Kapitel 4
Harry Potter hatte vergessen wie man atmet. Man hätte denken sollen, daß er nach 18 Jahren Übung ein Experte darin gewesen wäre, aber auf einmal war das Wissen darum aus seinem Gedächtnis gelöscht.
Vielleicht hätte Harry irgendwann eine Lösung für sein Atemproblem finden können, hätte er nicht mit offenem Mund voller Angst die dreckige Gestalt von Professor Severus Snape, frisch aus dem Grab, angestarrt.
Direktor Dumbledore hatte einen weiteren Schritt auf die schaudernde Gestalt vor ihnen zugemacht. Er war mit Abstand am wenigsten von der Situation erschüttert. Alicia Spinnets Mund war aufgefallen, ihr Atem ging schnell, und sie hielt ihren Zauberstab fest in ihrer Faust an ihrer Seite. Ihre Augen waren vor Schock glasig, und mehr als reiner Schrecken lief in einem wütenden Gefühlsausbruch durch sie. Der andere Auror, Adrian Pucey, hatte einen zögernden Schritt auf seinen alten Hauslehrer zugemacht, aber es war keine willkommenheißende Geste. Es war deutlich, daß er auf gleicher Höhe mit Dumbledore bleiben wollte, falls der ältere Zauberer Schutz brauchte.
McGonagall hielt sich mit Harry zurück. Ihre spinnenartigen Hände schienen dauerhaft an ihrem Mund befestigt zu sein. Minervas sonst zurückhaltende Augen zeigten eine unruhige Mischung aus Abscheu, Hoffnung, Schuld, Sorge und grenzenlosem Mitleids, zusammen mit einigen Gefühlen, die Harry nicht erkennen konnte.
Seltsamerweise fühlte Harry nur wenig Angst vor der armseligen Gestalt, die nur ein paar Meter von ihm entfernt stand. Er hatte mehr Angst vor Snape gehabt, wenn er durch das Tränkeklassemzimmer gewirbelt war, als vor diesem unheimlichen zerstörten Tier, das Grauen auszuströmen schien.
Dumbledore hatte ein paar erfolgreiche Schritte auf Snape zu gemacht, bevor Snape ein seltsam gurgelndes Stöhnen von sich gab und schnell zurück wich. Harry fing an sich Dumbledore zu nähern, aber er wurde von einem starken Arm aufgehalten, der ihm im Weg war. “Wa…?”
Adrian kniete neben Harry. Seine dunklen Augen waren durchdringend. “Versuch dem Direktor nicht zu schnell zu folgen, Harry. Wenn zu viele von uns auf einmal auf ihn zugehen, läuft Snape wahrscheinlich weg.“
"Ich muß etwas tun!” protestierte Harry. Er versucht sich unter Adrians Arm durchzuducken.
Adrian machte einen schnelle Bewegung mit seinem, Zauberstab, und Harry schwebte zwangsweise ein paar Meter zurück . „Harry, es tut mir leid. Aber sicher erinnerst du dich daran, daß Snape dich nicht allzu gern hatte, als er noch lebte, oder?”
Adrian seufzte über Harrys dunklen Gesichtsausdruck. Sein müdes Lächeln war nicht ohne Mitgefühl. “Ich weiß, daß es in diener Gryffindornatur liegt etwas zu unternehmen, aber manchmal muß man einen vorsichtigeren Weg wählen. Snape hat Dumbledore bedingungslos vertraut. Wenn jemand zu ihm durch dringen kann, dann ist das Dumbledore."
Harry gefiel es nicht, aber er wusste, daß der Auror recht hatte. Er nickte eine beleidigte Zustimmung, und kehrte an Professor McGonagalls Seite zurück.
Dumbledore stand nur noch etwas über einen Meter von Severus Snape entfernt. Seine Hände hielt er in unbedrohlicher Haltung an seiner Seite und sein Kopf war leicht gesenkt, aber er hielt seine blauen Augen auf Snape. Leise fragte er: „Kannst du mich hören, Severus?“
Wenn Snape ihn wirklich gehört hatte, gab er es nicht zu erkennen. Snape wich wieder zurück, und fing, an verzweifelt nach rechts und links zu sehen. Es war als hätte er Angst, er könnte nirgendwohin fliehen, wenn Dumbledore zu nahe kam.
Dumbledore versuchte es wieder mit beruhigender, freundlicher Stimme. „Erinnerst du dich an etwas? Weißt du wer du bist?”
Wieder kam keine Reaktion von Snape, aber Harry hätte schwören können, daß der frühere Tränkeprofessor einen Augenblick lang Dumbledore in die Augen gesehen hatte, bevor er schnell auf den Wald blickte, der ihn umgab.
Mittlerweile war McGonagall mit entschlossenem Blick auf dem Gesicht vorgetreten. Ihr Mund bildete eine dünne Linie. “Wir versuchen zu Ihnen durchzudringen, Mr. Severus Snape", sagte sie in dem schroffen Tonfall, den Harry gut aus den Verwandlungsstunden kannte. „Bitte geben Sie zu erkennen, daß Sie uns hören können, wenn’s recht ist.“
Bei McGonagall's unnachgiebiger Stimme riß Snape den Kopf hoch und starrte sie voll und berechnet an. Seine blutenden Hände ballten sich kurz zu Fäusten. Mit zusammengebissenen Zähnen und einem Blick in den Augen, der schmerzhaft anzusehen war, nickte er.
Ein hörbarer Erleichterungsseufzer kam von den vieren. Dumbledore ließ nicht zu, daß sich dieser kleine Sieg auf seinem Gesicht zeigte.
"Erinnern Sie sich daran wer wir sind?“, fragte Dumbledore wieder, wobei er einen weiteren keinen Schritt nach vorne machte. Snape stand nur da, die Augen noch immer auf McGonagall gerichtet, die etwas unter seinem durchdringenden Starren schauderte. Ein weiterer kalter Windstoss, und Snapes dreckige Haare tanzten wie die Fetzen einer alten Fahne. Dumbledore gab diese eine Frage auf und versuchte es mit neuen. „Bist du müde, Severus? Möchtest du heim gehen?”
Adrian hustete vorsichtig. “Sind Sie sicher, daß es eine gute Idee ist, ihn nach Hogwarts zu bringen, Sir? Wir…wir wissen nicht, ob es wirklich Snape da drinnen ist.”
Dumbledore wandte sich plötzlich wütend an den Auroren, und es wurde deutlich, warum ihn seine Feinde so fürchteten. In den sonst ruhigen blauen Augen des Direktors glühte wütendes Feuer, und er antwortete mit leiser Stimme um den Meister der Zaubertränke nicht zu erschrecken: “Snape ist sehr wohl ‘da drinnen’, Mr. Pucey. Ich kann ihn fühlen.“
Alicia biß sich auf die Lippe, und ein Kampf lief schnell in ihrem Gesicht ab. Schließlich biß sie die Zähne zusammen und stellte sich auf Puceys Seite. „Ich glaube mein Stellvertreter versucht uns zu sagen, dass, auch wenn er funktioniert zu haben scheint, der Spruch im Endeffekt nicht beendet wurde. Vielleicht fehlen nur die letzten paar Augenblicke, aber er war dennoch unvollendet. Ist es gescheit, eine so unbekannte Menge nach Hogwarts zu bringen?“
Dumbledores Blick richtete sich auf sie, und sie zuckte zusammen und sah zu Boden. Dumbledore platzte heraus: “Ich habe in meinen vielen Jahren Fehler gemacht, Ms. Spinnet. Ich habe diesen Mann, den Sie vor sich sehen, einmal zurückgewiesen, vor langer Zeit, als er ein Schüler war. Dieser Fehler meiner Einschätzung hat ihn alles gekostet. Ich habe nicht vor, denselben Fehler zweimal zu machen.“
Als wollte er Snape dazu bringen ihn zu bestätigen, bekamen Dumbledores Fragen einen bittenden Tonfall. „Severus, was können wir tun um dir zu helfen? Sprich mit uns, bitte!”
