Mit einem lauten Peng schloss Severus die Wohnungstür hinter sich. Seine Laune war an einem Tiefpunkt angelangt. Wie hatte Albus ihm diese Kleinigkeit verschweigen können, dass Potter ebenfalls in Surrey sein würde?
Wenn er dieses kleine Detail vorher gewusst hätte, hätte er sich nie im Leben auf diesen lächerlichen Job eingelassen, nicht für alle Galleonen dieser Welt.
Wütend warf er seine Tasche auf den Boden. Er musste mit Albus reden, und zwar so schnell wie möglich. Er musste ihn zur Rede stellen und fragen, warum er ihm das angetan hatte.
Severus ging ins Wohnzimmer und kniete sich vor den alten, baufälligen Kamin. Er war sicherlich schon seit vielen Jahren nicht mehr benutzt worden, aber für Severus' Zwecke würde er ausreichen.
Glücklicherweise hatte Newton Connery bei der Auswahl der Wohnung für seinen neuen Lehrer darauf geachtet, dass diese einigermaßen zauberergerecht war. Und auch Albus hatte für Notfälle vorgesorgt: Er hatte den Kamin in seinem Büro so für Teile des Flohnetzwerks freigegeben, dass Severus ihn aus dieser Wohnung erreichen konnte.
Severus stapelte ein paar Holzscheite in dem alten Feuerloch. Dann zog er seinen Zauberstab aus dem Gürtel und murmelte "incendio".
Augenblicklich begann ein lustiges Feuer im Kamin zu prasseln. Severus erhob sich, ging zu einer Kommode an der Wand und holte ein kleines Döschen hervor.
Vorsichtig öffnete er es, nahm eine Prise des Pulvers und warf es in die Flammen. Das Feuer verfärbte sich sofort grün. Severus sagte laut: "Hogwarts, Büro von Albus Dumbledore", und trat in die Flammen.
Eine turbulente Reise begann. Severus wirbelte an unzähligen Kaminen vorbei, bis er endlich hustend und Ruß verschmiert das Büro des Schuldirektors erreichte.
Albus Dumbledore hatte an seinem Schreibtisch gesessen und gearbeitet, als plötzlich Severus Snape aus den Flammen seines Kamins trat. Albus sah von seinen Papieren auf und starrte den unerwarteten Besuch überrascht an.
"Severus", sagte er freundlich, "Ich hatte dich nicht so bald zurück erwartet. Wie war dein erster Schultag?"
"Spar dir diese Floskeln", knurrte Severus gereizt und baute sich drohend vor dem Schreibtisch des Direktors auf.
Dumbledore runzelte die Stirn und blickte Severus missbilligend an.
"Darf ich erfahren, was dich so verstimmt hat?", fragte er.
"Das weißt du sehr genau", antwortete Severus, wobei er versuchte, einen etwas freundlicheren Ton anzuschlagen. Ihm war nicht entgangen, dass Albus von seinem forschen Auftreten etwas pikiert war.
Dumbledore starrte Severus immer noch verwirrt an, als er antwortete: "Severus, ich weiß wirklich nicht was du meinst, und ich muss zugeben, das kommt nicht all zu oft vor."
Severus atmete einmal tief durch. Konnte es tatsächlich sein, dass der Direktor wirklich nicht wusste wovon er sprach? ‚NEIN', entschied er, Albus musste einfach darüber bescheid wissen ...... oder etwa nicht?
"Nun", begann Severus etwas ruhiger, "Ich hätte es wirklich als sehr hilfreich empfunden, wenn du mich etwas genauer darüber informiert hättest, was mich in Surrey erwartet."
"Aber das habe ich doch getan", antwortete Dumbledore ehrlich verblüfft über diese für ihn völlig unverständliche Erklärung, "Ich, sowie mein Freund Newton. Was ist denn das Problem?"
"Potter", zischte Severus hasserfüllt.
