Schmerz der Verleugnung

 

 

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Kapitel 1: Ich will die Wahrheit nicht sehen

 

„Unverantwortlich – wirklich unverantwortlich!“, kreischte eine aufgebrachte herrische Stimme. Die Ebereschen erzitterten unter dem schrillen Gekreische und eine schwarze Katze ergriff die Flucht. Solon sah ihr stirnrunzelnd hinterher. Seit dieses merkwürdige Wesen hier aufgetaucht war, hatte er sich hinter einem Felsen verkrochen. Schon von weitem drang diese kreischende Stimme an sein Ohr und hatten ihn deutlich vor Komplikationen gewarnt. Er wusste, dass er in der Villa seines Ziehvaters nicht gut aufgehoben war, wenn jemand kam und sich über ihn beschwerte. „Wissen Sie, was ihr Sohn da getan hat? Wissen Sie das?“ Da das Anwesen von den Ebereschen nur so überwuchert war, konnte er nur eine schwarz gekleidete Gestalt ausmachen und eine in grau gekleidete, die unruhig hin und her lief.
„Er ist nicht mein Sohn!“, kam es knurrend zurück und Solon zuckte kurz zusammen. Trotz der Entfernung vernahm er deutlich jedes Wort. Er wusste nicht, warum ihm das überhaupt etwas ausmachte. Schließlich hatte ihm sein Ziehvater schon früh genug die Tatsache mitgeteilt, dass er erblich nicht in die Familie der McGravens gehörte.
„Aber Sie tragen die Verantwortung für ihn!“, kreischte die aufdringliche Frau. „Er hat meinen Sohn auf dem Heimweg fast umgebracht! Seien Sie froh, dass ich das Ministerium noch nicht benachrichtigt habe!“
Solons Blick verfinsterte sich. Er hatte sich nur Respekt verschafft, mehr nicht. Der Junge hätte ihn ja nicht wegen seines Aussehens hänseln brauchen. Er konnte nichts für seine magere Statur und sein blasses Gesicht. Er konnte nichts für die furchteinflößenden kohlrabenschwarzen Augen und er konnte nichts für seine schwarzen Haare, die ihm locker über die Schultern hingen. Das alles verschaffte ihm mit seinen ständigen schwarzen Kleidern ein sehr düsteres furchteinflößendes Aussehen, das den einen Angst einjagte und den anderen nur Spot über die Lippen brachte. Nicht, dass ihn das störte. Aber wer nicht hören wollte, musste eben fühlen.

„Wenn der Bub etwas derart schlimmes angerichtet hat, dann wäre das Ministerium schon längst hier!“, antwortete sein Ziehvater entnervt.
Solon klammerte sich an hervorragende Steine des Felsens. Sein Ziehvater wurde ungeduldig. Nicht gut... gar nicht gut...
„Mein Sohn hat nur ein blaues Auge“, kam es ruhiger zurück. Dann jedoch fuhr sie in kreischender Stimme fort. „Doch ihr missratener Bengel hat ihm gedroht den Cruciatusfluch auf ihn zu hetzen! Ich frage mich ernsthaft, wo er den gelernt haben sollte!“
Hatte dieser Mistkerl also doch gesprochen – das würde er schon noch büßen. Solon klammerte sich so heftig an den Felsen, dass er dabei einige Steine herausbrach.

Auf dem Anwesen herrschte nun Stille. Nur die Blätter bewegten sich mit dem Wind, der durch sie flüsternd fuhr. Solon meinte seinen Ziehvater zischen zu hören, doch er konnte sich auch irren. Der Wind verstärkte sich und holte einiges Herbstlaub von den Bäumen. Spielerisch wirbelte er sie durch die Luft und ließ sie an Solon vorbeitanzen, der sich noch immer an den Felsen klammerte.
„D... das können Sie nicht!“, stotterte die Frau plötzlich. Solon spitze die Ohren und schaute vorsichtig über den Rand des Felsens hinweg. „D... damit... damit werden Sie nicht durchkommen.“ Sein Ziehvater antwortete irgendetwas. Und dann...
„AVADA KEDAVRA!“ Ein gleißendes grünes allzu bekanntes Licht tauchte vor Solons Augen auf. Er vernahm einen spitzen Schrei und dann den Laut eines schweren Gegenstands, der zu Boden viel. Dann war alles ruhig. Selbst der Wind hatte aufgehört zu atmen, so wie auch Solon, der resignierend die Augen schloss. Er hatte es schon wieder getan.
„Komm heraus, Solon!“, vernahm er die befehlende Stimme seines Ziehvaters. „Und wehe, du erscheinst nicht sofort! Du kennst die Strafen!“
Ja, die kannte er. Seufzend erhob er sich. Heute waren seine schwarzen Augen noch tiefer und kälter geworden.

