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Kapitel 12: Kolleen & Severus

 

Kolleen fand das Abendessen kaum ertragbar, überall nerviges Geflüster oder überdrehtes Gegacker der Mädchen. Sie aß schnell und verließ die Große Halle Richtung Gemeinschaftsraum.
Der Versuch Hausaufgaben zu machen scheiterte, weil sie sich einfach zu sehr ärgerte, einmal über diesen völlig überflüssigen Tag und dann über das ungerechte Nachsitzen. So wie Snape sie in den letzten Tagen behandelt hatte, würde er sicherlich die tollsten Aufgaben extra für sie aufbewahrt haben.
Langsam füllte sich der Raum und als Kolleen auf die Uhr sah, musste sie feststellen, dass es Zeit war zu gehen, also brachte sie ihre Schulsachen weg und machte sich auf den Weg in die Kerker.
Mit einem unfreundlichen Gesicht öffnete Snape, auf ihr Klopfen, die Tür seines Büros.
„Sie sind zu spät!“
In Gedanken verfluchte Kolleen ihn, reagierte aber gegenteilig. „Entschuldigen Sie bitte Sir. Ich habe nicht auf die Zeit geachtet.“
Snape grummelte zwar, sagte aber nichts. Sie gingen nach nebenan in den Klassenraum und als sie den Stapel Kessel neben dem Kamin sah, hatte sie böse Vorahnungen.
„So Miss Anderson.“ Um seinen Mund spielte ein fieses Grinsen. „Reinigen Sie die Kessel da drüben. Aber ohne Zauberstab!“

Beim Arbeiten spürte sie seine Blicke im Nacken, was sie nervös machte. Irgendwie war diese Nervosität aber anders, sie hatte nicht Angst vor seiner Reaktion sollte sie einen Fehler machen, sondern vor etwas anderem, es war mehr wie ein gespanntes Kribbeln.
Plötzlich machte sie sich Gedanken darum, wie sie wohl gerade aussah. Waren ihre Haare ordentlich? Ob er wohl den Dreck auf ihrer Robe aus dem Kräuterkundeunterricht gesehen hatte? 'Ist doch vollkommen egal!', meldete sich ihre Vernunft. Trotzdem hätte sie es gerne gewusst, auch hätte sie viel lieber mit ihm die Rollen getauscht.
Als Kolleen endlich nach zwei Stunden fertig war, war ihre Robe nass und voller Ruß und auch auf ihrer Wange war ein dicker Russstreifen zu sehen. Sie stand auf und drehte sich zu Snape um. „Ich bin fertig Professor.“
Er sah auf und erhob sich, um den Kesseln einem kritischen Blick zu unterziehen. „Ja, das scheint in Ordnung zu sein.“
Kolleen war verwundert, er schien mal wieder eine gute Phase zu haben.
„Sie haben da Ruß im Gesicht Miss Anderson“, bemerkte er, nachdem er sich wieder umgedreht hatte. Hektisch wischte sie sich über die Wange, die noch rötlicher wurde als ohnehin schon. Er schüttelte den Kopf. „Nein, auf der anderen Seite.“
Inzwischen spürte Kolleen wie noch mehr Röte in ihr Gesicht stieg. Nachdem sie wieder etwas an der anderen Wange rumgerieben hatte, schüttelte Snape erneut den Kopf und ging auf sie zu, erst sehr nah vor ihr blieb er stehen.
Vorsichtig, beinahe zögernd hob er seine Hand und berührte sanft ihre Wange und strich darüber. „Da.....“, murmelte er. Kolleen sah zu ihm auf und ihre Blicke trafen sich. Ohne wirklich zu wissen warum konnte sie nicht mehr wegsehen, sie war wie gefangen von diesen tiefen schwarzen Augen. Seine Hand auf ihrer Wange jagte heiße Schauer durch ihr Gesicht. Die ganze Situation war zu überraschend, als dass sie hätte reagieren können. Wie festgewachsen blieb sie stehen, unfähig sich zu bewegen.
Plötzlich, fast ruckartig zog er seine Hand weg und trat einen Schritt zurück. „So ist es besser.“ Sie sah ein Zucken, wie ein Lächeln um seine Augen und Mundwinkel fahren.
„Sie können gehen Miss.“
Hätte jemand anderes gesehen wie schnell sie den Klassenraum verließ, hätte er wohl gedacht sie würde fliehen.

