Seltsame Wege

 

 

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Kapitel 13: Abschied und Mitleid





Hermine ging schweigend neben Albus her. Dieser warf ihr von Zeit zu Zeit einen besorgten Blick zu. Sie hatten gesiegt, doch sie wirkte eher kraftlos. Als wäre alles bedeutungslos geworden.

"Schlafen Sie ein wenig, Kind. Sie sollten sich ausruhen."

Sie warf ihm einen langen Blick zu. Ihre Stimme schwankte, doch ihre Worte waren klar verständlich. "Ich kann nicht in mein Zimmer... Ginny wird dort sein."

"Hmm. Ich verstehe. Es wäre mir eine Freude, Ihnen mein Gästezimmer anbieten zu dürfen!"

Er lächelte sie sanft an und sein Ton wirkte ungemein beruhigend auf sie. Ein leichtes Nicken und sie trennten sich. Albus machte sich auf die Suche nach Severus und Hermine ging in ihr Gästezimmer.

Dumbledore machte sich Sorgen um seinen Schützling. Niemals zuvor hatte er Severus so gesehen. Nie hatte er solche Worte von ihm gehört. Wenn er ganz ehrlich war, hatte er es niemals für möglich gehalten, dass dieser sich verlieben könnte. Und doch war diese Spannung zwischen ihm und ihr schon immer da gewesen. Nur natürlich, dass sich diese uralte Seele in der jungen Schönheit verlieren musste. Er bedauerte ihn wirklich. Dennoch... wenn sie für einander geschaffen worden waren, wenn ihre Seelen zueinander gehörten, würde sie sich vielleicht im nächsten Leben wieder finden. Denn er wünschte ihm wirklich, endlich einen Funken Liebe und Glück in seinem Leben.

Er fand ihn schließlich am See. Es war eine sternklare Nacht und der milde Wind wehte. Der große Mann stand am Ufer, sein Blick in die Ferne gerichtet. Als Albus näher kam, begann er zu reden.

"Hier habe ich sie zum ersten Mal wirklich gesehen...."

Er wand sich halb zum Ältern hin und sein Blick war voller Emotionen, seine Wangen feucht.

"Sie sah aus, wie eine Nymphe. Ein Traumbild, voller Schönheit und Grazie."

Er lachte traurig auf und seine Stimme klang verzweifelt. "Ich hätte sie beinahe nicht erkannt. Hermine! Wie ich sie liebe."

"Severus...."

"Bitte lass mich sprechen, bevor ich den Mut verliere."

"Ja, erzähle mir davon."

"Ich hatte getrunken. Nicht genug, um den Kopf zu verlieren... aber genug, um ihr zu nahe zu kommen. Näher als ich durfte..."

"..."

"Ihre Haut war so weich... ihr Duft machte mich schwach und ihre Augen! Gott, ich verlor mich in ihnen. In diesem Moment war sie kein Kind mehr - nicht für mich."

"Aber du hast ihr nichts getan?!"

"Nein. Wie hätte ich gekonnt? Sie war doch meine Schülerin, meine Schutzbefohlene! Ich hätte sie nicht nehmen können. Auch wenn ich es wollte!"

Sein Blick flackerte und seine bitteren Worte kamen grausam schnell. "Und ich wollte es! Wollte es so sehr!"

"Severus, bitte quäle dich nicht so!"

Albus war noch ein paar Schritte näher gekommen. Seine Hand bittend ausgestreckt, dem jüngeren Mann entgegen. Dieser sah ihn an, mit tränenverhangenen Augen. "Warum denn nicht?" Wieder lachte er höhnisch auf. "Die Dementoren werden keine Freude an mir haben! Meine schönsten Erinnerungen habe ich an sie. Sie, die ich mit meinem Leben schützen wollte... ich habe so bitterlich versagt!"

"Sev, hör mal. Du wirst nicht nach Askaban gehen!"

Jetzt drehte sich der Angesprochene ganz zu ihm um. Eine dunkle Gestalt, gegen den funkelnden Sternenhimmel. Gebrochen, erniedrigt.

"Wie kommst du darauf?"

Albus wusste, dass er sich nun vorsichtig ausdrücken musste. Snape würde ihr Opfer nicht wollen. Ihr Mitleid wäre ihm ein Graus. Doch es war eine gute Lösung, die sie gefunden hatten. Er war davon fest überzeugt.

"Malfoy wird kein Anzeige machen."

Jetzt wirkte der Mann spöttisch und seine Stimme hatte den kalten Klang vergangener Zeiten.

"Er wird sich diese Chance auf Rache sicher nicht entgehen lassen!"

Dumbledore wand sich innerlich. Er fragte sich, ob er nicht ihre Unschuld, ihr Leid durch diese Vereinbarung mit Füssen trat. Aber es war ihre Idee gewesen. Doch würde es Sev genauso sehen?

