Muggel

 

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Kapitel 3

 


Leise drangen die Stimmen der erschrockenen Schüler zu seinem Ohr und er bewegte sich leicht. „Er lebt noch“, kam ein erstauntes Flüstern. „Goyle, du hast ihn vergiftet.“ Das war nun Victor Crabbe, der seinem geschockten Freund beistand.

„Professor?“ Eine junge Stimme, die wohl Mr. Malfoy gehören mochte, weckte Severus gänzlich auf.

Ächzend drehte er sich auf den Rücken und wollte sich wieder in eine sitzende Position bringen.

„Wir sollten Madam Pomfrey holen!“ entschied Hermione Granger sofort, aber Severus winkte ab.

„Nein, es... geht schon. Ich brauch nur ein paar Minuten, dann ist alles wieder in Ordnung.“ Wenn Poppy hier unten auftauchte, würde sie wissen, dass er mit dem Cruciatus belegt worden war und ihre Fragen diesbezüglich wollte er sich ersparen. Poppy Pomfrey wusste ebenfalls von seiner früheren Spionagetätigkeit, aber sie war niemals damit einverstanden gewesen, und jegliche Verletzungen, die sie an Severus hatte behandeln müssen, hatten in einer langen hitzigen Diskussion mit Professor Dumbledore geendet.

Das wollte er sich und Albus ersparen.
Die Verletzungen, die er bereits des Öfteren im Jahr ertragen musste, hatte der Direktor versucht zu heilen. Obwohl der Mann kein Heiler war, hatte seine lange Lebenserfahrung ausgereicht, um entsprechende Heilzauber zu sprechen. Severus selbst schwor auf seine eigenen Tränke. Und den Rest übernahm die Zeit, die bekanntlich jede Verletzung heilen ließ.

Bisher war es ihm immer gelungen seine Unpässlichkeiten vor den neugierigen Augen der Schüler zu verbergen. Um so mehr ärgerte er sich, vor der Klasse umgekippt zu sein. Auch noch vor Potter und seinen Kumpanen und dank Mr. Malfoy war wohl auch bald die Information bis zu Voldemort durchgerungen. Der verrückte Mistkerl erfreute sich wahrscheinlich daran, seinen Tränkemeister endlich zu einer Reaktion gezwungen zu haben.

Das war die erste Schwäche, die er sich erlaubt hatte und gleichzeitig auch die letzte, schwor sich Severus.

Mühsam stand er auf. Er bedachte den blonden Slytherin mit einem giftigen Blick, als dieser ihn am Arm festhielt um ihm zu helfen.

Draco Malfoy ließ ihn los. „Aber Sir. Sie sind ohnmächtig geworden.“

„Ungenügender Schlaf. Mir geht es gut.“

Ein Blick in die sturmgrauen Augen zeigte ihm, dass dieser Junge nicht im Geringsten überzeugt war. Auch die anderen Schüler sahen ihn besorgt an.

Moment mal, besorgt?

Eigentlich sollten sie doch gehässig schauen, dass Snape endlich auch mal Schwäche zeigte. Er hoffte das sogar, da er sich doch schon so sehr an den Hass seiner Schüler gewöhnt hatte. Dennoch waren die Blicke nicht negativ. Severus schauderte, dass sie sogar Mitleid ausstrahlten. Von den Slytherins hätte er das gerade noch ertragen, aber diese verdammten Gryffindorhelden bildeten sich ein, Retter für alles sein zu können. Auch wenn es sich hierbei um den verhassten Tränkelehrer handelte.

Severus funkelte sie wütend an. Der Kopfschmerz hinter seiner Stirn war zwar nicht geringer geworden, aber er sah wieder klar und er zwang sich, den Qualen nicht nachzugeben.

„Der Unterricht ist beendet. Löscht die Feuer! Macht sauber und verschwindet dann.“

„Was..?“

„Es sind doch noch 30 Minuten Unterricht.“

„Verschwinden wir, bevor er es merkt“, flüsterten nun die einzelnen Schüler. Sie beeilten sich, alles wegzuräumen. Severus lehnte sich erschöpft in seinen Stuhl und beobachtete sie. Nicht einer wagte es ihn anzublicken oder noch einmal das Wort an ihn zu richten.
Binnen kürzester Zeit waren alle verschwunden.

Endlich konnte Severus dem Schmerz nachgeben. Er stöhnte laut auf und ließ seine Kopf in die kalten Hände gleiten, von denen er sich ein wenig Linderung versprach.

Endlose Minuten verstrichen, als er es wagte sich zu erheben und mit schwankendem Schritt in seine Räume zurückzukehren. Er schickte Dumbledore eine Nachricht, seinen restlichen Unterricht an diesem Tag abzusagen und legte sich schlafen. Zuvor nahm er ein Mittel gegen die Kopfschmerzen und einen Trank für traumlosen Schlaf. Denn diese waren in seinem Fall die Heilsamsten.

