Die Schwarze Rose

 

 

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Kapitel 24: Der Ausbruch

Kapitel 23: Der nächste Tag

Erzählt von Lucius Malfoy


Der kühle Nachtwind strich durch die Äste der dunklen Tannen und leise klang der Ruf eines Käuzchens über die Lichtung.
Lord Voldemort wandte sich mir zu, als die anderen Todesser die Lichtung verlassen hatten.
„Lucius, mein treuer Freund“, säuselte er und legte freundschaftlich seinen Arm um mich. Zielstrebig zog er mich zum Feuer hin. „Kannst du dir denken, warum ich dich hier behalten habe?“
Ich schüttelte den Kopf und mit meinem unschuldigsten Gesichtsausdruck sagte ich: „Nein, mein Lord.“ Innerlich platzte ich beinahe vor Spannung. Jetzt! Jetzt würde Voldemort meinen kühnsten Traum erfüllen. Ich würde gleich an Snapes Stelle treten. Mein Leben lang war dies mein Ziel gewesen, einmal die Nummer Zwei zu sein und heute Nacht würde es endlich soweit sein.
„Setzen wir uns!“, befahl der Lord und gehorsam setzte ich mich ihm gegenüber.
„Es geht um Snape, meinen Giftmischer“, begann Voldemort leise. „Wie dir sicherlich vorhin nicht entgangen sein dürfte, hat das Ministerium ihn erwischt. Bedauerlich.“ Der Lord machte eine kurze Pause.
Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich wagte kaum zu atmen. Gespannt beobachtete ich das Schattenspiel auf Voldemorts ungleichmässigen Gesichtszügen, welches das unruhig prasselnde Feuer verursachte.
„Ich schätze“, fuhr Voldemort fort, „dass sie ihn nach Askaban gebracht haben. Von dort ist ein Entkommen kaum möglich. Zudem werden sie ihn verhören und vielleicht sogar zerbrechen.“
Leise knackten die Holzscheite im Feuer.
Ich konnte mir nur knapp ein hämisches Grinsen verkneifen, als ich daran dachte, was sie wohl in diesem Moment mit Snape in Askaban anstellten.
„Lucius“, der Lord legte seine knochige Hand nachdrücklich auf mein Knie, „du wirst morgen früh ins Ministerium gehen und herausfinden, ob sie Severus tatsächlich schon nach Askaban gebracht haben. Du wirst einen Plan entwerfen und meinen Giftmischer da rausholen.“
Meine Enttäuschung war masslos. All meine Erwartungen fielen in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Der Lord hielt noch immer an Snape fest. Einen Anderen hätte er schon lange fallengelassen. Was hatte der Kerl bloss, was ich nicht hatte?
Nur mit Mühe konnte ich meine Fassung bewahren. Meine Gedanken rasten. Was, wenn ich Snape töten würde? Ich könnte es so aussehen lassen, als hätten die Auroren ihn beim Verhör versehentlich umgebracht. Doch der Lord schien meine Gedanken zu erraten.
„Lucius“, sagte dieser nun zuckersüss. „Solltest du meinen Giftmischer nicht in einem Stück rausholen können, dann mach dir nicht die Mühe zurück zu kommen.“ Mit diesen Worten erhob sich der Lord und ging ein paar Schritte. Über die Schulter rief er zurück: „Ich verlasse mich auf dich, Lucius!“, dann disapparierte er.
Ich blieb ganz allein am Feuer zurück. Ungläubig blickte ich auf die Stelle, wo der Lord eben noch gestanden hatte. Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Wieder hatte mich Snape besiegt. Glühend heiss schoss der Zorn durch meine Adern und meine Gedanken jagten sich. Schweigend starrte ich in die Flammen, liess mir alles nochmals durch den Kopf gehen.
Als ich daran dachte, wie es Snape im Moment wohl erging, breitete sich ein teuflisches Grinsen auf meinem Gesicht aus. Ja, ich würde mich wohl oder übel um die Befreiung dieses Mistkerls kümmern müssen, aber wer sagte, dass ich mir dabei nicht ein bisschen Zeit lassen konnte?
Laut lachend erhob ich mich, löschte mit einem Wink meines Zauberstabs das Feuer und disapparierte nach Malfoy Manor.


