Die Schwarze Rose

 

 

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Kapitel 16: Die Erscheinung

 


Erzählt von Severus Snape

"Lucius!", zischte ich.
"Überrascht?" fragte Lucius Malfoy hinterlistig. Er lächelte eisig, während er weiterhin den Zauberstab auf mich gerichtet hielt. 
Ich musste mir etwas einfallen lassen, wenn ich nicht jetzt bereits mein Leben aushauchen wollte. 
Lucius' Grinsen wurde breiter und er flüsterte: "Avada Kedavra," 
Der todbringende grüne Lichtstrahl löste sich aus seinem Zauberstab und schoss auf mich zu. Blitzschnell bewegte ich mich und warf mich von meinem Bett. Keine Sekunde zu spät. Der Fluch traf die Bettdecke genau dort, wo ich eben noch gelegen hatte. 
"Du Schlange!" schrie Lucius, als er bemerkte, dass ich seinem Fluch entkommen war, doch schon schleuderte er den nächsten hinterher. Dieser traf die rohe Kerkerwand hinter mir und liess einige Splitter aus der Wand brechen. Ich rollte mich unter dem Bett hindurch auf die andere Seite, doch Lucius hatte das vorausgesehen. Wieder entging ich nur knapp dem Fluch. 
Warum hatte ich bloss meinen Zauberstab drüben auf dem Schreibtisch liegen lassen. Ich verfluchte mich dafür. Nun würde ich für meine Nachlässigkeit bezahlen müssen. 
"Komm raus, Snape! Du sitzt in der Falle!" hörte ich Lucius' ölige Stimme. 
‚Der Ersatzzauberstab' schoss es mir durch den Kopf. Als ich mir letztes Jahr einen neuen Zauberstab zugelegt hatte, hatte ich den Alten für alle Fälle unter meinem Bett in ein Geheimfach gelegt. Leise versuchte ich nun den Schliessmechanismus des Geheimfachs zu öffnen. Mit einem leisen Schnappen ging das Schloss auf und ich gelangte an den Stab. 
Kaum hatte ich den Zauberstab in der rechten Hand, rollte ich mich unter dem Bett hervor und richtete ihn blitzschnell auf Lucius. 
Doch der war weg. Verwirrt blickte ich mich um. Lucius war nicht mehr da. Vorsichtig ging ich auf die Tür zum Büro zu und trat hindurch. Niemand schien hier zu sein. 
Eine halbe Stunde später hatte ich meine Privaträume und das Klassenzimmer gründlich abgesucht. Nichts. Von Lucius keine Spur. 
Langsam aber sicher hatte ich das Gefühl durchzudrehen. 
‚Ganz ruhig, Severus,' versuchte ich mich zu beruhigen. ‚Vermutlich war es nur ein Traum.' Ich begab mich wieder hinüber ins Schlafzimmer. 
Als ich mich auf mein Bett setzte, bemerkte ich die zerfetzte Bettdecke. Sofort fiel mein Blick auf die Wand und auch dort waren Zeichen des Fluchs zu sehen. 
Mein Herz raste. Was für ein Spiel wurde hier gespielt? 
An Schlaf war nicht mehr zu denken. Ich war hellwach. 
‚Der Absinth,' schoss es mir durch den Kopf. Waren es nur die Nachwirkungen, oder war etwas drin gewesen, was nicht hineingehört hätte? Irgendwie hatte der Absinth seltsam geschmeckt, jedoch... Aber, wenn es eine Halluzination gewesen wäre, woher stammten dann die Zeichen der abgeprallten Flüche an der Wand und auf der Bettdecke? 
‚Ruhig, Severus. Du hast kaum was gegessen, zuviel getrunken und nicht geschlafen. Das wird der Grund dafür sein.' 
‚Frische Luft, ich brauche dringend frische Luft,' und so nahm ich meinen Umhang und eilte aus dem Büro. 
Kurz darauf erreichte ich die Plattform des Astronomieturms. Ich trat hinaus, legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und atmete tief durch. Die kalte Nachtluft drang in meine Lungen und langsam begann ich mich zu entspannen.
Ich öffnete die Augen und erblickte die Sterne, die über Hogwarts leuchteten. Die Sterne hatten schon immer etwas faszinierendes an sich gehabt. Ich liebte es, einfach in den Nachthimmel zu starren und die Sterne zu bewundern. Sie hatten etwas beruhigendes, etwas ewig Konstantes an sich. Da war dieser Sternengürtel, keine Ahnung wie er hiess, aber im Winter war er immer sichtbar. Egal wo ich gerade war, wenn ich hochblickte, sah ich genau diese Konstellation. Es hatte mich immer beruhigt und so war es auch heute Nacht...
Wieder fielen mir die Worte ein, die vor langer Zeit eine alte Hexe zu mir gesagt hatte: ‚Ganz egal, was auch immer hier auf Erden geschehen wird Severus, diese Sterne werden immer dort oben stehen und in ihrem sanften Licht für die armen Seelen leuchten, die Trost bei ihnen suchen.' Ich war damals noch ein Kind gewesen, aber noch immer hörte ich ihre zittrige Stimme.
Vom verbotenen Wald her klang der einsame Ruf einer Eule.
Der Wind liess vereinzelt Schneeflocken tanzen.
Ich liess mich auf die Steinbank fallen, lehnte meinen Kopf an die Mauer und genoss die Stille...
Fast unmerklich begann sich auf einmal der Horizont rosa zu färben und die Sterne verblassten.
Ich musste sicher schon gegen die drei Stunden hier oben sein, aber im Moment konnte ich einfach nicht in den Kerker zurückkehren.
Mein Blick schweifte über das Gelände von Hogwarts, während es immer heller wurde. Die Schneedecke begann in der aufgehenden Sonne zu glitzern.

