Kimono

 

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Kapitel 4

 


Severus PoV

Als er aufwachte wußte er im ersten Moment nicht welchem Instinkt er zuerst folgen sollte. Er konnte auch ohne hinzusehen sicher sagen, dass da ein anderer Mensch bei ihm lag. Der erste Impuls wollte ihn aufspringen und seinen Zauberstab gegen wen auch immer richten lassen. Er hatte sich seit langer Zeit einen Partner oder eine Gefährtin versagt, da er damit zu angreifbar wurde. Gegen Mächte von außen, die ihm schaden wollten und auch um 'ihn' oder 'sie' vor dadurch entstehendem Leid zu schützen. Doch nun war da jemand in seinem Bett und er wußte 100 %ig, dass das nicht auf seinen Impuls zurückgegangen sein konnte. Der Fremde mußte damit als feindlich eingestuft werden.
Der andere Teil seines Geistes machte sich wesentlich weniger Gedanken. Er registrierte, dass er bis gerade eben glücklich und entspannt geruht hatte, zufrieden in der Nähe des Gegenübers. Dass ihm die herübersickernde Wärme behagte. Das hatte er so lange vermisst. Einen anderen warmen Körper an seinem, sich in ihm verlieren, und, wenn auch nur für eine kurze Weile, glücklich sein.
Da der erste Impuls noch viel zu beschäftigt damit war sich Horrorszenarien auszumalen und dazu passende Reaktionsmuster zu entwickeln nutzte der Rest von ihm die Gelegenheit und zog den Bettgefährten zu sich. Ein wundervolles Gefühl. Das Slytherinsche jappste entsetzt auf, hatte über diese ausgesprochene Blödheit sämtliche Worte verloren. Und der Mensch in ihm war ganz froh darüber, sich keine zynischen Beschimpfungen anhören zu müßen. Selbsthass konnte verdammt ermüdend sein.

Die Physe verkniff sich jeglichen Kommentar über diese beiden gegensätzlichen Handlungsweisen. Stattdessen tat er das naheliegendste und öffnete erst mal die Augen. Ohne Fakten ließen sich Entschlüsse schlecht untermauern.
Die Augen übermittelten ein mehr als unerwartetes Bild. *Lupin?* Dann kam alles zu ihm zurück.

Wie es gestern an seiner Tür geklopft hatte und ein übers ganze Gesicht grinsender Malfoy davor stand. Wie dieser eine verhüllte Person mit hereingezogen hatte, von der unter dem tuchreichen Umhang nichts zu erkennen gewesen war. Die Gratulation zu seinem Namenstag, und schließlich wurde ihm das verhüllte Etwas entgegen geschoben. Malfoy wisperte ihm noch zu, dass er den Ciechi?Fluch über ihn gelegt hatte, dann nahm er dem noch Unbekannten den Mantel fort. Zum Vorschein kam jemand, den Severus nur zu gut kannte, und er zischte zwischen den Zähnen hindurch. Was für ein dämlicher Scherz sollte das bitte von Lucius werden? Warum hatte er gerade seinen zweitgrößten noch lebenden Feind aus Schultagen zu ihm geschleppt? Voller Wut wollte er Malfoy anfahren, doch dieser drehte ihn nur wieder zu Lupin um und forderte ihn auf sein Geschenk zu öffnen.
Und wie er ihn wieder mit stechendem Blick musterte mußte er zugeben, dass die Worte auf verdrehte Weise wahr waren. Das Etwas, in das Remus gehüllt war, erinnerte an einen japanischen Kimono. Nur dass diese nicht großteils durchsichtig waren und die Gürtelschleife am Rücken komplex und ästhetisch war. Mit Zeit und Geduld wurde da Stoff zu einem perfekten kissengleichen Gebilde gemacht, doch das Band um Remus' schmale Hüften endete in einer schlichten Schuhbändchenschleife. Sie konnte innerhalb einer Sekunde geöffnet werden. Und damit würde die ganze ohnehin zweifelhafte Statik zusammenbrechen und sich der Stoff der Schwerkraft unterwerfen, herabfallen und wie entferntes Geschenkpapier vergessen werden, wenn man sich dem Präsentinhalt zuwandte.

Malfoy reichte noch eine Information nach, wie nebenbei. "Ach ja, ich habe ihn vorrübergehend taub gemacht. Ich schätze mal das ist wichtig für dich."

