Kapitel 5
Es war an der Zeit, einen Auftritt hinzulegen.
Severus Snape betrachtete sich desinteressiert im Spiegel. Sein finsterer Blick war an Ort und Stelle, sein wirbelnder schwarzer Umhang war von Staub und mangelndem Gebrauch gereinigt worden, seine schwarzen Lederstiefel glänzten und sein weißer Kragen war extra gestärkt worden um die Form zu behalten. Ein beiläufiger Beobachter hätte gesagt, daß Snape aussah wie immer, obwohl seine dunklen Haare, die er zu einem lockeren Pferdeschwanz zurückgebunden hatte, vielleicht etwas länger war als vorher.
Er sah, kurz gesagt, entschieden nicht tot aus.
Das wäre sicher als etwas positives angesehen worden. In einigen Minuten würde der Schule seine Rückkehr mitgeteilt, und so würde sein Status als reine Erinnerung unter den Schülern beendet.
Er wusste, daß wenige, wenn überhaupt einer der Schüler erfreut sein würde, daß er zurück war, aber seine fehlende Beliebtheit als Lehrer hatte ihn nie sehr gestört. Der Gedanke machte ihm jetzt noch weniger zu schaffen als je zuvor. Es war ihm eigentlich egal ob sie ihn für einen lebenden Toten hielten. Er machte es für Dumbledore...
Er nahm seinen neuen Zauberstab und schob ihn in die Falten seines Mantels, richtete seinen Kragen und ging schnellen Schritten zu seiner Wiedereinführungsfeier in die Große Halle.
* * * *
Die Halle war gefüllt mir dem hohen Gelächter und dem Geschrei hunderter von Schüler, die sich darum stritten wer wo sitzen durfte, wer mit wem ausging, wer nach dem Abschluß Auror werden würde...
Ron lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und betrachtete das Durcheinander abwesend. "Sie haben wirklich keine Ahnung, was sie in eine paar Minuten hören werden, oder?"
"Sie werden einen ziemlichen Schrecken bekommen", stimmte Harry nachdenklich zu.
Hermine warf ihm einen Blick zu, wozu sie einen Augenblick von ihrem Buch aufsehen musste. "Denkt ihr sie wissen es nicht?"
Ron schnaubte herablassend. "Wie könnten sie denn? Sollten sie eines Tages einfach über die Tatsache gestolpert sein, daß Snape von den Toten auferstanden ist?"
Hermine verdrehte die Augen und kehrte zu ihrem Buch zurück.
Langsam senkte sich Stille über die Halle, während das Lehrerkollegium von Hogwarts herein kam. Der geliebte Direktor Dumbledore kam als Letzter und ging mit ernstem Ausdruck auf seinem sonst fröhlichen Gesicht auf das Podium in der Mitte zu. Die anderen Professoren zeigten verschiedene Grade von Sorge aufgrund der bevorstehenden Ankündigung, obwohl der geisterhafte Professor Binns zu glauben schien, daß Snapes Rückkehr von den Toten wenig Grund zu einer solchen Feier gab.
Als alle saßen, holte Dumbledore tief Luft und legte die Hände um die Seiten des Rednerpultes, als müsste er sich dran festhalten.
"Nun, es ist Zeit für einige amüsante Reaktionen", bemerkte Harry, wobei er sich zurück lehnte.
"Schüler von Hogwarts", fing Dumbledore an. Seine Stimme klang durch die Akustik der Großen Halle klar und beruhigend. "Ihr denkt vielleicht, daß es ungewöhnlich ist, daß ich schon am 3. Tag des neuen Schuljahrs ein Notfalltreffen einberufen habe." Leises Gemurmel kam von den versammelten Schülern, und Dumbledore ließ sie geduldig einige Augenblicke lang reden, bevor er fortfuhr. "Fürchtet aber nicht. Ich bringe keine schlechten Nachrichten. Ich werde euch sogar von einem wunderbaren Ereignis berichten, das vor einigen Nächten geschehen ist. Alle Schüler die das erste Jahr schon hinter sich haben, werden sich an ihren alten Meister der Zaubertränke Professor Severus Snape, erinnern. Es ist meine Pflicht, euch mitzuteilen, daß er uns durch viel Geheimnis und Magie mitsamt all seinen früheren Talenten zurück gegeben worden ist."
Harry unterdrückte ein Schnauben. Was für eine praktische, ungenaue Art, es auszudrücken. Er nahm an, daß es etwas taktvoller war als damit herauszuplatzen, "Snape ist von wütenden Todessern von den Toten auferweckt worden", aber dennoch war es recht lustig, eine solche Umschreibung zu hören.
Trotz der Zweideutigkeit von Dumbledores Bemerkung, war die Reaktion der Schüler überwältigend. Einige standen in plötzlicher Furcht auf, andere sanken in ihren Stühlen zusammen als hätte man sie geschlagen. Es wurde geschrieen, geflüstert und gestöhnt, und alle schienen eine Meinung zu dem Thema zu haben.
"Snape wurde von den TOTEN zurückgebracht?!?"
"Ist das nicht gegen die Vorschriften des Ministeriums?"
"Ist er noch ekelhaft verfault?"
"Weiß Ihr-wißt-schon-wer davon?"
Harry riskierte einen schnellen Blick an den Tisch der Slytherins. Die meisten Schüler sahen verängstigt aber hoffend aus. Einige wenige verzogen furchtbar das Gesicht, aber ein scharfer Blick von Draco Malfoy machte dem ein Ende. Draco selbst schien nicht besonders überrascht von Snapes Rückkehr zu sein, obwohl in seinen kalten grauen Augen etwas Mitleid lag, wie Harry es noch nie gesehen hatte.