Snape antwortete nicht, wieder schossen seine Augen zwischen den Bäumen hin und her, und blieben hin und wieder auf dem Grabstein einige Meter von ihm entfernt liegen. Der Wind, der die düsteren Bäume peitschte, war alles das sie hören konnten.
Die Stille, die Kälte und der Angstschweiß wurden für Harry unerträglich. Er trat vor und schob Adrians Arme zur Seite. “Snape!” brüllte er. “Warum sagen Sie nichts?“
Snapes volle Aufmerksamkeit lag auf einmal auf Harry, und seine wilden Augen verengten sich in wütender Erkenntnis. Harry musste seinen ganzen Mut aufbringen, um nicht vor dem angsteinflößenden Blick seines früheren Lehrers zurückzuweichen. Harry unterdrückte seine wachsende Unruhe und machte drei lange Schritte, bis er genau vor ihm stand, wobei er sich weigerte, den Blickkontakt zu unterbrechen. „Nun? WARUM reden Sie nicht?”
"Harry! Zurück!”, widersprach Dumbledore, und er machte ein paar schnelle Schritte, um Harry weg zu ziehen.
"WARUM SAGEN SIE NICHTS?”
Ein seltsamer Blick kam plötzlich über Severus Snapes Gesicht. Seine Augen waren noch immer voller Panik, und sein Atem klang noch immer hohl in seiner Brust, aber das leise Zischen von Selbstverachtung in seiner Stimme war unerkennbar. „Was, Potter, soll ich denn sagen?”
Harry schauderte bei der vorsichtig kontrollierten Wut in seiner Stimme, aber er wich nicht zurück. „Ich weiß nicht, Sir“, antwortete er vorsichtig, als würde er fürchten, daß seinem Haus Punkte abgezogen wurde. „Vielleicht könnten Sie uns sagen was wir tun können ... um z-zu helfen
Snape beobachtete ihn genau, als würde er Harry Potter zum ersten Mal sehen.. Harry konnte hören wie McGonagall aufgeregt mit Dumbledore über seinen Durchbruch redete, und er hörte Adrians Erleichterungsseufzer. Harry drehte sich nicht um, um seine Begleiter anzusehen; er war zu sehr damit beschäftigt, auf die unausgesprochene Herausforderung zu reagieren, die klar in Snapes Augen geschrieben stand. Er würde keine Schwäche zeigen; er würde das zerbrechliche Band nicht verlieren, das sich zwischen ihren Blicken bildete. Snape unterbrach plötzlich den Blickkontakt, sah hinter Harry auf Dumbledore und sagte mit stockender, verlorener Stimme: „Ich ... ich habe etwas gesucht. Es ist weg und ich kann es nicht finden.“
McGonagall trat näher, ebenso wie die Auroren. Dumbledore fragte mit freundlichem Tonfall: “Was suchen Sie, Severus?“
Die Augen des Meisters der Zaubertränke schossen auf McGonagall zu, dann auf Harry. Er öffnete den Mund um zu antworten, schien es sich anders zu überlegen und fragte stattdessen: „Wo sind wir?“
McGonagall und Dumbledore tauschten einen besorgten Blick. McGonagall antwortete zuerst. “Wo denken Sie denn, daß wir sind, Severus?”
Snapes scharfer Blick rostete auf einmal ein, und er blickte mit gehetzten Augen in den Himmel auf, als wäre er in vollem Wachzustand in einem Alptraum gefangen. „In der Hölle. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher wie vorhin.”
"Hölle?" fragte Harry erschrocken. “Sie sind nicht in der Hölle! Professor Snape, wir sind auf dem Gelände von Hogwarts! Sie haben hier unterrichtet! Erinnern Sie sich an den Tränkeunterricht?“
Snape schien plötzlich wieder in die Wirklichkeit zurück zu kehren, und bedachte Harry mit einem bißchen seines alten Giftes. „Mir sind meine früheren Anstellungen durchaus bewusst, Potter. Ich versuche nur herauszufinden wie lange ich… weg war.”
Dumbledore legte Snape eine Hand auf die Schulter, und dieser schüttelte sie schnell ab, als würde es ihm weh tun. Dumbledore versuchte die Sorge in seinen Augen zu verbergen, als er fragte: „Severus, es ist von äußerster Wichtigkeit, daß wir besprechen, was heute Abend hier passiert ist. Wir müssen aber in die Sicherheit von Hogwarts zurückkehren. Können Sie zum Schloß laufen? Haben Sie Schmerzen?”
Die Auswirkungen dieser einfachen Frage waren außerordentlich. Snape sah den Direktor an, und sein Gesichtsausdruck lag an der Grenze zur Ungläubigkeit. Dann verwelkte und erstarb die Panik in Snapes Augen so schnell wie sie aufgeblüht war, und hinterließ wenig in der tiefe seiner Augen außer rauchgrauer, toter Blütenblätter. Snape neigte seltsam den Kopf, fast wie zu einer formellen Verbeugung, und lachte dann lange und kalt. Er machte den ersten Schritt in die Richtung der Gruppe. Seine blutigen Hände zuckten an seinen Seiten und er sagte mit metallischem Tonfall: „Ich habe keine Schmerzen, Direktor. Ich kann eigentlich gar nichts fühlen.“
Er machte auf dem Absatz kehrt und ging davon ohne darauf zu warten, daß die überraschte Gruppe mit ihm kam, und mit einem Schrecken und nervös getauschten Blicken, die sie sich zuwarfen, fingen sie an, dem wirbelnden schwarzen Mantel und dem verfilzten Haar auf das Licht von Hogwarts zu zu folgen.
Der Mond hatte noch nie so entfernt ausgesehen.
* * * *
Mit einem letzten schmerzhaften Stöhnen kam Lucius in dem abgedunkelten Schlafzimmer an, das er mit seiner Frau Narcissa teilte. Durch den Schleier schmerzender Muskeln machte er sich eine geistige Notiz, daß er ihr dafür danken musste, daß sie ein paar Kerzen brennen gelassen hatte, damit er sehen konnte, was er tat. Er zuckte zusammen, riß sich den Mantel vom Körper und ließ ihn auf dem Boden liegen wie einen verletzten Körper.
Er ging zum Spiegel und betrachtete die Schnitte auf seiner linken Wange, die noch immer leicht bluteten. Der Spiegel machte ein Geräusch, das ehrliches Mitleid ausdrückte und sagte leise: “Mein armer Meister. Sie haben ganz bestimmt schon bessere Tage gesehen, wie?“
Lucius warf dem Spiegel einen tödlichen Blick zu, und er wurde still. Das einzige das ihm noch fehlte war, daß die Möbel anfingen, Witze über ihn zu reißen. Er knöpfte die Knöpfe seines Hemdes auf, und streifte seine Stiefel ab, bevor er sich auf das riesige Bett sinken ließ.
Er hatte sie nicht aufwecken wollen und vielleicht hatte er das auch nicht getan. Sie lag nur da, mit ruhigen, erwartungsvollen Augen, und ihre weichen weißen Hände waren halb in der weichen Wolke ihres nach Pfirsich duftenden Kopfkissens vergraben.
"Mein Lucius," murmelte sie. “Du kommst spät nach Hause.”
"Du bist früh zu Bett gegangen”, erinnerte er sie, während er sich hinüber beugte und sie auf die Stirn küsste. „Wie geht’s deinem Kopf?“
"Vor zwei Stunden hat er furchtbar weh getan, aber jetzt ist es besser. Die Hauselfen haben mir einen trank gegeben.” Sie runzelte die Stirn und berührte die Hand ihres Ehemanns. „Du siehst müde aus, mein Lucius. Was hat er dir heute Abend angetan?”