"Potter?", wiederholte Dumbledore überrascht, "Harry Potter? Was hat denn Harry damit zu tun?"
"Was er damit zu tun hat?", fragte Severus aufgebracht, "er ist ebenfalls an dieser Schule, sogar in einer meiner Klassen. Ich finde, dieses kleine Detail hättest du mir vorher sagen können."
Eine Pause entstand. Albus Dumbledore starrte seinen Zaubertrankmeister ungläubig an. Dann breitete sich ganz langsam ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. Severus starrte den Direktor ärgerlich an.
"Also hast du es gewusst", knurrte er ärgerlich.
"Nein, das habe ich nicht", sagte Albus bestimmt, "Ich habe lediglich gewusst, dass Harry in diesem Jahr leider bis auf weiteres auf eine Muggelschule gehen wird. Ich wusste jedoch nicht auf welche. Nun, es trifft sich gut, dass ihr beide die selbe Schule erwischt habt. So kannst du wenigstens ein Auge auf den Jungen halten."
Severus stieß ein ironisches Lachen aus.
"Kindermädchen für Potter? Nicht um alles in der Welt", sagte er und schüttelte energisch den Kopf. "Was macht Potter überhaupt dort? Als ich ihn fragte faselte er irgend etwas von Ausschluss aus der Gesellschaft."
Dumbledore senkte den Blick. Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht und machte tiefer Betroffenheit platz.
"Remus Lupin hat beim Zaubereiministerium das Sorgerecht für Harry beantragt", antwortete er leise, "Er wollte dem Jungen zusammen mit Sirius ein sicheres Zuhause bieten."
Severus lachte erneut laut auf.
"Sicher? Albus, ich bitte dich. Der eine ist ein Werwolf und der andere sitzt wieder in Askaban."
Dumbledore blickte sein Gegenüber tadelnd an, fuhr jedoch ungerührt fort: "Leider hat das Ministerium Harrys Muggelverwandte daraufhin kontaktiert und sie gefragt, ob sie ebenfalls Anspruch auf das Sorgerecht erheben. Sie haben diese Frage bejaht. Dies war auch der Grund, warum Harry ende des letzten Schuljahres nach London ins Ministerium musste. Ich weiß, ich habe dich damals im Dunklen über den Grund der Reise gelassen, als du Harry nach London begleiten solltest."
Severus nickte langsam. Nun begann er einige Zusammenhänge zu verstehen.
"Da Harry durch einen kleinen, dir sicher nicht unbekannten Zwischenfall leider das Zaubereiministerium an besagtem Tag nicht erreicht hat, hat das Ministerium das Sorgerecht an die Muggel übertragen."
"Aber das Ministerium hat noch nie das Sorgerecht für einen Zauberer an Muggel übertragen, wenn es Verwandte in unserer Welt gab", sagte Severus verständnislos.
"Nun, in diesem Fall haben sie es getan", antwortete Dumbledore niedergeschlagen.
"Aber warum?", fragte Severus.
"Ich weiß es nicht. Fudge weigert sich beharrlich mit mir zu sprechen. Aber ich glaube, dass einige im Ministerium der Meinung sind, dass Harry außerhalb unserer Gesellschaft vor Voldemort sicherer ist", erklärte Dumbledore.
"Das ist doch Wahnsinn", sagte Severus kopfschüttelnd, "Wenn Lord Voldemort erfährt, dass Potter sich ungeschützt unter Muggeln aufhält, ist er so gut wie tot. Der Junge hat keine Chance."
"Das brauchst du mir nicht zu erklären", antwortete Dumbledore traurig, "Ich habe im Moment fast täglich Kontakt mit dem Ministerium und versuche sie davon zu überzeugen, dass sie einen großen Fehler gemacht haben. Ich befürchte jedoch, dass sie ihn erst einsehen, wenn es zu spät ist. Glücklicherweise ist Harry aber nicht ganz alleine. Wir haben bereits vor sechzehn Jahren einige Vorsichtsmassnahmen eingeleitet, die bis heute greifen."