***



„Zehn Punkte Abzug für Gryffindor“, bellte Severus Snape in seiner giftigsten Stimme. Der kleine Junge mit dem strohblonden Haar und dem kränklichen blassen Gesicht sank verängstigt auf seinem Stuhl zusammen. Der hakennasige Zaubertranklehrer beugte sich gefährlich nahe zu ihm herab. „Wo waren Sie, als ich gesagt habe, in welcher Reihenfolge die Zutaten in den Trank kommen?“, zischte er „Wo waren Sie, als ich gesagt habe, dass ihr das Feuer runterdrehen sollt.“
Der Junge antwortete nicht. Severus stellte nur fest, dass seine Lippen heftig zitterten und er kurz davor stand einen Tränenausbruch zu bekommen. War er denn nur von Waschlappen umgeben? „Sehen Sie zu, dass der Trank bis zum Ende der Stunde die rotgoldenen Farbe annimmt – sonst gebe ich Ihnen darauf die entsprechende Note und – noch mehr Punktabzug.“ Die letzten Worte hatte er so leise zischend ausgesprochen, dass selbst die Ravenclaws, mit denen die zweite Klasse der Gryffindors zusammen den Unterricht durchstehen musste, aufgehört hatten emsig zu arbeiten. Jeder im Kerker hielt den Atem an und beobachtete die Reaktion des Jungen. Viele warfen Severus anklagende Blicke zu, doch das störte den eiskalten Zaubertrankmeister nicht.
Mit wehendem Umhang drehte er sich um und schritt zum Pult, während der Junge mit zitternden Fingern nach den Zutaten griff. Severus entging nicht, dass sein Nachbar ihm flüsternd Hilfe anbot – dafür würde er sicherlich noch eine dementsprechende Strafe finden. Jeder hatte sich alleine durchzukämpfen! Nur so kam man zu seinem Ziel. Obwohl er eigentlich noch nicht sein Ziel erreicht hatte... Severus verscheuchte den Gedanken sofort wie einen Fliegenschwarm. Über so etwas sollte man erst recht nicht nachdenken. Das Denken bescherte einem nur Kummer und Sorgen. Obwohl es bei einigen gar nicht mal schaden könnte.

