Geheimnisse

 

 

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Kapitel 24: Winter



Die Natur macht nichts vergeblich.

Aristoteles



Der Winter kam kurz nach Halloween und mit ihm eine oberflächliche Ruhe. Neville Longbottom verließ den Krankenflügel, aber geheilt oder ganz frei von Angst und Zweifel würde er nie sein. Aus dem überängstlichen etwas rundlichen Jungen, wurde ein hagerer stiller Mensch, der zwar körperlich am Unterricht teilnahm, nicht jedoch mit dem Geist. Das Leben war aus diesen Augen gewichen und selbst Severus Snapes herablassenden Sprüche konnten ihnen das Leben nicht mehr zurück geben. Pomfrey mutmaßte, dass nur Voldemorts Sturz vielleicht etwas daran ändern könnte. Während sie das in einer Lehrerkonferenz gesagt hatte, ruhten ihre Augen auf Severus Snape. Vielleicht halfen ihm auch seine Freunde, hoffte Madame Pomfrey und meinte damit Harry, Ron und Hermine, die Neville in ihre Freundschaft noch mehr miteinbezogen als früher. Wenigstens in ihrer Gegenwart sprach er und aß ohne Vorbehalte das was Hermine ihm auf den Teller tat. Snape fühlte sich schuldig und wieder einmal als Versager, er zweifelte an seiner Entscheidung, die er damals im Krankenhaus getroffen hatte. Bis schließlich Dumbledore ihn vorsichtig aber bestimmt darauf hinwies, dass jede freie Entscheidung auch eine dunkle Seite hatte.
Snape beschloß daraufhin sich in Zukunft mehr auf seine Befehle zu konzentrieren und noch mehr darauf zu achten, was man bei den Todessertreffen besprach. Bei seinen Berichten fühlte sich Dumbledore mehr den je wieder in die Rolle des Puppenspielers zurückversetzt, bis auf den kleinen Unterschied, dass seine „Puppe“ etwas wie ein eingebautes Tonband besaß. Lange Gespräche, die manchmal fast eine Stunde dauerten, gab Snape exakt wieder.
Sirius Black hörte dies alles nur wiederverdaut von Dumbledore, an den späten Samstag- oder Sonntagnachmittagen, wenn Snape nicht im Schloß war. Selten war er an diesen Tagen mit Harry unterwegs, er wollte dem alten Mann Gesellschaft leisten, in diesen Momenten sollte niemand allein sein. Es waren Stunden voller Sorge und bei jeder Eule, die in dieser Zeit in dem Büro des Direktors ankam, zuckten beide zusammen und erwarteten das Schlimmste.
Am Abend dann brach Sirius auf, am Waldrand erwartete ihn meist Firenze, selten das Einhorn, und gemeinsam gingen sie zu der Lichtung, wateten durch hüfthohen Schnee und Eiseskälte. Überraschender Weise nahm Snape seit dem Zwischenfall im Kerker seine Anwesenheit in der Senke wortkarg hin. Eine Tatsache, über die Sirius sehr froh war.
Es war wieder so weit, es war Sonntagabend und diesmal mußte Snape wieder kommen. Mittlerweile war er sehr weit voran gekommen was Hagrids Pergamentrollen anging. Während Sirius sich in einen warmen Umhang warf, den Bogen schulterte und nach den Decken griff, die eingerollt auf dem Stuhl lagen, ahnte er, dass jedoch nie so gut seinen würde wie Hagrid. Der ehemalige Wildhüter von Hogwarts hatte einfach mehr Zeit und das bessere Gespür gehabt.
Heute war er mit Harry unterwegs gewesen, Dumbledore hatte ihm geraten sein Patenkind nicht ganz außer acht zu lassen. Sie waren über das Gelände gegangen und hatten gelacht. Ron hatte versucht, wie seine Brüder einige Schneebälle zu verhexen und sie Hermine hinter her zujagen, doch statt sie zu treffen machten die Bälle einen Bogen und trafen immer ihn. Harry und Sirius, die vorneweg gingen, bekamen von Rons vergeblichen Versuchen nichts mit oder zumindest versuchten sie krampfhaft den Schein zu wahren.

Sirius schloß behutsam die Tür und schlich aus dem Schloß, es war ein schöner Tag gewesen und für einige Momente hatte er sogar Snape vergessen können. Geschickt wich er Mrs Norris, der Katze von Filch aus, die gerade um eine Ecke bog. Der Schnee lag immer noch sehr hoch und so dauerte es eine Weile, bis er sich zum Rand des Verbotenen Waldes vorgekämpft hatte, an Hagrids leerer Hütte vorbei, es hatte sich keiner für den Job gemeldet, und schließlich durch das Randgebüsch in den Wald. Schnell sah er sich um, keiner war ihm gefolgt und es gab auch keine verräterischen Schneespuren, da er denen der Schüler gefolgt war. Ein silberner Lichtblitz aus dem Augenwinkel ließ ihn sich wieder umsehen. Das Einhorn stand ruhig an einem Baum und betrachtete ihn mit seinen unergründlichen Augen.
„Wir können los“, raunte Sirius und das magische Geschöpf bahnte sich seinen Weg durch die Schneewehen.
Sirius war dankbar dafür, so musste er sich nicht mühevoll den Weg selber bahnen. Es dauerte einige Zeit bis sie die Senke erreichten und die Baumwurzel, die ihnen Schutz gab. Sirius schaufelte sich seinen Sitzplatz frei und das Einhorn scharrte gleichfalls Schnee weg.
„Möchtest wohl auch etwas bleiben?“ fragte er es.
Das magische Geschöpf ließ sich mit einem Seufzer nieder und starrte dann wartend in die Senke. Black legte für sich eine Decke aus und vergrub sich in seinen dicken Winterumhang. Es war verdammt kalt. Sein Atem war in kleinen weißen Kondenswölkchen sichtbar und er spürte förmlich, wie sein Haar auf dem Kopf festfror. Er zog die Kapuze des Winterumhangs tiefer ins Gesicht.