Lucius beugte sich hinüber und fing an mit dem Zeigefinger ihre Nase nachzufahren. Sie schlug seine Hand besorgt weg und setzte sich auf, wobei das Bett leise quietschte. Sie strich ihm die weißblonden Haare aus den Augen und bemerkte: „Du hast meine Frage nicht beantwortet.“
Lucius seufzte lange und frustriert und ließ seinen Kopf auf das Kissen fallen. “Es war eine lange Nacht, Narcissa. Bitte laß mich ausruhen.“
Sie rührte sich nicht, sondern starrte ihn nur in stummem Protest an.
Lucius stöhnte und rieb sich das Gesicht. „Gut! Gut, ich sage dir was passiert ist, und dann lässt du mich schlafen?“
Sie lächelte und kuschelte sich als Antwort an ihn. Lucius seufzte wieder und fing an:
"Heute Nacht hatten wir einen wichtigen Auftrag, der von einer kleinen Armee Auroren im allerletzten Augenblick zunichte gemacht wurde. Wie zu erwarten war, war der dunkle Lord nicht begeistert. Offensichtlich konnte ihn der kleine Erfolg, den wir aus den Überresten der Mission erlangen konnten, zufrieden stellen, genug, so daß ich nicht umgebracht wurde.“
Narcissas blaue Augen waren voller resignierender Trauer. Sie fuhr mit einem Finger federleicht über Lucius’ Brust und sagte: “Der Cruciatusfluch.“
Es war keine Frage.
Lucius zog eine leichte Grimasse. „Zweimal.“
Sie stöhnte leise und legte sich auf ihn um ihn leicht auf die Lippen, die Augenlider, das Kinn und die Nase zu küssen. Als sie sich zufriedenstellend davon überzeugt hatte, daß er lebte, wurde sie ruhig und rollte sich in seinen Armen zusammen wie eine Katze.
Lucius fragte belustigt: “Bist du jetzt fertig?”
Ihre Finger hielten seine Haut fest, und sie atmete nahe an ihm. “Erst wenn er es auch ist.”
Sie saßen einige Minuten lang so da. Er streichelte leicht ihr Haar, und sie zählte seine Herzschläge.
Er sagte leise in die Nachtluft: “Es ist bald vorbei, Narcissa. Wenn der dunkle Lord in der Lage ist, einen wichtigen Zug gegen Dumbledore zu unternehmen, wird sich alles ändern.“
Narcissa nickte. Die Bewegung ihrer Haare kitzelten seine Brust. “Ich weiß das. Ich wünschte nur, es würde schnell passieren.”
Er kicherte leise zur Antwort. “Tun wir das nicht alle.”
Lucius war fast eingeschlafen als er ihre leise Frage hörte: “Was war eure Mission heute Nacht?“
Er holte angespannt Luft und antwortete: “Du erinnerst dich an Severus Snape, oder?”
"Den Meister der Zaubertränke?“ ihre Stimme zeigte deutlich ihre Verwirrung.
„Der Verräter. Wir sollten ihn als Strafe für seine Verbrechen von den Toten zurück holen.“
Es folgte eine unruhige Stille, und Lucius konnte den warmen Körper seiner Frau fühlen, der sich über dem seinen verspannte.
"Hat es funktioniert?”
Lucius legte eine Pause ein. „Er wurde auferweckt, aber nicht völlig. Er kam vielleicht... falsch zurück.“
Ihre Muskeln verspannten sich noch mehr, und Lucius verfluchte sich dafür, daß er ihr diese Wahrheit gesagt hatte. Er erwartete wütende Anklagen, aber er bekam nur die Frage: „Wie, falsch?“
„Ich weiß nicht.“
Stille senkte sich wieder auf sie wie ein Rabenschwarm. Sie hatte nicht vor weiter zu fragen, das wusste Lucius, sie hatte zu viel Angst vor ihm.
Wütend schob er sie von sich und drehte sich um, so daß er mit dem Rücken zu ihrem Gesicht lag. „laß mich los.“
Er konnte Narcissas Überraschung fühlen, aber sie machte keine Bewegung, um ihn zu berühren. Sie holte Luft und sagte: „Lucius..."
Er unterbrach sie wütend. „Halt den Mund. Ich habe ein wunderbares Leben, Narcissa,. Ich arbeite schwer und wenn ich bei einer Mission versage, kehre ich zur völlig an Bedingungen gebundenen Liebe meiner Frau zurück, die zu dumm ist, um nicht nach Dingen zu fragen, die sie nicht mal ansatzweise verstehen kann.“
Narcissa war still, schauderte und lag stumm auf ihrer Seite des Bettes.
Als er wieder sprach, war seine Stimme gebrochen und traurig. „Bin ich so furchtbar, daß es sogar meine eigene Frau anwidert, mich anzufassen?“
Es kam keine Antwort.
Er zog die Knie enger an den Körper, schüttelte sein Kissen ein letztes mal auf und schloß entschieden die Augen. Er wollte gerade in wütende Träume abgleiten als er einen warmen, beruhigenden Arm fühlte der sich um seinen Körper legte und ihn vorsichtig drückte.
Er lächelte triumphierend und küsste die feinen Haare auf ihrem Arm, und schlief ohne Diskussion ein.
* * * *
"Hier ist mein Büro, Severus." Dumbledore sprach, als hätte er gerade die Brotscheibe erfunden, und er deutete fast theatralisch auf die sich öffnende Tür. Snape sah entfernt in die Gänge von Hogwarts und ging hindurch.
Er hatte kein Wort gesagt seit sie den Verbotenen Wald verlassen hatten.
Dumbledore winkte McGonagall, Harry und die beiden Auroren hinter sich hinein. “Und rein geht’s”, sagte er freundlich. „holen wir uns heißen Kakao um unsere Geschmacksknospen zu kitzeln und unsere Herzen zu wärmen.
Harry hatte kaum die Türschwelle überschritten als er einen lauten Schrei der Überraschung hörte, gefolgt von diversen kreativen Flüchen.
„Scheiß verdammte Hölle!“ Sirius Black stand kerzengerade da und seine dunklen Augen traten fast aus den Höhlen hervor. Er machte keine Anstalten, seinen weit offenstehenden Mund zu schließen, obwohl er die Geistesgegenwart hatte, mit seinem Zauberstab auf Snape zu deuten, der die ziemlich ungewöhnliche Reaktion, die er hervorrief, nicht zu bemerken schien.
Aufgrund der Aufregung rannte Remus Lupin herein, mit Hermine Granger und Ron Weasley auf den Fersen. Remus hielt sofort überrascht an, als er Snape sah, und Hermine und Ron stießen verwirrt mit ihm zusammen.
Unter anderen Umständen hätte die körperliche Komödie, die Harrys Freunde da aufführten, sehr lustig gewirkt. Harry war etwas zu sehr mit der Situation beschäftigt, um seine Aufmerksamkeit auf etwas anders zu lenken als den Tränkeprofessor, der mit leerem Gesichtsausdruck die Mauer anstarrte.
"Wa... was zum Teufel macht DER hier?”, stotterte Sirius, wobei er wütend auf Snape deutete. Remus verbarg seinen Schrecken schnell und legte in freundlicher Warnung eine Hand auf Sirius’ Schulter.
Snape schien aus seinen Gedanken gerissen zu werden, warf Black einen spöttischen Blick zu und murmelte: “Na, ICH habe das sicher nicht gewollt.”
Sirius kam zu Harry herüber und umarmte den genervten 18jährigen fest. “Bist du in Ordnung? Verschwinde uns nicht so!”