Als die Schulglocke endliche das erlösende Stundenende ankündigte, entließ Severus eine aufgebrachte Klasse und einen aufgelösten Jungen, der für seinen Trank eine miese Note und die Demütigung vor der ganzen Klasse bekommen hatte. Severus kümmerte sich nicht darum. Seine Gefühle hatten ihn an jenem Tag verlassen und sie würden nicht wieder kehren. Ein Zeichen von Schwäche, welche der Gegner ausnutzte. Das wusste er aus Erfahrung.
Vielleicht strahlte er manchmal etwas zuviel von seinem inneren erstarrten Herz aus und ließ es auf andere Unschuldige übergehen. Doch jemanden, der so viel in seinem Leben schon durchmachen musste, störte das nicht.
Severus setzte sich an sein Pult und blätterte durch die Pergamente. Doch er war nicht ganz bei der Sache. Seine Gedanken schweiften zu seinem Leben als Spion. Lange hatte er gewartet, um seine Rache zu bekommen. Doch die kam nicht. Oft fragte er sich, ob ihm das Schicksal einen üblen Streich spielte.
Voldemort lobte ihn für etwas, für das sich Severus am liebsten umbringen würde. Dieser Narr dachte, dass er, Severus, für ihn spionierte, doch da irrte er sich. Er gab nur falsche Informationen heraus. Trotzdem war es jedes Mal eine Pein für ihn zu den Todessertreffen gerufen zu werden, Unterwerfung zu heucheln und so zu tun, als ob man seinen Meister über alles mochte. Denjenigen, der seine Anne auf dem Gewissen hatte. Es zerrte manchmal reichlich an seinen Nerven, kostete ihn fast den Verstand vor Trauer und ohnmächtiger Wut. Manchmal erwähnte dieses Monster sogar, wie gut er doch ohne sie dran wäre.
Severus' Hände schlossen sich zu Fäusten und zerknüllten die Pergamente, die er eben noch in den Händen gehalten hatte. Er musste spionieren – damit nicht noch mehr Menschen starben. Er tat es für Dumbledore, der ihn in den schweren Zeiten wieder aufgebaut hatte, was er niemals offen zugeben würde. Und er tat es für sich – vielleicht, um sich zu bestrafen. Dumbledore hatte ihn nie gebeten zu spionieren. Doch es war das beste für alle. In der Schule konnte er dann seine Verbittertheit an den anderen auslassen und sie alle würden ihn hassen. Oh ja, sie hassten ihn. Sie konnten ja nicht ahnen, dass hinter dieser zynischen und sarkastischen Fassade ein gebrechlicher vor dem Abgrund stehender Mann war, der sich mehr denn je einsamer fühlte. Doch er verdrängte dieses Gefühl. Er würde nicht noch einmal das Risiko eingehen jemanden zu verlieren. Er redete sich immer wieder die Schuld an Annes Tod ein – so durfte er nicht lachen und keine Freunde haben – abgesehen vielleicht von Dumbledore.
Doch auch diese Rache, auf die er harrte, würde er niemals bekommen. Potter war laut Prophezeiung dafür bestimmt Voldemort den Garaus zu machen – oder umgekehrt. Dieser verdammte Potter. Vielleicht mochte sein Los schwer sein, wie er sich manchmal eingestand. Und trotzdem...
Die Pergamente gingen in Flammen auf und rieselten, verwandelt in Asche auf den Schreibtisch nieder. Er hasste den Jungen nicht. Sein Hass galt nur einem. Doch durch den Sohn des Mannes, der ihn verspottet hatte, würde er niemals zu seiner wohlverdienten Genugtuung komme. Ironie des Schicksals. Vielleicht behandelte er Harry Potter deswegen unbewusst noch schlechter als alle anderen – absichtlich tat er das nie.
Severus seufzte und raffte die restlichen Pergamente zusammen. Er schüttelte die Asche herunter, hielt aber in der Bewegung plötzlich inne. Er hörte, wie die Tür aufging und rollte mit den Augen. Wussten die Menschen denn nicht, dass er seine Ruhe haben wollte?
Er sah auf und setzte zu einer giftigen Bemerkung an, doch die blieb ihm im Hals stecken, als er in die sorgenvollen Augen von Albus Dumbledore blickte, der mit bedächtigem Schritt auf ihn zukam.
Severus ließ die Pergamente langsam sinken. „Ist etwas passiert?“, fragte er mit beherrscht ruhiger Stimme. Albus suchte ihn selten persönlich auf. Eher ließ er ihn per Eule oder ‚Kamin’ zu sich rufen.
„Es passiert zu viel in letzter Zeit“, begann Dumbledore. Seine alles wissenden Augen, die sonst immer amüsiert funkelten, wanderten zu der Asche, die noch auf dem Schreibtisch verstreut lag. Severus ließ sofort die Pergamente fallen und verdeckte damit die Asche. Er sah den Direktor abwartend an – so als wäre nichts geschehen. Doch in dem Blick lag Verstehen. Innerlich fluchte Severus auf. Warum musste er auch so unvorsichtig sein! Doch Dumbledore kam nicht darauf zu sprechen. „Severus, ein Todesser hat einen Mord begangen“, erklärte er matt. Deutlich erkannte man die Sorgenfalten auf dessen Gesicht. „An Angela Parkes – sie war eine sehr aufgeschlossene und neugierige Frau gewesen...“ Er stockte und seufzte dann tief. Severus verspürte ein wenig Mitleid für ihn, denn in letzter Zeit hatte der Mann viel zu viel zu erledigen. Voldemort schien selbst ihm, gleich einem Vampir, das Glück auszusaugen.
„Wie ist das passiert?“, fragte Severus, denn solche Morde waren leider nichts Neues mehr. Da schlossen sich schnell ein paar mordlustige Todesser zusammen und suchten sich willkürlich ein Opfer heraus, um wieder Angst und Schrecken zu verbreiten – der grausame Alttag. „Wie viele Todesser waren es?“
Dumbledore funkelte Severus über seine Halbmondbrille hinweg an. „Einer“, sagte er langsam. Severus' Augen wurden unwillkürlich ein wenig größer. Solche unvorsichtigen Taten – das war eigentlich nicht typisch für sie.
„Der Orden konnte ihn jedoch fassen. Und da ich dachte, dass du mal wieder etwas Abwechslung brauchst, wollte ich dich fragen, ob du mit Minerva die Hausdurchsuchung übernehmen willst. Die Ordensmitglieder haben ihn vor seiner Villa überwältigt. Wahrscheinlich sind dort sehr viele schwarze Gegenstände verborgen, die wir vernichten müssten.“
Severus sah Dumbledore für einen Moment unschlüssig an. Hinter seiner Halbmondbrille hatte etwas sehr vertrautes aufgeleuchtet, was er schon lange vermisste. Brütete er etwas aus?
„Nun gut...“, begann Severus langsam. „Ich habe keine Lust mehr die Bälger zu unterrichten – es bringt heut sowieso nichts mehr.“ Nun musste Dumbledore wirklich schmunzeln. Er wusste, dass er es nicht wirklich so meinte.
„Zieh dich besser um – ich befürchte, dass sich in dem Haus noch mehr Todesser befinden“, sagte er dann jedoch wieder ernst. „Und wir wollen ja nicht, dass man dich beim Feind erkennt.“ Severus nickte. Obwohl er immer wieder dem Lord klarmachte, dass er nur zum Schein half, könnte dieser misstrauisch werden, wenn er bei einem eben verhafteten Todesser Gegenstände vernichtete.
Er stand ruckartig auf. „Ich hol schnell meinen Umhang.“
Dumbledore nickte nur. Er sah ihm jedoch sorgenvoll hinterher. Irgendwas hatte ihm gesagt, dass sich in diesem Haus etwas befand, was Severus' Leben verändern würde. Doch er wusste nicht, ob zum Guten oder zum Schlechten. Er würde ihm ersteres wünschen. Severus war schon immer sein Sorgenkind gewesen und nichts würde Dumbledore glücklicher machen als ihn, Harry und auch andere wieder lachen zu sehen. Dann könnte auch er wieder unbeschwert sein...