***



Snape stand regungslos an derselben Stelle, von der er sie weggeschickt hatte. Noch war er zu überwältigt von dem was gerade passiert war, oder besser zu verwirrt. Was hatte ihn nur getrieben ihr so nah zu kommen? Noch vor kaum zweieinhalb Stunden hatte ihre bloße Anwesenheit ihn auf die Palme gebracht, doch in dem Moment in dem sie sein Büro betreten hatte, war das wie weggeblasen.
Er ging hinüber in sein Wohnzimmer und ließ sich in einen Sessel fallen. Was war nur mit ihm los? Er verstand sich selbst nicht mehr und das war so gut wie noch nicht vorgekommen. Sie war einfach......, er fand keine Worte dafür. Sie wirkte zu anziehend auf ihn, das sollte nicht sein, schließlich war sie seine Schülerin, aber was sollte er machen? „Verdammt, Severus! Du bist alt genug um dich unter Kontrolle zu haben!!“ Er seufzte. Es wäre wirklich nicht richtig, allein schon der Gedanke daran war falsch. Wie kam er überhaupt darauf?
Über eins war er sich gerade ganz sicher: Er brauchte Ablenkung, also setzte er sich an seinen Schreibtisch und arbeitete die halbe Nacht, bis er schon fast die Buchstaben in den Büchern nicht mehr erkennen konnte und doch schien dies nicht zu reichen, denn der letzte Gedanke bevor er einschlief galt Kolleen.
Snape erwachte mit einem sehr seltsamen Gefühl in der Magengegend, irgendetwas hatte sich verändert, nur kam er nicht darauf was es war. Die Dusche vertrieb die Gedanken erst mal, doch als er beim Frühstück beinahe Kolleen umlief war alles schlagartig wieder da. Was hatte sie bloß gemacht?
Im Unterricht war er etwas unkonzentriert, was dazu führte, dass Gryffindor nicht so viele Punkte verlor wie gewöhnlich und die Schüler beinahe den Eindruck hatten, er wäre gut gelaunt. Am Abend nach dem Essen, beschloss er raus zugehen um einen klaren Kopf zu bekommen - das konnte so nicht weiter gehen.
Für Mitte Februar war es schon sehr mild und in der Luft ließ sich der erste Hauch des Frühlings erahnen. Der See war noch gefroren und lag starr unter dem Sternenhimmel. Langsam ging er den Weg am See entlang, die Nacht und die Stille beruhigten ihn und hätte er Schüler getroffen hätten sie wohl Glück gehabt. Als die Bank am dem Schloss gegenüberliegenden Seeufer in Sicht kam, sah er einen Schatten darauf, der definitiv zu einem Menschen gehörte. Lautlos ging er weiter darauf zu.

