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Kapitel 5: Beobachtungen
Wissen ist Macht!
Unbekannt
Am nächsten Morgen wunderte es Harry und seine Freunde, Sirius so früh vorzufinden. Harrys Pate hatte sich zu einem Langschläfer entwickelt, der normalerweise nicht vor 11 Uhr in den Gängen Hogwarts zu sehen war. Sirius saß grübelnd in einem der Innenhöfe auf einer Steinbank. Die Sonne blinzelte erst in eine Ecke des noch düsteren Hofes und machte sich daran den Hof im Laufe des Tages zurück zu erobern. In seinen Händen lag ein Buch. Der Ex-Häftling von Askaban sah nicht auf als sich ihm die Kinder lärmend und lachend näherten. Er war zu sehr in seine Lektüre vertieft und wirkte dabei keineswegs entspannt.
"Guten Morgen Sirius!" flötete Hermine Granger und ließ sich neben ihm auf die Steinbank fallen.
"Jo Sirius!" begrüßte Ron Weasley ihn und zu guter Letzt schmetterte Harry seinem Patenonkel ein Guten Morgen entgegen.
Sirius seufzte und sah sichtlich genervt auf.
"Seht ihr nicht dass ich lese?!" fauchte er und die drei zuckten bei den recht harschen Worten zusammen. Noch nie hatte er sie angefahren oder ein grobes Wort verlauten lassen. Er war immer freundlich gewesen, manchmal etwas melancholisch, aber nie mürrisch oder gar unfreundlich.
Sirius bereute sofort seine Worte und er gab sich Mühe etwas entspannter auszusehen. Die Gryffindors starrten ihn nur mit großen Augen an.
"Entschuldigt. Schlecht geschlafen." Mit beiden Händen fuhr er sich durch das ellenlange, glatte, schwarze Haar. "Ich bin es nicht mehr gewohnt einfach so ruhig schlafen zu können."
Hermine hatte sich allen Anschein nach zuerst gefasst und lächelte ihn aufmunternd an, während Ron und Harry ihn immer noch skeptisch ansahen.
"Was liest du?" fragte sie und versuchte zu Sirius' Erleichterung die Situation zu retten.
Zur Antwort hob er das Buch an um ihnen den Buchdeckel zu zeigen.
"Lexikon der Mythologie. Teil 3, Keltische und Nordische Mythologie", las Hermine laut vor.
Harry zog die Stirn kraus. "Hört sich sehr trocken an."
Sirius hörte den zweiten unausgesprochenen Satz: Und gar nicht nach dir an.
"Och", sagte er und lehnte sich leicht zurück, "es geht. So trocken ist die Sache gar nicht."
"Um was geht es denn?" frage Hermine neugierig.
"Um den Begriff Walhalla oder auch Walhall. Hier steht..", er hob das Buch wieder an und begann laut zu lesen: "Walhalla, oder auch Walhall genannt, ist die Götterburg von Odin, dem Göttervater der Asen, der nordischen Götter. Die Burg ist durch einen großen Palisadenzaun geschützt und liegt im Land der Götter Asgart und kann nur über die Regenbogenbrücke Bifrost erreicht werden. Alle tapferen Menschen kommen nach ihrem Tod in diese Burg, wo sie an den großen Festen des Göttervaters teilnehmen um auf das Ende der Welt zu warten, wo alle Toten, wie Lebenden sich zum letzten Gefecht aufmachen."
Eine kurze Weile herrschte Stille. Sirius sah die drei an.
"Hört sich für mich nicht wie das ersehnte Land an", meinte Harry trocken.
"Nun ja, kommt darauf an. Wenn du Kelte oder Wikinger warst, so war dies das gelobte Land nach dem Tod, weil du an diesem Ort alle deine Freunde und Verwandten wieder getroffen hast." Sirius schloß halb die Augen und erinnerte sich an diesen Spruch, leise flüsterte einige Zeilen: "Dort treffe ich meine Mutter, meine Schwestern und meine Brüder. Dort treffe ich all jene Menschen meiner Ahnenreihe von beginn an."