***



Es war alles sehr schnell gegangen. Nachdem sein Ziehvater ihn wie üblich mit dem Crucio belegt und schweigend dabei zugesehen hatte, wie er neben der toten Frau zusammenbrach – als ob er von Solon verlangte, dass dieser von alleine auf den Fehler kam, den er sich erlaubt hatte – tauchten plötzlich die Auroren auf.
Sein Vater ließ von ihm ab und musterte sie erst gelangweilt. Anscheinend hatte er mit ihnen gerechnet. Dann warf er seinem Ziehsohn noch einen letzten Blick zu und hauchte: „Du bist und bleibst ein jämmerlicher Nichtsnutz. Selbst der dunkle Lord wollte dich nicht in seiner Zunft sehen. Sieh zu, wie du zurecht kommst, Waschlappen!“
Das war zu viel für Solon. Ehe es sich sein Ziehvater oder die Auroren versahen, war er trotz der Schmerzen aufgesprungen und schrie: „Expelliarmus!“ Ein einfacher Entwaffnungszauber, doch für seinen Vater reichte es. Er wurde von dem Strahl erfasst und flog in die Menge der Auroren hinein.
Solon nutzte die allgemeine Verwirrung aus und flüchtete zurück in die dunkle Villa seines Ziehvaters und seiner Ziehmutter, die vor zwei Jahren bei einem Überfall auf Askaban die Seele verloren hatte und nie wieder zurückkehren konnte. Auch das störte Solon wenig. Sie war selbst Schuld gewesen. Sie und ihr Mann hatten zu den engsten Vertrauten Voldemorts gehört. Seine Ziehmutter war zwar noch ganz in Ordnung gewesen, doch ihre Loyalität zum dunklen Lord ging ihm gehörig gegen den Strich. Und auch sie hatte ihn oft verbal geschlagen. Kein Grund ihr nachzutrauern.
Solon wirbelte herum, richtete seinen Zauberstab auf die Tür und ließ sie zuschlagen. Er versah sie mit einem Verschlusszauber und erstickte die Schreie seines Ziehvaters, die eindeutig gegen ihn gerichtet waren. Doch die Hauptsache war, dass die Auroren erst mal nicht herein kamen. Er hatte noch zwei Menschen zu beschützen – die einzigen, die er jemals geliebt hatte: Seine Stiefschwestern.
Beide unterlagen der schrecklichen Tradition der Familie – sie wurden schon in ihrem ersten Lebensjahr zu Todessern ernannt. Solon war verschont geblieben – er gehörte nicht zur Familie, wie seine Zieheltern immer wieder betont hatten und der dunkle Lord wollte nicht, dass er zu seinen Treffen auftauchte. Solon war nicht dumm – dahinter steckte noch etwas anderes. Voldemort konnte immer Anhänger gebrauchen. Selbst, wenn er wirklich so ein Schwächling war, wie sein Ziehvater behauptete – sie hätten ihn mühelos zu einem Todesser degradieren können. Warum also nicht?
Seine Schwester Terra war gerade mal drei und trug schon das Mal. Sie konnte nicht viel für die Todesser tun. Seine andere Schwester, Salena, hatte bereits ihr dreiundzwanzigstes Lebensjahr erreicht. Sie war ebenfalls mit dem Mal geschlagen, dem dunklen Lord aber durch ihr Studium noch nicht oft begegnet. Vor kurzem erst war sie zurückgekommen. Ihr Vater hatte ihr sofort verkündigt, dass sie bald ihren ersten Auftrag erledigen konnte.
In jener Nacht hatte Solon sie weinend in ihrem Zimmer vorgefunden. Sie hatte ihren Arm mit dem Mal mit den Fingernägel zerkratzt, als wollte sie die Schande herausreissen. Der Boden war schon von ihrem Blut durchtränkt gewesen. Solon hatte ihre Wunde geheilt und sie getröstet. Ihre Worte würde er nie vergessen: „Ich hasse den Lord! Er hat mich, als ich zehn war, gezwungen einen Menschen zu töten! Er hat mein Leben versaut! SIE HABEN MEIN LEBEN VERSAUT!“ Mit „Sie“ hatte sie damals ihre Eltern gemeint.
Er hatte ihr ernst in ihr tränenverschmiertes Gesicht geschaut und gesagt: „Ich verspreche dir, dass sich irgendwann alles ändern wird. Zu unseren Gunsten – den verlorenen Kindern der Tatreds!“ Dann war er aufgestanden und gegangen.
Der Name „Die verlorenen Kinder der Tatreds“ hatte sich schon früh in ihr Gedächtnis eingebrannt. Erst hatten Solon und Salena sich heimlich so genannt und dann kam Terra dazu. Sie verabscheuten alle ihren Nachnamen – auch wenn Terra noch nicht recht wusste, warum. Doch seine Schwestern waren das einzige, das ihm lieb war. Und deswegen beschützte er sie jetzt vor den Auroren. Er würde, wenn nötig, für sie nach Askaban gehen, denn er wusste, dass sie nichts für ihre Male konnten.
Mit entschlossener Miene rannte er die Treppe hoch, die in schwarzem Marmor gehalten war. Doch er kam nicht weit. Er blieb stehen, denn er fühlte sich beobachtet. Erst fielen ihm die rötlich schimmerten Löckchen auf, die hinter dem Geländer hervorschauten – und dann die braunen großen Kulleraugen.
„Terra!“ Kaum hatte er das ausgesprochen, sprang ein kleines Mädchen in einem dunklen Kleid und von zierlicher Gestalt hinter dem Treppengeländer hervor und kam auf ihn zugelaufen. Ihr langes lockiges Haar tanzte mit jedem ihrer Schritte. Sie sah aus wie eine kleine Prinzessin. Doch in ihren Augen standen Tränen.