Dumbledore hob ruhig eine Hand, und der Lärm ebbte langsam ab. "Ich sollte diese Ankündigung wohl mit einem sichtbaren Beweis untermauern. Severus, würden Sie bitte..."
Ein finster dreinblickender, angsteinflößender und herausgeputzter Severus Snape kam in die Große Halle. Wieder stieg der Lärmpegel an, aber die Geräusche verstummten sofort, als der Meister der Zaubertränke einige giftige Blicke auf die lärmendsten Mitglieder der Schülerschaft schickte. Mit einem großen Wirbeln seines schwarzen Umhangs nahm er seinen alten Platz am Lehrertisch wieder ein, verschränkte die Hände und sah wütend die versammelten Schüler an. Neville fiel vor Angst sogar von seinem Stuhl.
Dumbledore nahm das als Aufforderung, seine Ansprache fortzusetzen. "Ich bin sicher, daß ihr viele Fragen habt, aber unglücklicherweise habt ihr Unterricht, und ich daher wenig Zeit, sie zu beantworten. Um ein paar aus dem Weg zu schaffen, Professor Snape wird langsam wieder in seine alten Aufgaben eingeführt. Er wird seinen Platz als Hauslehrer von Slytherin wieder einnehmen, aber er wird für den Augenblick als Assistent der momentanen Tränkelehrerin Muddlestop arbeiten."
Harry konnte ein deutliches Grinsen in seinem Gesicht fühlen als er sah, wie Muddlestop vor Angst auf ihrem Platz kleiner wurde. Der Tränkeunterricht würde dieses Jahr SEHR interessant werden...
* * * *
"Es ist toll, Sie wieder zu sehen, Sir!"
"Ich…ich hoffe es geht Ihnen besser, Professor!"
"Im Namen des Hauses Slytherin heiße ich Sie in Hogwarts wieder willkommen!"
Glückwunschphrasen waren so oft in seinen Ohren wiedergehallt, daß Snape glaubte, er müsste taub werden. Die Schüler hatten ziemliche Angst vor ihm, aber einige der tapfereren boten ihm schwache Worte der Gastfreundschaft an, wurden dafür aber nur angestarrt und mit dem Verlust von Hauspunkten bedroht.
Er ging zu einer Doppelstunde mit den 5. Klassen von Gryffindor und Slytherin hinunter in die Kerker. Er war nicht allzu froh darüber, daß er die Pflicht des Unterrichtens teilte, vor allem mit einem so hoffnungslosen Idioten wie Professor Muddlestop. Er verstand aber, warum es notwendig war, ihn langsam wieder in die Gesellschaft einzuführen (er nahm an, daß Dumbledore ziemlich beleidigt sein würde, wenn er versehentlich einen seiner Schüler umbrachte), aber er war mehr als nur etwas sauer darüber, daß er nur ein Laborassistent war.
Mit einem Seufzer verzog er sein Gesicht zu einem halbherzigen finsteren Ausdruck und stieß die Türe ins Tränkeklassenzimmer auf.
Bei seiner Ankunft lächelte Muddlestop gezwungen, und winkte ihn dann zu sich herüber. Die Schüler starrten ihn mit unversteckter Furcht an. Er ignorierte sie und die Professorin, und stellte sich in eine dunkle Ecke an die Wand. Er wollte nur aushelfen wenn er darum gebeten wurde, und wenn die Schüler keine Todessehnsucht hatten, würden sie sehr selten darum bitten.
Mit einem entrüsteten Geräusch gab Muddlestop auf, ihn zu sich zu winken, und ging schließlich zu ihm in die Ecke. "Okay, Severus. Heute werden wir einen Vergeßlichkeitstrank machen. Ich nehme an, daß Sie helfen werden wenn jemand Hilfe braucht?"
Er antwortete nicht, sondern sah sie nur an.
Sie murmelte ein "gut" und drehte sich um, um mit der Klasse zu sprechen.
Snape hatte diesen Fünftklässern den Vergesslichtkeitstrank schon im Vorjahr beigebracht, also bezweifelte er, daß es viele Schwierigkeiten geben würde. Er lehnte sich an seine Ecke und starrte die Wand an.
Nach vielen Minuten voller Konzentration, bemerkte er, daß sie ihn auch anzusehen schienen.
Die Wände waren aus feinem, porösen, steinigen Material. Sie sahen auf den ersten Blick unschuldig aus, aber ein geübtes Auge konnte sehen wie hungrig sie waren... aber würden sie ihn vor den Schülern angreifen?
Snape biß die Zähne zusammen, schüttelte fast unmerklich den Kopf und dachte an andere Dinge. Seine Panikattacken waren VORBEI, und wenn er sich völlig abschirmen musste um ihnen zu entgehen, dann würde er das tun.
Er würde nie wieder etwas Lebendiges töten, abgesehen von sich selbst.
Mit diesem Gedanken brach er aus seinen Überlegungen aus und beobachteten stumm die Schüler, die ihre einfache Aufgabe zu beenden schienen.
Dann läutete die magische Glocke. Snape erschrak etwas; ihm war nicht klar gewesen, daß die Stunde fast vorbei war. Er war offensichtlich länger in seiner eigenen Welt gewesen, als er geglaubt hatte. Die Schüler säuberten pflichtbewusst ihre Kessel und führten ihre Tränke Professor Muddlestop vor.