***



Langsam wurde Kolleen kalt, sie lag schon seit einer Stunde auf der Bank am See und starrte die meiste Zeit in den schwarzen Himmel, doch nun fielen ihr langsam die Augen zu. Sie versank noch ein Stück tiefer in ihren Gedanken.
Auf einmal tauchte Snape vor ihren Augen auf und so sehr sie sich bemühte, er war da nicht wegzukriegen und als sie schon fast wütend die Augen aufriß, sah sie ihn nur noch deutlicher vor sich.
Erschrocken setzte sie sich auf, war aber zu überrascht um etwas zu sagen. Snape sah auf sie hinunter und fragte dann seelenruhig: „Darf ich mich setzen?“
Das brachte Kolleen noch mehr aus dem Konzept und so nickte sie nur. Er setzte sich und sah über den See in die Ferne.
„Was machen Sie hier Miss Anderson? Es ist spät.“
Ihr fiel keine Ausrede ein und so beschloss einfach die Wahrheit zu sagen. „Ich brauchte etwas Ruhe.“
„Das brauche ich auch, also wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gerne hier sitzen bleiben.“
Das glaubte Kolleen nicht, er musste sich über sie lustig machen, aber wahrscheinlich war es eine Aufforderung zum Gehen.
„Äh, ja natürlich Professor.“ Doch als sie aufstand hielt eine Hand sie zurück.
„Sie können ruhig hier bleiben, mich stört es nicht.“
Etwas verkrampft setzte sie sich mit gebührendem Abstand neben ihn und murmelte „Danke.“
Lange Zeit saßen sie schweigend nebeneinander und Kolleen begann sich zu entspannen. Als sie die Beine auf die Bank zog, rutschte sie unbeabsichtigt recht nah an Snape heran und um nicht feige zu wirken, blieb sie so sitzen.
Bald darauf brach er das Schweigen: „Darf ich Sie etwas fragen?“
Kolleen drehte ihren Kopf zu ihm und konnte nun sein ganzes Gesicht sehen. „Ja natürlich.“
„Wie geht es Ihnen gerade?“
„Wollen Sie eine ehrliche vollständige Antwort?“ Er nickte ernst.
„Ich weiß nicht genau, ich glaube ganz gut soweit. Dank Ihrem Schlaftrank schlafe ich auch besser. So, und nun habe ich drei Fragen an Sie.“
Snape lachte, er lachte wirklich. „Hoho, gleich so viele auf einmal? Aber gut, fragen Sie!“
„Warum treffe ich Sie dauernd? Warum fragen Sie mich so etwas und warum erzähle ich es Ihnen auch noch?“
Sofort wurde sein Gesicht wieder ernst. „Nun, die erste Frage kann ich Ihnen auch nicht beantworten, es muss wohl Zufall sein, zur zweiten kann ich nur sagen, dass es mich interessiert und zur dritten kann ich wieder nur schweigen, das müssen Sie selbst wissen.“
Kolleen nickte nachdenklich und sah ihm dann in die Augen. Es war dasselbe Schwarz wie am Abend zuvor und doch fand sie, dass sie anders waren, sie strahlten mehr.
Etwas in der Luft lenkte ihren Blick ab.
„Oh..., Professor, Sie haben da etwas im Haar.“ Ohne nachzudenken rutschte sie noch näher an ihn, hob die Hand und zog sanft das Blatt aus dem rabenschwarzen Haar. Gerade als sie die Hand wieder senken wollte, spürte sie seine Hand in ihrer. Ein Stechen durchzog ihren Magen. Ihre Augen suchten eigentlich unbewusst seine und fanden sie dichter vor sich als erwartet - in dem Moment war er nicht mehr ihr Lehrer, sondern jemand anderes.
Mit der anderen Hand strich er vorsichtig einige Strähnen aus ihrem Gesicht.
„Hat dir schon einmal jemand gesagt wie schön du bist?“ flüsterte Snape. Sie konnte nur den Kopf schütteln. „Na dann wurde es aber wirklich Zeit!“ Er lächelte sie an.
Plötzlich, fast automatisch näherten sich ihre Gesichter und dann, ganz sanft, spürte sie seine warmen Lippen auf ihren, seine Zunge, die die ihre liebkoste und irgendwo in ihr explodierte ein Glücksfeuerwerk.
Als sie sich von einander lösten, sah sie ihn erschrocken an. „Ich....ich.....also....“
Er ließ sie los. „Das.... das tut mir leid. Ich hätte das nicht tun dürfen.“ Sein Blick wich verlegen ihrem aus und ein peinliches Schweigen entstand.
„Also, ähm.., ich gehe jetzt wohl lieber.“ Kolleen stand auf und wollte zum Weg hinunter gehen.
„Warten Sie! Ich begleite Sie lieber.“ Gemeinsam und vielleicht ein Stück näher zusammen als gewöhnlich gingen sie schweigend zurück zum Schloss. Vor der großen Eingangstür blieb Snape stehen.
„Ich.....es tut m....“ Weiter kam er nicht, denn sie Kolleen hatte ihren ganzen Mut zusammengenommen und küsste ihn erst sehr vorsichtig und dann, als er sie fest an sich drückte, schon fordernder. Sie war ein wenig atemlos und nun meldeten sich in ihr die Alarmglocken. 'Oh Gott was hast du nur getan?' Doch er sprach zuerst und wich dabei ein Stück zurück.
„Ich weiß nicht was in mich gefahren ist. Bitte entschuldigen Sie Miss Anderson, das war falsch!“ Seine Stimme zitterte.
„Kolleen, Professor.“
„Was?“
„Mein Name ist Kolleen.“
„Ach so, natürlich.“ Er lächelte sie verlegen an.
„Sie sollten häufiger lachen Professor Snape. Das steht Ihnen viel besser.“
Wäre es nicht so dunkel gewesen, hätte sie sicherlich den leichten rosigen Schimmer auf seinen Wangen sehen können.
„Severus“, war seine Antwort. Sie widersprach: „Aber ich kann doch nicht......“
„Sicher kannst du, ich kann es doch auch.“
„Das ist etwas anderes.“ Sie senkte den Blick, spürte dann aber seine Hand unter dem Kinn die ihren Kopf anhob.
„Nein das ist nichts anderes.“
Sie war verwirrt, Gedanken und Gefühlen fuhren Achterbahn in ihrem Kopf und sie wusste schon fast nicht mehr wo oben und unten war.
„Ich sollte lieber ins Bett gehen.“ Bevor sie gehen konnte zog er sie noch etwas näher zu sich und strich ihr sanft über die Wange. Wieder verloren in seinen Augen brachte sie nur ein Flüstern hervor. „Gute Nacht Severus.“
„Gute Nacht Kolleen.“ Nach einem zarten Kuss auf die Stirn ließ er sie gehen und Kolleen verschwand hinter der schweren Eichentür.

Kapitel 11

Kapitel 13

 

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