Kapitel 5: Warum?
Am nächsten Morgen geschah wieder fast das selbe Ritual wie am vorherigen. Lumos Bett war wieder leer, und wie zuvor saß er am Frühstückstisch und diskutierte mit Hermine. „Morgen“ nuschelte Harry, als er sich neben Lumos niederließ. Der drehte sich nur um und grinste. „Na, schon wieder so müde? Und nachgedacht hast du heute anscheinend auch nicht allzu viel..“ damit verwies Lumos auf Harrys rote Flecken, die immer noch da waren und sicher über Nacht sogar vermehrt hatten. Harry grunzte nur etwas und verschanzte sich dann hinter seiner Müslischüssel. Er war heute nicht in der Stimmung, zu reden. Plötzlich rauschte über ihnen in der Luft etwas, und ein Schwarm Eulen begann mit der Auslieferung des Tagespropheten. Hermine, die ein Abonemment hatte - „man muss immer informiert sein!“ - wurde von einer noch sehr junge Eule beliefert, die ihre Zeitung geradewegs in ihren Marmeladentoast warf. „Igitt - möchte jemand Zeitung mit Kirschmarmelade?“ fragte Ron und zog an der Zeitung. „Aber immer doch“ antwortete Lumos, nahm Ron die Zeitung aus der Hand und säuberte sie mit einem Wink seines Zauberstabs. „Wohw, du zauberst sogar morgens fast perfekt - wenn Harry das versucht hätte, wäre die Zeitung wahrscheinlich in tausend Stücke zerplatzt und wieder in Hermine’s Toast gelandet.“ Kommentierte Ron sarkastisch. Harry hatte dafür nur ein Müdes grinsen übrig und Lumos hatte sich - nachdem Hermine ihm den „Aktuelle Nachrichten“ teil ihrer Zeitung überlassen hatte, hinter selbiger verschanzt und tastete gerade am Tisch nach seiner Kaffeetasse. Er fand sie, führte sie hinter die Zeitung und - lies sie fallen. Mit einem Schrei sprang er auf und starrte auf die Zeitung. Sofort herrschte Totenstille in der Großen Halle und alle schauten zu Lumos herüber, der die Zeitung von sie hielt, wieder heranzog, dann Hermine gab und aus dem Saal stürmte. In diesem Moment hörte man vom Lehrertisch ein lautes Klirren. Snape, der sich Dumbeldores Zeitung geliehen hatte, ließ seine Kaffeetasse fallen, die zu tausend Scherben zersprang, riss die Augen auf, starrte auf die Zeitung, sprang auf und rannte aus der Halle. Harry saß mit offenen Mund am Tisch und starrte auf den Platz neben ihm, an dem vor wenigen Sekunden noch Lumos gesessen hatte, und an dem jetzt nur noch die Scherben seiner Kaffeetasse lagen. Ron schaute zu Lehrertisch und wand sich dann an Hermine. „Irgendwie stimmt hier was nicht - zwei Kaffeetassen, und das an einem Morgen und wegen einer Zeitung? Snape war völlig aus der Fassung geworfen und Lumos wirkte komplett verzweifelt.“ Hermine nickte und wand sich dann wieder ihrer Zeitung zu. Dann riss sie die Augen auf und hielt Ron die Zeitung vor die Nase. „Hier, das muss er gelesen haben!“ Ron lehnte sich wieder zurück, und griff nach der Zeitung. „Überfall auf Schule - Frankreichs Zauberer sind in Aufruhr“ stand da dick und fett. Harry beugte sich zu ihm, las, was da stand und sprang auf. „Ich geh mal nachschauen, wo Lumos ist..“ rief er Hermine und Ron zu und rannte auch aus der großen Halle. „Heute spinnen sie irgendwie alle..“ murmelte Neville in sein Müsli.