Severus blickte den Direktor fragend an. "Vorsichtsmassnahmen? Welche?"
"Ich weiß nicht, ob es klug ist, es dir zu sagen", antwortete Dumbledore grübelnd.
"Wenn du willst, dass ich ein Auge auf Potter halte und wieder meinen Kopf für ihn riskiere finde ich, dass ich das Recht habe alles zu erfahren", unterbrach Severus den Direktor ärgerlich.
Dumbledore atmete tief durch, dann antwortete er langsam: "Du hast Recht. Also, vor sechzehn Jahren habe ich einen Geheimniswahrer für Harry bestellt."
"Wen?", fragte Severus überrascht.
"Es ist Arabella Figg. Sie wohnt seit diesem Tag in Surrey und hält schützend die Hand über den Jungen."
"Arabella!", rief Severus überrascht, "Ich dachte, sie wäre schon lange tot."
"Ja, das denken alle, es ist wirklich eine perfekte Tarnung", sagte Dumbledore lächelnd.
"Nun, sie mag vielleicht eine gute Geheimniswahrerin sein, aber ich bezweifle, dass sie Potter beschützen kann, wenn es wirklich hart auf hart kommt", sagte Severus.
"Aus diesem Grund bin ich froh, dass du nun da bist", antwortete Albus lächelnd.
"Na klasse", knurrte Severus, "Persönlicher Babysitter für Potter, ich könnte mir gar nichts schöneres vorstellen."
"Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann, mein Freund", sagte Dumbledore lächelnd und blickte sein Gegenüber dankbar an.
Severus schnaubte angewidert, sagte jedoch nichts. Wortlos wandte er sich dem Kamin zu, warf eine Prise Flohpulver in die Flammen und kehrte zurück in seine Muggel-Wohnung in Surrey.
***
Als Harry endlich wieder in seinem Zimmer war, ließ er sich stöhnend auf sein Bett fallen. Dieser Tag war einfach zu viel für ihn gewesen. Zuerst einmal der ungewohnte Schulstoff, der ihn völlig überforderte, und dann auch noch Snape. Hatte er nicht einmal in der Muggelwelt Ruhe vor diesem Mann?
Von allen Lehrern, die es in Hogwarts gab, hätte Harry sich über jeden gefreut, wenn er ihn zufällig getroffen hätte, alle, bis auf einen. Wut kochte in ihm hoch. Verdammter Tyrann, fluchte er innerlich.
Seufzend stand er auf und nahm das Buch von Hermine zur Hand. Vielleicht würde es ihn etwas ablenken, wenn er ein wenig übte.
Er setzte sich an seinen Schreibtisch und legte einen Bleistift vor sich. Er musste sich nur konzentrieren, dann konnte er diesen Stift zum Schweben bringen, da war er sich sicher.
Harry schloss fest die Augen. "Wingardium leviosa", sagte er und stellte sich den Bleistift im Geiste vor, wie er vor seinem Gesicht schwebte.
Langsam öffnete Harry ein Auge. Der Bleistift lag immer noch auf seinem Tisch. Er schnaubte ärgerlich. Irgendwie musste es doch funktionieren. "Verdammtes Ding, flieg schon", zischte er wütend. Er hatte heute einfach nicht die Geduld für dieses sinnlose Unterfangen.
In diesem Moment begann der Bleistift leicht zu vibrieren. Harry starrte den Stift entgeistert an. "Wingardium leviosa", flüsterte er leise.
Einen Moment passierte nichts, dann erhob sich der Bleistift in die Luft, leicht wie eine Feder, und blieb reglos in der Luft, direkt vor Harrys Nase, stehen. Harry jubelte begeistert. Er hatte es tatsächlich geschafft.