Als das Zimmer leer war, wandte sich Muddlestop an ihn. "Können Sie mir einen Gefallen tun, Severus?"
Er fing an, ihr ein harten "Nein" zu antworten, aber dann fiel ihm Dumbledore ein "Was denn?"
Muddlestops Tonfall war etwas entschuldigend geworden. "Der Tränkevorrat im Lager müsste nach Wirkung sortiert werden. Ich kenne einige Wirkungen nicht, weil ziemlich viele der Flaschen nicht beschriftet sind."
‚Sie würden Sie auch nicht kennen WENN sie beschriftet wären', dachte Snape wütend, aber er sagte nichts.
"Denken Sie, Sie könnten sie für mich organisieren?", fuhr Muddlestop hoffnungsvoll fort.
Es folgte ein kurzer Augenblick unangenehmer Stillem, bevor Snape steif nickte und wortlos zu dem Tränkeschrank im hinteren Teil des Raumes ging. Muddlestop winkte ungeschickt und verließ das Klassenzimmer. Ihr goldener Umhang wehte leblos hinter ihr her.
Und so blieb er alleine mit dem Tränkeschrank.
Eine Tür des Schrankes war offen gelassen worden, ein Gedanke bei dem er normalerweise einen Anfall bekommen hätte. Die gesammelten Tränke waren weggesperrt, weil sie wertvoll und mächtig waren; es wäre nicht gut, wenn Schüler darin nach allem herumwühlen konnten das sie wollten. Da aber fehlende Organisation Muddlestop nicht zu stören schien, nahm er an, daß es ihn auch nicht stören sollte.
Snape hielt eine grüne Phiole ins Licht, und erkannte sie als eine Abart von Verdaditas, einer weniger starken Version des Veritaserums. Er stellte sie zur Seite und murmelte "Accio Feder und Etiketten", um sich einfache Namenszettel zu besorgen
Nachdem er den Namen in deutlichen Buchstaben und mit einem Wort zur Beschreibung des Zweckes ("Wahrheit") aufgeschrieben hatte, fing er mit der nächsten Flasche an. In ihr war eine braune Mischung die nebelig war, und die er sofort als eine seltene Art eines Unsichtbarkeitsserums erkannte.
Etwa 30 Flaschen später hatte er fast die Hälfte seiner Aufgabe geschafft. Sein Nacken tat langsam weh, und er rieb ihn sich. Er zog eine andere winzige Flasche heraus, betrachtete sie schnell, und erkannte es als eine winzige Menge des Trankes von Aureole.
Der Trank von Aureole konnte in kleinen Mengen als Schlaftrank benutzt werden; in reiner, unverdünnter Form war es auch ein sehr starkes Gift.
Nur einige Tropfen, und der der ihn trank wäre in sekundenschnelle tot. Kein Schmerz. 2 oder 3 Tropfen, und es gäbe nichts mehr.
Die winzige Flasche glänzte silbern im Licht.
Nichts…
Die Türe zu den Kerkern schlug auf einmal zu, und Snape sprang erschocken auf und ließ den Trank von Aureole auf den Boden fallen. Mit einem winzigen Aufschlag zerbrach die Flasche, und verteilte die grünliche Flüssigkeit auf den dreckigen Steinen.
Snape fluchte leise und sah sich nach dem um, der das Geräusch verursacht hatte.
Remus Lupin stand mit unschuldigem Blick auf dem Gesicht und mit einem Essenstablett vor ihm. "Tut mir leid, daß ich mit der Tür solchen Lärm gemacht habe. Hast du wegen mir was fallen lassen?"
Snape warf ihm einen Blick zu, der seinen üblichen Maßstäben nicht genügte, und räumte mit einem scharfen "Lavio!" die flüssige Sauerei auf. "Sieht so aus, Lupin." Er betrachtete das Tablett misstrauisch und bemerkte: "Es ist keine gute Idee, Lebensmittel hier herunter zu bringen. Was machst du damit?"
Remus trat vor und stellte das Tablett vor den Meister der Zaubertränke. "Ich bin vor ein paar Minuten in Knataloni Muddlestop gelaufen, sie sagte du arbeitest hier unten für sie. Du warst nicht beim Mittagessen, also dachte ich, ich sollte dir was zu essen bringen." Er lächelte fröhlich, setzte sich neben Snape und wartete.
Snape sah Lupin an als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen.
Remus seufzte und schob ihm das Tablett näher hin. "Komm schon Severus. Du musst Hunger haben; Das Frühstück ist Stunden her."
Snapes Augen verengten sich kurz, aber schließlich nickte er, und fing an, stumm zu essen.
Remus blinzelte. "Nun, das war leichter als ich erwartet habe. Ich schätze du hattest wirklich Hunger."
Er bekam keine Antwort. Snape aß langsam, und konzentrierte sich nur auf das Essen.
"Wirklich, Severus, Ich hätte gedacht, daß du mir etwas Widerstand leistest, oder mir wenigstens ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwirfst, wie sonst immer", brummte Remus in einem Versuch, eine nicht nur halbherzige Reaktion aus dem Mann heraus zu bringen.
Er bekam keine.
Der Werwolf seufzte und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. "Ich meine, ich hätte dein Essen mit Aureole vergiften können, und du hättest es nicht mal vermutet."