"Hermine hat einen Deal mit ihm..."

"Was?!"

"Sie wird schweigen, wenn er es tut!"

"Albus, das kannst du doch nicht zulassen!"

Er bebte vor Zorn, seine Worte hallten laut in der Stille. Hass, Wut und Schmerz wechselten sich auf seinen Zügen. Die Macht zischte und brodelte um ihn herum. Er wirkte wie eine Gestalt aus den finstersten Albträumen.

"Es war die einzige Möglichkeit!"

"Aber nicht um diesen Preis! Nicht für ihre Schande! Niemals! Ich werde niemals zulassen, dass sie dieses Opfer bringt!"

Damit rauschte er an ihm vorbei und wieder stand Dumbledore alleine da. Er würde ihn nicht aufhalten, das hätte keinen Sinn. Doch er hoffte für die Beiden, dass sie vernünftig miteinander reden würden. Seine Sorgenkinder... er liebte sie, wie sein eigen Fleisch und Blut.



***




Er war wütend. Der Schmerz wurde von den alten, vertrauten Gefühlen vollständig überlagert. Und er war dankbar dafür. Er würde nicht zulassen, dass sie dies für ihn tat. Draco Malfoy hatte seine Strafe verdient, er würde nicht einfach so davon kommen. Nicht mit dem, was er ihr angetan hatte. Der Augenblick, als er die beiden sah... Ekel und Schock! Er würde dieses Bild niemals im Leben loswerden. Es hatte sich tief in seinen Verstand gebrannt.

War es Instinkt oder eine Verbindung, die er spüren konnte? Er musste sie nicht wirklich suchen, seine Beine trugen ihn automatisch zu ihr. Eine Weile stand er vor ihrer Tür, sich zusammen nehmend. Beherrschung übend, Ruhe findend.

Das Klopfen fiel leise aus, sie hörte ihn nicht. Etwas lauter, noch einmal. Wieder keine Reaktion. Er trat ein. Was er zu finden dachte? Zumindest nicht der Anblick, der sich ihm bot. Jedes Wort, das er ihr sagen wollte, blieb auf seinen Lippen.

Sie stand vor dem hohen Spiegel. Ein paar wenige Kerzen warfen sanfte Schatten auf ihren entblößten Leib. Sie stand da, versunken in ihre eigene Welt. Die rotbraunen Locken berührten den zerbrechlichen Rücken. Er sah sie nur an. Ihre Kehrseite ihm zugewandt, ihr Gesicht im Spiegel.

Er dachte nichts. Sah nur die tiefen Kratzer und Wunden. Die Male auf ihrem Körper. Ihre Schönheit.

Severus konnte sein eigenes Spiegelbild an ihrer Seite sehen, als er näher trat. Sie rührte sich nicht. Ihre Arme lagen an den Seiten, leblos fast. Sie sah sich an, und sah sich doch nicht.

"Hermine?"

So sanft und zärtlich erklang seine Stimme. Sie drehte sich langsam zu ihm um. Ihre Augen waren voller Schmerz und Trauer.

Langsam näherte er sich, immer darauf bedacht, ihr keine Angst zu machen.

Er streckte die Hand aus, als wollte er sie berühren - und tat es dann nicht. Tränen liefen über ihre Wangen, doch sie merkte es kaum. Was sollte er tun? Wie ihr helfen?

"Ich bin überall ganz schmutzig!"

Sie klang leise, fast beiläufig.

"Nein, du bist wunderschön."

Seine Stimme zitterte, doch er meinte jedes Wort, wie er es sagte.

"Ich wollte es nicht."

"Das weiß ich doch, mein Engel."

Er trat Schritt für Schritt näher.

"Es tat so weh."

"Ich hätte dich schützen müssen."

Jetzt weinte auch er, die Wahrheit tat so bitterlich weh.

"Du warst nicht da."

"Nein."

Er wischte sich nachlässig über die Augen und versuchte ihren Blick mit dem seinen zu fangen. Doch sie entglitt ihm.

"Es ist gut. Ich werde dich nie wieder alleine lassen!"

Er schrie die Worte fast.

Sie lächelte ihn mitleidig an, alle Weisheit in ihren schönen Augen. "Aber ich werde gehen... morgen schon."

Zuviel! Der Schmerz war einfach zuviel. Er brach zusammen. Ging vor ihr in die Knie. Weinte, schrie und fluchte. Hasste sich selbst, noch mehr als ihn.

Und sie trat zu ihm, strich im sanft über die schwarzen Haare. Liess ihn schluchzen, sich erlösen. Er klammerte sich an ihre Mitte, wimmernd vor Qual.

"Shh. Alles wird gut. Es wird immer wieder gut."

Sie klang leise, doch der Sinn ihrer Worte drang bis tief in sein Herz.

Als er das nächste Mal aufsah, war es Morgen - und sie war gegangen.


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