Unruhig und blind sah sich Remus um, schien zu versuchen etwas von seiner Umgebung wahrzunehmen, doch dann zuckte er wie unter Krämpfen zusammen und knickte auf ein Knie. Er fiel sogar um und landete hart auf der Seite. Snapes Augen wurden größer, starrten Malfoy an, der halb gelangweilt halb sadistisch grinsend schnippte, worauf der Werwolf aufhörte sich zu winden und nur noch leise klagende Laute von sich gab, noch unter den Nachwirkungen litt. Ein rascher Kontrollblick zeigte Severus den Ursprung seines Anfalls. Da waren eindeutig silbrige Bänder um Remus' Handgelenke geschlungen, so breit wie sein Daumen hoch, dasselbe um seinen Hals. "Fehdebänder?"
Malfoy nickte nur, sein Lächeln erreichte nie seine Augen, die blieben total gefühllos. Auch in Sev´s Augen war im Moment nichts zu lesen, doch bei ihm war das aus anderen Gründen der Fall. Er war innerlich furchtbar leer. Kälte hatte sich schon vor unzähligen Jahren über sein ganzes Inneres gelegt, erst nur als fröstelnden Raureif, dann zunehmend dickere Eisschichten. Ob sich darunter überhaupt noch etwas verbarg wußte wohl nur Gott alleine. Doch an den glaubte Snape schon lange nicht mehr.
Langsam, wie mechanisch, ging er zu Lupin und zog diesen hoch. Er schien wieder einigermaßen alleine stehen zu können, wenn auch wackelig. Seine unbehaarte Brust, die sich noch immer beschleunigt hob und senkte, schimmerte durch den halbdurchsichtigen Stoff. Seltsamerweise fühlte er sich von dem hilflosen Lupin erregt. So weich und unschuldig hatte er ihn das letzte Mal während der Schulzeit gesehen. Danach, als Erwachsenen, hatte er ihn zu sehr verabscheut, um irgend etwas als seine schiere unerwünschte Anwesenheit wahrzunehmen.
Aber jetzt... wo Lupin ihn nicht mal sehen konnte... konnte er ihn seinerseits in Ruhe betrachten. Schlank, mittelgroß, Hände mit langen Fingern und weich über seine Schultern fließendes Haar. Die helle Haut wirkte im indirekten Flurlicht seidig, und er befeuchtete sich unwillkürlich die Unterlippe. Malfoys Stimme riss ihn aus seiner Betrachtung.
"Gefällt dir dein Geschenk?"
Severus war von dem sich bietenden Anblick ganz gefangen und nickte nur.
"Glaub mir, er wird dir echte Genüsse bescheren."
Das brachte Snapes Kopf dazu herumzufahren. Doch der Blonde zeigte nur perfekte Reihen weißer Zähne als er hohl lächelte. "Keine Angst. Ich würde nie von einer Pralinenschachtel naschen bevor ich sie verschenke. Er ist ganz unberührt. Sogar selbst eingepackt hat er sich."
"Wie?"
Wie hast du ihn gefangen? Wie hast du ihn dazu gebracht das anzuziehen? Wie hast du seinen Widerstand brechen können?
All diese Fragen klangen in diesem einen Wort mit, unausgesprochen aber doch fast schon hörbar.
Ein abfälliges Schnalzen tadelte Sev. "Ist das nicht offensichtlich? Die Fehdebänder können jeden dazu bringen alles zu tun. Oder auch Nichts, wenn einem das gerade angenehmer ist. Und nun wünsche ich dir viel Spaß mit ihm. Du kannst ihn danach weiterleben lassen wenn du willst, immerhin weiß er nicht mit wem er es zu tun hat und die Schande unterworfen zu werden dürfte ihm den Schlag seines Lebens versetzen. Oder du tötest ihn, wenn du es gut mit ihm meinst. Dann muß ich es nicht tun, wenn er mir das nächste Mal begegnet." Mit diesen Worten verschwand er aus der Tür und ließ die Beiden alleine zurück.
Und nun? Etwas abgelenkt schloss er die Haustür, die Malfoy offen gelassen hatte. Was sollte er bitte mit Lupin machen? Verdammt, er sah aber auch wirklich zum Anbeißen aus.
Also zog er Remus erst mal ins Wohnzimmer, im zugigen Flur herumzustehen brachte sie nicht weiter.
Sein Geist freundete sich bei Remus' reizvollem Anblick langsam mit dem Gedanken an ihn sich heute Nacht ins Bett zu holen. Wenn der Werwolf wirklich nicht wußte mit wem er es zu tun hatte würde er hinterher weder Anklagen von ihm, noch von Dumbledore zu hören bekommen. Und wie ihm ein leichtes Ziehen im Unterleib mitteilte.. seine Libido wollte Remus.
