Die Lawine

 

 

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Kapitel 1 - Worin die Auswirkungen der Pisa-Studie bis nach Hogwarts reichen



Die Große Halle war erfüllt von aufgeregtem Stimmengewirr. Harry, Ron und Hermine, inzwischen mitten in ihrem 7. Schuljahr, hatten sich ein wenig abseits gesetzt.

„Was wird Dumbledore nur von uns wollen? Und nicht mal was zum Futtern auf dem Tisch!“, seufzte Harry.

“Vielleicht will er uns nur verkünden, dass der Zaubertrankunterricht ab morgen ganz ausfällt oder wir einen neuen Lehrer bekommen.“ Ron blickte demonstrativ auf den seit einer Woche leeren Platz am Lehrertisch, auf dem sonst Professor Severus Snape saß und seine Umwelt mit versteinertem Gesicht ignorierte.

“Was mag nur los sein mit Snape, in den letzten Monaten fehlt er ziemlich oft“, meinte Hermine nachdenklich.

“Sag bloß nicht, dass du ihn vermisst! Meinetwegen können ihn seine Todesser in der Luft zerreißen“, empörte sich Ron.

“Nein, nein, ich habe mich nur gefragt ... „

Sie bemerkte plötzlich, dass das Getuschel in der Halle verstummt war. Albus Dumbledore (my devotion for Richard Harris) war eingetreten und schritt ehrwürdig und respektheischend, wie immer, auf das Podium zu. Hinter ihm ging - nein, schlich - der Professor für Zaubertränke an den Tischen vorbei, leicht gekrümmt, noch bleicher als sonst, die dunklen Augen nach unten gerichtet. Selbst seine Robe wehte nicht wie sonst um seinen Körper, sondern hing matt an ihm herunter.

„Zu früh gefreut, Ron“, grinste Harry zu seinem Freund rüber. Ron winkte nur müde ab.

Hermine starrte mit neugierig geweiteten Augen Snape hinterher, sah, wie er beim Hinsetzen kurz das Gesicht verzog und eine Hand auf seinen Magen presste. Fast wollte so etwas wie ... Mitleid in ihr aufkommen. Mitleid? Es gab keinen Menschen, den sie weniger mit diesem Gefühl in Zusammenhang bringen konnte. Und auch keinen, der sich mehr dagegen verwahren würde. Trotzdem, interessiert hätte sie schon, warum Snape ....

Der mächtige Bass des Direktors riss sie abrupt aus ihren Grübeleien.
„Ich habe Sie alle hierher gebeten, um Ihnen eine wichtige Neuerung in unserer Unterrichtsgestaltung bekannt zu geben. Wie Sie wissen, hat das Ministerium eine Studie in Auftrag gegeben, in der Ihr theoretisches und praktisches Wissen getestet werden sollte. Nun, die Ergebnisse liegen vor und leider muss ich Ihnen mitteilen, dass ....“

... Ihm scheint es wirklich nicht gut zu gehen ... vielleicht Magengeschwüre ...kein Wunder bei seiner ständigen schlechten Laune ... und seinem ewigen Misstrauen ... bei dieser nervenden Art, die Dinge immer von ihrer negativsten Seite zu betrachten .... habe ich ihn eigentlich schon ein einziges Mal offen und fröhlich lachen sehen ...kann mich nicht erinnern ... nicht mal an ein winziges, freundliches Lächeln ...

Hermine ertappte sich dabei, dass sie Severus Snape schon wieder anstarrte.

Jetzt schien Snape ihren Blick auch noch bemerkt zu haben. Zwei eiskalte schwarze Augen bohrten sich in ihre Gedanken und trieben sie rasch zu den Worten des Schulleiters zurück.