Harry rannte zum Gryffindorturm, durchwühlte seine Sachen, fand seinen Tarnumhang und die Karte der Herumtreiber und sprang so ausstaffiert wieder aus dem Portraitloch. „Ich schwöre feierlich, das ich ein Tunichtgut bin“ flüsterte Harry und auf der Karte erschienen Punkte, die alle mit einem Namen versehen waren. Er suchte kurz, bis er die beiden Punkte fand, unter denen ‚Severus Snape’ und ‚Lumos LaCroix’ stand. Sie waren anscheinend in den Kerkern. Eilig lief er die Treppen hinunter und durch Gänge, aber immer bedacht, keinen anzurempeln. Eine Entdeckung war das letzte, was er noch brauchen konnte. Schließlich kam er endlich in den Kerkern an. Der Karte nach befanden sich Snape und Lumos im Klassenzimmer für Zaubertränke. Zu Harrys Glück stand die Tür einen spaltbreit offen, so das er nicht noch die Klinge hinunterdrücken musste. Allerdings wäre es auch nicht aufgefallen, wenn er es getan hätte, den keiner der beiden, die da im Klassenzimmer saßen, achtete auf die Tür. Lumos saß an einem der Tische in der ersten Reihe, den Kopf an Snape’s Schulter gelehnt, der neben ihm saß, und klammerte sich an ihn. Snape rede ganz, ganz leise auf ihn ein. Harry kroch in eine der Bänke in der letzten Reihe und setzte sich. Irgendwie hatte er ein schlechtes Gewissen, und außerdem beschuldigte Hermines Stimme ihn in seinem Kopf gerade damit, jemandem nachzuspionieren, als Lumos zwischen seinen Schluchzern etwas sagte. „Warum? Warum immer wir? Was haben wir getan??“ flüsterte der Junge an Snapes Schulter. Der Mann lehnte sich zurück und zog den Jungen fester in seiner Umarmung. „Wir? Ihr hab gar nichts getan. Ihr seid unschuldig, aber es trifft immer die Unschuldigen. Es ist nicht eure Schuld, sondern die Schuld derer, die vor euch waren. Meine. Die meiner Eltern. Wir sind den falschen Weg gegangen. Und das viel zulange..“ Der Junge schluchzte wieder. Snapes Stimme wurde wieder ganz leise, ein ganz sanftes Flüstern. Harry war mehr als verblüfft. Er hätte nie gedacht, das Snape außer ‚fies’ , ‚sehr fies’ und ‚gleich bringe ich dich um’ noch andere Tonlagen beherrschte. Lumos beruhigte sich nicht. Er weinte immer weiter, solange, das Snape sich kurz umdrehte und die Tür mit einem Spruch versiegelte. Keiner konnte der Raum mehr betreten oder verlassen, was in Harrys Magengegend ein sehr ungutes Gefühl wachrief. Er saß in der Falle. Das einzige, was er jetzt noch hoffen konnte war, das er nicht entdeckt werden würde. „Warum seid ihr den falschen Weg gegangen?“ fragte Lumos zwischen zwei Schluchzern halblaut. Snape seufzte. „Weiß du, Lumos, manchmal ist es nicht so einfach, herauszufinden, was falsch ist und was richtig.. Und manchmal glauben Leute mit aller Gewalt an das falsche. Für sie ist es das richtige, ganz egal, was andere sagen. Für sie war es der richtige Weg.“ Er begann, dem weinenden Junge sanft über das Haar zu streifen. „Warum bist du den falschen Weg gegangen? Du wusstest doch, was falsch ist und was nicht. Du hast es doch ganz genau gewusst.“ Snape seufzte wieder und strich sich eine hellblaue Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich hätte es wissen müssen, ja. Aber ich wollte es nicht wissen. Es war.. es war eine etwas andere Situation, als heute. Weißt du, jetzt kann ich sehen, das ich falsch lag. Aber damals? Ich war jung und ich war so verdammt wütend.“ Lumos schluchzte wieder. „Und du warst allein.“ Snape schaute überrascht. „Wie kommst du darauf?“ Lumos schaute auf. Seine schwarzen Augen waren völlig verquollen. „Weil ich auch immer allein war. Und weil mir immer alle Leute gesagt haben, das ich genauso bin wie du.“ Snape legte den Kopf schief. „Ja, Lumos, du hast Recht, in beiden Dingen. Ich war allein. Ich war immer allein. Wie du siehst ist das ein Makel, der bei mir einfach zugehört. Es gibt Menschen, die dazu bestimmt sind, allein zu sein. Ich hoffe für dich, das du nicht dazugehörst.“ Lumos fixierte Snape immer noch. „Warum? Warum sind wir allein? Warum können wir nicht einfach so sein wieder alle anderen? Warum können wir keine Freunde haben? Die anderen aus meinem Haus, die sind immer fröhlich. Fast immer. Ich meine, Harry, der ist anders als die anderen. Aber er ist mächtig, sehr mächtig. Ich spüre so was. Aber die anderen, sie sind nie allein. So wäre ich gerne. Ich wäre so gerne so wie sie..“ Wieder lehnte Snape sich zurück. „Warum? Ich weiß es nicht. Ich bin damit großgeworden, von der Familie her. Es wurde mir immer eingetrichtert. Du weiß, die ganze Sache mit den Blutlinien und wie man sich als einer der unseren zu verhalten hat. Ich hab das im Blut. Es gehört zu mir und ich werde das auch niemals loswerden. Aber du kannst es noch. Du bist jetzt hier. Du musst keiner von ‚uns’ werden und ich sorgte persönlich dafür, das du es nicht wirst. Suche dir Freunde, aber bleib dir selbst treu. Werde ein Freund von Harry. Er ist gut für dich. Er kann auf dich aufpassen. Ich weiß, das du auch sehr, sehr viel Kraft hast. Aber du musst noch lernen, damit umzugehen. Überschätzte dich nicht. Und Lumos -“ er zog den Kopf des Jungen hoch und sah im direkt in die Augen, „mach bitte nicht dieselben Fehler wie ich. Mach sie nicht. Sie werden dein Leben sonst zerstören. Und ich will wirklich nicht, das du so endest wie ich.“
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