Kapitel 6: Aufgedeckt
Nachdem dieser letzte Satz im Raum hing, herrschte auf einmal totenstille. Lumos starrte Snape an und Harry spürte, wie sein Bein taub wurde. Er hatte in kompletter Stille verharrt und sich keinen Zentimeter bewegt. Jetzt richtete er sich langsam auf um aufzustehen und sich etwas zu bewegen. Auf dem Tisch vor ihm stand das Tintenfass, das Draco gestern umgeworfen hatte. Anscheinend hatte er es hier vergessen. Es gelang Harry tatsächlich, unbemerkt aufzustehen. Er ging einige Schritte, kam am Tisch vorbei, streifte das Tintenfass mit seinem Umhang - und warf es dabei vom Tisch. Mit einem Knall zerplatzte es in tausend Splitter. Lumos fuhr hoch und Snape sprang auf, zog seinen Zauberstab und murmelte einen Spruch. Harry spürte, wie er angehoben wurde und sein Umhang von seinen Schultern glitt. Er fiel zu boden, direkt vor die Füße eines entsetzt schauenden Lumos und eines bitteböse dreinschauenden Snapes. Harry spürte, wie die Angst langsam an seinen Fußspitzen ausbreitet, sich über seine Beine verteilte und ihn schließlich komplett lähmte. Er erwartete, von Snape postwendend an die nächste Wand geschleudert zu werden und schloss die Augen. Als nach einigen Sekunden nichts geschehen war, öffnete er sie wieder. Snape saß an seinem Platz am Lehrerpult, den Kopf in die Hände gestützt und Lumos stand neben ihm, eine Hand auf seine Schulter. Snape atmete tief ein und hob dann wieder den Kopf. „Mr. Potter. Darf ich erfahren warum um alles in der Welt sie uns belauscht haben??“ er sprach ganz leise, sichtlich damit beschäftigt, nicht aufzufahren und Harry an die nächste Wand zu klatschen. Gefährlich leise. „Ich...ich.. ich hab mir Sorgen um Lumos gemacht. Als ich hier herein gekommen bin, dachte ich, er wäre allein. Ich wollte ihn trösten, aber dann habe ich sie gesehen und dann war es zu spät.“ Hoffentlich klang es glaubhaft. Snape sah nicht so aus, als würde er ihn hier leben rauskommen lassen. Lumos seufzte und wischte sich eine Träne aus den Augen. „Harry, warum hast du das gemacht? Es gibt Dinge, die man nicht wissen darf. Merk dir das. Severus?“ Snape wiedersprach Lumos nicht. Er winkte mit dem Zauberstab in Richtung Tür. „Mr. Potter. 20 Punkte von Gryffindor, weil sie einen Mitschüler belauscht haben. 10 Punkte für das benutzen eines Tarnumhangs. Und 5. Punkte für schlechtes Lügen. Gehen sie jetzt, bevor ich mich vergesse. Nichts, und ich meine absolut nichts von dem, was sie heute gehört haben, darf irgendjemand erfahren. Was sie gehört haben, wie viel auch immer, müssen sie unbedingt für sich behalten. Sonst sorge ich höchstpersönlich dafür, das sie es nicht mehr weitererzählen können. Habe wir uns verstanden?“ Seine Stimme war eiskalt und Harry war sich sicher, das Snape ihn ohne mit der Wimper zu zucken umbringen würde. Er nickte. „Jawohl, Sir. Verzeih mir Lumos.“ Dann drehte er sich um, nahm den Tarnumhang und rannte aus dem Raum. So schnell er konnte rannte er die Treppe hoch, zum Gryffindorturm, und warf sich auf sein Bett. Seine Lunge brannte und er war völlig erschöpft. Der Schlafsaal war menschenleer, schließlich war gerade Unterricht. Er zog sich seine Decke über den Kopf und hoffte, das, sobald er wieder aufwachen würde, alles so war wie vorher und er nicht das gehört hatte, was er gehört hatte. Denn ihm war klar, das sein Wissen wirklich gefährlich war. Es musste mit Lumos etwas schreckliches geschehen sein, es musste mit Snape etwas schreckliches geschehen sein als er noch jung war. Und irgendwie bedrückte ihn das so sehr, das Tränen aus seinen Augen über seine Wangen rollten und er zu weinen begann. Ein trockenes Schluchzen drang aus seiner Kehle und er begann, langsam zu weinen. Er wusste nicht um wen er weine. Vielleicht um Lumos. Um das, was mit ihm geschehen war. Irgendwann war Harry so erschöpft, das er einschlief.
Zurück