Harry streckte die Hand aus um den Bleistift zu greifen, als der Stift jedoch plötzlich mit einem leisen Klonk auf Harrys Schreibtisch fiel.
Harry starrte den Bleistift, der nun wieder reglos vor ihm auf dem Tisch lag, grinsend an. Er hatte den Stift zwar nicht in der Luft halten können, aber dies war ein erster Schritt in eine größere Welt gewesen. Wenn er es dieses Mal geschafft hatte, würde er es wieder schaffen, da war er sich sicher.
Lächelnd blickte er den Bleistift an und sagte leise: "Wingardium Leviosa." Der Bleistift zitterte einen Moment, blieb dann jedoch bewegungslos auf dem Tisch liegen. Harry runzelte die Stirn. Warum klappte es jetzt nicht mehr? Was hatte er vorhin anders gemacht?
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und überlegte angestrengt. Damals, als er die Glasscheibe im Londoner Zoo hatte verschwinden lassen war er wütend auf Dudley gewesen, genauso an dem Tag, als er mit einem riesigen Satz auf das Dach des Schulgebäudes gesprungen war. Und heute?
Natürlich! Er war wütend auf Snape gewesen. Vielleicht hatte es ja damit zu tun. Seit dem er das ‚Auge des Ares' von seinem Paten vor einem Jahr bekommen hatte, wusste er ja, dass Emotionen unter Umständen Zauberkräfte verstärken können. Vielleicht war es ja in diesem Fall ähnlich gewesen?
Aufgeregt nahm er das Buch von Hermine und begann etwas über dieses Thema darin zu suchen. Mehrmals blätterte er das komplette Buch durch, fand jedoch nicht den kleinsten Hinweis. Enttäuscht ließ er es schließlich auf den Tisch fallen.
Als das Buch mit einer Kante auf die Tischplatte aufschlug klappte der Deckel auf und gab den Blick auf das Vorwort frei. Harry starrte entgeistert auf die Seite. Wie hatte er das nur übersehen können?
Das Zaubern ohne Zauberstab ist kein Handwerk, es ist eine Kunst. Nur wenige Zauberer besitzen diese Fähigkeit, und die wenigsten von ihnen machen sich die Mühe es wirklich zu erlernen.
In der heutigen Zeit sind solche Kunstfertigkeiten nicht mehr gefragt. Die Meisten halten das plumpe Wedeln mit dem Zauberstab für einfacher. Viele, die es versucht haben, finden nicht sofort Zugang zu dieser Art der Zauberei und geben nach kurzer Zeit auf.
Lassen sie mich Ihnen, dem Anfänger, einen kleinen Tipp mit auf den Weg geben, bevor wir in die Materie einsteigen: Häufig hat es sich für Neulinge als hilfreich erwiesen Emotionen, wie Hass oder Ärger, im Inneren aufzustauen.
Diese Emotionen blockieren das logische Denken und steigern die Intuition, die Grundvoraussetzung für das Zaubern ohne Zauberstab.
Viel Erfolg, wünscht Ihre
Eugenia Magistra
Harry grinste triumphierend. Jetzt wusste er also, wie er es auch zukünftig schaffen würde zu zaubern, es war nun nur noch eine Frage der Übung.
In den nächsten Wochen nutzte Harry jede freie Minute um seine Fähigkeiten im Zaubern ohne Zauberstab zu vervollkommnen. Zu seiner Freude machte er dabei große Fortschritte.
Leider waren seine Vormittage nicht ganz so erfolgreich. Seine Mitschüler wollten bis auf wenige Ausnahmen nichts mit dem neuen Sonderling zu tun haben. Während des Unterrichts verstand Harry nur Bahnhof, was mit der Zeit dazu führte, dass die meisten Lehrer ihn auf dem Kieker hatten.
Doch am schlimmsten waren die Stunden bei Snape. Es verging keine Stunde, in der Snape Harry nicht spüren ließ, was er von ihm hielt.