Die drei Freunde sahen in sichtlich verwirrt an. Jetzt auch noch Poesie, wohin führte das?
"Ich glaube, ich vermisse die Flucht zu sehr. Die Ruhe macht mich melancholisch", meinte er entschuldigend.
"Nun ja, immer hin hast du jetzt Zeit in Ruhe zu lesen oder?" sagte Hermine, die, so wußte es Sirius von Harry, immer für ein gutes Buch zu haben war.
"Ja jetzt habe ich Zeit", flüsterte Sirius und sah auf das Buch.
Die Schulglocke läutete zur ersten Stunde und die drei Freunde verabschiedeten sich von ihm. Jungen und Mädchen rannten durch die Gänge, um noch rechtzeitig zu ihrem Unterricht zu kommen. Das Lachen erstarb langsam im Schloß und bald hörte man hier und da einen kleinen Knall, wenn ein Zauberspruch daneben ging. Die Sonne wanderte weiter in den Innenhof, beleuchtete nun schon Steinbänke und den gepflegten Rasen.
Sirius starrte auf das Buch und flüsterte: "Verdammt viel Zeit."
Ohne weitere Worte schlug er die nächste Seite auf und begann etwas über das Ende der Welt zu lesen. Es überraschte ihn, dass es immer in jeder Kultur die ganz eigenen Vorstellungen von diesem Ereignis gab. Er verlor sich in dem Buch und ein Teil von ihm fragte sich wie er das konnte! Früher waren für ihn Bücher nur eine Last gewesen. Der Magier überhörte so die zweite und die dritte Stunde, bemerkte nicht wie Schüler an ihm vorbei strömten. Sah nicht die merkwürdigen Blicke, die sie ihm zuwarfen oder wie die Jüngeren unter ihnen immer noch einen weiten Bogen um ihm machten. Sie fürchteten ihn, zu tief saß die Propaganda des Ministeriums in ihren Knochen. Ein Teil von ihnen sah in ihm immer noch den verrückten Mörder. Eine einmal festgefahrene Meinung zu brechen war sehr schwer. Es wurde Mittag und bald läutete es zum Essen. Sirius war gerade bei einer Beschreibung des Fenris-Wolfes angelangt und dachte das müsse er Lupin zeigen als er eine wohlbekannte Stimmte hörte. Sie war leise, weich und gleichzeitig sehr kühl.
"Sie da, der Verräter kann lesen", sagte es über Sirius.
Ganz langsam, wie in Zeitlupe, hob Sirius den Kopf und er sah durch einen Vorhang an schwarzen glatten Haaren Severus Snape vor sich stehen. Natürlich er sah immer noch den Verräter in ihm. Er hatte die Potters und damit indirekt Dumbledore verraten, egal was Dumbledore oder Moody sagten über seine Unschuld, über Wurmschwanz. Das war Snapes Meinung und keiner konnte sie so schnell ändern. Sprachlos sah er ihn an. Ganz langsam wuchs Zorn in Sirius, brannte wie ein kleines Feuer in ihm und wurde immer größer und größer.
"Hat Askaban das Gehirn doch nicht so schrumpfen lassen", spöttelte Snape und in den kalten Augen glitzerte es gefährlich.
Sirius Black wollte aufspringen, ihn schütteln, ihm etwas Beleidigendes an den Kopf zurück werfen. Dieser verdammter Slytherinbastard, das mußte ja kommen, irgendwann würde er über Sirius herziehen und ihn verspotten. Sirius wollte gerade etwas erwidern, als ihm etwas auffiel und sein neues Wissen drängte sich langsam in den Vordergrund. Die Flamme Zorn erlosch langsam und Black bekam einen klaren Kopf. Sein Verstand setzte wieder ein und er sah mehr in dem Mann vor sich. Dank Hagrids Aufzeichnungen war Snape in diesem Moment wie ein offenes Buch für ihn. Seine Haltung deutet auf Ablehnung hin, ja vielleicht sogar etwas auf Streit, aber in den Augen glomm Neugier. Black lächelte innerlich und beschloß sein neuerworbenes Wissen zu testen.