Er schlief bis zum nächsten Morgen durch. Glücklicherweise war es Samstag und er musste keinen Unterricht geben. Der Schlaf hatte ihm gut getan und er fühlte sich bei Weitem besser, als am gestrigen Tag. Langsam erhob er sich. Sein Kopf schmerzte immer noch ein wenig, aber es war zu ertragen. Gerade als er aus dem Bett steigen wollte, kam jemand leise durch die Tür. Es war Dumbledore. Er lächelte, als er sah, dass sein Zaubertranklehrer wach war.

„Severus! Wie schön, ich dachte, du wachst gar nicht mehr auf. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht. Wie fühlst du dich?“

Irritiert blickte er ihn an.

Dumbledore reichte ihm seinen schwarzen Morgenmantel herüber und half dem dunkelhaarigen Mann aufzustehen. Erst wollte dieser sich weigern, bis er feststellen musste, dass seine Beine unter ihm wegzuknicken drohten.

Dumbledore brachte ihn ins Wohnzimmer in einen Sessel. Der Tisch war großzügig gedeckt. Die Hauselfen hatten nichts ausgelassen, was man zum Frühstück verspeisen konnte. Schon beim Gedanken daran wollte sein Magen rebellieren.

„Nach deiner Nachricht gestern war ich besorgt. Du hast geschrieben, dass du dich nicht gut fühltest. Ich nahm an, dass du die Folgen deiner Mission unterschätzt hast. Doch hörte ich beim Mittagessen, wie ein paar Schüler aus der Fünften über deinen Zusammenbruch diskutierten und dass du dich geweigert hattest zu Madam Pomfrey zu gehen.“

Severus seufzte auf. Es hätte ihn ja auch gewundert, wenn die klatschbasigen Gryffindor ein einziges Mal ihre Klappe gehalten hätten. Wahrscheinlich feierten sie im Turm der Löwen schon eine Party.

Er knurrte unwillig. „Sie wissen genau, dass ich nicht zu Poppy gehen darf.“

„Ja, das sehe ich ein. Aber ich machte mir Sorgen um dich. Den ganzen gestrigen Tag gelang es mir nicht, dich noch einmal zu wecken.“

Dumbledore hielt ihm ein Brötchen hin, das Severus für eine Tasse Kaffee ignorierte.

„Ich hatte einen Schlaftrank genommen!“

„Was ist gestern geschehen?“

„Es waren Kopfschmerzen. Sie waren so schlimm geworden, dass ich für kurze Zeit das Bewusstsein verloren habe.“

Ein erschrockener Blick folgte auf Snapes rationale Einschätzung. Zu kalt, zu gefühllos erschienen ihm diese Worte, doch wollte er sie nicht anders hervorbringen. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es eine Nachfolge des Cruciatus war.“

Dumbledore nickte zustimmend. „Das gefällt mir gar nicht. Ruh dich bitte aus. Und versprich mir regelmäßig zu essen.“

Severus verzog das Gesicht. Immer diese ständigen Fütterungsversuche. Trotzdem nickte er.

Snape gelang es wirklich, sich an diesem Wochenende zu schonen und obwohl er keinen Hunger hatte, aß er mehr als in den letzten Tagen, unter Dumbledores Aufsicht. Der alte Mann kümmerte sich um ihn. Wie rührend. Severus spürte, dass er sich langsam wieder erholte. Dennoch musste er an den schrecklichen Schmerz in seinem Kopf denken. Er war am äußersten Limit seiner Kraft angelangt. Das war ihm deutlich klar geworden. Dumbledore hatte ihm zugesichert, dass er mit dem Leben als Spion jederzeit aufhören könnte. Auch wenn er damit eine wichtige Informationsquelle verlor, versicherte ihm der Mann immer, dass es eigentlich nicht mehr zu verantworten war, Severus weiter einer solchen Gefahr auszusetzen. Der Direktor schien zu hoffen, dass Severus aufhörte. Ob er sich wirklich um seine Gesundheit sorgte oder um seinen Spion sei dahingestellt. Ein toter Spion half Dumbledore nicht, aber ein Ex-Deatheater und Verräter Voldemorts konnte auch ohne Spionagetätigkeit eine nützliche Hilfe zur Verteidigung sein. Schließlich war er einer der Besten, wenn es um die Verteidigung gegen die dunklen Künste oder auch um die dunkle Künste selbst ging. Gerade wegen Letzterem traute man ihm diesen Unterricht nicht zu.