Die einzigen Lichtblicke an seinen tristen Tagen waren die regelmäßigen Briefe, die er von Ron und Hermine erhielt. Hermine schickte Harry fast jeden Tag eine detaillierte Zusammenfassung des durchgenommenen Schulstoffs von Hogwarts. Sie war der Meinung, dass Harry auf dem Laufenden bleiben musste, damit er, sobald er wieder in Hogwarts war, keine Nachteile seinen Mitschülern gegenüber hatte.
Harry war dankbar für diese Aufmunterungen, die ihn wenigstens für einige Minuten seine missliche Lage vergessen ließen.
***
Es war kalt und feucht in der kleinen Zelle. Sirius lag zusammengerollt in einer Ecke und hatte den Kopf auf seine Pfoten gelegt.
Um sich vor den Dementoren zu schützen hatte er die Gestalt eines Hundes angenommen, so war er für diese gedankensaugenden Ungeheuer weniger angreifbar.
In den letzten vier Wochen war er deutlich abgemagert und sein Fell war struppig und stumpf geworden.
Lustlos beobachtete er die Wassertropfen, die von der feuchten Decke herab tropften. Auf dem Boden hatte sich bereits eine große Pfütze gebildet, an deren Ränder sich allmählich eine dünne Moos-Schicht bildete.
Die Holzpritsche, welche dem Gefangenen eigentlich als Schlafstätte dienen sollte, war durch die Feuchtigkeit in der Zelle verfault und erfüllte den Raum mit einem ekelerregenden modrigen Geruch. Sirius versuchte so flach wie möglich zu atmen, damit ihm nicht übel wurde.
Er seufzte leise. Wie hatte das alles nur passieren können? Albus hatte ihn noch gewarnt. Er hatte ihm geraten Hogwarts zu seiner eigenen Sicherheit nicht zu verlassen, da einige Auroren seit ein paar Tagen in Hogsmeade waren um nach ihm zu suchen. Er jedoch hatte den alten Mann nur belächelt und sich auf den Weg ins Dorf gemacht.
Da es bereits dunkel gewesen war, und er sich absolut sicher gefühlt hatte, hatte er es nicht einmal für nötig gehalten, das Dorf als Hund zu besuchen. Diese Überheblichkeit musste er nun bitter büßen. Jede Minute, die er hier in Askaban saß, verfluchte er sich selbst für seine Arroganz.
Ausgerechnet jetzt, wo Harry ihn doch so dringend gebraucht hätte lag er hier in dieser Zelle und starrte Wassertropfen an. Er konnte nur hoffen, dass Albus alle Hebel in Bewegung setzte, um Harry von seinen Muggel-Verwandten wegzuholen.
Um sich selbst machte er sich weniger Sorgen. Harry war im Moment viel wichtiger, der Junge hatte es verdient glücklich zu sein.
In den nächsten Monaten, so dachte Sirius, würde er sich schon wieder an den monotonen Alltag Askabans gewöhnen. Nach wenigen Jahren würde er aufhören die Tage zu zählen, die er bereits hinter diesen kalten Mauern lag. So war es auch das letzte mal gewesen. Er seufze erneut.
Als Sirius das Klicken des Türschlosses hörte, verwandelte er sich blitzschnell wieder in einen Menschen. Niemand durfte erfahren, dass er ein Animagus war. Vielleicht konnte diese seltene Fähigkeit auch dieses Mal wieder irgendwann sein Fahrschein in die Freiheit sein.
Die Tür öffnete sich und zwei Männer betraten den Raum. Es waren der Aufseher Adam Keith und Thomas Loyer. Keith kannte Sirius noch von seinem letzten Aufenthalt in Askaban.
Wie hatte er diesen Mann gehasst, aber das hatte auf Gegenseitigkeit beruht. Außerdem wusste er von Severus, dass diese beiden Männer nicht wirklich im Dienste des Zaubereiministeriums standen. In Wirklichkeit arbeiteten sie für Lord Voldemort. Sirius wusste, dass er vorsichtig sein musste.