Harry ließ sich von Sirius umarmen, befreite sich dann aber. „ich bin in Ordnung. Ich war mit ihnen,“ er deutete auf die Auroren und die Professoren, „im Verbotenen Wald. Meine Narbe hatte weh getan.“
Sirius’ Augen wurden groß vor Sorge und er fragte: „Deine Narbe? Warum…hatte er was damit zu tun?“ Er starrte Snape anklagend an.
Dumbledore trat vor und hob die Hände um Sirius zu beruhigen. „Es gibt viele Fragen die beantwortet werden müssen. Tauschen wir jetzt nicht Worte, die wir später bedauern. Kommt mit, setzen wir uns und trinken wir Kakao, und besprechen wir die Angelegenheiten,” er sah schnell nach Snape, „und machen wir dich sauber, Severus. Minerva-!"
McGonagall nickte. “Ich wecke Poppy.” Mit einem letzten Blick auf Snape verließ sie das Zimmer.
Dumbledore verwandelte noch ein paar Stühle, und bald hatte jeder einen Platz, um sich zu setzen. Snape war der letzte, der sich auf einen Stuhl mit hoher Holzlehne setzte; jedes folgende Gespräch schien ihn nicht zu interessieren.
Ein dampfender Kessel mit heißem Kakao tauchte auf dem Tisch in der Mitte auf, und Harry nahm dankbar eine Tasse entgegen. Dumbledore ließ Stille über den Raum sinken, aber an dem fehlenden Geräusch war wenig friedliches. Ron und Hermine taten wenig außer ihren früheren Tränkemeister anzustarren, und sie tranken ihren Kakao mit schnellen Schlucken, die ihre Nervosität verrieten. Sirius Black starrte Snape weiterhin an, während Lupin versuchte zu tun, als wäre alles normal und als würden jeden Tag seine Kollegen von den Toten auferstehen. Adrian und Alicia waren damit beschäftigt, sich um die Marshmellows für ihren Kakao zu schlagen.
Überraschenderweise war Ron der erste der sprach. „Ich…äh… hab mir Sorgen um dich gemacht, Harry, als du nicht wieder ins Bett gekommen bist. Hermine war auch auf nachdem du geschrieen... ich meine nachdem deine Narbe weh getan hat. Also haben wir uns gedacht, wir würden mit Professor Lupin und Sirius warten, bis du zurückkommst.“
Harry nickte und lächelte seinen Freunden zu. „Mir ging’s gut. Ich wollte nur…sehen was draußen los war, denke ich. Mit der Kugel.“
“Sie ist zerbrochen.”
Beim Klang von Snapes Stimme fuhren alle herum. Er starrte seltsam auf Dumbledores Bücherschrank, aber Harry hatte das Gefühl, daß er ihn gar nicht sah. Snape fuhr in scharfem, leeren Tonfall fort: “Die Kugel ist zerbrochen, und dann war nichts mehr.”
Dumbledore legte eine Hand auf Snapes Schulter und zum zweiten Mal zuckte Snape vor der Berührung zurück. „Severus", sagte er leise. “Wollen Sie darüber reden?”
Snape sagte nichts, er nahm nicht einmal die Frage zur Kenntnis. Er starrte nur auf den Bücherschrank. Seine schwarzen Augen behielten ihren gehetzten Ausdruck.
Es klopfte an der Tür, und Dumbledore rief mit deutlich gezwungen fröhlicher Stimme: “Herein!”
McGonagall trat mit Madame Poppy Pomfrey, der Medizauberin der Schule, ein. Pomfrey erschrak nicht bei Snapes Anblick. Sie ging nur zu ihm hinüber und fing an, ihn nach Verletzungen zu untersuchen. Nur die leicht zitternden Hände, mit denen sie ihre Sprüche benutzte, verrieten ihre Angst. Snape machte keine Bewegung um sie abzuschütteln; er saß nur da und führte weiter seinen Starrwettkampf mit dem Bücherschrank aus.
Minuten vergingen mit immer leiser werdenden Gesprächen. Harry hatte sich in seinem Leben noch nie so unwohl gefühlt. Es war nicht nur die Situation, obwohl das sicher einen großen Teil seiner Unruhe auslöste. Die ganze Nacht fühlte sich andersartig und düster an. Als jugendlicher Zauberer war er an magische und mysteriöse Dinge gewöhnt, aber er war nicht an das erstickende Gefühl der Furcht gewöhnt, das seine Adern gefüllt hatte.
Seine Gedanken wurden von einem scharfen Atemzug aus Madame Pomfreys Richtung unterbrochen. Offensichtlich war er nicht der einzige, der seine Ängste überdacht hatte, denn alle außer Dumbledore fuhren bei dem Geräusch überrascht herum
"Meine Güte, Professor Snape, sie hätten gleich etwas über ihre Hände sagen sollen! Ich hätte sie sofort geheilt und sie nicht länger die Schmerzen aushalten lassen!“
Pomfrey hielt eine von Snapes zerschlagenen, blutigen Händen in der ihren und schimpfte mit ihm wie mit einem Schüler. “Was haben sie denn GEMACHT, um sie so zuzurichten?”
Snape starrte sie einige Augenblicke land mit leerem Gesicht an während sie ihn heilte und legte den Kopf schräg als würde er versuchen sich zu erinnern. Endlich sagte er leer: „Ich denke, ich habe mich am Holzdeckel von meinem Sarg gekratzt als ich versuchte rauszukommen.“
Pomfrey erstarrte und warf Dumbledore einen hilflos verängstigten Blick zu, bevor sie ihre Arbeit beendete. Lupin stöhnte leise und legte den Kopf auf die Hände. Sein müdes Gesicht war voller Mitgefühl. Es gab kein Geräusch im Zimmer, während Pomfrey ihre Arbeit beendete.
"Da, das war’s. Sie sind vollkommen gesund, Professor. Ich würde aber eine herzhafte Mahlzeit und etwas Schlaf empfehlen. Oh, und nehmen sie ein Bad, um den Dreck vom Gesicht zu bekommen,.“
Sie nickte der Menge professionell zu und verkündete: „Ich gehe wieder ins Bett. Zögern Sie nicht mich zu wecken, wenn Sie was brauchen.“
Dumbledore lächelte ihr dankbar zu. „Danke, Poppy."
Madame Pomfrey winkte und verließ das Zimmer. Harry hörte sie erleichtert seufzen, als sie die Tür schloß.
"So, Severus", bemerkte Dumbledore beiläufig. „Gibt es etwas das Sie möchten?”
Snape schüttelte langsam den kopf.
"Gibt es etwas das wir für Sie tun können?”
Dieselbe Reaktion.
Ein bettelnder Tonfall schlich sich in Dumbledores Stimme: "Severus, Ich weiß, daß das sehr schwer für Sie sein muß. Wenn Sie etwas besprechen wollen, egal was, werden wir Ihnen alle gerne zuhören.“
Ron und Sirius sahen bei dieser Bemerkung etwas beleidigt aus, waren aber gescheit genug, nichts zu sagen.
Dumbledore fuhr mit seiner Rede fort, und Harry musste sich fragen ob der Sprechende Hut ihn für seine Beharrlichkeit nach Hufflepuff geschickt hatte. „Es ist zweifellos etwas furchtbares das Ihnen zugestoßen ist, Severus. Aber ich hoffe, daß Ihnen klar ist, wie sehr Sie vermisst wurden. Es ist unbeschreiblich, Sie wider in diesem Raum zu haben. Ich bin sehr froh, Sie wiederzusehen.“
Etwas zeigte sich in Snapes Augen, und er sah den Direktor an, der ermutigend lächelte als er eine Reaktion erhielt.