„Und deshalb werden wir im Rahmen des Unterrichts häufiger Exkursionen außerhalb von Hogwarts durchführen, damit Ihnen auch die Praxis geläufiger wird. Ihre Fachlehrer freuen sich bereits darauf ...“, an dieser Stelle ließ Dumbledore seine Augen missbilligend auf dem Zaubertrankmeister ruhen, „... und werden mit Ihnen besprechen, welche Maßnahmen jeweils geeignet erscheinen“, schloss der Direktor seine Ausführungen.

***



Snape knallte wie immer die Tür des Kerkers hinter sich zu. Diesmal baute er sich jedoch nicht bedrohlich vor der Klasse auf, sondern verschwand sofort hinter seinem Schreibtisch. Scheinbar emotionslos und unbeteiligt begann er zu reden:

„Ihr habt gehört, was Professor Dumbledore ... hm ... angeordnet hat. Am Freitag werden die 7. Klassen gemeinsam für 3 Tage in das Ben Nevis Gebirge reisen. Dort wachsen sehr seltene Pflanzen, die für das Brauen einiger bedeutender Zaubertränke benötigt werden. Sie werden lernen, diese Kräuter zu finden und zu erkennen. Und ...“,
Snape fixierte Neville Longbottom mit einem Blick wie ein Schraubstock,
„... wenn Sie nicht vollkommen begriffsstutzig sind, werden Sie endlich begreifen, wie wertvoll viele unserer Zutaten hier sind - und dass Sie das Ergebnis tagelangen, mühevollen Arbeitens zerstören, wenn Sie im Unterricht wie die ... ach, hat doch keinen Sinn.“ Snape wandte sich ab.

„Professor? Wie kommen wir denn dorthin? Wir dürfen doch nicht apparieren.“ Hermine zappelte auf ihrem Platz hin und her.

„Miss Granger, haben Sie noch nie etwas von Portschlüsseln gehört? Man könnte ja fast meinen, Sie hätten im Unterricht nicht aufgepasst. Ich sollte Ihnen wenigstens 20 Punkte abziehen ...“ Snape sah mit einem grausamen ironischen Grinsen auf die beschämte Hermine herab.

„Wo schlafen wir denn? ... Gibt es dort keine wilden Tiere? ... Und wenn wir uns verlaufen?“, rutschte es Lavender Brown aufgeregt heraus.

Der Professor maß Lavender nur mit einem abschätzigen Blick.

„Falls es Sie beruhigt: Sie werden in einer Herberge übernachten. Einer Muggel-Herberge. Das heißt: Keine Zauberei in Sichtweite der Muggel. Wen ich dabei erwischen sollte ... Im übrigen: Professor McGonagall, Professor Flitwick und ich begleiten Sie. ... Schlagen Sie jetzt Ihre Bücher auf Seite 1230 auf, dort ist eine der Pflanzen beschrieben, die Sie am Freitag suchen werden - das Osmanthuskraut. Bis morgen schreibt mir jeder 2 Rollen Pergament darüber.“

Damit war das Thema Exkursion für Severus Snape vorerst beendet.

***



Hermine kochte vor Zorn. In den letzten Monaten geriet sie ständig mit dem Zaubertranklehrer aneinander. Noch häufiger als üblich. Schon allein ihr Anblick schien ihn zu provozieren.
Snape ... Ron hasste ihn, Harry hasste ihn, die anderen Gryffindors hassten ihn wohl ebenfalls. Die Sache war klar und einfach.

... Und ich selbst ... ehrlich ... ich ... ich würde liebend gern mit ihm mal richtig diskutieren ... bis aufs Messer sozusagen ... ich bin keine dumme kleine Schülerin ... warum nimmt er mich nicht ernst ... er soll mich endlich ernst nehmen ... wieso, verdammt noch mal, ist mir ausgerechnet seine Anerkennung so wichtig ...
Mach dich nicht lächerlich, Hermine ... Mitleid ... ha, dieses Ekelpaket hat kein Mitleid verdient ... was will er mir beweisen ... oder will er mich herausfordern ...


