Von Mördern und Verrätern

 

 

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Kapitel 41: Unerwartete Komplikationen

"Was, verdammt noch mal, hast du dir dabei gedacht", fuhr Sirius seinen Patensohn an, sobald sie beide auf einem steinernen Plateau materialisiert waren und er seine erste Überraschung verarbeitet hatte.

Der Junge liess auch sofort sein Ende der Feder los und trat schuldbewusst einen Schritt zurück, seine Augen jedoch hielt er mit ausdrücklicher Herausforderung auf ihm.

"Ich hatte das Recht dazu, mitzukommen. Ihr könnt mich nicht ausschliessen", erwiderte er trotzig.

Verdammt, warum musste der Junge auch in einem solchen Moment beweisen, dass er soviel von Verboten hielt wie sein Vater? Selbst dann, wenn diese Verbote nur zu seiner Sicherheit dienten. Sirius konnte trotz seinem Frust nicht verhindern, dass bei diesem Gedanken ein Hauch von Stolz in ihm emporstieg, doch er drängte dies zurück. So einfach würde er es James' Sohn nicht machen. Er hatte nichts gegen einen Regelverstoss dann und wann oder die Lehrer oder seine Vorgesetzten zu ärgern und ihnen auf der Nase herumzutanzen, und es danach tunlichst jemanden anderem anzuhängen. Das war eine Sache, aber sein Leben für eine absolut dumme Geschichte unnötig aufs Spiel zu setzen, war etwas anderes.

"Hast du wirklich Lust dein Leben für Snape zu riskieren?"

"Snape hat sein Leben ja auch für uns riskiert", konterte Harry.

"Na und? Das war sein Job. Niemand hat ihn gezwungen. Er wusste worauf er sich einliess."

"Das weiss ich auch."

"Nein, das weißt du nicht. Du bist noch viel zu jung dazu und auch wenn du es geschafft hast dich hierher zu tricksen, dann werde ich dennoch verhindern, dass du mit mir in diese Mine gehst!" Sirius versuchte nicht zu schreien, doch es war nicht einfach. Dieser Sechzehnjährige würde ihn nicht in etwas hineinmanipulieren, wogegen er sich bereits entschieden hatte.

Harry jedoch imitierte bloss seine defensive Haltung. "Ich bin älter als es du warst, als du den dummen Streich mit der Heulenden Hütte abgezogen hast, und dabei fast Remus zu einem Mörder werden liesst."

Das sass.

Sirius fühlte sich, als sei sein ganzer Widerstand von ihm gezogen worden und verzog das Gesicht, als hätte diese Bemerkung körperlich weh getan. Damals hatte er einfach nicht nachgedacht. Wollte bloss Snape eines auswischen und ihn von seinem hohen Ross holen. An Remus und was mit ihm geschehen wäre, hätte dieser Snape ernsthaft verletzt, hatte er nicht gedacht. Bis später, als der Werwolf erfahren hatte was passiert war und ihn mit einem enttäuschten und verratenen Blick angesehen hatte, den er nie mehr in seinem Leben vergessen würde und der ihn oft in Askaban verfolgt hatte.

"Bitte Sirius", fuhr Harry fort. "Ich habe schon Alpträume seit der ersten Vision. Was ich getan habe war sehr dumm und ungerecht und dies ist meine einzige Chance mit meinem Gewissen ins Reine zu kommen. Selbst wenn Snape nicht mehr lebt, dann weiss ich doch, dass ich alles getan habe, was in meiner Macht stand."

Sirius überlegte kurz. Auch wenn er tief in seinem Herzen nicht allzu sehr bedauerte Snape zu jener Zeit eins ausgewischt zu haben, so verstand er Harrys Gefühl doch. Auch James hatte schon immer eher Gewissensbisse gehabt als er und Harry hatte die Kunst der Selbstbeschuldigung scheinbar noch besser perfektioniert als sein Vater. Ohne Zweifel ein Geschenk seiner Mutter Lily, die schon immer eine grosse Abneigung gegenüber jeder Form der Ungerechtigkeit hatte.

"In Ordnung", gab er schliesslich nach. "Aber du bleibst immer hinter mir, verstanden?"

Harrys Gesicht hellte sich auf und er nickte enthusiastisch.

Sirius drehte sich um und ging zu dem dunklen Loch, das weiter vorne in die steile Felswand führte. Sirius kannte diese Mine nicht und schon alleine deshalb lag ein Gefühl der Nervosität auf ihm. Deswegen, gepaart mit der Befürchtung, dass noch immer Todesser hier waren, transformierte er sich in seine Animagusgestalt und testete die Gerüche in der Luft, während er aufmerksam auf Geräusche achtete, die nicht hergehörten. Obwohl er nicht die Spur eines anderen Menschen neben Harry ausmachen konnte, schrieen ihm seine Instinkte zu, die in seiner Animagusgestalt erhöht waren, dass dieser Ort ein Platz von Tod und Gewalt war, und dass er besser nicht näher kam, doch seine menschliche Intelligenz liess ihn dennoch langsam vorwärts laufen, seine Aufmerksamkeit bis aufs Äusserste angespannt und zusätzlich auch immer noch auf Harry achtend, der ihm dichtauf folgte.