Die Bernsteinaugen waren noch immer blicklos und Snape erinnerte sich an einen Aspekt, den er fast vergessen hatte. Wurde der Ciechi?Fluch zu lange aufrecht erhalten, konnte der Verfluchte sein Augenlicht dauerhaft verlieren. Also verband er dem anderen Mann die Augen und nahm den Fluch von ihm. Lupin sollte nicht erfahren, wem er gerade überbracht worden war, wem ihn Malfoy ausgeliefert hatte. Aber er wollte dem Exkollegen auch nicht zu sehr schaden und nahm auch den modifizierten Silencio von ihm. Der ihn bisher taub gemacht hatte.
Remus reagierte endlich wieder, schien aus seiner Erstarrung aufzuwachen. Er wollte etwas sagen, sich zurückziehen von dem Anderen, den er wohl erahnen konnte. Doch wieder wurden die Fehdebänder aktiv, als er sich ohne Befehl bewegte, und schickten ihn zu Boden. Das Wimmern war dieses Mal schon wesentlich schwächer. Die Maßregelungen durch das uralte Artefakt nahmen ihn doppelt mit. Einmal, da die Bänder teilweise aus Silber bestanden, und zweitens noch die nervenverzehrende Bestrafung an sich. Snape schnippte augenblicklich als Lupin zu seinen Füßen zusammenbrach und nahm ihm auch das Band um den Hals ab. Lupin atmete aber die Augen waren geschlossen, sein Geist schien sich eine gnädige Auszeit genommen zu haben. Snape überlegte etwas, während er so halb über dem besinnungslosen VgdK?Experten kniete. Lupin war stark unter seiner zerbrechlichen Hülle, hatte gegen Vampire und namenlose Schrecken bestanden. Ihn nun so angreifbar und hilflos zu sehen irritierte ihn. Wie hatte Malfoy es nur angestellt ihn in diesen Zustand zu versetzen?
Instinktiv wollte er Lupin nun auch die Reifen um die Handgelenke abnehmen, doch dann kam sein Verstand hinterher und hielt ihn auf. Lupin war, wie schon richtig festgestellt, VgdK?Experte. Er konnte, wenn er Snapes Kontrolle entzogen war, ziemlichen Schaden anrichten oder zumindest mit dem Wissen um seine Entführer entkommen. Was Snape wiederum das Genick brechen würde. Ohne nachzudenken richtete er sich auf und lief rasch ins Arbeitszimmer. Dort klappte er einen Teil der Wandverkleidung vor und entnahm dem Fach eine Schatulle. Sie war schwerer als sie aussah. Sie enthielt zum Teil den Schmuck seiner Mutter, und Mrs. Snape hatte ihn versprechen lassen, dass er ihn nur der Frau geben würde, die er wirklich liebte und die er heiratete. Das war aber nie eingetreten und so hatte er die Erbstücke noch immer. Unter anderem auch zwei aus Weißgold bestehende Armreifen. Perfekt. Weißgold erwärmte sich zwar auf der Haut nicht so schnell wie Silber, aber Lupin konnte da kaum einen Vergleich anstellen. Silber jagte ihm ohnehin Feuer durch die Nervenbahnen, er dürfte in seinem ganzen Leben höchstens zwei?, dreimal etwas aus diesem Edelmetall in Händen gehalten haben.
Rasch lief er zurück und fand Lupin noch immer ohne Besinnung vor. Er hätte längst wieder wach sein können, doch seine Seele hatte wohl keine große Motivation, schon so schnell wieder aus der schützenden Dunkelheit aufzutauchen. So hatte Snape genug Zeit die verdammten Bänder zu entfernen und durch die harmlosen Armreifen Amanda Snapes zu ersetzen. Die hätten zwar keinerlei Wirkung auf Lupin, doch sein Opfer würde ihr Gewicht spüren und weiterhin brav kuschen, im Glauben sie noch immer zu tragen. Eine reine Vorsichtsmassnahme, die ihn jedoch nicht jedes Mal wieder zu Boden in die Agonie schicken würde.
In den nächsten paar Sekunden bewegte sich Remus schon wieder und versuchte verwirrt nach dem Tuch vor seinen Augen zu greifen. Snape stoppte ihn, indem er seine langen Finger um Remus' schmales Handgelenk schloss und kurz zudrückte. Sie würden heute Abend komplett nonverbal kommunizieren, notwendig, um das Geheimnis seiner Identität zu bewahren. Sie blieben eine Weile so, bis er sicher war, dass Lupin wieder die Kontrolle über seinen Körper hatte, und zog ihn erneut hoch. Er sollte sich das besser nicht angewöhnen. Dann lehnte er ihn gegen die Couch und ließ den Blick wieder über diese Parodie von Kleidung wandern, die Remus einhüllte. Sein Gewissen (Er war selbst überrascht, dass sich dieses nach so langer Zeit mal wieder meldete. Er hätte nicht gedacht überhaupt noch eins zu haben.) jammerte, was er da tat, aber das konnte er ignorieren. Seine Hände drehten Lupin an den Hüften herum und er zog die Schleife an seinem Rücken auf. Der Stoff fiel raschelnd und er hatte einen nackten und (gezwungenermaßen) kooperativen Partner vor sich.

