Von Mördern und Verrätern

 

 

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Kapitel 43: Dumbledores Ankunft

Albus Dumbledore materialisierte mit Poppy Pomfrey auf der kleinen Lichtung vor Remus' Haus. Die Sitzung hatte sich in Albus' Augen endlos dahingezogen als ein unwichtiges Thema nach dem anderen besprochen wurde, Themen, die die sich die Auroren nur auszudenken schienen um Abwechslung in ihren langweiligen Auftrag zu bringen. Doch Jahre voll Übung hatten den Direktor ein mildes Lächeln auf sein Gesicht pflastern und seinen Körper in gelassener Haltung verharren lassen, auch wenn es in seinem Inneren brodelte.

Nach 150 Jahren hatte Dumbledore schon viel gesehen und schon mache Opfer bringen müssen, doch kaum je hatte ihn ein Opfer so sehr berührt, wie das eines jungen Slytherin namens Severus Snape.

Er hatte seinen Teil dazu beigetragen, dass das Leben des Mannes verschwendet worden war. Natürlich war einige wichtige Weichen schon an dem Ort gelegt worden, der eigentlich jedem Kind ein sicherer Hafen sein sollte, sein Elternhaus. Doch als der Junge dann zur Schule gekommen war, hätte es an den Lehrern und vor allem an Dumbledore liegen sollen, dem Jungen beizubringen, wie man mit anderen Menschen umging.

Dann und wann passierte es, dass ein solch emotional verkrüppeltes Kind zur Schule kam. Wenn sie Glück hatten, dann schaffte ein neuer Freundeskreis zu ihnen durchzudringen, doch sehr oft blieben diese Kinder allein. So oft schon war es passiert. Tom, Myrte, Severus, um nur einige zu nennen. Er hatte sich schon damit entschuldigt, dass es nicht die Aufgabe der Schule war, die fehlende Erziehung der Kinder nachzuholen, doch dann sagte er sich wieder, dass sie genau dazu da waren; nämlich junge Hexen, Zauberer und vor allem gute Menschen auszubilden. Wenn jemand in einem Schulfach schlecht war, dann wurde ihm Nachhilfe angeboten, doch wenn jemand im Menschlichen zurücklag, dann wurden sie sich selber überlassen.

Vielleicht sollte er doch mehr darauf achten. Doch er war nur der Direktor, ein einzelner Mann mit tausend Kindern unter seiner Aufsicht. Zu viele um jedem einzelnen mit seinen Problemen zu helfen, dennoch konnte er nicht anders, als dieses Bedauern und die Schuld zu fühlen, wenn ein Kind nicht so herangewachsen war, wie er es gerne gesehen hätte.

Auch Sirius Black war ein solches emotional zurückgebliebenes Kind gewesen, wahrscheinlich noch mehr als Severus, doch im Gegensatz zu dem jungen Snape war Sirius von seinem Äusseren und seinem Auftreten her nicht unangenehm aufgefallen und hatte auch sofort Freunde gefunden, die ihn aus seiner Isolation geholt hatten. Aber anstatt Verständnis für jemanden zu haben, der auch anders war, hatten die beiden eine tiefen Hass aufgebaut bis jede Versöhnung unmöglich geworden war und Severus sich so tief in seine Einsamkeit, sein Misstrauen und seinen Schmerz zurückgezogen hatte, dass er sich dort unwiderruflich eingenistet hatte.

Er machte sich nichts vor. Dies war auch sein Fehler gewesen. Er hätte sehen müssen, was passierte. Dass diese Streiche, die immer wieder gespielt wurden, seit es die Schule gab, von Severus nicht einfach so weggesteckt wurden, wie es immer den Anschein hatte. Und als er die Schwere der seelischen Wunden realisierte war es zu spät gewesen. Damals, als Severus Snape, ein junger Todesser bei ihm aufgetaucht war, war er bereits ein verbitterter, verlorener Mensch gewesen. Ein Mensch, der, trotz aller Bitterkeit für andere kämpfte und obwohl er dabei kaum etwas gewinnen konnte, für andere sein Leben riskierte.

Und nun musste Albus, schon wieder, akzeptieren, dass er der Ursprung war für noch mehr Leiden des jungen Slytherin.

Er atmete tief durch, als er Poppy, die mit einem ernsthaften Gesicht und einer hinter sich herschwebenden schwarzen Ledertasche sofort auf das Haus zuging, folgte.

Er fürchtete sich davor, was er gleich vorfinden würde, und dennoch drängte alles in ihm, sich so schnell als möglich zu vergewissern, dass der Junge wirklich lebte.

Als sie die drei Stufen zum Eingang hochgingen, öffnete sich die Tür plötzlich und Harry sah ihnen entgegen, einen solch besorgten, doch auch erleichterten Ausdruck auf dem Gesicht, als er Poppy sah, dass Albus' Sorgen noch heftiger entflammten. Sirius stand etwas im Hintergrund, ebenfalls sehr erleichtert aussehend, doch aus einem anderen Grund, wie der Direktor vermutete.