Erzählt von Muriel Stern


Der Morgenhimmel war wolkenverhangen. Kalt schlug mir der Wind ins Gesicht und ich zog den von der Gischt bereits feuchten Mantel enger um mich.
Seit einer Stunde stand ich an Deck der ‚Schwalbe'. Es war das Versorgungsschiff, das täglich zur Gefängnisinsel Askaban fuhr. Obschon es nicht das erste Mal war, dass ich diese Reise auf mich nahm, kam mir die Fahrt heute länger vor, als je zuvor. Das Kreischen einer Seemöwe liess mich erschrocken zusammenfahren.
Nach einer halben Ewigkeit kamen endlich die schwarzen Klippen in Sicht. Drohend erhoben sich am Horizont die dunklen Türme von Askaban. Unwillkürlich schauderte ich. Die dunkle Aura, die die ganze Insel umgab war beinahe greifbar. Ich strich mir eine blonde Strähne, die sich aus meinem Zopf gelöst hatte, zurück.
Heute früh war ich noch von meinem Vorhaben, nach Askaban zu fahren, überzeugt gewesen, doch je näher wir kamen, desto weiter weg wünschte ich mich. Fast schmerzhaft pochte das Herz in meiner Brust und meine Knie wurden weich bei dem Gedanken, was mich hinter diesen Mauern erwarten würde.
Als das Schiff am Landungssteg anlegte, blieb ich noch eine Weile zögernd an Deck stehen. Wollte ich das wirklich tun? Wollte ich hier von Bord gehen und mich dem Schicksal stellen? Der Kapitän bemerkte mein Zögern. „In zwei Stunden fahre ich zurück, Lady. Falls Sie hier etwas zu erledigen haben, dann tun sie es umgehend, sonst könnte es sein, dass sie auf der Insel übernachten müssen. Dies ist heute das einzige Schiff und ich bleibe nicht länger an diesem verfluchten Ort, als es sein muss. Also seien Sie pünktlich.“ Damit ging er davon, um sich ans Ausladen der Fracht zu machen.
Der heulende Wind peitschte die Wellen gegen das felsige Ufer. Fröstelnd zog ich den Mantel noch enger um mich und ging auf das Eingangstor zu.


Erzählt von Helena Thornton


Ich beugte mich über den Gefangenen, der reglos auf dem Boden lag. Den ganzen Morgen hatten wir versucht, ihn zum Sprechen zu bringen. Ohne Erfolg. Noch immer weigerte er sich vehement mit uns zusammenzuarbeiten. Insgeheim bewunderte ich ihn für seinen Durchhaltewillen. Doch was hatte er davon?
Etwas besorgt blickte ich auf ihn nieder. Die anderen beiden Auroren hielten ihre Zauberstäbe auf den zusammengekrümmt daliegenden Todesser gerichtet. Sie waren bereit, die Stäbe auch zu benutzen, falls er mich anfallen würde. Unsanft stiess ich ihn mit dem Fuss an, doch er reagierte nicht.
„Weck ihn auf!“, befahl ich Vermont. Mit glitzernden Augen und einem zufriedenen Grinsen liess dieser einen Schwall eiskalten Wassers aus seinem Zauberstab schiessen und auf den Gefangenen niederprasseln. Hustend kam dieser wieder zu sich.
Ich ging neben ihm in die Knie und sah ihn stirnrunzelnd an. Sein Atem ging rasselnd und seine Augen waren getrübt vor Schmerz.
„Kommen Sie schon. Sprechen Sie mit uns. Sprechen Sie mit mir... Wer sind Sie?“, fragte ich ihn abermals mit samtweicher Stimme. Schwach schüttelte er daraufhin den Kopf. „Zwingen Sie mich nicht dazu, weitere Massnahmen zu ergreifen“, fügte ich ebenso sanft hinzu. Ich strich dem Gefangenen eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht. Auch wenn ich ihn kaum berührte, spürte ich die Hitze seiner Haut. Er schien zu glühen und doch gleichzeitig vor Kälte zu zittern. Abermals schoss mir durch den Kopf, dass wir vielleicht doch zu weit gegangen waren. Doch ich verwarf den Gedanken schnell wieder.
„Nun?“ Er reagierte nicht. Mir blieb nichts anderes übrig, als doch das Veritaserum einzusetzen. Ich hasste es, dies zu tun. Ich benutzte Veritaserum nur im Notfall. Es war mir immer etwas suspekt. Nicht viele Zaubertrankbrauer konnten dieses Serum sauber herstellen. Es hatte in der Vergangenheit hässliche Zwischenfälle mit nicht sachgemäss gebrautem Serum gegeben. Doch hier blieb keine Alternative. Ich hoffte inständig, dass die neue Lieferung in Ordnung war. Noch mal so etwas wie vor einem halben Jahr wollte ich nicht erleben. Ich schauderte bei der Erinnerung daran. Rasch vertrieb ich sie aus meinen Gedanken. ‚Konzentriere dich!', rief ich mich selbst zur Ordnung.
Auf mein Zeichen hin liessen die Auroren die Zauberstäbe in ihren Jacken verschwinden. Mit hartem Griff hielten sie den Gefangenen fest, während ich langsam eine Phiole mit dem Serum aus meiner Jackentasche zog.
Die Augen des Todessers weiteten sich. Furcht... ja, eindeutig. Furcht lag in ihnen. Obwohl er sich sicher der ausweglosen Situation bewusst war, in der er sich befand, versuchte der Gefangene sich loszureissen. Er schien eine verborgene Kraft zu aktivieren. Er schüttelte Vermont ab, riss sich von dem zweiten Auroren los und versuchte auf die Beine zu kommen. Ich machte einen Schritt zurück und zog meinen Zauberstab, doch schon hatten die beiden Wächter den Todesser wieder in ihrer Gewalt. Sie zwangen ihn eisern wieder zu Boden. Er schrie auf, als ihn Vermont hart an der Schulter packte.
Lächelnd trat ich dann wieder auf ihn zu. Keuchend und mit vor Hass glühenden Augen starrte mich der Todesser an. Demonstrativ hielt ich die Phiole mit der durchsichtigen Flüssigkeit gut sichtbar vor ihn. Vorsichtig zog ich den Korken aus der kleinen Glasflasche. Der bittere Geruch des Serums trat mir in die Nase. Wieder traf mich sein Blick. Diese schwarzen Augen, so dunkel und geheimnisvoll. ‚Schade, dass du auf der falschen Seite stehst', schoss es mir durch den Kopf.