Bei diesem Kommentar wand sich Snape auf einmal, und sah Remus mit fast schuldbewusstem Ausdruck an. Remus fragte sich kurz, woher diese Reaktion kam, aber er beschloß das Thema zu wechseln, weil er befürchtete, seinen Kollegen aufzuregen.
"Wie war es heute im Unterricht?"
Snape nahm einen Bissen aus seinem Croissant und schluckte schnell. "gut."
"Nur gut?"
Snape sah auf, und begegnete zum ersten Mal seit Beginn des Gesprächs Lupins Augen. "Lupin, wenn du einen dramatischen Hinweis darauf suchst wie es mir geht, kannst du einfach wieder gehen. Ich komme alleine ganz gut klar."
Lupin verschränkte die Arme und sagte leise: "Das war fast überzeugend, Severus. Sag mir, hast du deinen Blick in letzter Zeit geübt, er ist nämlich nicht so drohend wie früher."
"Es gibt keinen Grund, drohend zu sein, es bringt nur nichts, wenn ich mir dir darüber streite ob ich esse oder nicht", antwortete Snape ruhig.
"Ah, aber siehst du, du hast die angedeutete Frage umgangen."
"Lupin. Ich bin müde."
"Das ist eine Ausrede. Du hast viel geschlafen… in letzter Zeit."
"Ich habe schlecht geschlafen."
"Alpträume?"
"Albus lässt mich keinen Trank für traumlosen Schlaf nehmen."
Lupin seufzte genervt. "Und wieder, Snape, bist du meiner Frage ausgewichen."
"Ich entschuldige mich, daß ich angefangen habe, mit meinen schlauen Antworten nachzulassen."
"Snape! Hör dir mal zu. Hör auf dich zu entschuldigen und REDE mit mir!" Lupin fuhr sich aufgeregt mit den Fingern durch seine grau werdenden Haare.
Snape lehnte sich zurück, wischte sich mit der Serviette den Mund ab und sagte erhaben: "Vielen Dank für das Essen. Jetzt habe ich viele Dinge zu erledigen, es wäre mir Recht, wenn du mich in Ruhe lassen würdest."
"Du machst mich sauer, Snape", seufzte Lupin, während er vom Tisch aufstand. "Nun, ich bin auch gekommen um dich zu warnen. Narcissa Malfoy ist im Schloß."
Auf einmal fing sich der Atem in Snapes Hals. ""Narcissa...?"
Lupin nickte grimmig. "Ja. Sie ist vor etwa einer Stunde angekommen, angeblich aufgrund der furchtbaren Tränkenote ihres Sohnes im letztem Jahr. Es ist eine ziemlich durchsichtige Entschuldigung, um ihrem Ehemann über dich Bericht zu erstatten, wenn du mich fragst."
"In der Tat", antwortete Snape. Es klang hohl.
Lupin beobachtete die verängstigten Augen und den abgespannten Mund seines Kollegen, und sagte: "Du bist hier gut geschützt, Severus. Albus würde nie zulassen, daß sie etwas versucht."
Snape nickte langsam, aber er entspannte sich nicht.
"Nun," sagte Lupin lahm, "ich muß eine Klasse unterrichten. Ich komme anschließend vorbei und sehe nach dir."
"Gut", murmelte Snape mit großen, leeren Augen. "Tschüß, Lupin."
"Tschüß", flüsterte Lupin, dann schloß er leise die Türe zum Kerker. Er wollte den Mann nicht wieder erschrecken.
* * * *
Ein schwarzer, kräftiger Hund und eine getigerte Katze saßen erwartungsvoll an der Tür zum Tränkezimmer. Als er sie sah, verdrehte Lupin die Augen und kicherte müde. "Es ist nicht schön wenn man lauscht, nicht einmal in Tierform."
Der Hund und die Katze sahen ihn unschuldig an.
Lupin seufzte. "Gehen wir an einen Ort, an dem wir uns alleine unterhalten können".
Einige Augenblick später betraten sie ein verlassenes Klassenzimmer, und Minerva und Sirius nahmen mit flüssigen Bewegungen wieder ihre menschliche Gestalt an. Ein kleiner Teil von Lupins Gedanken wünschte, seine eigenen Verwandlungen wären so elegant, aber er schüttelte den Gedanken ab und kam zur Sache. "Nun, Snape ißt. Ich schätze, das ist gut."
Minerva schürzte die Lippen und runzelte die Stirn. Ihr ernstes Gesicht strahlte Verwirrung und Sorge aus. "Was mir Sorgen macht ist, daß ihn nichts zu kümmern scheint."
"Nun, er war schon .. vorher nicht gut darin, seine Gefühle zu zeigen," warf Sirius ein.
Lupin schüttelte nachdrücklich den Kopf. "Das stimmt vielleicht, aber er ist auf keinen meiner Köder eingegangen. Früher hätte er mir für weniger fast den Kopf abgerissen. Wenigstens hätte er mich mehr angeschrieen, weil ich überhaupt mit ihm geredet habe."
"Ich schätze, die Möglichkeit eines freundlicheren und vorsichtigeren Snape schließen wir aus, ja?," seufzte Sirius.
Minerva machte ein leises, schnaubendes Geräusch. "Richtig. Der Mann hat nicht gezeigt, daß er freundlicher oder vorsichtiger ist. Er hat noch immer seine giftige Zunge, das versichere ich Ihnen." Jetzt verdunkelte sich das Licht in ihren Augen. "Er steht nur auf Autopilot."
"Er schien ziemlich stark zu reagieren, als du ihm von Narcissa erzählt hast", bot Sirius an.
