Geheimnisse

 

 

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Kapitel 16: Wissen



Alle Dinge geschehen aus Notwendigkeit. Es gibt in der Natur kein Gutes und kein Schlechtes.

Spinoza, Ethik I, 13


Sirius konnte es nicht glauben. Er saß auf dem Rücken eines überaus besorgten Zentauren und jagte durch den Verbotenen Wald. Firenze hatte nicht lange geredet, stattdessen hatte er ihm förmlich befohlen ihm zu folgen. Nach einigen Metern hatte das magische Wesen erkannt, dass zwei Beine vier Pferdebeinen sehr schlecht im gleichen Tempo folgen konnten. Leicht frustriert und verärgert gestattete der Zentaure Sirius auf seinem Rücken platz zu nehmen. Sirius war ein paar Mal zum Reiten bei einem Muggelfreund gewesen. Stolz hatte damals dieser ihm seine Pferde gezeigt und sich bereit erklärt, Sirius einige Stunden auf seinem Pferd zu geben. Daher wußte er halbwegs was zu tun war, um Firenze nicht bei jedem Galoppsprung in den Rücken zu fallen. Viel Schwung! Dieser Zentaure zeichnete sich durch eine weite, raumgreifende Galoppart und viel Schwung aus. Sirius klammerte sich mit seinen Beinen an den warmen Pferdeleib und griff nach der Restmähne, die am Übergang von Pferd zu Mensch noch wuchs.
"Fi..ren...ze", stotterte Sirius. Verdammt es war so schwer zu reden und sich gleichzeitig darauf zu konzentrieren, nicht vom Pferdeteil zu fallen!
"Ja Sirius Black?" fragte Firenze und schlug einen Haken um einen Baum.
"Wo hin?" fragte dieser schnell in einem weiten Sprung über einen Baumstamm.
"Die Wölfe, sie heulen! Sie heulen schon die ganze Zeit, und Uranus steht schlecht!" antwortete Firenze knapp und rannte weiter.
Uranus? War das alles? Deshalb das ganze Theater? Wegen einem blöden Planeten?