Erzählt von Remus Lupin


Die Sturmwolken hatten sich noch mehr verdichtet und der Wind pfiff laut um die Mauern von Hogwarts. Ich lehnte mit dem Rücken an der Wand zur Krankenstation. Seit geschlagenen drei Stunden wartete ich schon. Den ganzen Vormittag hatte ich bei Direktor Dumbledore am Bett gesessen. Gegen Mittag waren dann die Medizauberer von St. Mungos angekommen. Ich hoffte von ganzem Herzen, dass sie den Direktor retten konnten. Ein Hogwarts ohne Dumbledore konnte ich mir nicht vorstellen. Zudem wäre Dumbledores Tod für unsere Seite ein schwerer Schlag. Voldemort würde an Macht gewinnen und das durfte einfach nicht geschehen. Hinzu kam, dass sich das Ministerium genau in diesem ungünstigen Zeitpunkt Severus gekrallt hatte. Die einzige Person, die ihn retten konnte, war Dumbledore.
Ich liess mich auf die Chaiselongue nieder und vergrub das Gesicht in den Händen. Der Puls hämmerte schmerzhaft in meinen Schläfen. Zuviel nachzudenken war definitiv ungesund. Doch was sollten wir tun? Welche Chancen blieben? Wenn die Männer von St. Mungos Dumbledore nicht helfen konnten... Zäh flossen die Minuten dahin. Das Ticken der Standuhr strapazierte meine Nerven.
Nach einiger Zeit, ich war beinahe eingedöst, öffnete sich die Tür zur Krankenstation. Müde hob ich den Kopf. Madame Pomfrey trat an meine Seite und legte tröstend ihre Hand auf meine Schulter. „Wie sieht's aus?“ Fragend sah ich sie an.
„Die Medizauberer sind noch bei ihm, aber so wie es aussieht, wird er es wohl schaffen.“ Ich atmete erleichtert auf. „Gott sei dank!“
„Geh, und leg dich ein bisschen hin, Remus. Du siehst furchtbar aus. Im Moment kannst du hier eh nichts ausrichten.“ Madame Pomfrey lächelte mich freundlich an. Ich nickte, erhob mich und ging die Treppen zu meinem Quartier hinunter. Sich gegen Madame Pomfrey zu wehren hatte sowieso keinen Sinn und im Grunde genommen hatte sie recht. Ich war müde und der Vollmond kam unaufhaltsam näher.