Remus runzelte die Stirn und antwortete: "Ja, aber bestimmt nicht auf positive Weise."
"Kannst du ihm das vorwerfen? Sie ist die Ehefrau des Mannes, der vermutlich dafür verantwortlich ist, daß er überhaupt zurückgebracht wurde!", unterbrach Minerva mit vor Streß hartem Tonfall.
"Aber hatten sie und Snape...nicht etwas...als wir in der Schule waren?", fragte Sirius, wobei er Remus auf der Suche nach einer Bestätigung anblickte.
Remus schüttelte den Kopf. " Narcissa hatte ein Auge auf ihn geworfen, aber Snape war nicht interessiert. Sie ist ziemlich schnell darüber weggekommen und hat sich Lucius zugewandt, wie du dich vielleicht erinnerst."
Sirius zuckte die Schultern. "Geschwätz aus Slytherin hat mich nie so interessiert."
"Können wir zum vorherigen Thema zurückkehren, meine Herren?", fragte McGonagall ruhig. Beide Männer zuckten sichtbar zusammen, und setzten sich dann gerade hin. "Was machen wir mit Narcissa? Sie behauptet, sie müsste mit Severus sprechen. Nun sind wir aber sicher, daß sie für ihren Ehemann spioniert. Was machen wir?"
Es herrschte kurz Stille, als jeder die Möglichkeiten durchdachte. Remus fragte schließlich leise: "Was hat Dumbledore dazu zu sagen?"
Minerva seufzte. "Er ist geneigt, sie zu ihm zu lassen. Er vertraut darauf, daß Severus sein…altes selbst ist. Daß er die Note mit ihr bespricht und dann Dinge vorschlägt, die Draco tun könnte um sich zu verbessern."
Remus stöhnte und rieb sich die Stirn. "Es ist so AUFFÄLLIG. Wie durchsichtig kann man denn sein?"
"Nun, egal was sie für eine Ausrede hat, wir müssen sie nach Hogwarts lassen. Gegen Lucius wurde noch nichts ausreichend bewiesen, wisst ihr", murmelte Sirius mit etwas Bitterkeit in der Stimme.
"Warum kann sie nicht einfach mit Knataloni Muddlestop reden?", überlegte Remus laut. "Sie ist technisch gesehen der neue Meister der Zaubertränke."
"Die edle Dame hat den fieberhaften und spezifischen Wunsch geäußert, mit Severus, dem Freund ihrer Kindheit, zu sprechen", antwortete Minerva.
Eine weitere unangenehme Pause folgte.
"Nun, wir können die Dame nicht warten lassen", sagte Sirius endlich mit einem finsteren Blick auf seinem Gesicht "Ich frage mich, welche Wünsche sie hat wenn ich sie beiße", fügte er hinzu, bevor er sich ein einen riesigen schwarzen Hund verwandelte.
Minerva und Remus tauschten einen angespannten Blick und verließen das Klassenzimmer. Jetzt lag alles in Severus' Händen...
* * * *
Sie stand am Fuß der Treppe wie eine Königin, die die Geschichte vergessen hatte. In einem schmeichelhaften Grünton mit Andeutungen von schwarzer Spitze an den passenden Stellen sah Narcissa Malfoy aus wie die edle Dame, die sie zweifelhaft war.
Draco stand neben ihr und sah etwas überrascht aus, sie hier zu sehen.
"Oh mein lieber Junge. Wie war die Schule in diesem Jahr bisher?", sagte sie süß. "Du siehst wunderbar aus in deiner Quidditchuniform."
"Danke, Mum. Was hast du gesagt machst du hier?" Draco schien noch immer vom Anblick seiner Mutter in Hogwarts überrumpelt zu sein.
Narcissa lächelte und berührte mit einem Finger die Seite ihrer Nase. "Es ist kaum zu glauben, daß mein kleiner Draco schon 18 ist."
Dracos bleiches Gesicht wurde schnell rot. "Mutter!"
"Tut mir leid, Sohn. Ich bin hier, um etwas mit Professor Snape zu besprechen."
Draco zuckte zusammen, und wich vor Narcissa zurück als wäre sie eine Giftschlange. "Was…was willst du mit ihm machen? Ist Vater hier?" Er sah verzweifelt von einer Seite auf die andere, als könnte Lucius jeden Augenblick auftauchen.
"So viele Fragen. Natürlich werde ich gar nichts mit Professor Snape machen, Draco. Ich sehe nur nach wie es ihm geht. Wir sind schließlich zusammen zur Schule gegangen, erinnerst du dich?" Narcissa lächelte noch immer, aber etwas kaltes fing an, sich in ihren hübschen blauen Augen zu zeigen."
Draco nickte langsam und bewunderte den Teppich. "Natürlich, Mutter."
Die beiden standen da und sahen sich unruhig an. Auf einmal drehte sich Narcissa um, um ihren Sohn zu umarmen. "Draco, du weißt, daß ich dich liebe, oder? Auch wenn ich Dinge mache, die du nicht magst, so ist es doch für unser bestes."
Draco nickte, weigerte sich aber noch immer sie anzusehen.
"Ich mache etwas das man als schlecht ansehen könnte zum Wohl der Leute. Das ist eine Slytherineigenschaft", fuhr Narcissa fort, als sie die Umarmung löste und ihre weiche Stimme zu einem Flüstern senkte. "Es ist etwas bewundernswertes. Die Welt wäre ein viel ruhigerer, fairerer Ort, wenn Voldemort unser Führer wäre. Das weißt du."