„Papa!“, rief sie aufgebracht. „Sie haben Papa!“ Solon runzelte die Stirn. Trotz der Schläge, die sie von diesem Menschen erhalten hatte, nannte sie ihn noch ‚Papa’.
„Ich weiß“, sagte er ruhig und hockte sich nieder, um seine kleine Stiefschwester in Empfang zu nehmen. „Doch uns werden sie nicht kriegen.“ Terra umarmte ihn stürmisch.
„Ich hab Angst“, brachte sie schluchzend hervor. Er streichelte über ihr Haar, wobei er sie mit der freien Hand sanft anhob und langsam weiterging. Die Schreie vor der Tür wurden bedrohlicher.
„Du brauchst keine Angst haben – sie kriegen uns nicht. Wo ist Salena?“
„I... im Wohnzimmer“, schluchzte die Kleine, sich an ihn klammernd. Ohne nachzudenken rannte Solon los. Er überwand die Treppe im Sturm, umrundete das Geländer und spurtete dann den langen dunklen Gang entlang, der nur von in der Luft schwebenden Kerzen erhellt wurde. An die Dunkelheit hatte er sich schon längst gewöhnt. Er fand blind sein Ziel: Die letzte Tür des Ganges. Er riss diese ungestüm auf, setzte die aufgelöste Terra ab und versah die Tür wieder mit einem komplizierteren Verschlusszauber. Die Auroren würden ewig brauchen, bis sie überhaupt das letzte Zimmer durchsuchen könnten. Salena hatte gut gewählt.
Er drehte sich wieder um und entdeckte seine sechs Jahre ältere Schwester. Sie saß auf der Couch, die von einem braunen Muster überzogen war und vor einem riesigen Fenster stand, das von Vorhängen in dem Muster der Couch flankiert wurde. Terra war zu ihr gerannt und weinte sich nun bei ihr aus. Salena streichelte ihr Haar und sah gedankenversunken nach draußen. Ihr Haar schimmerte rötlich im Licht. Sie war die älteste und für Solon und Terra so etwas wie eine Ersatzmutter – auch wenn sie sich alle verlorene Kinder nannten. Auch nur, weil sie ihre Kindheit verloren hatten.
Doch Salenas Seele war ebenso schwarz wie die von Solon. Nur Terra konnten sie noch retten. Und diese Chance war ihnen nun endlich gegeben.
„Wir müssen irgendwie hier weg“, sagte Salena und drehte sich zu Solon um, der in rabenschwarze Augen blicken musste. Ein starker Kontrast zu ihren Haaren. Sie hatte die Farbe ihrer Augen von ihrem Vater geerbt und hasste sie abgrundtief. „Das ist die einzige Chance wieder frei zu sein.“ Solon nickte und setzte sich neben sie. Obwohl er ‚frei’ wegen des dunklen Lords bezweifelten, der seine Schwestern ohne weiteres finden könnte, würde er doch gerne von hier verschwinden. Askaban war noch schlimmer, als diese Hölle hier.
„Aber wie“, murmelte Solon. Er folgte Salenas Blick, die wieder nach draußen starrte. Gerade trafen noch mehr Auroren ein. Ein Frau mit einem strengen Knoten in den Haaren und einer Brille auf der Nase schritt mit energischer Miene durch den Garten des Anwesens. Ihr folgte eine in dunkelblau gekleidete Gestalt, deren Gesicht man nicht erkennen konnte. Als Solon diese Gestalt erblickte, löste das ein mulmiges Gefühl bei ihm aus. Er wusste nicht wieso, aber konnte dieses Gefühl nicht interpretieren. Schnell wandte er sich ab. „Wir sind hier gefangen!“ Seine Schwester, die ebenfalls die dunkle Gestalt stirnrunzelnd gemustert hatte, wandte sich ab und sah Solon ernst an.
„Wir müssen verhandeln!“, sagte sie.
„Was?“ Von unten her ertönte ein lautes Krachen, was Terra dazu veranlasste noch lauter zu schluchzen.
„Wir müssen verhandeln“, erklärte Salena unbekümmert.
„Werd erwachsen, Junge. Gegen die Auroren kommen wir nicht an. Das einzige, worauf wir hoffen können ist, auf Glauben bei ihnen zu stoßen.“ Solon sah sie grimmig an. Ja, es klang vernünftig, doch dann müsste er wieder auf den Segen anderer hoffen – dann war er wieder abhängig – und das wollte er nicht sein.
„Übernehmen Sie die letzte Tür!“, rief eine weibliche Stimme. Sie kam vom Gang. Sie waren schon oben. Solon sprang auf und stellte sich schützend vor seine Schwestern.
„Mach keinen Dummheiten, Junge“, wisperte Salena drohend.
„Ich lass mir keine Befehle geben!“, ertönte eine kalte Stimme von draußen. Solon hockte sich vor seine Schwestern und legte, wie Salena den Arm um Terra, die noch lauter schluchzte – was der Besitzer der kalten Stimme wohl gehört haben musste. Atemlos lauschten Salena und Solon, den leisen, doch bei der Anspannung deutlich zu hörenden tapsenden Schritte, die auf die Tür zukamen. Ein leiser Spruch wurde gemurmelt – und die Tür sprang auf. Solon riss empört den Mund auf. SEIN eigens entwickelter Verschlusszauber wurde so leicht überwunden? Noch mehr erschrak er jedoch, als er denjenigen erblickte, der die Tür einfach so öffnen konnte: Die dunkle Gestalt von vorhin.