Erzählt von Muriel Stern


Ich ging durch den nur schwach erleuchteten Korridor. Hohl klangen meine Schritte von den Wänden wider. Leise hörte ich von irgendwo Stimmen näher kommen. Als ich dann um die nächste Ecke bog, erkannte ich, wem sie gehörten. Helena Thornton gefolgt von Vermont und einem Auroren, den ich nicht kannte. Sie kamen mir entgegen.
„Muriel! Wie schön dich zu sehen!“, begrüsste mich Helena.
„Danke, gleichfalls, Helena“, gab ich zurück, auch wenn ich nicht erfreut war, dass sie hier war. Aber was hatte ich denn erwartet? Mit Severus hatte das Ministerium einen tollen Fang gemacht. Helena war die Aurorin, die für die Verhöre zuständig war. Sie war gut, denn sie war unerbittlich.
„Du willst dich sicher vergewissern, dass deine Beute auch angekommen ist. Es war ein riesiges Stück Arbeit. Er war nicht so einfach zum Mitarbeiten zu überreden. Aber fürs erste sind wir zufrieden und machen eine kleine Pause. Geh ruhig rein. Zelle 518. Er wird dir keine Schwierigkeiten machen.“ Die Auroren lachten und ging weiter.
„Bis später“, verabschiedete ich. Das Gefühl der Beklemmung wurde immer grösser und mein Herz schlug mir bis zum Hals. War das Wirklichkeit, oder nur ein verdammt realer Alptraum? ‚Du hast ihn selbst hier rein gebracht. Du allein', wiederholte eine hartnäckige Stimme in meinem Kopf.
Als ich bei der Zelle ankam, hörte ich leises Kettenrasseln. Sollte ich reingehen? Jetzt hatte ich noch die Möglichkeit, wieder umzukehren und davon zu laufen.
Nein. Feige war ich noch nie gewesen. Und ich wollte auch jetzt nicht damit anfangen. Ich öffnete die Tür. Die Zelle dahinter war dunkel, also nahm ich die Fackel von der Wand und steckte sie in die Halterung gleich innen neben der Tür. Die Zelle war klein, kalt und feucht. Irgendwoher kam ein stetiger Luftzug, der die Fackel nervös flackern liess. Der modrige Gestank, raubte mir beinahe den Atem.
Beinahe hätte ich die Gestalt übersehen, die zusammengerollt in der einen dunklen Ecke der Zelle lag. Mein Magen zog sich zusammen, als ich näher ging. „Severus?“, sagte ich leise. Er zuckte zusammen und versuchte, von mir wegzurutschen.
Ich kniete mich neben ihn auf den kalten, feuchten Steinboden und berührte ihn sanft an der Schulter. Da schrie er auf. Es war ein markerschütterndes, unmenschliches Geräusch. Seine Kleidung war zerrissen dreckig und... nass. Er war klitschnass. Ich strich ihm die feuchten Haare aus dem Gesicht. Seine Stirn glühte. Er sah mich mit weit aufgerissenen Augen an. Panik stand in seinem Gesicht. Sein ganzer Körper zitterte. Er hatte Fieber.
In dem Moment verfluchte ich Askaban, die Auroren, Helena, das Ministerium und vor allem mich selbst, für das was ihm angetan wurde, was ich ihm antat.
„Ganz ruhig!“, flüsterte ich. „Ich bin es, Muriel.“ Aber bald bemerkte ich, dass es sinnlos war. Er erkannte mich nicht. Immer wieder wiederholte er heiser die selben Worte. „Mein.. mein Name.... Severus... Severus Snape.... Severus.”
Ich blickte weg. “Verdammtes Veritaserum!”, fluchte ich vor mich hin. Dann wandte ich mich mit zornfunkelnden Augen wieder ihm zu. „Warum hast du ihnen nicht Auskunft gegeben, bevor sie dir das Serum verabreichten? Wieso?“ Meine Stimme hallte schrill von den Wänden zurück. „Verdammter Kerl!“ Ich erhob mich und ging schnellen Schrittes zur Tür.
Und leise hörte ich ihn flüstern: „Muriel.....“
Ärgerlich wischte ich mir die Tränen vom Gesicht, die unaufhaltsam über meine Wangen liefen. Dann drehte ich mich wieder um und fiel abermals neben ihm auf die Knie. Wieder zuckte er zusammen, als ich ihn anfasste. Sachte drehte ich sein Gesicht ins Licht der Fackel. Deutlich war die Schwellung zu sehen, wo ihn mein Tritt getroffen hatte.
„Nein... nicht..“, versuchte er leise und mit brüchiger Stimme mich abzuwehren.
„Schhh...“ Ich legte ihm einen Finger auf die trockenen, aufgeplatzten Lippen und holte eine kleine Flasche, die ich mitgebracht hatte, aus meinem Mantel. „Hier trink.“ Sein Blick suchte den Meinen. Fragend sah mich Severus an.