Aber sie trafen auf nichts, was ihnen den Weg versperren könnte und betraten die Mine ohne Widerstand. Sirius verwandelte sich zurück und zog seinen Zauberstab, darauf vertrauend, dass er sich und Harry in dieser Form effektiver verteidigen konnte.

Die Mine sah nicht so aus, wie sie sich Sirius vorgestellt hatte. Der Boden was eingeebnet und führte in einer komfortablen Neigung nach unten, während alle paar Meter eine Fackel ihr unruhiges Flackern über den Stein warf. Nach ein paar Dutzend Metern wurde auch die Wand glatter und schwere Steintüren unterbrachen sie alle paar Meter zu beiden Seiten, dort wo keine Seitengänge abgingen, von denen es einige zu geben schien.

Je weiter sie kamen, desto stickiger und heisser wurde es und Sirius mutmaßte, dass die Höhlen ursprünglich so tief gereicht hatten, dass die Lava im Erdinnern freigelegt worden war um die Gänge zu heizen, wie es in der Natur dieser Biar-Kobolde war.

Voldemort musste die Mine wohl seinen Bedürfnissen angepasst haben. Sirius folgte, darauf vertrauend, dass der dunkle Magier, wie er es in seinem Brief angekündigt hatte, ihnen die Tür und folglich wohl auch den Weg markieren würde, dem Hauptgang weiter, der als einziger beleuchtet war bis dieser in einer steilen Treppe endete.

Mit einem Kontrollblick auf Harry, der ihm noch immer folgte, seinen Zauberstab ebenfalls gezogen, stieg er die Stufen hinunter.

Am Fuss der Treppe war nur noch eine einzige Fackel an der Wand, genau über der letzten Stufe. Der Rest des fortlaufenden Korridors verlor sich im Dunkel und einen Meter vor ihnen war eine einzelne Holztür.

Auf dem dicken, alten Holz war ein Schädel eingebrannt aus dessen Mund sich eine Schlange wand.

Das Mal Voldemorts.

"Das muss es sein", flüsterte Harry.

"Bleib hinter mir, Harry", befahl Sirius. Er vertraute Voldemort nicht und irgendwie war ihm dies alles viel zu leicht gegangen. Es stank förmlich nach einer Falle.

Er hob seinen Zauberstab etwas höher und griff mit der anderen Hand nach der Messingklinke an der Tür. Mit einem letzten, mutholenden Atemzug drückte er sie nach unten und zog die Türe ohne Probleme einen Spalt auf -- und wich sogleich einen Schritt zurück, sein Gesicht angewidert verziehend über den Gestank, der ihm sofort entgegenwehte. Er knallte die Tür instinktiv wieder zu.

Harry wich auch zurück und würgte trocken, während sein Gesicht eine ungesunde grünliche Farbe annahm.

"Oh, Gott, was ist das? Gift?", würgte er hervor, während er sich die Nase zukniff und sich offensichtlich alle Mühe geben musste, sich nicht zu übergeben.

Sirius richtete sofort seinen Zauberstab auf Harrys Gesicht. "Aolere."

Er wiederholte dasselbe mit sich selber und sofort verschwand der magenumdrehende Gestank. Doch Sirius' Zuversicht, seinen Auftrag zu Dumbledores Zufriedenheit ausführen zu können war in dem Moment erloschen, als ihm der Gestank entgegengestürzt war. Es war kein Gift. Sirius kannte diesen Geruch. Es war der Geruch von Verwesung. Der süssliche, übelkeitserregende Gestank, der des öfteren auch in seine Zelle geweht war, wenn man ‚übersehen' hatte, dass ein Gefangener gestorben war. Sirius war sich sicher, dass dies damals Absicht gewesen war um ihnen zu zeigen, dass sie nichts wert waren, noch nicht einmal im Tod. Er würde diesen Gestank nie in seinem Leben vergessen können.

Harry entspannte sich wieder, als seine Nase aufhörte etwas zu riechen und er richtete sich auf, seinen Paten gespannt ansehend.

"Das ist kein Gift, Harry", beruhigte Sirius ihn. "Du bleibst hier, okay?"

Er drehte sich zu der Tür zurück um sie erneut zu öffnen, doch eine Hand an seinem Arm hielt ihn zurück.

