Nur durch dein Blut

 

 

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Kapitel 6: Eine böse Drohung



Abend für Abend erschien Hermine in Snapes Kerker und las aus dem zweiten Buch vor.
Je mehr sie vorlas und je mehr sie Snape beim Brauen der Tränke beobachten konnte, je mehr verstand sie von den Tiefen dieser Kunst und sie war schlichtweg fasziniert. Zaubertränke war immer eines ihrer Lieblinsfächer gewesen, wenn ihr hier auch die Anerkennung in Form von besonders guten Noten gefehlt hatte.
Snape vergaß beim Brauen Zeit und Stunde, jedoch war er so gnädig geworden, sie meist kurz nach Mitternacht zu entlassen.
Kapitel für Kapitel wurde durchgearbeitet und irgendwann kamen sie an einen Punkt, da Snape nicht mehr alleine weiterbrauen konnte. Zu Beginn des letzten Drittels des Buches, wurden Tränke beschrieben, deren Zutaten ihre Wirksamkeit verwehrten, so sie denn von männlichen Zauberern zugefügt wurden.
Snape hielt sich zwei Tage damit auf und versuchte durch etliche Zauber und Umkehrzauber diesen Umstand aufzuheben. Er war unglaublich wütend darüber, wirbelte durch das Labor, schmiß Kessel an die Wand und zertrümmerte Reagenzgläser und Kolben, jedoch waren seine Wutausbrüche von keinerlei Erfolg gekrönt, außer dass Hermine dieses mit stillem Vergnügen beobachtete.
"Anscheinend sind Sie hier an ihre Grenzen gekommen, Sir!" Sie war nicht umhin gekommen ihm diesen Seitenhieb nach einem erneuten erfolglosen Zauber zu verpassen.
Snape war sofort aufgebraust wie ein wütender Stier und hatte sie rausgeworfen. Noch am Ende des Ganges hatte sie Glas zerbrechen hören, was ihr nach den Wochen der Quälerei eine innere Genugtuung war.
Am nächsten Tag hatte sie Zaubertrankunterricht. Snape war mürrisch und von ungekannter Übellaunigkeit. Sein Gesicht sah übernächtigt aus, unter seinen Augen zeichneten sich schwarze Ringe ab.
Als Hermine nach dem Unterricht das Klassenzimmer verlassen wollte, rief er sie zurück. "Miss Granger!"
"Sir?" Sie sah ihn erwartungsvoll an in der Hoffnung, dass er das endlose Nachsitzen nun aufheben würde.
"Sie werden weiterhin nach dem Abendessen hier erscheinen, haben wir uns verstanden!"
Hermines Gesichtszüge entglitten durch die Enttäuschung, aber sie fing sich schnell. "OK, Sir, bis heute Abend dann!"

