstützte und Severus ansah. " Ich brauche wirklich deine Hilfe." sagte sie ernst. Severus schien ihr aufmerksam zuzuhören. Raven fuhr leise fort."Es handelt sich um Sirius Blacks Schwester Samantha..." Raven bemerkte,daß ein düsterer Schatten über Severus Gesicht glitt. Natürlich, es mußte wegen Sirius sein....Raven erinnerte sich an die Todfeindschaft, die beide Männer seit ihrer gemeinsamen Schulzeit verbunden hatte. Doch sie wußte, daß sie darauf in diesem Augenblick keine Rücksicht nehmen konnte. Nicht, wenn es um Samantha ging. Raven spürte,wie es ihr warm ums Herz wurde..Samantha war viele Male für sie dagewesen, sie durfte sie jetzt nicht im Stich lassen...sie durfte einfach nicht.. Und doch - Wie schwer es ihr fallen würde, Severus nun wieder verlassen zu müssen. Severus schien gerade eine weitere Frage stellen zu wollen, als es an der Tür klopfte. Beide wandten sich zu ihr um, als diese bereits aufflog und ein Mädchen völlig außer Atem in Severus Büro stand. Raven löste sich sofort aus Severus Umarmung und erhob sich hastig. Es war Clarissa. Ihre Augen waren weit aufgerissen und sie rang nach Worten. Während sie sprach war Severus langsam aufgestanden. Seine Augen hatten wieder jenen hohlen,verschlossenen Ausdruck angenommen, den Raven nur allzugut von ihm kannte. Sie lauschte Clarissas Worten mit stummem Entsetzen. Jenes leuchtende Glück, welches noch eben in ihren Augen gestanden hatte,war ausgelöscht. Voldemort....Malfoy...Severus... Raven vergrub ihr Gesicht in den Händen. Nein, Friede würde noch nach lange nicht sein in dieser dunklen Zeit. Sie hob den Kopf und schaute auf Severus, dann auf Clarissa. Clarissa wirkte verängstigt, Severus zutiefst besorgt. Aber warum? Diese Frage schoß Raven durch den Kopf. Was genau hatte Severus nun mit den Todessern zu tun? War es immer noch wegen seiner Vergangenheit? Sie hatte auf all das im Augenblick keine Antworten, und sie wußte, sie würde sie auch nicht an diesem Abend bekommen. Sie würde nun gehen müssen. Severus und seine Tochter mochten vieles zu bereden haben,was für ihre Ohren nicht bestimmt war. Raven wandte sich leise um und ging zur Kerkertür. Dort drehte sie sich noch einmal um. "Gute Nacht.." sagte sie leise und ließ die Tür hinter sich ins Schloß fallen. Es war, als ob sie ein warmes Licht verlassen hätte, und nun erneut in die kalte Schwärze des Universums hinausgeschleudert wurde..... Ihr Schritt war langsam, fast mechanisch, doch dann begann Raven zu rennen, und die alten Kerkerwände warfen das Echo ihres erstickten Schluchzens zurück. |