Erzählt von Muriel Stern

Heute war Sonntag und da viele nicht sehr früh aufstanden oder das Frühstück ganz ausfallen liessen, war es in der Grossen Hale verhältnismässig ruhig.
Severus war noch nicht da. ‚Irgendwie seltsam,' dachte ich. Da er absolut kein Langschläfer war, frühstückten wir auch am Sonntag immer zusammen. Aber er hatte sich schon gestern Abend seltsam verhalten. Die Rose.... Es musste mit der schwarzen Rose zusammen hängen. Ich nahm mir vor, Severus später danach zu fragen. 
Als ich mir eine weitere Tasse Kaffee einschenkte, bemerkte ich , dass sich jemand neben mich setzte. 
"Guten morgen, Sternchen," hörte ich Lupin's samtweiche Stimme. 
"Remus, schon so früh auf?" fragte ich neckisch und lächelte ihn an. Er sah müde aus, obschon der Vollmond noch ganze zwei Wochen entfernt war. "Noch müde?" 
Er nickte. "Ich habe zu kurz und nicht sehr gut geschlafen." 
Ich griff nach seiner Tasse und schenkte ihm ebenfalls Kaffee ein. 
"Milch und Zucker?" 
"Schwarz," erwiderte er und versuchte ein Gähnen zu unterdrücken. 

Erzählt von Remus Lupin

Ich hatte diese Nacht kaum geschlafen. Severus war mir nicht aus dem Kopf gegangen. Ich konnte mir kaum vorstellen wie es war, wenn man zu jemandem, den man kannte, hingehen und ihn töten musste. Noch immer liefen mir kalte Schauer über den Rücken, wenn ich daran dachte.
"Remus, dein Kaffee wird kalt," riss mich Muriel aus meinen Gedanken. 
"Wie? Ach so, danke." 
"Du scheinst meilenweit weg zu sein, Remus. Was ist denn los mit dir, hmmm?" fragte sie mich und sah mich mit ihren blauen Augen neugierig an. 
Sollte ich es ihr sagen? Sagen was gestern Abend geschehen war? 
"Spucks schon aus. Was hat dir denn so zugesetzt, dass du kaum schlafen konntest?" Ihre Stimme war so warm, da konnte ich nicht anders. Sie musste es erfahren. 
Ich blickte mich um, aber ausser uns beiden, war zur Zeit niemand mehr in der Grossen Halle. 
"Sternchen, gestern Abend nachdem du gegangen warst, habe ich über das nachgedacht, was in Sev's Büro geschehen ist." 
"Warum uns Severus rausgeworfen hat?" 
"Genau das. Ich dachte also nach und da fiel mir die schwarze Rose wieder ein. Irgendwo hatte ich doch ein Buch über die dunklen Künste und ich glaubte mich zu erinnern, einmal etwas über diese Blume gelesen zu haben. Also habe ich mich auf die Suche gemacht und die entsprechende Stelle gefunden." Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht und trank einen Schluck Kaffee. Er war so heiss, dass ich mir fast die Zunge daran verbrannte. 
"Erzähl schon weiter, Remus," drängte Muriel. 
Ich blickte sie ernst an. 
"Die schwarze Rose ist auch bekannt als ‚Todesbotin'". Ich bemerkte wie Muriel ein wenig blass wurde. "Daraufhin habe ich beschlossen nachzusehen, wo Sev war. Ich machte mir Sorgen um ihn. Er war nicht in seinem Büro also nahm ich mir vor, auf ihn zu warten. Ich ging ins Lehrerzimmer und fand ihn bereits dort am Kamin sitzend. Eine zeitlang beobachtete ich ihn. Er bemerkte es nicht, sass einfach regungslos da. Er nahm mich erst wahr, als ich ihm ein Glas Whisky hinhielt. Zitternd hatte er danach gegriffen. Muriel, er hat gestern Nacht getötet. Voldemort hat ihn dazu gezwungen. Die schwarze Rose war der Überbringer des Befehls." 