Harrys Augen waren sorgenvoll auf ihn gerichtet. "Sag bloss, dass du da reingehen willst. Was wenn du dich irrst und es doch ein Gift ist?"

Sirius schüttelte den Kopf. "Das ist es nicht, Harry. Ich kenne diesen Gestank. Aber ich gehe allein. Wenn meine Vermutung stimmt, dann wird hinter dieser Tür Snapes Körper sein und ich muss ihn rausholen. Für Dumbledore. Es ist nicht nötig, dass wir beide uns des Anblicks aussetzen."

Harry kaute nervös auf der Innenseite seiner Wange. Wahrscheinlich konnte er sich nun denken, was der Gestank bedeutete und sein Horror und die Abscheu waren klar in seinem Gesicht zu lesen.

"Geh nach oben und halte die Augen offen, damit wir nicht von Todessern überrascht werden, Harry. Ich hole Snapes Körper."

Harry nickte und begann wortlos die Treppe hinaufzusteigen.

Sirius seufzte leise. Harry war von Natur aus neugierig und der Animagus vertraute nicht darauf, dass der Junge nicht trotz seiner Ermahnungen einen Blick riskieren würde. Wenn er ihm aber eine Aufgabe geben würde, dann würde sich die Neugier wahrscheinlich dahinter versteckt halten. Sirius glaubte nun nicht mehr daran, dass noch jemand hier war. Voldemort wollte ihnen eine Nachricht zukommen lassen, indem er ihnen den verwesenden Körper Snapes lieferte. Sirius hatte kein Bedürfnis diesen zu sehen und beim Gedanken daran, den Körper von faulendem Fleisch sogar zu transportieren, schauderte er. Aber er musste es tun. Für Dumbledore.

Er schloss kurz die Augen um sich zu sammeln und drückte dann entschlossen die Klinke nach unten, zog die Tür ganz auf und betrat den Raum.

Doch den Anblick, der ihn begrüsste, war schlimmer, als alles was er sich ausgemalt hatte. Er hatte gedacht, dass er Snapes toten Körper finden würde, doch da lagen Dutzende von Leichen. Alle achtlos auf einem Haufen hingeworfen, wie Abfall. Die weiter unten waren vollkommen verwest während die obersten kaum länger als einen Tag tot sein konnten, selbst wenn die Hitze hier unten die Körper schnell angriff.

Sirius wäre am liebsten aus dem Raum gestürmt, doch zwang er sich zum Bleiben. Er musste Snape finden. Oder das, was von ihm übrig geblieben war.

Der Boden war schleimig und schmutzig und Sirius gab sich Mühe, nicht darüber nachzudenken, worauf er trat, als er einen Schritt in den Raum trat. Dieser wurde von einer einzelnen Fackel neben der Tür halb erleuchtet und das dämmrige Licht liess die Szene noch abstossender erscheinen. Sirius war froh, dass er nichts mehr roch, doch der Anblick von getrocknetem Blut, leeren Augenhöhlen in halbverwesten Gesichtern und dem schwarzen verfaulten Fleisch und Innereien, die durch aufgeschlitzte Brust- und Bauchhöhlen drangen, war genug um seinem Frühstück beinahe ein Rückfahrtticket zu beschaffen.

Als er dann auch noch die Leiche eines kleinen Mädchens mit aufgeschlitztem Hals sah, ihre blauen Augen im Entsetzen, durch den Tod auf ihr Gesicht gebrannt, geweitet, half auch all das Grauen, das er schon in Askaban und während des Krieges gesehen hatte nicht mehr viel und er riss seine Augen gewaltsam von ihr los.

Und dann sah er ihn auf allen anderen Leichen. Oder besser, er sah ein schwarzen Fuss, voll von Brandwunden und die Fetzen einer schwarzen, engen Hose, in der das Bein steckte. Die Hose war gewöhnlich und wurde von vielen Zauberern getragen, dennoch wusste Sirius instinktiv, dass dieses Bein Snape gehörte. Er griff nach der Fackel und zog sie aus der Halterung, während er hastig näher trat, die anderen Leichen nach Möglichkeit nicht beachtend und noch weniger berührend.

Im Lichtschein der Fackel kam mehr und mehr von Snapes Körper zum Vorschein. Der andere, genauso schlimm aussehende Fuss, das Bein, dann der ausgemergelte Körper, bei dem, vor lauter Dreck, getrocknetem Blut und Quetschungen kaum noch ein Zentimeter der normalen hellen Hautfarbe ersichtlich war. Die Augen Snapes waren geschlossen und eingefallen und sein Kiefer und Wangenknochen stachen unnatürlich scharf hervor. Seine ausgedörrten und blutverkrusteten Lippen waren halb geöffnet, eine Reihe gelblicher Zähne zeigend.