Firenze zog seinen Bogen von der Schulter und griff nach den Pfeilen. Sirius tat es ihm gleich. Firenze trabte nun plötzlich und Sirius konnte nicht anders, er fühlte sich wie auf einem Presslufthammer. Er kam ins Rutschen.
"Fiii....rrr...enn...zzeee!" warnte er .
Das magische Wesen stoppte und Sirius stieß mit dem Menschenkörper zusammen.
"T´schuldigung", nuschelte Sirius und griff nun gleichfalls nach einem Pfeil.
"Das Heulen!" Der Zentaure sah sich hektisch um, er schien das Rumgehopse von Sirius auf seinem Rücken kaum bemerkt zu haben.
"Was ist damit?" fragte Sirius mürrisch und rückte sich auf dem Pferderücken zurecht.
"Es hat aufgehört!" Panik schlich sich in die Stimme des Zentauren.
Bevor Sirius den Mund noch einmal öffnen konnte, jagte das Wesen wieder los.
'Wenigstens im Galopp!', dachte Sirius und klammerte sich wieder fest. Firenze beschleunigte. Immer schneller. Immer schneller. Sirius bekam es mit der Angst zu tun. Wenn der Zentaure nicht aufpasste, brach er sich noch alle vier Füße! Da ließ Firenze den ersten Pfeil fliegen. Sirius konnte nicht erkennen wohin. Da sprang der Zentaure in eine tiefe Senke. Etwas unsanft und holprig war die Landung. Sirius hatte keine Zeit mehr sich zu beschweren, er sah sich plötzlich einem Rudel Skorpionwölfe gegenüber, die sich um etwas gescharrt hatten. Jetzt fixierten sie den Zentauren an. Sirius schoß seinen ersten Pfeil vom Zentaurenrücken ab. Firenze stob mitten unter das Rudel, keilte nach den Wölfen aus und schoß gleichzeitig einen Pfeil nach dem anderen. Sirius brachte es gerade mal auf drei Pfeile, bevor sich die Wölfe zurück zogen. Anfangs mürrisch, um ihre Beute betrogen, dann urplötzlich, als sie sich den Zentauren und seinen Reiter besahen, panisch!
"Das war knapp!" sagte Firenze und atmete schwer.
Sirius schnaufte nur, es war ein Höllenritt gewesen und er fühlte jeden Wirbel.
Pferde! Er hatte gewusst, warum er nach drei Reitstunden aufgeben hatte! Sirius stieg ab und legte eine Hand in den Rücken.
"Uhh mein Rücken!" jammerte er und sah sich die Umgebung genauer an.
Moment! Die Senke kannte er doch! Der umgestürzte Baum, die Wurzel! Die Jungbäume, die in der Fallschneise des Alten wuchsen. Das war DIE Senke!
"Firenze ich glaube den Ort kenne ich!" begann er langsam.
Der Zentaure hörte nicht mehr, mit einem Ächzen hatte er sich neben dem Opfer hingelegt.
"Verflucht mag mein Pferdekörper sein!" murmelte Firenze und beugte zu etwas hinunter.
"Firenze?" fragte Sirius vorsichtig.
"VERFLUCHT! VERFLUCHT!" sagte Firenze nun lauter, verzweifelt sah er nun zu Sirius." Ich bin zu ungelenkt wenn es um eure Art geht! Ich kann mich nicht einfach zu jemandem herunter beugen und ihn aufheben. Ich muss mich jedesmal! Und wirklich jedesmal mit meinen vier Beinen auf den Boden legen! Damals lag Schnee, das war einfacher, aber so?"
Eure Art? Schnee? Sirius trat näher und blickte auf das Opfer der Skorpionwölfe. Firenze ordnete einen Haufen schwarzer Kleidung und da kam eine bleiche Hand zum Vorschein.
Sirius ahnte schlimmes. "Firenze?! Ist das...?"
Er machte eine etwas hilflose Bewegung mit dem Bogen in Richtung des schwarzen Kleiderhaufens.
"Ja, es ist Snape. Ich beobachte seine Sterne schon lange." Firenze strich nun das Gesicht frei. "Aber ich kenne mich mit eurer Art nicht so gut aus! Hagrid war doch immer da! Er hat ihm doch immer geholfen!"
Sirius schloß die Augen. Hagrid! Das Erbe dieses verflixten Halbriesen verfolgte ihn immer noch.
Mit einem Seufzen ging er auf Snape und Firenze zu.
"Verdammt!" flüsterte Sirius, und gerade als er damit beginnen wollte nachzusehen, warum Snape es nicht einmal geschafft hatte sich gegen ein Rudel Skorpionwölfe zu wehren, erklang ein helles Wiehern und etwas Weißes stieß ihn von Snape weg.
Sirius fand sich auf den Rücken liegend wieder. Verblüfft wollte er sich aufstützen, um wenigstens zu sehen was ihn da von dem Slytherin weggestoßen hatte. Er zog die Ellenbogen an und sah, nein, er spürte etwas an seiner Kehle. Etwas Spitzes, es sah aus wie ein etwas zu dick geratener heller Zauberstab. Seine Augen folgten den filigranen Windungen zu einem weißhaarigen Kopf und zwei sehr gefährlich dreinblickenden blauen Augen. Sirius' Blick wanderte weiter zu einem wunderbar geformten, langen weißen Hals mit einer seidig glänzenden weißen Mähne.
Ein Einhorn? Zentauren! Skorpionwölfe, und jetzt auch noch Einhörner?
"Ah, ich sehe du hast es auch gespürt!" sagte Firenze glücklich.
Der Zentaure hatte kein Recht glücklich zu klingen! Das Tier war gerade dabei ihn aufzuspießen.
Das Einhorn blinzelte nicht, sondern starrte ihn nur weiter an. Dann schnaubte es zornig und stampfte mit einem Huf auf. Den Huf konnte Sirius nicht sehen aber spüren, er war irgendwo nahe an seinem Fußgelenk.
"Nein, er war es nicht! Beruhige dich. Er will helfen." Firenze klang immer noch glücklich.