Erzählt von Muriel Stern

Kurz nachdem mir Lupin von der letzten Nacht erzählt hatte, verliess ich die Grosse Halle um nach Severus zu sehen. Als Aurorin konnte ich nicht dulden, was er tat. Ich musste ihn zur Rede stellen.
Ich hämmerte an seine Bürotür, die augenblicklich laut quietschend aufging. 
Severus' Tür war einfach offen? Das schien doch etwas seltsam zu sein. Ich trat ein. 
"Severus? Bist Du da?" rief ich und lauschte. Keine Antwort. Die Decke, die auf seiner Couch lag, war unordentlich. Demnach musste er dort gesessen oder gelegen haben. Ich ging weiter. Auf seinem Schreibtisch lag sein Zauberstab und ein Brief, der achtlos hingeworfen worden war, aber ich achtete nicht weiter darauf. Als nächstes stiess ich die Schlafzimmertür auf. Nichts. Der Raum war leer. 
‚Der Astronomieturm,' schoss es mir durch den Kopf. 
Schon einmal hatten wir uns dort oben getroffen, als er Probleme hatte. Ich steckte seinen Zauberstab ein und ging hinaus. 
Ein paar Minuten später erreichte ich keuchend die Plattform. Die Morgensonne fiel auf die Steinplatten und liess das Geländer bizarre Schatten werfen. 
Dort hinten auf der Steinbank sah ich Severus sitzen. Er starrte in die Ferne und bemerkte mich erst gar nicht. 
Vorsichtig trat ich näher und liess mich neben ihm auf die Bank fallen. 
"Severus? Alles in Ordnung?" fragte ich, während ich sein Gesicht genau musterte. 
Die scharfen Linien um seinen Mund schienen tiefer geworden zu sein. Die Bitterkeit, die sein Leben zu vergiften drohte, stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. 
Er reagierte nicht auf meine Worte und starrte weiterhin gerade aus auf den See. Das Wasser glänzte im hellen Sonnenlicht. Die Bäume wiegten sich leicht im Wind, der immer noch sanft über den Hügel strich. 
Ich streckte meine Hand aus und berührte sanft Severus' Wange. Seine Haut war eiskalt. 
"Wie lange sitzt du denn schon hier draussen? Du bist ja ganz durchfroren." Sagte ich, während ich sein Gesicht in beide Hände nahm. 
Er wandte sein Gesicht ab. 
"Sieh mich nicht an, Muriel," flüsterte er leise. "Ich.... ich habe etwas schreckliches getan." 
Ich fühlte, wie sich meine Kehle zuschnürte. Nein, er war ganz bestimmt kein kalter Todesser. Ihm machte es etwas aus zu töten. Er litt darunter. Dies wurde mir in dieser einen Sekunde klar. Ich würde ihm nicht auch noch Vorwürfe machen, wie ich es zuerst geplant hatte. 
"Severus, komm," sagte ich leise, als ich seine kalte Hand ergriff und aufstand. 
Er wandte seinen Kopf und blickte mich gequält an. In seinen schwarzen Augen lag der Schmerz der ganzen Welt. 
"Komm," flüsterte ich nochmals, während ich ihn sanft hochzog. 
Ich schloss ihn fest in die Arme und sagte: "Was auch geschieht, Severus. Denk daran. Nichts kann uns trennen. Ich werde dich immer lieben." Ich zog sein Gesicht zu meinem herunter und küsste ihn. Er liess es geschehen und ich fühlte, wie er zitterte. 
"Lass uns hinunter gehen," sagte ich leise. 
Als wir sein Büro betraten, presste er sich sofort an die Wand und schlich sich zum Schlafzimmer. Ich stand mitten im Raum und sah kopfschüttelnd zu. Was hatte das nur zu bedeuten? Mit einem Hechtsprung war er im Schlafzimmer verschwunden. Ich musste mir mit Gewalt ein Grinsen verkneifen. Er musste irgendwie paranoid geworden sein, anders war sein Benehmen nicht zu erklären. Kurz darauf hörte ich ihn schreien: "Nein, nein! Das kann nicht wahr sein. Das... ist unmöglich. Bitte!"