***



Severus hatte sich nur kurz den Todesser ansehen zu müssen, um ihn zu erkennen. Lestat Tatred. Ein enger Verbündeter Voldemorts, der die Kontrolle über sich selbst wohl verloren hatte. Unbemerkt nickte er den Auroren zu, die den Mann festhielten. Ganz eindeutig ein Todesser. Auf die Bestätigung Severus’ hatten sie nur gewartet. Sie hoben den geschockten Mann an und trugen ihn zu dem vorgesehenen Auto, was ihn zum Ministerium bringen sollte.
Severus folgte Minerva zur Villa. Davor standen unschlüssige Auroren, die die Tür weder sprengen noch öffnen konnten. Er beobachtete die Reaktionen der Tür – sie leuchtete golden auf – und erkannte das Prinzip sofort. Ein Alohomora würde hier nicht helfen, doch es war trotz allem ein simpler Verschlusszauber – wenn man den Gegenfluch nicht kannte, dann konnte man jedoch alt aussehen. Severus murmelte etwas über die Unfähigkeit der Auroren und trat dann vor.
Er richtete den Zauberstab auf das Schloss.
„Das haben wir auch schon versucht“, begann ein Auror in grüner Robe genervt. „Das...“ Doch er verstummte, als die Tür mit voller Wucht aufschlug und den Weg ins Haus freigab.
„Gehen wir“, knurrte er Minerva zu und ging hinein. Er beschloss sofort nach oben zu gehen. Andere Ordensmitglieder und Auroren rannten ungestüm an ihm vorbei, worüber Severus nur den Kopf schütteln konnte.
„Übernehmen Sie die letzte Tür!“, rief eine Aurorin ihm zu, da er auch als letzter im Gang ankam.
„Ich lass mir keine Befehle geben...“, zischte er der Frau zu, die etwas verschreckt wirkte und in die Tür gegenüber verschwand. Severus wollte gerade umdrehen, als er ein Schluchzen vernahm. Schluchzen? Hier war also noch jemand. Mit einem zynischen Lächeln schritt er auf die Tür zu. Sie war bestimmt mit dem gleichen Verschlusszauber versehen. Kurzerhand sprach er den Fluch aus und die Tür sprang auf.
Mit wehendem Umhang trat Severus ein und sah sich um. Ein dunkles Wohnzimmer voll mittelalterlicher Sachen und... Sein Blick fiel auf etwas, was er wohl in seinem ganzen Leben nicht vergessen würden und ihn kurzzeitig zu Eis gefrieren lies: Er sah sich selbst im Jugendalter! Zum Glück konnte ihn der andere nicht erkennen.
Severus atmete dreimal tief durch. Konnte es sein... nein... Erinnerungen strömten auf ihn – Erinnerungen an den Tag, wo er seinen Sohn zuletzt gesehen hatte. Weinend auf den Armen eines wahren Todessers.
War dieser Junge sein Sohn? Er lebte bei einem Todesser, sah ihm ähnlich und starrte ihn mit den gleichen dunklen Augen an, wie er sie besaß. Doch das mochte noch lange nichts bedeuten. Auch ein Aussehen konnte trügerisch sein. Wieder fiel diese Maske über ihn und seine Haltung beruhigte sich. Er versuchte seine Bedenken mit schauspielerischen Leistungen zu überdecken und redete sich ein, dass dieser Junge dort nicht sein Sohn war. Er hatte jahrelang nach ihm gesucht. Er würde ihn doch jetzt nicht durch puren Zufall finden.
Er lenkte seine Gedanken ab, in dem er sich umsah. Er entdeckte die beiden anderen Personen in dem Raum. Eine junge Frau mit ebenso dunklen, doch entschlossenen Augen und ein kleines Mädchen, das herzzerreißend weinte. Komisch, dass er sie noch nicht gesehen hatte. ‚Vielleicht, weil deine Gedanken wieder bei deinem Sohn waren und du doch nur ein armer gebrechlicher Mann bist!’, zischte seine innere Stimme, doch Severus verdrängte sie. Er und gebrechlich? Pah! Er würde es ihnen schon noch zeigen.
„Was habt ihr hier zu suchen?“, fragte er das merkwürdige Trio. In das Zimmer drangen die Geräusche vom Zerstörungswerk der Auroren. Anscheinend mussten sie einiges vernichten. „Und wer seit ihr? Menschen, die man in dem Haus eines Todessers vorfindet, sind meist nicht harmlos.“ Er sah, wie der Junge das Gesicht verzog und ihn bissig anstarrte. ‚Mensch, Severus, reiß dich am Riemen und schau den Jungen nicht so an!’, schallte er sich. Immer mehr beglückwünschte er die Kapuze.
„Wir sind die verlorenen Kinder der Tatreds“, antwortete die Frau, das kleine Mädchen fester an sich ziehend. Severus hob die Brauen und zwang sich sie anzusehen und nicht den Jungen, der ihn anscheinend ebenso kritisch musterte –was ihm langsam unangenehm wurde.