Draco ging einen schnellen Schritt zurück, aber er brachte für seine Mutter ein kleines Lächeln zustande. "Natürlich, Mum. Ich bezweifle es nicht."
Sie fuhr ihm durch die blonden Haare. "Das ist mein Draco. Ich komme und sage dir später auf Wiedersehen."
Er winkte ihr ungeschickt und rannte davon. Narcissa sah ihm mit liebevollem Gesichtsausdruck nach.
"Mrs. Malfoy. Willkommen in Hogwarts!"
Sie drehte sich um, und sah Albus Dumbledore mit fröhlichen und warmen Augen hinter ihr stehen. Eine weniger freundliche Minerva McGonagall stand mit entschlossen vor der Brust verschränkten Armen hinter ihm.
Narcissa klebte sich ein Lächeln auf das Gesicht und knickste leicht. "Direktor. Wie schön Sie wieder zu sehen."
"Das Kompliment muß ich zurückgeben, Mrs. Malfoy. Ich habe gehört, daß Sie die Schule geschäftlich besuchen?"
Narcissa war nicht dumm. Sie verstand genau, was Dumbledore meinte. Sie musste aber das Spiel fortsetzen. "Unglücklicherweise muß ich das bejahen. Mein Draco ist ein intelligenter Junge, aber zwischen Quidditch und seinem sozialen Leben scheint seine Note für den Zaubertränkeunterricht abgesunken zu sein."
Dumbledore nickte mitfühlend. "Natürlich. Ich denke, Sie wollen sofort Professor Snape sehen?"
"Nun, ich bin heute ziemlich beschäftigt", antwortete Narcissa mit nachdenklichem Gesicht. Hinter ihrer blonden Stirn machten die Zahnräder ihres Gehirns Überstunden. Dumbledore und sein Stab hatten keine offensichtlichen Illusionen darüber, weshalb sie wirklich vorbei kam, aber Narcissa konnte sich nicht vorstellen, warum sie so komplett mitspielten. Sie war mit Sicherheit dankbar, aber überrascht.
"Dann bringe ich Sie gleich in die Kerker", sagte der Direktor nur. "Folgen Sie mir bitte."
Narcissa verbeugte sich wieder, und folgte Dumbledore pflichtbewusst. McGonagall bildete das Schlusslicht, und starrte Narcissa an, als würde sie einen knallrümpfigen Kröter vor sich sehen. Narcissa schickte der älteren Frau ein süßes Grinsen und fing sofort damit an, sie zu ignorieren.
Narcissa hatte die Kerker von Hogwarts schon eine ganze Zeitlang nicht mehr besucht. Sie hatte hier unten vor vielen Jahren Zaubertränkeunterricht gehabt, und sie unterdrückte ein Lächeln darüber, wie wenig sich die düstere Atmosphäre verändert hatte. Die Luft in den Kerkern war feucht und schwer, und viele beängstigende Schatten lauerten in jeder Ecke. Sie hätte 1000 Galleonen darauf verwettet, daß es bei kalten Wetter hier unten eisig wurde. Sie hatten mittlerweile die Tür erreicht, und Narcissa beendete ihre Gedanken plötzlich und fing an, sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren.
Snape saß mit einer erhobenen Augenbraue und leicht amüsiertem Geschichtsausdruck hinter seinem großen Schreibtisch. In seinen dünnen Fingern hielt er eine Feder die in rote Tinte getaucht worden war, und mit der er nachdrücklich einen großen Stapel aufgerollte Pergamente benotete. Als die Türe sich geräuschvoll öffnete, hob er den Kopf und nickte höflich.
"Hallo Mrs. Malfoy. Ich höre Sie wollte mich sprechen?"
Narcissa hatte Schwierigkeiten mit ihrer Antwort. Nach den Gerüchten die sie gehört hatte, hatte sie halb erwartet, einen wilden, blicklosen Mann zu sehen der bei jedem Geräusch auffuhr und seine Existenz verfluchte. Hier stand der Severus Snape an den sie sich von der Schule her erinnerte - arrogant, kühl, eine etwas zu große Nase, etwas fettige Haare, etwas durchdringendere Augen als gut für ihn war. Sie dachte endlich daran, etwas zu sagen.
"Ja. Ja! Mein Draco hat Schwierigkeiten im Tränkeunterricht."
"Wir werden Sie Beide Ihrer Besprechung überlassen", unterbrach Dumbledore. "Minerva und ich sind gleich vor der Türe. Nehmen Sie sich so viel Zeit wie Sie brauchen."
Mit einem freundlichen Winken riß er McGonagall richtiggehend aus dem Zimmer, und schloß fest die Türe.
Snape beugte sich über den Tisch, legte vorsichtig die Feder ab, und faltete die Hände. "Sie machen sich Sorgen um Dracos Leistungen im Unterricht?"
Narcissa nickte, und wünschte, er würde sie bitten sich zu setzen. Es sah Snape ähnlich, jemanden für die einfachsten Aufgaben dazu zu zwingen sich unterzuordnen. Sie kam sich vor wie einer seiner Fünftklässer. Sie fing an den Mann zu studieren und sich geistige Notizen von dem zu machen das sie sah, um es Lucius zu berichten.