Snapes Laune war immer noch auf dem Nullpunkt, als Hermine abends die Kerkertür öffnete.
Ein Kessel stand bereit, das Feuer loderte auf der Feuerstelle und Snape ging wie ein Panther im Käfig auf und ab. Nicht schon wieder , seufzte sie innerlich.
Ergeben ging sie zum Lehrerpult um zum achtunddreißigsten Mal das Braurezept für den Wetterwechseltrank vorzulesen. Immer wenn es um Tränke ging, die über das simple Vergiften eines Organismusses hinaus gingen, scheiterte Snape an seiner Männlichkeit. Tränke die zu grundlegenderen Veränderungen führten, waren Dank der Genialität der Ronkowa ausschließlich Frauen vorenthalten. Und dies begann sogar schon beim Wetter.
Gerade als Hermine das Buch aufgeschlagen hatte, schlug Snapes Hand hart auf die für ihn leere Seite.
"Es erfolgt nun eine kleine Änderung, Missss Granger!" Snapes Stimme war das altgewohnte Zischen.
"SIE werden Brauen UND dabei vorlesen!"
"Aber, Sir, ich......!"
"KEIN ABER VERDAMMT! SIE TUN GEFÄLLIGST DAS WAS ICH IHNEN SAGE ODER SIE WERDEN BEREUEN JEMALS EINEN FUSS IN DEN KERKER GESETZT ZU HABEN!"
Es lag Hermine auf der Zunge zu sagen, dass sie das wohl schon tausend mal bereut hatte, aber wahrscheinlich wäre er dann wirklich ausgerastet und sie war sich nicht sicher ob nicht letztlich auch ein Reagenzglas an ihrem Kopf gelandet wäre. Deshalb schluckte sie schwer und machte sich an die Arbeit. Sie las einen Satz vor und führte ihn aus. Snape stand konsequent neben ihr und starrte auf ihre Hände und den Kessel. Die Arbeitsanweisungen der Ronkowa waren präzise und effizient und dadurch einprägsam und leicht verständlich. Keine Stunde später brodelte der Trank fertig zum Abziehen im Kessel. Hermine hatte vor Freude an ihrer Arbeit rosige Wangen bekommen. Das war eher nach ihrem Geschmack.
Snapes Gesicht hatte die Ausstrahlung einer sauren Gurke. Dennoch musste er sich eingestehen, dass die Tränke genial konzipiert waren. Resigniert nahm er diese Studie jetzt als das was sie für ihn noch war, die Gelegenheit eine Reihe hochwirksamer Tränke herzustellen. Die Rezepte hatte er sich in seinen Büchern notiert und wenn die Granger eines Tages nicht mehr zur Verfügung stand, nun, dann konnte er sicher auf eine andere Schülerin zurückgreifen. Er betrachtete Hermine. Eigentlich schade dass sie kein Mann war. Sie hatte Talent zum Brauen und dumm war sie auch nicht. Als Frau würde sie keinen Studienplatz für Zaubertränke bekommen können. Wirklich schade, dass sie eine Frau war.
Obwohl, bei genauerer Betrachtung sah sie sehr niedlich aus. Die zarte, schlanke Gestalt, ihr hübsches Gesicht mit den wuschigen Haaren, und besonders göttlich war ihre Mimik, wenn sie kurz davor war ihm Widerworte zu geben, dabei mit sich selber ringend auf der Unterlippe kaute. Er beschloss sie auf jeden Fall nicht so schnell wieder aus seinen Fängen zu lassen.
Strafe muss sein, du kleines, besserwisserisches, nervtötendes Geschöpf! dachte er, sich an ihr Gezappel in seinen Unterrichtsstunden erinnernd.
Ständig war ihre Hand in die Höhe geschossen, ständig gab sie Antworten, noch bevor er die Frage ausgesprochen hatte.
Jetzt sah er ihr zu wie sie den Trank abfüllte, die Glasfläschchen sorgfältig verkorkte und beschriftete.
"Fertig!", flötete sie vergnügt und bekam dafür von ihm einen tödlichen Blick.
"Dann können Sie ja mit dem nächsten Trank beginnen!", sagte er angesichts der vorgerückten Stunde gehässig.
"Gerne, Professor, wenn ich selber brauen darf, kommen wir ja endlich schnell voran!", fauchte Hermine schlagfertig zurück.
Snapes Gesichtszüge entglitten ob ihrer Frechheit und er brüllte sie an: "SEHEN SIE SICH VOR MISS GRANGER, ICH KANN AUCH ANDERS!"
"So?", entgegnete Hermine spöttisch, "womit wollen Sie mir drohen, mit Nachsitzen?"
Sie gab ihm also Widerworte? Zeit, seine soeben in Frage gestellt Autorität zu untermauern.
"Wie Sie wissen, Miss Granger, habe ich in meinem Leben bisher auch ganz andere Dinge getan als Nachsitzen zu verhängen. Und glauben Sie mir, manche Dinge erscheinen mir auch weiterhin wichtig genug um Grenzen zu überschreiten. Zwingen Sie mich also nicht, bei Ihnen eine gewisse Grenze zu überschreiten. ICH BIN KEIN UNREIFER KNABE!" Er stand direkt vor ihr und hatte seinen Zeigefinger bei diesen Worten langsam über ihr Gesicht gleiten lassen, war mit einer leichten kreisenden Bewegung um ihren Kehlkopf gefahren und ließ seinen Finger dann einen Moment oberhalb ihres Ausschnittes verweilen. Er sah wie sie trocken schluckte und in ihren Augen blankes Entsetzen erschien. Unglauben und Fassungslosigkeit lösten einander ab. Hermine war wie versteinert. Diese Drohung hatte die Grundmauern ihres Selbstbewusstseins erschüttert und sie zweifelte keinen Augenblick, dass er diese Drohung auch in die Tat umsetzen würde, so wie er sie anstarrte.
"Ich will von Ihnen nicht ein einziges Widerwort mehr hören, oder es wird Ihnen wahrhaftig Leid tun bis ans Ende Ihrer Tage!"
Hermine konnte nur noch schwach nicken, ihre Körper hatte begonnen zu zittern. Snape hatte ihr schon immer Furcht eingeflößt aber seine offene Drohung ihr körperliche Gewalt anzutun hatte sie dermaßen schockiert, dass sie sich schwor jetzt und in Zukunft widerspruchslos alles zu tun, was er verlangte, nur damit sie niemals wieder seine Berührung über sich ergehen lassen musste.
Severus Snape konnte sicher sein. Diesen Kampf hatte er gewonnen.



 

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