"Bei allen guten Geistern...", entfuhr es Sirius. Was hatten die mit Snape gemacht? Das würde Dumbledore hart treffen. Nun war er unendlich froh darüber, dass er Harry nicht in den Raum hatte mitkommen lassen. Er streifte sich den Umhang von der Schulter. Besser Snapes Körper darin einwickeln. Harry sollte ihn so nicht sehen, oder sein Schuldgefühl würde nur noch grösser werden. Als er noch einen Schritt näher kam, bemerkte er erst, dass Snapes Hand, die er sehen konnte, vollkommen zerstört war. Ein tiefes Loch klaffte in deren Mitte und die Finger waren zu blutigen Klauen versteift. Unwillkürlich wanderte sein Blick zu der anderen Hand, die genauso aussah, bloss war dort durch das Loch ein zusammengerolltes Pergament gesteckt.

Wieder würgte er die Übelkeit herunter, doch dann erinnerte er sich an die Worte in dem Brief Voldemorts. Das war die angekündigte Nachricht, von der er geschrieben hatte. Er sollte sie lesen, bevor er Magie auf Snape ausübte. War das eine Falle, dass er etwas auslösen würde, wenn er versuchte die Leiche schweben zu lassen oder dergleichen?

Sirius trat vorsichtig um den Leichenberg herum, bis er nah genug an der Hand war, und packte vorsichtig mit zwei Fingern den oberen Teil des Pergamentes und zerrte daran, wobei er angeekelt den Mundes verzog. Die Hand gab erst nach und hob sich einige Zentimeter, bevor die Pergamentrolle mit einem hässlichen Geräusch aus der Wunde rutschte und die Hand zurück auf den matschig aussehenden Brustkorb der Leiche darunter fiel und ein leises, kaum vernehmliches Stöhnen von Snape ertönte.

Sirius schrak zurück, als wäre er angeschrieen worden und das Pergament fiel ihm in seinem Schock unbeachtet aus den Fingern.

Dieses Geräusch.

Es dauerte eine Sekunde, bevor seine Gedanken seine unterbewusste Erkenntnis einholten und sofort war er wieder bei Snape, so nah er konnte, ohne die anderen Leichen zu berühren. Widerwillig legte er seine Hand auf die Mitte der knochigen Brust. Da war es. Kaum merklich, aber langsam hob und senkte sich der Brustkorb unter seiner Hand.

Snape lebte.

Sirius riss die Augen auf. Er hatte schon viel gesehen in seinem Leben. Gemeine Brutalitäten und die dunkelsten Seiten in einem Menschenleben, doch wie jemand in einem solchen Zustand überleben konnte, konnte er sich nicht erklären.

Er riss sich aus seinem Erstaunen. Snape lebte, doch er sah so aus, als würde sich dieser Zustand nicht mehr lange halten. Der Mann musste hier heraus und in medizinische Betreuung, und das so schnell wie möglich. Er richtete seinen Zauberstab auf Snape und wollte ihn gerade schweben lassen, als er sich an das Pergament erinnerte.

Schnell eilte er zurück, hob es auf und öffnete es


Hallo Dumbledore,

ihr habt ihn also gefunden. Wenn ihr Glück habt, dann lebt er sogar noch. Wie ihr sicherlich schon selber festgestellt habt, hatte Severus eine recht raue Zeit als mein Gast. Dennoch bin ich mir sicher, dass Poppy Pomfrey genug Wissen besitzt um sich seiner erfolgreich anzunehmen und den grössten Teil seines Körpers wiederherzustellen.

Leider würde das meine Rache schmälern, also habe ich ihn magisch überladen. Jeder Gebrauch von Magie an ihm, sei es mit dem Zauberstab oder mit Zaubertränken, wird ihn noch mehr überladen und ihm schaden, ihn eventuell sogar töten.

Ich habe euch so viel Spielraum gelassen, dass ihr ihn noch einmal mit Hilfe eines Portschlüssels oder durch apparieren transportieren könnt, aber mehr Freiraum lasse ich euch nicht. Der Transport wird ihn wohl weiter schwächen und danach würde ich sogar vorsichtig damit sein ihn irgendwohin zu bringen, wo magische Barrieren vorhanden sind.

Nun wünsche ich euch viel Vergnügen mit eurem Zusammensetzspiel namens Severus Snape

Lord Voldemort.



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Anmerkung von Lilith: Auch wenn es mir im Herzen wehtut, werden wir uns im Kapitel 42 von dem verabschieden müssen, woran wir uns im Laufe der Originalbücher und verschiedenster Fanfics gewöhnt und was wir zu lieben gelernt haben. Bitte nehmt mir das Opfer nicht allzu übel, aber es erschien mir die einzige logische Möglichkeit in Anbetracht der restlichen Fic. Wollte euch nur vorwarnen :-P



 

Kapitel 40

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