Er war etwas dünner als sie ihn in Erinnerung hatte. Seine Haare waren auch etwas länger, und ordentlich zu einem Pferdeschwanz gebunden. Es war keine sonderlich schmeichelnde Frisur, aber andererseits war Snape niemand, der sich sonderlich darum kümmerte, wie er aussah. Seine Lippen waren zu einer ungeduldigen Grimasse verzogen, eine weitere sehr charakteristische Eigenschaft von Snape, an die sie sich erinnerte. Das einzige, das nicht ganz in ihre Erinnerung passte, war der seltsam leere Blick in seinen glitzernden Augen. Sie waren wie zwei Klumpen Kohle.
"Draco war immer gut in der Schule, Professor. In letzter Zeit habe ich aber bemerkt, daß seine Noten, vor allem für Zaubertränke, nachlassen", antwortete sie ruhig.
Snape nickte. "Ich habe seine Fortschritte der letzten 8 Monate überprüft, und ebenfalls gesehen, daß er nachließ."
"Was können wir tun um es zu bessern? Ich will, daß er in diesem Jahr gut auf die UTZ-Prüfungen vorbereitet ist."
"Er wird vorbereitet sein, Mrs Malfoy, wenn er sich anstrengt. Draco ist ein intelligenter Junge, aber er ist sehr mit Quidditch und ... anderen Tätigkeiten beschäftigt." Snape ließ seine Stimme am Ende des Satzes etwas langsamer werden, und Narcissa ihre eigenen Schlüsse ziehen.
Sie schluckte den Köder nicht. Stattdessen sah sie nachdenklich aus und fragte langsam: "Er wird sich sehr anstrengen müssen, wenn er wieder so gut werden will wie vorher."
Er hob eine Augenbraue. Offensichtlich erkannte er, daß sich der Gesprächston änderte. "Tatsächlich, Mrs. Malfoy. Er kann es schaffen wenn er will, aber es wird nicht leicht."
"Es ist nicht nur seine Schuld, wissen Sie", meinte Narcissa. "Er ist in die 7. Klasse gekommen... all die Möglichkeiten die ihn umgeben... es ist wie ein ganz neues Leben. Er könnte in jede Richtung gehen wenn er will."
"In der Tat", antwortete Snape mit angehackter, angespannter Stimme. "Es liegt nur an ihm."
"Manchmal", flüsterte Narcissa, "frage ich mich ob es ihn überhaupt kümmert, wie er endet. Ich frage mich ob er sich vorstellt, daß er sein ganzes Leben lang von seinen Eltern versorgt wird."
"Vielleicht."
Er zog sich vor ihr Zurück, sowohl in seinem Tonfall als auch in seiner Körpersprache. Narcissa fuhr mit ihrer Litanei fort. "Er kann nicht einfach verschwinden wohin immer er will. Es gibt viele Menschen die sich auf ihn verlassen, ebenso wie seinen Familiennamen um den er sich kümmern sollte."
"Ja."
Narcissa sah, daß Snape etwas blaß wurde, und lachte fast triumphierend, als er unbewußt mit einer Hand über seinen linken Unterarm fuhr. Es war an der Zeit, ihren Vorteil voll auszuspielen.
"Und doch, egal wie weit er sich von uns entfernt, er hat immer einen Platz in unserer Familie. Egal was er macht oder wohin er geht…," sie machte eine lange, großartige Pause, "...er wird immer ein Teil von uns sein. Er ist unser Kind, und wir werden uns um ihn kümmern, wie wir es für richtig halten, egal was er getan hat. Er kann seinem Schicksal nicht entkommen."
Snape beobachtete unruhig die kalte Feuerstelle. Sie bemerkte, daß er leicht schauderte, und sie fragte mit spöttischem Tonfall: "Was ist denn, Severus? Ist dir kalt?"
Wortlos schüttelte er den Kopf. Seine Augen waren groß und leer. Jedes seiner Glieder hatte angefangen zu zittern. Narcissa lachte leise. Er war also nicht so völlig geheilt, wie er anfangs hatte tun wollen.
"Du zitterst, Severus", sagte sie herablassend, während eine ihrer glatten Hände sich auf seinen Rücken legte. Sie fing an, vorsichtig mit einer Fingerspitze sein Rückgrat nachzufahren. "Warum machst du nicht das Feuer an?"
Er sah sie nicht an, und schien sie auch nicht zu hören. Dennoch streckte er einen Finger aus und murmelte "Incendio!" Ein fröhliches Feuer erwachte flackernd zum Leben.
Narcissa wich vor ihm zurück. "Wie hast du das getan?", fauchte sie leise.
"Was getan?", fragte Snape abwesend.
Sie drehte sich um und starrte ihn anklagend und mit nicht wenig Furcht in den Augen an. "Du hast ohne einen Zauberstab Magie gemacht. Wie?"
"Ich... Ich weiß nicht...", stammelte er. Sein vorher ruhiges Gesicht trug jetzt einen aufgelösten, wilden Blick.
"Wie hast du es gemacht?" Narcissas Augen funkelten, und sie machte schnell einen Schritt auf ihn zu. "Zauberer können das nicht! Es ist unmöglich…"
"Dumbledore sagte...", versuchte es Snape.
"Wenn Dumbledore gesagt hat, daß Zauberer das können, hat er GELOGEN!", schrie Narcissa. "Zauberer und Hexen MÜSSEN ihre Zauberstäbe benutzen." Sie machte eine Pause und atmete durch, um sich zu beruhigen. "Vielleicht gibt es einmal in 1000 Jahren einen erfolgreichen Spruch ohne Zauberstab. Aber das ist eine Seltenheit. Menschliche Körper können reine Magie nicht ertragen, die so durch sie fließt!"