Sofort zog ich meinen Zauberstab und folgte ihm ins Schlafzimmer. Er kniete auf dem Bett und untersuchte verzweifelt die Bettdecke. Dann fiel sein Blick auf die Wand. Mit einem Satz sprang er vom Bett und trat ganz nah an die besagte Wand heran. Sachte liess er die rechte Hand über den rohen Stein gleiten. 
"Was ist denn los, Severus?" fragte ich besorgt während ich meinen Zauberstab wieder in den Umhang zurück steckte. 
"Es.... hier müsste ein Zeichen sein," dann wandte er sich zu mir und deutete auf das Bett. Dort, die Bettdecke müsste ein schwarzes Loch haben.... Dort wo Lucius Malfoy...." er brach ab. Dann sah er mich ernst an. "Muriel, ich drehe noch durch. Heute früh, als ich mich habe hinlegen wollen, stand auf einmal Lucius hier im Zimmer. Er wollte mich töten. Im letzten Moment konnte ich mich wegrollen und der Fluch traf das Bett. Genau hier!" sagte er, während er auf eine Stelle auf dem Bett zeigte. "Der zweite Fluch prallte da von der Wand ab und riss ein paar Splitter heraus." Auf einmal hob er den Kopf und stürmte urplötzlich an mir vorbei ins Büro hinüber. 
Beim Schreibtisch blieb er stehen und hob einen Brief auf, dann sah er mich an. "Zum Glück ist der Brief noch da..." Rasch ging ich hinüber und erkannte Malfoy's Handschrift. Schon oft hatte ich Briefe von ihm gesehen, da er ja gute Beziehungen mit dem Ministerium pflegte. Ich las, die paar Zeilen die er geschrieben hatte, doch auf einmal ging das Pergament in Flammen auf. Severus liess den Brief fallen, doch den Boden berührte nur noch die Asche, die sich dann in einer kleinen Staubwolke auflöste. 
Wie gebannt starrten wir Beide auf Severus' Hand, in der eben noch Lucius' Brief gewesen war. 
"Hast Du das eben auch gesehen?" fragte er mich, ohne mich dabei anzusehen. 
Ich nickte und Severus atmete erleichtert auf. "Seit gestern denke ich, dass ich vermutlich langsam verrückt werde. Andauernd sehe ich Dinge, die nicht wirklich sind.. Ich ...." 
"Ruhig Severus, es scheint, als wenn Dich Malfoy das glauben lassen wollte. Ich habe eine Idee. Lass uns zu mir gehen..." 
Er nickte und stumm gingen wir die Treppen hinauf und betraten meine Privaträume. 
"Hier," sagte ich und wies auf mein Bett. "Leg dich hin, ich habe da so eine Vermutung." 
Severus legte sich hin und ich setzte mich neben ihn aufs Bett. Daraufhin zog ich den Zauberstab, murmelte ein paar Worte und liess ihn über Severus' Körper gleiten. Auf einmal hielt ich inne. Im Bereich des Magens spürte ich eine unsägliche Hitze. Es war ein Zauber, da war ich mir sicher. 
"Severus," flüsterte ich. 
"Hmmm?" 
"Ich hole Dumbledore. Bleib ganz einfach hier so liegen. Okay?" 
Unverzüglich ging ich hinaus in mein Büro. Im Kamin loderte ein warmes Feuer. Aus einer Dose, die auf dem Kaminsims stand nahm ich ein wenig Pulver und streute es ins Feuer. Die Flammen schossen kurz höher um sich daraufhin grün zu verfärben. Dumbledores Gesicht erschien auf einmal in den Flammen. 
"Direktor, bitte kommen Sie rasch her. Es ist ein Notfall." 


 

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