Noch für einige Sekunden sah das Einhorn ihn durchdringend an, schien ihm tief in die Seele zu sehen. Er konnte sein erstauntes und besorgtes Gesicht in diesen unendlichen Augen spiegeln sehen. Dann begannen kleine Lichtpunkte in den Augen zu wirbeln und Sirius kniff die Augen zusammen. Was war das? Das Tier zog sein Horn zurück und sah hoheitsvoll auf ihn hinab. Der Magier blinzelte verwirrt, für einen kurzen Moment hatte er geglaubt... ja was glaubte er eigentlich und was waren das für Lichtpunkte gewesen? Sirius rappelte sich auf und klopfte sich Staub und Blätter von der Kleidung.
"Firenze, was ist das?"
"Das ist ein Einhorn. Sie ist, wie ich, ein Teil von Severus Snapes Vergangenheit", erklärte Firenze geheimnisvoll.
Snape rührte sich und stöhnte leise auf. Das Einhorn wirbelte herum und schnupperte besorgt an Snape. Sirius schüttelte den Kopf. Es war an der Zeit, wirklich mehr über diese Vergangenheit heraus zu finden. In gebührendem Abstand umrundete er das Einhorn und ging neben Snape in die Knie. Das Gesicht war bleicher als sonst und so auf den ersten Blick konnte er keine Verletzungen ausmachen. Der Todesser begann wieder zu stöhnen und warf den Kopf von einer Seite auf die andere. Sirius sah etwas hilflos zu dem Einhorn und dann zu Firenze. Beide sahen, wie er, ziemlich ratlos drein.
"Vielleicht sollten wir mal unter der Kleidung nachsehen?" schlug Firenze vor. Das Einhorn legte nur den Kopf schief.
Sirius hätte sich lieber einem weiteren Rudel von Wölfen und dazu noch hundert Dementoren gestellt, als UNTER die Kleidung von Severus Snape zu sehen.
"Hagrid hat es einmal gemacht", erklärte Firenze.
"So, hat Hagrid das?" Sirius platzte der Kragen, er hatte genug davon. "ICH BIN NICHT HAGRID!"
Das Einhorn hob überrascht den Kopf und Firenze hob beide Augenbrauen.
"ICH BIN ES NICHT, OK? Was immer ihr glaubt was ich bin, DAS nicht! ICH BIN SIRIUS BLACK! Von mir aus der Verrückte, der in Askaban gesessen hat. Oder der wahnsinnige Mörder. Egal ABER ICH BIN NICHT HAGRID!"
Firenze blieb stumm und das Einhorn machte keine Anstalten ihn aufzuspießen.
"Was immer Hagrid in ihm gesehen hat. Ich sehe es nicht! Er hat mich gehaßt und haßt mich immer noch, und ich ihn. Firenze, Sie haben doch selber gesagt, dass er sehr unfreundlich in der Senke war. Also warum sollte ich ihm helfen? Er wird mich nur wieder wie der größte Trottel der Zauberwelt dastehen lassen! Soll er doch selber auf sein Leben achten. Er ist freiwillig zu Voldemort gegangen und hat sich freiwillig für das hier entschieden!" brüllte Sirius, er sprang auf und entfernte sich einige Schritte von Firenze.
"Hat er nicht", sagte Firenze ruhig.
Der Magier öffnete den Mund wollte etwas erwidern, aber Firenze wiederholte ruhig: "Er hat sich nicht freiwillig entschieden. Hierfür, für den zweiten Auftrag. Hagrid hat das gesehen, zum Schluß. Oh, Hagrid hat ihn auch gehasst, wie Sie, Sirius Black. Hagrid hat nur den Schwarzmagier, den Todesser gesehen, die morden, die foltern, Zentaurenkinder töten, nur zum Spaß. Er misstraute Snape. Oh ja, großes Misstrauen war da am Anfang. Beide gingen sich aus dem Weg. Aber dann...", Firenze seufzte, "erkannte es Hagrid, wußte es und beschloß auf Snape zu achten. Sein Freund zu werden. Hagrid war sein einziger Freund! Ob er mich als Freund ansah? Ich weiß es nicht, konnte Severus Snape nicht fragen. Sie hier?" Firenze nickte zu dem Einhorn das wieder an Snape schnupperte.
"Sie sieht in ihm etwas wie einen Freund aus der Vergangenheit. Snape weiß es nicht. In Ihrer Welt, in der Welt der Zauberer, ist er allein. Ohne Vertrauensperson. Keine Person, mit der er seine Geheimnisse teilen kann."
"Was ist mit Dumbledore?" fragte Sirius fest.
Firenze lächelte sein unergründliches Lächeln. "Das sollte er Ihnen selber erzählen, es ist nicht an mir es Ihnen zu sagen. Aber Snape hat in Dumbledore nie einen Freund gesehen, selbst nach all den Jahren nicht. Seltsam nicht war?"
Vorsichtig strich Firenze über den Kopf von Snape der sich wieder beruhigt hatte.
"Aber wissen Sie was das Kurioseste hierbei ist? Es wird ein Einhorn, einen Zentauren und einen Verrückten aus Askaban benötigen, um Severus Snape heil durch all dies zu bringen. Keinen normalen Zauberer. Damals schon benötige es einen Halbriesen. Es ist unsere Verantwortung!" Firenze wirkte sehr ernst.
Sirius scharte mit dem Fuß, tief in seinem Inneren wußte er, dass Firenze recht hatte. Er wußte es einfach. Aber er hatte Angst vor dieser Verantwortung.
"Wir werden Ihnen helfen. Im Gegensatz zu Hagrid sind Sie nicht allein, Sirius Black. Sie haben recht, Sie sind nicht der ehemalige Wildhüter von Hogwarts. Sie sind Sirius Black, ehemaliger Gefangener von Askaban und Pate von Harry Potter." Firenze stand vorsichtig auf, ging auf den Magier zu und legte freundschaftlich eine Hand auf seine Schulter.
Als ob diese Berührung einen Teil der Last abgenommen hatte richtete sich Sirius Black auf und sah zu dem Zentauren auf.
"Danke!" flüsterte Black aufrichtig.
"Dafür sind doch Freunde da, oder?" Firenze lachte und Sirius ging wieder auf Snape zu.

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