Snape sagte: “Ich denke ich würde gerne baden.”
"Oh," seufzte Dumbledore. Er sah etwas niedergeschlagen aus. „Ja. Beim besten Willen, nehmen Sie ein Bad. Das Bad ist...”
"...zweite Tür links”, leierte Snape dumpf herunter. Er stand auf und stellte seine unberührte Tasse jetzt eiskalten Kakaos auf den Tisch. „Danke, Albus."
Er glitt wie ein Schatten aus der Tür und war verschwunden.
Eine unangenehme Stille breitete sich in der Luft aus.
McGonagall biß sich auf die Lippe und berührte beruhigend Dumbledores Arm. „Er wird am Anfang etwas abwesen sein, Albus. Denk dran was er durchgemacht hat.“
Dumbledore gab ihr Lächeln kurz zurück. „Ich weiß, Minerva. Ich mache mir nur Sorgen um ihn.“
Plötzlich wandte er sich an Harry, Ron und Hermine, und das Zwinkern kehrte, wenn auch in geringerem Ausmaß, in seine Augen zurück. „Habt ihr drei morgen nicht Unterricht?”
“Und ich unterrichte sie”, murmelte McGonagall boshaft. Lupin kicherte leise.
Harry nickte dem Direktor zu. “Ja. Ich schätze wir sollten besser ins Bett gehen, oder?”
"Das wäre vielleicht das klügste, Harry. Du wirst zu mir kommen, wenn deine Narbe wieder weh tut, ja?“
"Natürlich, Sir.“ Er stand umständlich auf und ging auf die Türe zu. „Gute Nacht. Danke für alles.”
“Natürlich, Harry. Schlaft gut, ihr drei Gryffindors.”
Ron und Hermine lächelten und folgten Harry durch die Türe.
„Wir sollten auch besser gehen”, sagte Remus, wobei er auf Sirius deutete. „Obwohl wir nicht wirklich herausgefunden haben, wie es passiert ist...?“
Dumbledores Gesicht wurde steinhart. „Voldemorts Vorstellung von Strafe für seinen Verräter. Todesser weckten Severus aus dem Grab, aber sie sind nicht sonderlich ordentlich mit der Kugel von Aragian umgegangen."
Lupins Augen wurden groß. „Das ist die Kugel von der Severus vorhin geredet hat? Er sagte sie ist zerbrochen?“
Dumbledore bestätigte diese Frage.
Der Werwolf holte tief Luft. „Albus, das ist wirklich nicht gut.“
„Das ist mir bewusst, Remus“, sagte Dumbledore von oben herab. „Es kann jetzt nichts dagegen getan werden. Ich weigere mich, mich von jemandem abzuwenden, der mich braucht, weil es eine Möglichkeit gibt.“
Sirius' Augenbrauen hoben sich auf seiner Stirn. „Wovon redet ihr?”
Adrian meldete sich laut aus dem hinteren Teil des Raumes, und schob die schlafende Alicia von seiner Schulter. “Ich habe die Kugel zerbrochen, als ich die Zeremonie betreten habe. Es war der Versuch ihren Fortgang aufzuhalten, aber ich habe nur verhindert, daß sie beendet wurde.“
Sirius sah verwirrt aus. “und das heißt…?”
Lupin seufzte ungeduldig und antwortete: “Die Kugel von Aragian ist extra dazu gedacht, die Essenz, die Seele wenn du so willst, des Menschen zu beinhalten, der aufgeweckt wird. Wenn sie am hellsten glüht, schickt sie die Seele in der Kugel in den wartenden Körper. Die Magie ist empfindlich. Weil Pucey hier die Kugel vor der Beendigung der Zeremonie zerbrochen hat, sind wir nicht sicher, ob Severus, aus Ermangelung eines besseren Wortes, richtig zurückgebracht wurde.“
Black fluchte leise und schüttelte den Kopf. “Weißt du, ich hätte nie gedacht, daß ich das je sagen würde, aber der Kerl tut mir wirklich leid.“
„Uns allen“, antwortete Dumbledore. “Ich denke wir werden den Schmerz den Severus heute Nacht durchmachen musste nie völlig verstehen."
* * * *
Das Wasser war kalt.
Oder vielleicht kochte es.
Vielleicht war es gar kein Wasser.
Vielleicht war es eigentlich Gin, oder Olivenöl.
Vielleicht wurde er verrückt.
Vielleicht gab es kein vielleicht.
Severus öffnete eine Shampooflasche und kippte sich eine Handvoll davon auf die Haare, um es mit seinen frisch geheilten Händen in seine Kopfhaut zu massieren. Blätter, Stöckchen und kleine Dreckklumpen bedeckten den Boden der Dusche schon, und er hielt einen Augenblick lang inne, um sie herumwirbeln und den Abfluß hinunter in dunkles Nichts verschwinden zu sehen.
Das konnte er nachvollziehen.
Das Shampoo roch nach Erdbeeren, aber er roch sie nicht.
Er fragte sich was passieren würde, wenn er die übrige Rasierklinge benutzte.
Es war mehr als verlockend, aber am Ende beschloß er, daß er keine Sauerei hinterlassen wollte, die Dumbledore aufräumen musste. Er schuldete ihm mehr als das.
Er rieb sich wie betäubt mit Seife ein, drehte ein letztes Mal das Wasser an und trat aus der Dusche. Kuschelige Handtücher lagen neben der Dusche, und er trocknete sich damit ab. Dumbledore hatte auch einen weich aussehenden Umhang hingelegt, und er zog ihn sich über den Kopf als er nicht mehr tropfnaß war.
Er hatte sich nicht im Spiegel ansehen wollen, aber dennoch wurde er zu seinem Spiegelbild hingezogen. Er beugte sich über den Schrank und starrte sich an.
Kleine Dinge hatten sich verändert seit er das letzte Mal in einen Spiegel gesehen hatte. Seine Haut hatte noch immer einen ungesunden gelblichen Ton, aber sie hatte von der Wärme der Dusche eine weichere Farbe bekommen. Er hatte noch immer eine Hakennase, aber an egoistischeren Tagen hätte er sie Adlernase genannt. Sein Haar war länger und etwas dicker als er es in Erinnerung hatte. Er würde es vermutlich zum Tränkebrauen zu einem Pferdeschwanz binden müssen.
Er sah sich nicht in die Augen. Er hatte das Gefühl, daß ihm nicht gefallen würde, was er sehen würde.
Dumbledore begrüßte ihn begeistert als er wieder ins Büro kam. „Ah, Severus. Fühlst du dich besser?”
Er hätte die Frage beantwortet, aber er fragte sich, ob die Wände des Büros echt waren. Sie sahen ja echt aus, aber er wusste genug um echtem aussehen nicht zu tauen. Er hatte gedacht, daß er mit dieser Welt fertig war, aber das war nicht wahr gewesen. Vielleicht war nichts „wahr“. Vielleicht war er noch tot. Vielleicht konnten ihn diese suspekten Wände verschlucken. Sie SCHIENEN ihn hungrig anzustarren. Blöde Wände. Er konnte eine schlagen. Wenn es weh tat musste sie echt sein, oder?
Er wollte etwas fühlen.
Dumbledore redete über Schlafplätze. „Ich möchte gerne, daß du hier bei mir bleibst, wenigstens für heute Nacht. Ist das in Ordnung für dich?“
Snape nickte. Natürlich war ihm das recht. Dumbledore hätte ihn fragen können, ob er draußen bei Fluffy dem dreiköpfigen Hund schlafen wollte und es wäre ihm recht gewesen.
Dumbledore lächelte, und ein Bett tauchte auf. „Hier bitte, Severus. Gefällt es dir?”
“Es ist in Ordnung.”