Sie war wieder einmal tief gekränkt in ihrem Ehrgeiz. Sie sammelte Wissen wie andere Briefmarken. Sie wollte die beste Schülerin sein, die in Hogwarts je ausgebildet wurde. Sie lebte dafür. Nur eine einzige Person riss sie regelmäßig aus ihren Träumen heraus.

Wie immer, hatte der Zaubertrankunterricht auch heute für sie in einem Fiasko geendet. Snape hatte sie, wie immer, auf seine unnachahmlich verletzende Art und Weise zurechtgewiesen. Wütend schmiss Hermine ihren Umhang mit aller Kraft auf den Fußboden.

„Hermine, was ist denn los? Ärgerst du dich etwa immer noch über Snape? Vergiss es einfach, vergiss es!“ Ron schaute mitfühlend zu ihr herüber. „Komm, übermorgen ist schon Freitag. Wir müssen langsam überlegen, was wir einpacken. Mann, ich freu mich, hier mal rauszukommen!“

Schließlich ließ sich Hermine von dem Eifer ihrer Freunde anstecken und holte eine geografische Karte hervor, um das Ben Nevis Gebirge darauf zu suchen.

... Ich muss es ihr endlich sagen. Die Exkursion ... fremde Umgebung ... da muss sich doch was ergeben ... romantischer Abendspaziergang unterm Sternenhimmel ... da stehen die Weiber doch drauf ... oder Picknick im Freien ... vielleicht sind dort versteckte Felsenhöhlen ... ihr ist kalt und ich lege ihr meinen Umhang um ... und lasse meinen Arm dann gleich auf ihrer Schulter liegen ... und dann ...

Ron schickte einen vorsichtigen Blick zu Hermine rüber und war sauer auf sich. Sonst die große Klappe, aber in Herzensangelegenheiten unbeholfen und schüchtern wie ein Erstklässler. Am Freitag würde er sich endlich überwinden und Hermine fragen, ob sie mit ihm ... ob sie ihn ... ob er .... OK, am Freitag. Oder Samstag. Unbemerkt von den anderen packte Ron eine magische Fackel, eine Decke, jede Menge Knabberzeug und zwei Flaschen Butterbier in seine Reisetasche.

***



Am Freitagmorgen fand sich eine aufgeregt plappernde Schülerschar auf dem großen Vorhof des Schlossgebäudes ein.

„Hey Ron, willst du Ferien machen?“, fragte Harry grinsend seinen Freund.

Ron schaute etwas verlegen auf seine überdimensionierte geflickte Reisetasche. „Du musst das Ding ja nicht tragen“, konterte er schließlich.

„Achtung, Snape und Flitwick!“, rief Neville und kugelte sich vor Lachen fast auf dem Boden.

In der Tat boten der hochgewachsene, eher schmal gebaute Snape und der winzige, rundliche Professor Flitwick einen urkomischen Anblick, wie sie so nebeneinander den Hof betraten. Snape hatte sich bis zum Kinn in einen dicken schwarzen Reiseumhang gewickelt und trug eine ebenso schwarze kleine Tasche in der Hand. Flitwick ging, rannte und hopste abwechselnd, um mit dem Zaubertranklehrer Schritt halten zu können. Ein großer bunter Rucksack schleifte fast ein Meter hinter ihm über das Pflaster.

Der zwergenhafte Professor war im Gegensatz zu Snape sehr beliebt bei Schülern und Lehrern, da er stets ein freundliches Wort übrig hatte und auch sonst als angenehmer, humorvoller Zeitgenosse galt. So brachte dann nicht nur Severus Snapes strafender Blick, sondern auch die Sympathie für Flitwick die allgemeine Erheiterung zum Verstummen.

Snapes Augen wanderten über die versammelte Menge. Es fehlte - wie sollte es auch anders sein - eine Frau.