Weit nach Mitternacht, Sirius hatte seinen Tee schon getrunken und dem Einhorn etwas mitgebrachtes trockenes Brot gegeben, hörte er ein leises PUFF. Sofort sprang er auf und sah eine einsame schwarze Gestalt in der Senke stehen. Sie schwankte!
Sirius schlitterte zu Snape hin und griff gerade noch rechtzeitig zu. Verdammt, dabei war es in letzter Zeit so ruhig gewesen. Das Einhorn sprang auf und sah sich witternd um, fast so als erwarte es weiteren Besuch. Snape nahm sich mit zitternden Händen die Maske ab. Im Mondlicht sah er noch bleicher aus als sonst und sein schwarze Haar bildete einen harten Kontrast dazu.
Leicht verwirrt sah er zu Black, dann flüsterte er: „Nur kalt.“
„Und müde?“ hakte dieser nach, er spürte die Kälte, die von dem anderen Mann ausging förmlich.
Snape nickte.
„Ok, dann zurück ins Schloß und sofort ins Bett“, sagte Black resolut, in Gedanken legte noch eine Wärmflasche dazu.
„NEIN!“ Snape riß sich los und stolperte zwei Schritte zurück.
Black schüttelte den Kopf. „Ach komm, so kannst du wohl kaum einen Bericht abgeben oder?“
„Ich MUSS!“ sagte der Todesser und leichte Panik schwang in der müden Stimme mit.
Sirius sah leicht genervt zu dem Einhorn. „War der immer schon so ein Dickschädel?“
Das magische Wesen schnaubte nur.
Sirius faste es als ein 'Ja' auf.

Black wickelte Snape in zwei mitgebrachte Decken ein, wortlos ließ Severus es mit sich geschehen. Es war ein notweniges Übel wenn er ohne größere Schäden zum Schloß kommen wollte. Krank und schwach nützte er niemandem, er hatte Befehle, die es zu befolgen gab. Er hatte nicht nachgefragt warum Black diesen Job nun machte, warum er Nacht für Nacht hier in der Senke auf ihn wartete. Es war bis zu jenem denkwürdigen Tag kurz nach Halloween zum Glück nicht weiter viel passiert. Voldemorts Zorn konnte so schnell verrauchen wie er kam, außerdem konnte Snape ihm einige wichtige Dinge verraten, die er natürlich mit Dumbledore persönlich vorher abgesprochen hatte, das hatte seinen Fehler wieder fast vergessen lassen. Sirius trat einen Schritt zurück, betrachtete sein Werk und nickte zufrieden. Für einen kurzen Moment fühlte sich Snape fast so geborgen wie bei Hagrid.
„Also dann zurück zum Schloß“, meinte Sirius, in seiner Stimme schwang immer noch Missbilligung mit.
Aber eben nur fast.
Black stützte Snape am Arm und gemeinsam machten sie sich auf den Rückweg. Das Einhorn folgte ihnen lautlos und wie ein silberner Schatten. Am Waldrand würde es sie verlassen, vielleicht noch nachsehen, ob sie auch heil in Hogwarts verschwanden. Aber näher würde sich das magische Wesen noch nicht trauen.
Black erstarrte kurz am Waldrand, sog witternd die Luft ein, in diesen Momenten glich er mehr einem Hund als einem Menschen. In seiner Schulzeit war dies ein Signal von Gefahr für Severus Snape gewesen, der Anfang einer Reihe von Demütigungen und Verletzungen. Jetzt gehörte es seltsamerweise zu seinem Gefühl des Schutzes und der Geborgenheit. Wenn es eine Gefahr gab, die er, Severus Snape, nicht erkennen konnte, so würde es Sirius Black spüren. Wie schnell sich doch die Zeiten änderten.
Die Luft war rein und Sirius half Snape den Hang zum Schloß hoch. Schnell huschten sie durch das Tor und gingen vorsichtig durch die langen Gänge der Schule. Sie stoppten, wenn ein Geist aus der Wand flog und gingen Mrs. Norris aus dem Weg. Am Wasserspeier flüsterte Black das Passwort und der steinerne Torwächter von Dumbledores Büro sprang auf die Seite. Hier würde Black ihn allein lassen. Er ging nie bis in Dumbledores Büro mit. Wie aufs Stichwort ließ ihn Black los und Snape hielt sich schwer am steinernen Torbogen fest. Fragend sah er zu Black. Dieser drehte sich um wollte gerade gehen als Snape ihn ansprach.
„Warum kommen Sie nicht mit, Black?“
Sirius erstarrte und wandte sich langsam um.


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