Dumbledore und McGonagall wählten diesen Augenblick um durch die Türe zu stürmen.
"Wie läuft es?", fragte Dumbledore fröhlich.
"Wir haben Geschrei gehört", stellte Minerva mit einem drohenden Schritt auf Narcissa zu klar. Snape lehnte sich an die Wand und sah aus wie in... dieser Nacht. Seine Augen waren groß, blicklos, und sein Atem kam in unregelmäßigen Stößen. "Geht es dir gut, Severus?"
"Alles in Ordnung!", unterbrach sie Narcissa, die ihre Sachen einsammelte. "Wir haben jedes Problem geklärt. Ich denke wir wissen jetzt was zu tun ist", fauchte sie, während sie dem Tränkeprofessor einen dunklen, nachdenklichen Blick zuwarf. "Wenn es Ihnen nichts ausmacht, ich muß jetzt einkaufen."
"Natürlich, Mrs. Malfoy. Hagrid wird Sie hinausführen. Es ist die erste Treppe links."
"Danke, Direktor", sagte Narcissa mit einem ziemlich hastigen Knicks, bevor sie schnell das Zimmer verließ.
McGonagall und Dumbledore eilten zu Snape.
"Severus, können Sie mich hören?", fragte Albus besorgt.
"Soll ich Poppy holen?", hauchte Minerva.
Snape stöhnte leise und schüttelte den Kopf. "Nicht nötig. Mir ist nur etwas… schwindelig."
"Warum? Hat sie dich verflucht?", fragte Minerva, wobei sie seine Stirn fühlte.
Er schlug ihre Hand mit einem recht guten finsteren Blick zur Seite. "Nein. Ich habe nur das Feuer ohne Zauberstab angezündet, das ist alles."
"Schon wieder?", murmelte Dumbledore. "Du kannst das immer noch?"
"Offensichtlich. Ich habe es getan ohne nachzudenken." Snape richtete sich auf, und auf einmal verzog sich sein Gesicht zu etwas angsterfüllten. "Ich kann nicht glauben, daß ich so dumm war. Sie WEISS es, Albus, und jetzt sagt sie es Lucius."
"Severus, es ist nicht dein Fehler", sagte Dumbledore leise.
"Wessen verdammter Fehler ist es denn?", gab Snape zurück. "Der einzige Mensch bei dem ich nicht hätte durchdrehen sollen, und..." Er brach plötzlich ab, und der kranke Gesichtsausdruck verschwand in einen seltsam leeren Abgrund. "Egal", fuhr er fort, und dieses Mal war seine Stimme ruhig und distanziert. "Ich muß einfach mit den Konsequenzen leben."
Er nickte Dumbledore und McGonagall kurz zu, und rauschte aus dem Kerker.
Sie sahen ihm einige Augenblicke lang nach, bevor sich eine aufgelöste Minerva an den Direktor wandte. "Er sollte Magie nicht ohne Zauberstab benutzen können. Nicht einmal ein einziges Mal... Etwas ist nicht in Ordnung."
"Er macht es die ganze Woche schon und ist nicht stark davon beeinflusst worden", antwortete Dumbledore, dessen Augen einen besorgen Ausdruck annahmen.
"Das ist nicht was ich meine, und das wissen Sie", sagte McGonagall scharf. "Ich fürchte, ich muß mich Narcissa anschließen. Menschen können keine Sprüche nur mit den Händen ausführen. Snape kann das nicht tun."
In Dumbledores Augen blitzte blaues Feuer auf. "Sagen Sie, daß der Mann, der gerade diesen Raum voller aufgewühlter Gefühle verlassen hat, nicht Severus Snape ist?"
"Nein, Albus", seufzte McGonagall, und ihre Stimme war mit resigniertem Mitleid gefüllt. "Ich sage, daß Severus Snape nicht mehr menschlich ist."
Dumbledore machte eine Pause, und sein Gesichtsausdruck erinnerte an einen kleinen Jungen der sich verlaufen hatte. "Minerva..."
"Ich wollte es nicht sagen, und ich will es nicht denken, aber es könnte so sein", sagte Minerva leise.
"Das bedeutet nicht, daß wir nicht alles in unserer Macht stehende tun sollten, um ihn ins Licht zurück zu führen!", gab Dumbledore zurück.
Minervas Augen wurden weich. "Natürlich nicht. Was er ist... es ist egal. Er ist Severus, ganz egal was sonst."
"Genau. Ganz egal", sagte Dumbledore fest. "Bis wir es aber sicher wissen, sollten wir mit ihm nicht darüber sprechen."
"Ich stimme Ihnen zu." McGonagall nickte. "Gibt es einen Test, den wir durchführen können, um es mit Sicherheit herauszufinden?"
"Ja, ich glaube es gibt einen Trank der gebraut werden kann um Menschlichkeit zu zeigen. Er wurde vor vielen Jahren bei Prozessen gegen Werwölfe und Vampire benutzt."
"Dann benutzen wir ihn," sagte McGonagall "aber egal was das Ergebnis ist, es bedeutet gar nichts."
"Gar nichts", stimmte Dumbledore zu.
Mit dieser Abmachung gingen sie still die Treppe hinauf und verließen die Kerker. Das Feuer blieb unbeachtet, und ohne jemanden der sich um seine leuchtenden Flammen kümmerte verwandelten sich die roten Funken nach einigen Stunden in kalte, tote Asche am Grund der Feuerstelle.
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