„Miss Granger, würden Sie die Freundlichkeit besitzen, Professor McGonagall von unserer in Kürze bevorstehenden Abreise zu unterrichten ... falls es Ihr rothaariger ... Begleiter ... gestattet?“

Hermine, die gerade laut über den Inhalt von Rons Tasche spekuliert hatte, schrak zusammen. Snapes stechenden Blick im Rücken und sein spöttisches Lächeln vor Augen, eilte sie in Richtung Lehrerbüro.

„Verzeihen Sie, ich konnte mich nicht entscheiden, was ich einpacke ...“, keuchte Minerva McGonagall atemlos heran. Professor Flitwick lächelte anteilnehmend, während Snape nur einen ergebenen Augenaufschlag gen Himmel sandte, sich aber angesichts der zwei riesigen Koffer, die Minerva mit sich schleppte, ein verächtliches Grinsen nicht verkneifen konnte.

„Du bist rehabilitiert, Ron, sieh nur McGonagalls Gepäck an“, kicherte Harry.

Ron, der sich durch Snapes „rothaarigen Begleiter“ persönlich angegriffen fühlte, hatte jedoch keinen Sinn für die Problemchen anderer Leute.

... Warum lass ich mir das arrogante Gequatsche bloß gefallen .... feige .... feige ... aber warte, eines Tages poliere ich dir dein fieses Gesicht ... oder ich schicke dir einen Cruciatus an den Hals, der sich gewaschen hat ... bis dir dein höhnisches Grinsen vergeht ... und du mich um Erlösung anwinselst ... das wird der schönste Tag in meinem Leben ...

„Mr. Weasley, wie könnte ich Sie dazu bewegen, sich zu Ihrem Portschlüssel zu begeben?“

Der Zaubertranklehrer zwang Ron mit eisenhartem Blick aus seinen finsteren Überlegungen. Und Ron trabte - wie immer - zähneknirschend, aber widerspruchslos den anderen hinterher.

***



Da weder das Apparieren noch das Reisen mittels Portschlüsseln innerhalb der Mauern von Hogwarts funktionierte, begaben sich alle vor das große Tor. Auf dem Rasen waren zahlreiche kleinere Felsbrocken, große Äste und vereinzelt auch leere alte Pilzkörbe und Tierknochen verteilt.

„Bitte wundern Sie sich nicht“, erklärte der kleine Flitwick der belustigten Menge, „die Portschlüssel wurden mit Absicht so gewählt, dass sie dort, wo wir hinreisen, überhaupt nicht auffallen. Jeder sucht sich jetzt einen Gegenstand aus und legt eine Hand darauf. Nehmen Sie Ihre Taschen ganz fest an den Körper!“

Hermine schaffte es, nicht an einen der wie frisch abgenagt aussehenden Knochen zu geraten. Draco dagegen schubste sogar Neville zur Seite, um einen fetten, noch blutigen Knochen in die Hände zu bekommen.

„Unrat zu Unrat, Aasgeier zum Aas ...“, flüsterte Ron Harry zu, der mit einem riesigen Ast kämpfte. „Blödes Teil“, schimpfte er und wischte sich etwas Blut vom Handrücken.

Professor Snape hatte das Durcheinander mit verschränkten Armen und seinem üblichen, wenig einladenden Gesichtsausdruck beobachtet.

„Hat endlich jeder einen Portschlüssel gefunden?“, donnerte er jetzt. Augenblicklich herrschte Ruhe. Erwartungsvoll sahen die Schüler ihn an.

„Ich werde nun einen Zauber sprechen, der Sie innerhalb weniger Minuten an unseren Exkursionsort bringt. Und lassen Sie gefälligst Ihren Schlüssel nicht los, bis Sie wieder festen Boden unter den Füßen spüren.“

Snape flüsterte ein paar Worte vor sich hin und ein Portschlüssel nach dem anderen entführte seinen jeweiligen Schüler blitzschnell in die Lüfte.

Als die Rasenfläche leer war, nickten sich die drei Lehrer kurz zu und apparierten in Richtung Ben Nevis.




 Kapitel 2

 

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