„Es ist Wasser. Nur Wasser“, gab ich sachte zurück, hob seinen Kopf ein wenig an und setzte die Flasche an seinen Mund.
Er trank ein paar Schlucke, bevor ein Hustenkrampf ihn schüttelte. Ich löste mein Halstuch, benetzte es mit etwas Wasser und säuberte sein Gesicht so gut es ging. Severus schloss die Augen und liess es geschehen.
Auf einmal fragte er: „Warum... warum tust du das?“
Das war eine Frage, die so einfach zu beantworten war und doch die schwerste Frage der Welt zu sein schien. „Ich weiss es nicht“, gab ich nach längerem Zögern zurück. „Ich wollte dir sagen, dass es mir leid tut, Severus. Ich wollte nicht, dass all das hier passiert. Das... das wollte ich wirklich nicht. Auch wenn es für dich schwer zu begreifen ist. Ich verstehe ja selbst auch nicht warum ich es getan habe..“ Dann fuhr ich fort: „Warum hast du mir nie gesagt... dass du damals ... dass du es gewesen bist.“
Ich legte ihm das nasse Halstuch in den Nacken.
„Ich wollte es... doch einmal.. einmal sagtest du, dass es egal sei.. was gewesen ist... dass nur das zählt, was wir haben. Und ich habe dir geglaubt...“
Wie betäubt sass ich da. Seine Worte hallten in meinem Kopf wider und ich erinnerte mich genau daran. Er hatte mir etwas aus der Vergangenheit erzählen wollen. Wir lagen in seinem Bett... noch immer fühlte ich die Wärme und die Geborgenheit, die ich in dem Moment empfunden hatte. Diese Unbeschwertheit. Auch wenn es erst vor zwei Tagen gewesen war, war es für mich, als wenn 100 Jahre dazwischen liegen würden.
Ich wandte ihm mein Gesicht wieder zu. „Verzeih mir, Severus.“ Doch er gab keine Antwort.
„Severus?“, fragte ich und leichte Panik stieg in mir auf. „Severus!“ Ich schüttelte ihn leicht, doch er reagierte nicht. “Severus!” Ich fasste an seinen Hals. Der Puls war da. Schwach, aber er war da. „Ich werde sehen, dass ich dich so rasch als möglich hier rausbekomme, mein Herz“, versprach ich und küsste ihn vorsichtig auf die glühende Stirn. Ein letztes Mal strich ich ihm über die Wange und verliess dann die Zelle. Ich musste so rasch als möglich zurück aufs Festland. Das Ministerium! Sie mussten ihn freilassen! Er war auf unserer Seite. Das mussten sie doch sehen. Dumbledore würde es bezeugen können.
Plötzlich hielt ich inne. Dumbledore. Genau das war das Problem. Vielleicht starb er uns genau in diesem Augenblick weg? Ausgerechnet jetzt hatte ihn Voldemort in die Finger kriegen müssen. Warum gerade jetzt?
Verzweifelt begann ich zu laufen.
Helena und die beiden Auroren kamen gerade um die Ecke und ich rannte direkt in sie hinein.
„Na? Was hast du denn jetzt so eiliges vor, Muriel?“, fragte Helena stirnrunzelnd.
„Äh.. nichts.. Mir ist nur übel geworden, sonst nichts. Ich.. bin das alles hier nicht mehr gewohnt.“ Ich zwang mich zu einem gequälten Lächeln.
„Dann geh besser an die frische Luft, bevor du uns hier drin noch umkippst,“ antwortete Helena und flüsterte dann im Weitergehen den beiden Auroren zu: „Aussenteams...pha... keine Ahnung wie es hier drin zugeht. Die werden verweichlicht da draussen.“
Ich hetzte weiter. Bald trat ich durch das schwere Eingangstor ins Freie. Noch immer tobte der Sturm mit grösster Heftigkeit. Der Wind riss an meinem Mantel. Ich legte meinen Kopf in den Nacken, schloss die Augen und atmete ein paar Mal tief durch. Es tat gut, wieder an der frischen Luft zu sein. Drinnen war die Luft stickig und von schrecklichem Gestank erfüllt gewesen. Ich öffnete die Augen und sah einen Schwarm Möwen, der gegen den Wind ankämpfte. Ohrenbetäubend rauschte die Brandung.
Die Sorge um Severus brachte mich in die Wirklichkeit zurück. Ich warf einen Blick zum kleinen Hafen hinunter. Der Kapitän der Schwalbe war gerade dabei, die Taue loszumachen. „Kapitän!“, schrie ich nun und rannte los. „Moment! Warten Sie auf mich!“



 

Kapitel 22

Kapitel 24

 

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