Allerdings war das Leben eines Verräters unausweichlich dem Tod geweiht. Der Lord würde nicht ruhen, ihn zu finden und für seinen Verrat zu bestrafen. Und diese Bestrafung war mit Sicherheit schlimmer, als durch einen zu lange andauernden Cruciatus zu sterben. Bittere Vorstellung, wie Snape fand.

Er lehnte ein Aufhören ab. Vielleicht fürchtete er den Tod mehr als er sich einredete. Vielleicht fürchtete er sich davor, seine vielen begangenen Taten nie wieder gutmachen zu können, wenn er vorzeitig aus dem Leben schied?

Er versprach, mehr auf seine Gesundheit zu achten. Was sollte er auch anderes tun, als es ihm zu versprechen? Die seelischen Schmerzen, die Schreie derer, die er nicht retten konnte, und noch schlimmer, die Anklagen jener, die er selbst getötet hatte, waren immer bei ihm. Jeder tote Mensch belastete ihn und er konnte es eigentlich nicht mehr ertragen. Und wenn er aufhörte, hatten sie womöglich keine Möglichkeit mehr, an Voldemort heranzukommen. Die Wahl aufzuhören hatte er nicht. War es nicht schön, nützlich zu sein?

Der Unterricht am Montag ging recht ruhig vonstatten. Er hatte Hufflepuff/Slytherin-Zweitklässler. Alles in allem seine liebste Kombination. Hufflepuff-Schüler waren folgsam und leise. Nicht besserwisserisch wie Ravenclaws oder aufmüpfig wie Gryffindors. Und die Slytherins hörten aufs Wort. Als Zweitklässler war der Unterricht noch nicht sehr gefährlich, aber sie hatten keine Flausen mehr im Kopf, wie die Erstklässler. Montag morgen hatte er dieses Jahr zu seinem Lieblingstag erwählt.

Den Rest des Tages verbrachte er damit die Vorräte Pomfreys aufzufüllen. Sein Hustentrank war um einiges wirkungsvoller als ihrer, weswegen er auch dazu verdonnert wurde, gerade in den Wintertagen genügend davon bereitzustellen. Die meisten Kinder wurden im November krank, da sie den kühlen Wind, der durch das Schloss zog, unterschätzten.

Gerade als er den dritten Kessel fertiggebraut hatte, kam die Heilerin in sein Labor.
„Severus, ich habe heute eine ganze Flasche Hustensaft verbraucht. Jedes Jahr schaffen es diese Bengel, sich die stärksten Erkältungen einzufangen.“

Severus verzog das Gesicht. „Wenn sie sich nachts auf den Gängen herumtreiben, wundert mich das gar nicht.“

„Auf den Gängen? Also das kann ich nicht gut heißen. Ihr müsst mehr auf die Kinder achten.“

„Vorbild Potter!“ konterte er. „Ich glaube, ein Tarnumhang steht auf jeder Wunschliste zum elften Geburtstag.“

„Mach dich nicht lächerlich. Die sind viel zu teuer. Ich wollte dich fragen, ob du den Hustensaft nachbrauen...“

Snape ging zu seinem Schreibtisch und holte zwei große gefüllte Vorratsflaschen heraus.

„Die dritte Ladung ist in ein paar Minuten fertig.“

Poppy Pomfrey schmunzelte. „Du warst schon immer sehr vorausschauend.“

„Ein lebenswichtige Eigenschaft“, murmelte er leise, ohne dass sie ihn verstand.

Dann kam die Frau auf ihn zu. „Du siehst blass aus.“

„So sehe ich immer aus.“

„Mir gefällt deine Gesichtsfarbe nicht.“

„Das sagen 99% der Schüler auch. Den Restlichen ist es egal.“

„Hast du dich am Ende selbst erkältet? Hast du Fieber?“

Snape warf ihr einen bösen Blick zu, aber Madam Pomfrey ließ sich nicht davon beirren. Sie hielt ihre Hand an seine kühle Stirn. Er zuckte ein wenig zurück. Severus hasste Berührungen.

„Nein, hm, trotzdem siehst du ein wenig krank aus.“

„Mir war am Freitag nicht gut. Kopfschmerzen. Aber es geht wieder. Ich habe mich das ganze Wochenende ausgeruht“, gab er ihr zur Beruhigung eine Antwort. Vielleicht konnte er sie mit ein wenig Entgegenkommen abschütteln.

„Komm doch bitte einmal bei mir vorbei.“

„Poppy. Ich sagte doch...“

„Vorsorge, Severus. Die anderen Lehrer müssen auch auftauchen. Und bei dir mache ich keine Ausnahme. Wie jedes Jahr.“

Severus Snape seufzte auf.
Natürlich und wenn er sich weigerte, schleiften ihn McGonagall und Dumbledore persönlich in den Krankenflügel. Wieso sollte es auch in einem Jahr anders aussehen?



-to be continued-


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