“Gut. Gute Nacht, severus.“
Dumbledore wartete noch eine Weile in der Tür. Snape fing an sich zu fragen ob er je gehen würde. Schließlich machte der Direktor die Lichter aus und schloß leise die Türe.
Es dauerte nicht lange bis Snape tiefer atmete und die Träume kamen.
Er schlief wie tot.
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“Was soll das heißen, SIE HAT ES GETRUNKEN?”
Die Tränkelehrerin Knataloni Muddlestop schäumte richtiggehend. Die Ravenclaws vor ihr wichen plötzlich ängstlich zurück.
“Es war Builly Braggims!” meldete ein winziger Ravenclaw von links. “Er hat gesagt Yuri traut sich nicht es zu trinken!“
Professor Muddlestop rieb sich verärgert die Nase. „Billy, warum hast du Yuri dazu überredet den Trank zu trinken?“
Der Zweitklässer aus Hufflepuff wurde rot und sah zu Boden. “Ich dachte nicht, daß sie es wirklich macht”, murmelte er.
Muddlestop sah auf die bewußtlose Yuri neben ihren Füssen hinunter. „Das ist keine Entschuldigung. Wirklich, Billy… na gut. Sie sollte bald wieder aufwachen.”
„Sollten wir sie in den Krankenflügel bringen, Professor?“, fragte ein verängstigt aussehendes Mädchen aus Ravenclaw, Emily Stibbens.
Muddlestop schnaubte abfällig. “Es ist nur ein Trank, sie wird in ein paar Minuten wieder auf..:“ sie unterbrach sich. „Oder?”
Emily wurde bleich. “Sind nicht Drachenkrallen in dem Trank?“
„Ja... ich sehe ihr Problem nicht, Ms. Stibbens.“
Die Ravenclawschülerin zögerte und stotterte, „ich dachte nur, daß Drachenkrallen giftig wären, Ma’am.“
„Äh... nun...“ Die Meisterin der Zaubertränke kratzte sich am Kopf. „Das stimmt. Sie sind giftig, oder?”
Auf einmal wand sich Yuri, dann hustete sie. Ein dünner Blutfaden lief aus ihrem Mund und tröpfelte an ihrem Gesicht hinunter.
Muddlestops Augen wurden groß, und sie fing an mit ihren kurzen Armen verzweifelt zu wedeln. „Oh meine Güte! Schnell! Bringen wir dieses Mädchen sofort in den Krankenflügel! Billy, du gehst sofort zu Professor Dumbledore und erzählst ihm was passiert ist.“
Die nächsten paar Augenblicke waren durchweg chaotisch. Yuris zuckender Körper wurde schwebend gezaubert und zum Krankenflügel gebracht, und eine völlig fertige Muddlestop kaute an ihren Fingernägeln bis Dumbledore am Ort des Geschehens eintraf.
Madame Pomfrey untersuchte das kranke kleine Mädchen verzweifelt und hielt nur gelegentlich inne, um Dinge nachzuschlagen oder Fieber zu messen.
„Es tut mir so leid, Dumbledore! Ich habe einfach meine Konzentration völlig verloren”, heulte Muddlestop händeringend. „Kommt sie wieder in Ordnung?”
Dumbledore beruhigte sie und wandte sich Madame Pomfrey zu. „Nun, Poppy?”
“Haben Sie Ahornsirup?”, fragte die Medizauberin die Tränkeprofessorin.
Muddlestop runzelte die Stirn. “Ich denke nicht.”
”Ich habe welches in meinem Büro”, bot Dumbledore an.
Pomfrey legte der Ravenclaw ein kühles Tuch auf die Stirn. “sie braucht ein Gegengift. Ich habe keines vorrätig, weil es für die besten Wirkung frisch sein muß. Können Sie das Gegengift machen, Knataloni?“
Die Tränkeprofessorin runzelte die Stirn. „Vielleicht. Wie macht man es?”
Pomfreys Mund öffnete und schloß sich ungläubig. „Sie meinen, Sie haben Zweitklässer Tränke machen lassen, ohne eine Ahnung zu haben, wie Sie sie schützen können, wenn etwas schief läuft?“
Muddlestop zuckte hilflos die Schultern. „Ich dachte nicht, daß etwas schieflaufen würde!“
Pomfrey sah Dumbledore an. „Ich bin nicht gut genug mit Tränken, um eine solche experimentelle Mischung herzustellen. Sie müssen es einfach selbst machen, Knataloni. Um den Drachenkrallen entgegenzuwirken brauchen Sie Ahornsirup und geriebene Mondblumenblütenblätter, unter anderem. Ich bin mir bei den anderen Zutaten nicht sicher. Aber BEEILUNG. Wie haben nur etwa eine Stunde.“
Kantaloni nickte traurig und fing an mit Dumbledore durch die Gänge zu trotten.
Dumbledore sagte das Passwort (“Ginger Wolf Snaps!“) und das Paar rauschte auf den kleinen Zutatenschrank hinter dem Schreibtisch zu. Es dauerte einige Augenblicke in denen sie die winzigen unbeschrifteten Flaschen ansah, bevor Knataloni klar wurde, daß noch ein Dritter im Raum war.
„Ah, guten Morgen Severus, haben Sie gut geschlafen?”
Sie drehte sich neugierig um, und erblickte einen großen, dürr aussehenden Mann, der aus dem Fenster starrte. Etwas an ihm war auf tiefer Ebene beunruhigend... Er war offensichtlich aus Fleisch und Blut, aber seine Augen-sie waren wie eine weit entfernte Spiegelung auf Wasser.
Dieser Mann, ‚Severus’ warf Dumbledore einen schnellen Blick zu. „Mir geht’s gut, Albus. Danke für Ihr Interesse.”
Dieser Antwort fehlte alle ehrliche Höflichkeit; sie war automatisch und klang vorausgeplant.
“Haben Sie schon gegessen?”
Der seltsame Mann nickte, aber er sagte nichts weiter dazu. Knataloni verlor schnell das Interesse, und ging wieder in dem Schank nach der Zutat zu suchen. „Albus, wie hat sie gesagt sieht Ahornsaft aus?”
Der Direktor brachte einen gehetzten Gesichtsausdruck unter Kontrolle und ging zum Schrank hinüber. „Braun und durchsichtig.“
Knataloni sah es hinter einer Flasche die mit etwas gefüllt war das nach Äugäpfeln aussah. „Da ist es ja! Was brauchen wir noch?“
“Poppy meinte wir sollten auch geriebene Mondblumenblütenblätter nehmen. Sie werden experimentieren müssen um die richtige Zusammensetzung zu finden. Ich habe einen Kessel im anderen Zimmer, den Sie benutzen können”, sagte Dumbledore freundlich.
„Weiß McGonagall nicht wie man das macht?”, widersprach Knataloni.
„Habe ich da meinen Namen gehört?”, fragte Minerva, die gerade um die Ecke kam.
„Gott sei dank! Sie können mir mit dem Trank helfen!“ rief Knataloni, die herumhüpfte wie ein Streifenhörnchen auf Koffein.
McGonagall sah Albus fragend an. “Geht es um das vergiftete Ravenclawmädchen von dem ich gehört habe?“
Dumbledore nickte und biß sich auf die Lippe.
“Albus, ich bin nicht gut mit Tränken, und das wissen Sie.“
„Aber ich auch nicht!“, jammerte Kanataloni.
McGonagall wandte sich ihr mit etwas zu das nach einem Brüllen klang. „Was sagen Sie da? Sie sind der Tränkeprofessor!“
„Aber ich arbeite nicht gut unter Druck!“
„Oh um Gottes Willen!”, kam ein durch und durch genervtes Fauchen vom anderen Ende des Zimmers. „Von welchem Trank redet ihr drei?“
„Severus?” McGonagall blinzelte. Sie hatte ihn vorher nicht bemerkt. “Sie sehen besser aus.