"Endlich sind sie da", begrüsste sie Harry.

Poppy hielt auf der Schwelle inne und liess ihre Tasche sinken und schob ihren Zauberstab in ihre Robe zurück.

"Von nun an wird in diesem Haus keine Magie benutzt, bis ich etwas anderes sage", bestimmte sie mit Nachdruck.

Albus folgte ihr in das Haus, als sie die schwere Tasche nun so hereinhievte. Er hatte bis jetzt noch nicht herausgefunden um welchen Fluch es sich handelte, doch wenn Severus wirklich magisch überladen worden war, dann wäre es eine ernste Angelegenheit und sie wollten alle Gefahr so klein als möglich halten, bis sie wussten, womit sie es zu tun hatten.

Harry eilte sofort an ihre Seite und half ihr mit der Tasche. Wieder einmal erstaunte es Albus, wie ähnlich und doch so verschieden Harry und der junge Tom Riddle waren.

Sirius drehte sich und ging ihnen wortlos voran in den ersten Stock. Dort hielt er, die zweite Tür auf der rechten Seite des Korridors offen haltend, aber keine Anstalten machend das Zimmer zu betreten. Albus seufzte innerlich auf, ob dem abweisenden Gesicht des Animagus. Es würde beiden, Severus und Sirius nur Vorteile bringen, wenn sie endlich die Vergangenheit sein lassen konnten, doch in nächster Zeit schien dies nicht sehr wahrscheinlich.

Er betrat das Zimmer als erster und als er Severus sah, verschwand jeder Gedanken an Black und er stockte.

"Oh, Severus", hauchte er.

Obwohl er gewusst hatte, dass der Zaubertränkemeister wohl schlimm aussehen würde, traf ihn der Anblick dennoch wie ein Stich ins Herz.

Die sekundenlange Starre fiel von Dumbledore ab und er eilte zu dem einzelnen, schmalen Bett an der gegenüberliegenden Seite, wo ein Mann, der kaum noch als lebendig zu erkennen war, lag. Er kauerte sich an dessen Seite und wollte schon eine der Hände in seine nehmen, doch zögerte er, als er die dicken, notdürftig angebrachten weissen Bandagen um beide sah.

Stattdessen strich er sanft eine Strähne des ungewohnt aussehenden kurzen Haares aus Severus' Stirne.

"Mach bitte Platz, Albus. Lass mich ihn untersuchen", riss ihn die neutrale, professionelle Stimme Pomfreys aus seinem Schock.

Widerwillig trat Dumbledore zurück, als Poppy ihre Tasche, die sie mit Hilfe von Harry neben das Bett stellte, öffnete. Doch sein Blick ruhte nach wie vor auf dem Zaubertränkemeister, dessen augenscheinliche Verletzungen begutachtend und dabei seine eigenen Zusammenfassung machend.

Pomfrey legte zuerst die Fingern ihrer Hand unter dem Kieferknochen an Severus' Hals, direkt über der Halsschlagader und Albus registrierte mit einem Hauch von Bedauern, den rötlichen Strich von irritierter Haut, quer über die ganze Breite der Kehle. Mehr war von dem Geschehnis aus Harrys Vision nicht mehr ersichtlich. Zumindest sah es so aus, als würde der dunkle Heilfluch Voldemorts keine Narben hinterlassen.

Poppy holte mit einer professionellen Ruhe ein seltsames schlauchartiges Objekt aus ihrer Tasche, das Dumbledore sofort als Muggelgerät identifizierte, doch sein Gehirn brauchte einen Moment um den Namen dazu zu liefern. Stethoskop. Albus war dankbar, dass die Krankenschwester ein reges Interesse in allem Medizinischen, auch in Muggelmedizin hatte, wenn auch jeder magische Mediziner gewisse Grundkenntnisse davon in seiner Ausbildung lernte. Als die Medi-Hexe Severus' Arme sanft anhob und das Leintuch, das ihn bis oberhalb des Brustkorbs verdeckte, herunterfaltete, dem Direktor einen Blick auf die hervortretenden Rippen gewährend, hielt Dumbledore unwillkürlich den Atem an und musste die aufsteigenden Tränen unterdrücken.

So eine Tortur hatte niemand verdient.

Die Krankenschwester schien sich jedoch von dem Zustand des Zauberers nicht beeindrucken zu lassen, stöpselte sich das zweigeteilte, gegeneinander gebogene Teil in die Ohren und drückte das andere Ende mit dem flachen, plättchenförmigen Ende abwechslungsweise gegen Severus' Herz und Lungen. Dabei erschien sie äusserlich sehr gelassen, doch Dumbledore kannte sie schon lange genug, um die leicht verengten Augen und die zusammengepressten Lippen als Zeichen ohnmächtiger Wut und Unglauben zu erkennen. Er konnte ihr die Wut nicht verdenken. Es war schwer zu begreifen, dass ein Mensch einem anderen solch etwas Schlimmes antun konnte.