„Kinder... Sie sehen nicht aus, wie ein Kind, Fräulein...“ Die Frau reagierte nicht darauf.
Sie sagte: „Meine Name ist Salena Tatred. Wir nennen uns so, weil wir durch diese Familie unsere Kindheit verloren haben.“
„Natürlich“, antwortete Severus zynisch. Als ob ihn das interessieren würde. „Ihr seid also Tatreds Kinder?“ Er versuchte zu verbergen, dass er enttäuscht war. Demnach war der Junge nicht sein Sohn.
„ICH NICHT!“, brauste dieser auf. Er sprang in die Höhe und funkelte Severus wütend an. Es schien ihn zu verletzen. Severus maß ihn kritisch. „Tatred hat mich nur aufgezogen! Dieses Wesen ist nicht mein Vater! Und eigentlich auch nicht der von Salena und Terra! Wir sind für ihn nur Abfall und Werkzeuge.“ ‚Ah, da habe ich einen wunden Punkt bei dem jungen Herrn erwischt’, sinnierte Severus. Er versuchte seine innere Stimme zu übertönen, die ihm regelrecht entgegenschrie, dass die Ähnlichkeit unverkennbar sei.
„Demnach seid ihr also auch – unfreiwillige Todesser?“, fragte er. Severus kannte die Geflogenheiten der Todesserfamilien – und er kannte Tatred. Er hatte immer bei den Todessertreffen dem Lord versprochen, dass seine Kinder gute Arbeit leisten würde. Nie hätte er gedacht, dass...
„Sie... Sie haben Recht“, antwortete die junge Frau namens Salena etwas verwirrt. Anscheinend hatte sie mit einem Prozess, einem Kampf oder sonst irgendetwas schlimmen gerechnet. Sie hob das Mädchen an und krempelte den Ärmel von dessen Kleid hoch. Das dunkle Mal wurde entblößt. Severus riss die Augen auf und schaute einige Sekunden etwas geschockt auf das Mal. Das kleine Mädchen weinte noch immer und versuchte energisch die Hand ihrer Schwester abzuschütteln.
„Terra ist erst drei“, antwortete Miss Tatred mit trauriger Stimme. Sie setzte das Mädchen wieder auf die Couch und redete beruhigend auf sie ein, so dass sie langsam aufhörte zu weinen. Wurde auch Zeit.
„Nun“, begann Severus trocken und tat so, als ob ihn das Schicksal der Kinder nicht im geringsten interessieren würde. „Trotzdem müsst ihr einen Prozess über euch ergehen lassen. Man wird sich erst davon überzeugen müssen, dass ihr keine Spione seid. Ihr werdet mit uns kommen müssen.“ Miss Tatred nickte widerstandslos, was nun ihn ein wenig verwirrte. Er hätte mit Protest gerechnet.
„Was?“, rief der Junge und starrte seine Schwester an. „Woher willst du wissen, dass der Kerl nicht lügt?“
Das ging Severus ein wenig gegen seine Prinzipien. „Hüten Sie Ihre Zunge!“, zischte er und der Junge zuckte zusammen. Er biss sich auf die Lippe, sah ihn aber noch aus trotzigen Augen an.
„Solon, was willst du sonst machen?“, fragte seine Schwester. „Uns bleibt keine andere Möglichkeit. Wir müssen beweisen, dass wir keine richtigen Todesser sind.“
„Ich bin keiner“, murmelte der Junge, der also Solon hieß.
„Das weiß ich, Solon. Trotzdem müssen wir mitgehen. Ich werde dafür sorgen, dass sie euch beiden nichts tun.“
„Keine Sorge, Miss“, kam es von Snape zynisch. „Wir tun Ihnen schon nichts. Und jetzt wäre es besser für euch, wenn ihr mir folgt.“ Miss Tatred nickte und packte die Hand ihrer kleinen Schwester, die die vermummte Gestallt ängstlich musterte.
„Wir müssen jetzt mit dem Mann mitgehen, Terra“, flüsterte sie. „Er tut uns nichts.“
„Ist das unser neuer Papa?“, fragte sie laut. Severus zuckte zusammen. So weit kam es noch!
Miss Tatred verzog das Gesicht. „Nein, Terra – er ist ein Abgesandter vom Ministerium.“
„Das bin ich ebenso wenig, Miss Tatred“, fuhr er dazwischen. „Ich würde Sie gerne darauf hinweisen, dass ich nicht ewig Zeit habe! Ich bin Lehrer und muss noch einiges vorbereiten!“ Miss Tatred sah ihn nun wirklich böse an. Sie stand auf und zog das Mädchen Terra hinter sich her.
„Wie Sie wünschen, Mister!“, zischte sie. Severus sagte nichts. Er wirbelte herum und bedeutete ihnen ihm zu folgen. Das konnte ja heiter werden. Und immer wieder säuselte die Stimme in seinem Kopf, dass er soeben seinen Sohn gefunden hatte. Doch er verdrängte sie.