Er sah sie finster an und verschränkte die Arme über der Brust. „Welcher Trank? Schnell, ich habe etwas von einer vergifteten Schülerin gehört und wenn man bedenkt wie schnell sie drei arbeiten, ist das Mädchen wahrscheinlich schon tot.“
Dumbledore lächelte Severus besorgt zu. “Es wird kompliziert, Severus. Der Trank hätte in kleinen Mengen benutzt werden sollen, nicht auf einmal. Es war eine gute Menge Drachenkrallen drin, die natürlich...“
„Das Blut vergiftet, ja”, endete Severus. “Es ist einfach genug. Geben sie mir die Zutaten und ich kann es machen.“
„Sind Sie sicher, daß Sie es können, Severus?“ fragt Dumbledore. „Sie sind noch geschwächt von...“
„Mir geht es gut. Ich könnte es im Schlaf”, unterbrach der dunkle Mann, nahm Knataloni die Zutaten weg und rauschte aus dem Zimmer.
McGonagall tauschte einen Blick mit Dumbledore. “Nun, das nennt man Fortschritt.”
****
Sie sahen zu als er braute. Er wusste nicht, daß er beobachtet wurde.
Severus Snape berührte die Zutaten fast liebevoll, nahm einen Schuss Blütenblätter hier, zwei Löffel Öl da. Der Dampf, der aus der Mischung aufstieg, bildete schnell Schweiß an den Rändern seines Gesichtes, und seine Wangen wurden von der Hitze leicht rosa. Sein langes Haar störte ihn offensichtlich; er schob es immer wieder hinter seine Schultern, und sein Gesicht wurde immer genervter.
Es war ein seltsam schöner Anblick, dachte McGonagall als sie zusah, wie er den Trank mischte. Severus war vielleicht kurz angebunden und selbst grausam wenn er mit Menschen umging, aber er war wirklich ein Meister wenn es um Tränke ging. Er bedachte jede Zutat und mischte sie mit freundlichen Berührungen - er war sich bei seinen Tränken so sicher, wie gesellige Leute in Gesellschaft. Vielleicht würde Tränkebrauen der Schlüssel dazu sein, ihn wieder ins Land der Lebenden zu holen.
Sie drehte sich um, um ihre Gedanken an Dumbledore weiterzugeben, und war erschrocken als sie sah wie eine Träne über sein altes Gesicht lief. „Albus…?”
“Schauen Sie sich seine Augen an, Minerva.”
Sie sah hin, zuerst konnte sich nicht erkennen was Dumbledore so aufregte. Snape hielt einen Löffel voll grünlich aussehender Flüssigkeit ins Licht und prüfte die Klarheit.
Dann sah sie was Dumbledore aufregte.
Snape SAH nicht sichtlich etwas an. Oh, ein Teil von ihm konzentrierte sich sicher auf den Trank... aber das war nur die Oberfläche. Seine Sinne waren mit seiner Arbeit beschäftigt...aber seine Augen...
Minerva hatte denselben Ausdruck in den blinden Augen eines gekochten Fisches gesehen.
„Er ist...er ist noch nicht wirklich bei uns oder?“
Dumbledore schüttelte den Kopf. „Nein, noch nicht.“
McGonagall öffnete den Mund um noch eine Frage zu stellen als ihr klar wurde, daß es nutzlos war. Obwohl sie gerne so tat als würde Dumbledore alle Antworten kennen, konnte sie es dieses Mal nicht tun. Dumbledores Gesichtsausdruck war der eines kleinen Jungen, der sich verlaufen hatte, und es gab nichts das einer von ihnen dagegen tun konnte.
Snape hatte etwas von der dampfenden Flüssigkeit genommen und in ein Glas gefüllt. Wieder warf er seine Haare hinter die Schultern (er würde etwas dagegen unternehmen müssen) und ging schnell zu Dumbledore und McGonagall. Er gab Dumbledore das Glas und sagte angespannt: ”Geben Sie ihr das. Stellen Sie sicher, daß sie jeden Tropfen trinkt. Sie sollte sich schnell erholen.“
Dumbledore klopfte Severus verlegen auf den Arm. „Danke. Ich werde Ihnen sagen was mit ihr wird.“
Er verließ mit dem Glas in der Hand das Zimmer, McGonagall folgte ihm.
Severus Snape wurde in Ruhe gelassen.
****
Mittlerweile hatte das Mädchen aus Ravenclaw alle paar Augenblicke Krämpfe. Sie hatten sie mit einer Ganzkörperklammer belegen müssen, um sie festzuhalten, und selbst danach musste McGonagall ihren Kopf halten, bevor das Mädchen den Trank trinken konnte.
Sobald der letzte Tropfen geschluckt worden war, seufzte das Ravenclawmädchen seltsam, und fing an, normal zu atmen.
****
“Der Trank hat wunderbar funktioniert Severus.”
„Natürlich hat er das”, murmelte Snape. „Jeder Amateur kann diese Art von Mischungen machen.“
Er hatte sich den ganzen Tag Gedanken über seinen Grabstein gemacht. Was würden sie damit machen? Es war jetzt irgendwie sinnlos ihn stehen zu lassen, ehrlich. Würden sie ihn aus dem Boden nehmen und lagern, bis er das nächste Mal starb?
Es war seltsam wie sehr die Farben des Teppichs an wütende Tiger erinnerten.
„Geht es ihnen heute besser, Severus?“
‚Nein es geht mir scheußlich.
Ich lebe oder? Ist das kein Grund zu trauern?
Mir gehts gut um Augenblick, aber ich denke die Flecken auf dem Teppich, die aussehen wie Tiger könnten mich jeden Augenblick angreifen.
Ich fühle mich Tod, Albus.’
Er konnte davon aber nicht sagen, also nickte er nur. Es schien das sicherste zu sein.
„Es sind fast 12 Stunden seit du zurückgekommen bist.“
Verdammt toll. Er konnte sich nicht erinnern, daß er je so aufgeregt gewesen war. Er hoffte, daß sich der Ekel nicht auf seinem Gesicht zeigte. Dumbledore versuchte offensichtlich mit einer unangenehmen Situation so gut umzugehen wie er konnte.
„Du hast heute etwas gutes getan, weißt du. Das Mädchen aus Ravenclaw zu retten.”
‚Ich bin ein verdammter Held, oder? Severus Snape. Er opfert sich tapfer, schlau, dem Tod ins Angesicht sehend. Ja, so ein Held bin ich. Bis dahin wo ich Voldemort meine Seele verkauft und ein par hundert Leute umgebracht habe.
Nicht weil ich wütend oder unverstanden oder dumm war.
Ich war nur gelangweilt.’
Die Tiger auf dem Teppich fingen an ihm Angst zu machen.
Sie sahen rot aus, wie große Blutflecke. Er hätte gewettet, daß sie scharfe Zähne hatten. Würden sie ihn angreifen? Er kannte die Eßgewohnheiten von Teppichtigern nicht, er nahm an, daß sie ihn foltern aber nicht töten würden. Vielleicht würden sie ihn beißen, seine Knochen brechen, sein Blut trinken, und ihn dann heilen lassen. Es würde ihm besser gehen. Er würde in Ordnung kommen, und dann würden sie ihn wieder fressen.
„Mir ist die Ironie der Frage klar, aber geht es Ihnen gut, Severus? Sie scheinen den Teppich anzustarren.“
Snape versuchte zu antworten ,aber die Angst von den Tigern gefressen zu werden hielt ihn auf. Natürlich starrte er den Teppich an! Was sollte er sonst tun? Warum hatte Dumbledore überhaupt Tiger im Büro?