Scheinbar zufrieden mit dem was sie durch das Stethoskop hörte, entspannte sich ihr angespannter Mund etwas. Sie nahm die beiden oberen Ende wieder aus den Ohren und legte das Gerät zurück in die Tasche. Dann fasste sie die Schulter ihres Patienten und drückte sachte zu. "Severus? Kannst du mich hören?"

Der Mann unter ihrer Hand reagierte auf keinste Weise. Sie drehte sich zu Sirius und Harry zurück. "Hat er, seit ihr ihn gefunden habt irgendwann das Bewusstsein wiedererlangt?"

"Er hat ein paar Mal aufgestöhnt", informierte Harry etwas eingeschüchtert ob der Situation. Albus konnte das gut verstehen. Selbst für ihn war die Hilflosigkeit nichts tun zu können nicht angenehm.

"War er ansprechbar?" fragte Poppy weiter.

Harry schüttelte den Kopf. "Er hat eher auf Berührungen reagiert, als wenn er Schmerzen hätte."

Poppy nickte ernsthaft. "Schmerzen wird er wohl haben. Mr. Black, wie schätzen Sie die Situation ein?"

Albus folgte ihrem Blick zu dem Animagus, der im Türrahmen lehnte.

Dieser zuckte nur die Schultern, als würde ihn die Sache nichts angehen und wieder regte sich in Albus ein schweres Gefühl des Bedauerns. Warum nur konnten die Beiden ihre Feindschaft nicht überwinden? Selbst in solch einer Situation, wo wohl jeder Mensch zumindest etwas Mitleid empfinden würde, überwog der Hass. Und das traurigste daran war, dass es in Severus nicht anders aussehen würde, wären ihre Rollen vertauscht.

"Ich bin kein Mediziner. Dafür seit ihr ja gekommen."

"Das ist wahr, aber sagen Sie mir trotzdem, was Sie bis jetzt beobachtet haben. Es wird mir helfen und Zeit sparen."

Sirius seufzte ergeben und begann aufzuzählen. "Seine Hände wurden durchbohrt, er hat Prellungen am ganzen Körper, Peitschenwunden auf dem Rücken und Verbrennungen an den Füssen und Unterschenkeln. Ansonsten ist er, soweit ich das beurteilen kann, vor allem in einem himmelschreienden Zustand aufgrund mangelnder Nahrung und Flüssigkeit. Zumindest haben wir ihn einigermassen sauber gekriegt...."

Sirius schwieg, doch der abfällige Ton als er über das Säubern sprach und die klare sarkastische Bemerkung, die dem augenscheinlich noch hätte folgen sollen, aber unterdrückt wurde, sprachen abermals von seinem Unwillen und der Abneigung zu Snape.

Poppy nickte abwesend, während sie sich mit einem ernsten Stirnrunzeln wieder ihrem Patienten zuwandte. "In Ordnung. Ich werde ihn erst mal gründlich untersuchen um zu sehen, was getan werden muss. Ihr geht besser, damit ich in Ruhe arbeiten kann."

"Bist du sicher, dass du keine Hilfe brauchen wirst, Poppy?" fragte Albus zweifelnd nach, und versuchte sich dabei selber einzureden, dass er nur aus praktischen Gründen bleiben wollte und nicht weil er sich Sorgen um den verletzten Zauberer machte und sich schuldig an seinem Zustand fühlte.

"Wenn ich euch brauche, dann rufe ich euch", wies ihn Pomfrey ein wenig schroff an.

Widerwillig nickte Dumbledore und verliess das Zimmer zusammen mit Harry und Sirius.

***



Als sie kurze Zeit später im Wohnzimmer sassen, eine Tasse Tee in den Händen, beobachtete Dumbledore Sirius genau, wie dieser sich mit Harry über Quidditch unterhielt. Man konnte dem Animagus nicht vorwerfen, dass er gefühlskalt war. Im Gegenteil. Er sah die Anspannung in seinem Patensohn und tat sein Bestes um ihn abzulenken. Selbst seine abweisende Haltung Snape gegenüber war aus einem der intensivsten Gefühle herausgewachsen, Hass, und das machte Albus seine Aufgabe nicht leichter. Dennoch wusste er, dass Sirius nachgeben würde und er, wenn er erst einmal zugestimmt hatte, die Aufgabe, die er für ihn hatte, nach bestem Gewissen ausführen würde.


********

T.B.C.


Anmerkung von Lilith: Eigentlich sollte dieses Kapitel länger werden, doch es war wiederum hart zu schreiben, obwohl nicht viel passiert ist. Dumbledores Verhältnis zu Snape ist in den Büchern sehr vage und man weiss nur, dass er ihm aus einem bestimmten Grund mit seinem Leben vertraut. Aber da ich schon fast eine Woche nicht geupdatet habe, unterbreche ich hier, sonst wird das Kapitel zwar sehr lang, aber dann wartet ihr unter Umständen noch einmal eine Woche. Ich hoffe wirklich, dass ich euch hiermit nicht langweilte, aber es war interessant von Dumbledores Sicht aus zu schreiben und das wurde dann länger als ich gedacht habe.




 

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