***



„Unfreundlicher Kerl“, murmelte Solon seinen Schwestern zu, als sie der großen vermummten dunklen Gestalt hinterhereilten. Sie schritt sehr schnell und nahm keine Rücksicht auf die kleine Terra, die kaum hinterherkam und den Mann immer noch mit großen Augen musterte.
„Er scheint ebenso verbittert zu sein, wie wir“, flüsterte Salena zurück. „Aber du hast Recht – er ist wirklich reichlich ungewöhnlich und irgendwie erinnerte er mich an jemanden.“ Solon nickte. Er hatte, schon seit die Gestalt den Raum betreten hatte, ein komisches Gefühl in der Magengegend. Dieser geheimnisvolle Mann – er strahlte etwas sehr merkwürdiges aus.
„Er erinnert mich auch an jemanden – nur an wen? Ich kenn keinen, der so unfreundlich und ... zynisch ist.“
„Ist das nicht unser neuer Vater?“, fragte Terra neugierig. „Er kommt mir vertraut vor...“ Salena schüttelte mit dem Kopf. Wie kam sie nur auf diesen Gedanken?
„Nein, Terra – warum willst du das unbedingt – wir kennen den Mann gar nicht.“ Terra zog einen Schmollmund.
„Aber du bist jetzt unsere Mama, ja?“, wich sie der Frage aus. Salena lächelte. Ein seltenes Ereignis, wie Solon feststellte. Er hatte sie kaum einmal lachen gesehen. Und jetzt, wo er so darüber nachdachte, stellte er fest, dass er selbst auch kaum lachte.
„Natürlich bin ich das. Ich werde immer auf euch aufpassen.“ Sogar Solon war dankbar für diese Aussage. Terra sprang Salena glücklich in die Arme. Sie war anscheinend so froh wie Solon, dass sie noch jemanden hatten, an den sie sich wenden konnten.
„Was trödelt ihr so rum?“, giftete die unfreundliche Stimme. Alle drei wurden von einem eisigen Schauer erfasst. Der Mann hatte sich herumgedreht und war drohend auf sie zugekommen. „Habe ich euch nicht gesagt... Miss Tatred – Sie sind erwachsen genug, um zu wissen, wie schnell alles gehen muss!“
„Natürlich“, entgegnete Salena kühl. „Nur leider kommt meine kleine Schwester da noch nicht mit.“
„Dann lassen Sie sich was einfallen!“, zischte der Mann. Salena warf ihm einen merkwürdigen Blick zu, während Solon ihn eher eiskalt ansah und ihn immer wenig mochte. Mit grimmigen Gesichtszügen hob er seine kleine Schwester auf den Arm und schaute dann wieder herausfordernd zu der dunklen Gestalt. Die reagierte jedoch nicht darauf.
„Warum Sie nicht eher auf diesen einfachen Gedanken gekommen sind“, murmelte er nur, bevor er sich umdrehte.
„Was hat er?“, fragte Terra. Sie klammerte sich an ihren Bruder, der selber Mühe hatte mit dieser... dieser Fledermaus mit zu halten.
„Nichts bestimmtes“, murmelte Solon. „Nur einen schlechten Tag.“
Sobald Solon ihn besser kennen lernte, würde aus dem schlechten Tag ein schlechtes Jahr werden.

 

Kapitel 2

 

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