Der Rest war schnell erzählt, er hatte sich einen Moment des Genusses erlaubt. Von ihm gekostet und ihn befühlt. Gewissenhaft darauf achtend, nicht jetzt schon zu weit zu gehen, sich von der Situation mitreißen zu lassen. Ihm weh zu tun.
Stattdessen hatte er nur diverse Salben an ihm ausprobiert, die einmalige Gelegenheit nutzend. Wie oft bekam man denn eine Versuchsperson, die auch eine magische Narbe wie man selbst hatte. Eine Versuchsperson, die nicht protestieren konnte und die doch nichts gegen das Verschwinden der alten Wundmale einzuwenden hätte. Also probierte er so einiges mit ihm durch, bis er das Richtige fand. Eine Mischung aus Fingerhut, Ahorn, Kugelfischgift und zweiwertigem Brom. Danach, mehr als zufrieden mit sich selbst, hatte er Lupin mit Essen versorgt, die Nacht bei ihm geschlafen, und nun waren sie wieder hier. Alles in allem hatte er wirklich keinen Grund zur Klage.

Da er Remus an sich gezogen hatte konnte er diesen in Ruhe betrachten. Hübsch wie immer, aber sein schmaler Mund zeigte, dass er angespannt war. Trotzdem wollte sich Snape das einfach nicht entgehen lassen. Es war zu lange her, dass er so eine Chance bekommen hatte. Das Bett war breit und so konnte er ihn herumrollen, so dass er nun mit abgewandtem Gesicht von ihm lag. Seine Hand wanderte, wie schon am Abend zuvor, unter das Schlafoberteil seines 'Gastes' und tastete nach Haut. Leicht streichelte seine Hand über Lupins Schlüsselbeine, über seine Brust und hielt sich wieder an ihm fest. Näher dieses Mal, ihre Körper berührten sich, aber sie waren beide immer noch bekleidet. Snape küsste ihn leicht ins wellige Haar, dann zog er ihn noch näher, bis er dessen Wärme ganz dich an sich spürte. Das war schön. Genussvoll schloss er auch noch den zweiten Arm um Lupin und ließ es zu einzudösen. Es war kein Schlaf, aber doch etwas, wobei er nicht denken musste und doch genießen konnte. Wundervoll.

Nach einer Stunde, oder vielleicht auch mehr, sah er aber doch ein, dass er langsam aufstehen mußte. Remus' Wärme hatte ihm gut getan, er fühlte sich jetzt innerlich besser. Für sich betrachtet glaubte er, dass sich die Eisschicht in seinem Innern gerade etwas abgemildert hatte. Nicht viel, dafür gab es sie schon zu lange und war durch zuviel Leid und Enttäuschungen beängstigend gewachsen. Doch war es genug, dass er es wohltuend spürte; das Gewicht des Eises auf seiner Seele hatte etwas nachgelassen.



Kapitel 3

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