"Ja, stellen Sie sich vor ich kann lesen, Snape", sagte er locker und mit einem leicht fröhlichen Unterton.
Was hatte Hagrid geschrieben? Nicht so sehr auf die Stichelein eingehen?
Snape verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Er war überrascht und suchte nach einer neuen Angriffsfläche.
"Nun etwas Nachhilfe-Unterricht kann ja nicht schaden. In diesen Dingen." Snape machte eine Handbewegung zum Buch hin.
Sirius umging diesen neuerlichen Angriff in dem er einfach nur leicht den Kopf schief hielt und Snape ansah. Nicht durchdringend und auch nicht starrend, sondern einfach nur abwartend. Innerlich wartete er auf einen zweiten Angriff und legte sich schon mögliche Antworten im Geist bereit. Nur ruhig bleiben, nicht zornig werden! Ganz ruhig!
Die zweite Glocke, die zum Essen rief, brach diese unangenehme Stille zwischen ihnen und Severus Snape wandte sich ab und ging. Sirius wartete bis Snape um die Ecke verschwand und atmete tief durch. Hagrid hatte recht, Snape war leicht zu durchschauen, und doch hatte der Zaubertränke-Lehrer nicht weiter gestichelt, nein er hatte den Rückzug angetreten und Sirius ohne weiter zu beachten zurück gelassen. So stand das aber nicht in der Gebrauchsanweisung. Verdattert zog Black die nächste Rolle aus seinem Umhang hervor, brach das Siegel und begann zu lesen. Der erste Satz beunruhigte ihn.
Unterschätze niemals Severus Snape!!
Die Sonne schien nun voll in den Innenhof und es wurde unangenehm warm. Sirius stand auf und ging, immer noch in die Rolle vertieft, in den Schatten. Das Buch über Mythologie hatte er in der anderen Hand.
Severus ging, nein rauschte an den letzten Nachzüglern an Schülern vorbei und ging ohne nach links oder rechts zu sehen auf den Lehrertisch zu. Dumbledore war nicht anwesend und irgendwie wirkte der Tisch ohne den Direktor von Hogwarts vereinsamt und verlassen. Immer noch ging ihm das Gespräch mit Black durch den Kopf. Askaban und die lange Flucht hatten einen Teil der Hitzköpfigkeit aus Black herausgebrannt. Sirius Black hatte unverschämt ruhig auf ihn gewirkt. Und das verunsicherte Snape. Mit einem aufbrausenden, hassenden Black konnte er umgehen. Wie er mit den Haß der anderen Schüler auf ihn umgehen konnte. Nur wenn jemand Ruhe bewahrte... Snape setzte sich wortlos an seinen Platz und starrte vor sich in die Luft. Ein Schauer überkam ihn, es erinnerte zu sehr an Hagrid. Mit düsterer Mine griff er nach einem Tablett mit Gemüse und tat sich auf. Der entscheidende Name war in seinem Gedächtnis gefallen und Snape´s Laune war wieder einmal an einem eisigen Tiefpunkt angelangt. Zum Glück ließ der dunkle Lord ihn in letzter Zeit in Ruhe. Doch Severus ahnte, dass es nur eine Frage der Zeit war bis ihn Voldemort wieder rief. In seine schlechte Laune mischte sich Trauer. Dann würde niemand mehr auf ihn in der Senke warten. Kein Hagrid, der mit Wolldecke und Tee im Schatten eines umgestürzten Baumes saß. Bereit sich sofort um ihn zu kümmern. Etwas Entscheidendes fehlte. Snape stand wieder auf und verließ ohne etwas gegessen zu haben die Große Halle.