Er versuchte vom Teppich wegzusehen um Dumbledore zu zeigen, daß er tapfer sein konnte, aber es ging einfach nicht. Er wollte nicht gefressen werden, er wollte nicht zerfetzt werden, er wollte nicht fühlen, daß seine Arme von den Schultern gerissen und seine Kehle von einem seltsamen Tiger herausgerissen wurde. Er konnte die Augen nicht von den roten Flecken nehmen.
Sie waren überall. Rote Flecken. Hinter ihm. Über ihm. Unter ihm. Er würde verrückt werden. Wäre es nicht schade, wenn er durchdrehte? Ein Mann kommt in eine Bar. Er stirbt, er wird wieder lebendig. Was passiert als nächstes? Natürlich wird er verrückt und fängt an Tiger im Teppich zu sehen.
Ein roter und goldener Fleck blühte plötzlich in seinem rechten Augenwinkel auf, dann legte sich ein plötzliches Gewicht auf seine Schulter. Er schrie erstickt auf und sprang zur Seite, und er hörte dumpf Dumbledores überraschten Ruf. Das Gesicht war noch da, das rot und gold und das Gewicht und die Tiger und das rot und dann sprangen sie plötzlich und sie würden ihn mit ihren Zähnen erwischen, und ihrem Blut und dem rot und die Worte die er rief waren völlig instinktiv:
"Avada Kedavra!"
Fawkes viel von seinem Platz auf seinen Schultern und landete tot auf dem Teppich.
Es waren doch keine Tiger im Teppich.
Auf einmal kehrt sein Verstand zu ihm zurück. Dumbledore betrachtete den gefallenen Phönix mit reinem, unverdünnten Schrecken. Snape wich von den Rändern das Teppichs zurück. Er atmete in kurzen, unregelmäßigen Stößen. Er hatte Dumbledores Hausphönix getötet. Er hatte einen der unverzeihlichen Flüchen benutzt, den unabwendbaren Avada Kedavra. Nicht nur das, es war seine erste Reaktion gewesen ihn zu benutzen. Er hatte den Phönix nicht betäubt oder mit einer Körperklammer gebunden. Er hatte ihn getötet.
Seine Stimme klang krächzend, als wäre etwas tief in seinem Hals gefangen. „Albus… es tut mir so leid…”
Jetzt sah Dumbledore auf als würde er sich gerade daran erinnern, daß Snape wirklich im Zimmer war. Bei seinem Gesichtsausdruck verschluckte sich Snape, und er wich zurück.
Wut, Abscheu und tiefe Trauer lagen in den Augen des Direktors. Als er den Mund öffnete um etwas zu sagen, sagte er es mit offizieller Würde: „Sie haben Fawkes getötet, Severus.“
Snape nickte. Seine dunklen Augen waren wild. “Ich weiß. Es ist falsch, oder? Ich erinnre mich, daß es falsch ist.”
“Sie haben recht, Snape. Es ist falsch!“, schrie Dumbledore fast. Er schien den Ausbruch sofort zu bedauern und sein Tonfall wurde traurig statt anklagend. „Warum, Severus? Warum haben Sie den Todesfluch benutzt?“
"Ich..." Snape holte tief Luft und versuchte die Tränen zu kontrollieren, die in ihm aufstiegen. Er würde NICHT weinen, würde nicht… „Ich dachte es wären Tiger im Teppich, Sir.”
Dumbledore sah ihn eine Minute lang befremdet an. Dann stolperte er plötzlich vorwärts, packte Snape und umarmte ihn fest. Snape schnappte dabei nach Luft, knirschte mit den Zähnen, aber er konnte das Schluchzen nicht aufhalten bevor es aus seinem Mund kam.
Sie standen lange Minuten in dieser unangenehmen Umarmung, und Dumbledore hielt ihn fest, endlich erlaubte Snape den Tränen freien Lauf, aber er atmete so, daß er sicher war, daß sie still kamen.
* * * *
"Glauben Sie es oder nicht, Severus, heute war ein sehr guter Tag für Sie”, sagte Dumbledore, als er einen Schluck aus der dampfenden Tasse Tee in seinen Händen nahm.
„We sind Se denn zu dem Schluss gekommen?”, kam die düstere Antwort. Snape saß auf dem Fensterbrett und starrte in den Nachthimmel vor dem Fenster, aber aus seiner Haltung konnte Dumbledore erkennen, daß er zuhörte.
„Sie wurden mit zwei Möglichkeiten Ihrer Zukunft konfrontiert. Auf der einen Seite konnten Sie das Leben eines jungen Mädchens mit wenig Anstrengung oder Konzentration Ihrerseits retten. Das ist lobenswert. Andererseits..:”
“…habe ich ein unschuldiges Wesen mit dem schlimmsten vorstellbaren Fluch getötet, aus einem Instinkt heraus”, endete Snape und Selbstverachtung floß in jede Silbe seiner Erklärung.
Dumbledore sah ihn scharf an. “Sie haben auch ein Leben aus einem Instinkt heraus gerettet. Schätzen Sie diese Handlung nicht gering, weil Sie so gerne über der anderen brüten.“
Snape sagte nichts, aber das Metall in seinen Augen wurde weich.
„Noch etwas, das am heutigen Tag bemerkenswert ist, ist, daß Sie in der Lage waren, den Fluch ohne Ihren Zauberstab zu sprechen.“
Snape zwinkerte und öffnete den Mund um zu widersprechen, dann wurde ihm klar, daß der Direktor recht hatte. „Wie…wie ist das passiert?”
Dumbledore schüttelte den Kopf, und die Verwirrung zeigte sich deutlich in seinen Augen. „Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es ein zeitweiliger Nebeneffekt Ihres... Ihres Zustandes. Die meisten Zauberer sind irgendwann in der Lage etwa Magie ohne ihren Zauberstab zu benutzen, aber sie ist schwer zu kontrollieren und noch schwerer herbeizurufen. Daß sie einen so mächtigen Fluch benutzen konnten deutet auf die Fähigkeit hin, Magie anders herbeizurufen, wenigstes zeitweilig.“
Snape schauderte gegen die Kälte der Fensterscheibe.
Dumbledore ignorierte die Bewegung und fuhr fort. “Heute wurden Sie mit zwei Möglichkeiten konfrontiert. Sie sind frei zu wählen welche, die beste für Sie ist, aber ich muß Sie drängen, weise zu wählen. Sie können töten, plündern, vergewaltigen und wenig mehr als die Schale eines Mannes sein, Sie langweilen sich dann vielleicht und versuchen, dieses Loch in sich mit Gewalt und Haß gegen andere zu füllen.“ Dumbledore hielt inne und bemerkte wie Snape bei dieser Aussicht zusammenzuckte. „Oder Sie können wählen anderen zu helfen, und mit Liebe und Annahme zu wachsen. Ihre dunkleren Teile anzuerkennen aber nicht zu umarmen. Sie merken vielleicht, daß Sie mehr zurück bekommen, wenn Sie anderen frei geben.“
Snape machte kein Geräusch. Sein Gesicht glänzte bleich im Mondlicht, das vom Fenster reflektiert wurde.
"Ja, Severus," murmelte Dumbledore verträumt, “es gibt viele Dinge in Ihrem Herzen.“
Der Wind schlug gegen die Bäume und Snape konnte die Äste hören die in der Entfernung brachen. Der Mond stand heute Nacht tief, und er schien so hell, daß er glaubte, meilenweit sehen zu können.
„Ich weiß nicht, Albus“, flüsterte er so leise, daß Dumbledore sich anstrengen musste um seine Worte zu hören.“ Manchmal glaube ich, ich habe kein Herz.” Er rutschte vom Fensterbrett und ging durch die Tür. Der ältere Zauberer blieb traurig und alleine zurück.
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