Sicherlich wollten sie von ihm etwas über Harrys Aufenthaltsort erfahren. Voldemort würde nicht eher ruhen, bevor der Junge nicht tot war.
Sirius starrte die beiden Männer angewidert an. Nachdem die Beiden die Tür der Zelle wieder hinter sich geschlossen hatten trat Adam Keith auf Sirius zu und grinste ihn triumphierend an. Sirius erhob sich vom Boden, wobei er sein Gegenüber nicht aus den Augen ließ.
"Hast du mich vermisst, Black?", fragte der Aufseher hinterhältig.
"Oh ja, Keith, ich habe dich vermisst wie Kopfschmerzen", knurrte Sirius.
Bevor Sirius wusste wie ihm geschah hatte Adam Keith ausgeholt und Sirius seine Faust in den Magen gerammt. Sirius krümmte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammen und fiel vor dem Aufseher auf die Knie.
"Du bist hier auf unsere Gnade angewiesen, Black, ich an deiner Stelle würde mir ganz genau überlegen, was ich tue."
"Mr. Keith", unterbrach Loyer den Aufseher in diesem Moment, "wir haben keine Zeit für Spielchen, außerdem ist er diese Mühe nicht wert."
"Aber Sir", versuchte der Aufseher zu widersprechen, "Er ...."
"Der dunkle Lord wartet, Mr. Keith", unterbrach Loyer den Aufseher schroff, "Unser Meister wird kein Verständnis dafür haben, dass Sie seine kostbare Zeit mit Ihren lächerlichen Privatfehden verplempern."
"Ja, Sir", knurrte Adam Keith zögernd.
Sirius beobachtete die beiden Männer aufmerksam. Es war ihm eine innerliche Genugtuung, dass der verhasste Aufseher scheinbar unter dem Gefolge des dunklen Lords nur ein ganz kleines Licht war, das lediglich Befehle empfing.
Thomas Loyer griff in seine Tasche und zog ein winziges Fläschchen mit einer klaren Flüssigkeit hervor. Dann wandte er sich an Sirius und sagte: "Sie könnten uns allen sehr viel Mühe ersparen, Mr. Black, wenn Sie uns sagen, wo sich der junge Potter befindet."
Sirius starrte den Mann überrascht an.
"Sie glauben nicht im Ernst, dass ich Ihnen irgend etwas sagen werde, das Harry in Gefahr bringt", knurrte er.
"Nun", antwortete Loyer schulterzuckend, "dann möchte ich Sie bitten dieses Veritas-Serum zu trinken, es wird Ihnen das Antworten deutlich erleichtern."
Mit diesen Worten entkorkte er die winzige Phiole und hielt sie Sirius vor das Gesicht.
Sirius lachte laut auf. Meinte dieser Mann das etwa ernst?
"Dieses großzügige Angebot kann ich leider nicht annehmen", antwortete er sarkastisch.
Loyer seufzte, zog seinen Zauberstab aus dem Umhang und richtete ihn auf Sirius.
"Oh doch, Mr. Black, Sie können dieses Angebot annehmen. Imperio."
Als ihn der Imperius-Fluch traf hatte Sirius das Gefühl zu schweben. Alles auf der Welt schien unwichtig zu sein, nichts war von Bedeutung. Wie durch einen Nebel hörte er wieder die Stimme von Thomas Loyer.
"Trinken Sie", forderte er.
Gehorsam griff Sirius nach dem kleinen Fläschchen, das der Mann ihm reichte und führte es an seine Lippen. Dann hielt er plötzlich inne. Warum tat er das? Wieso hörte er auf das, was dieser Mann ihm sagte?
Durch den Nebel hörte er wieder Loyers Stimme: "Trinken Sie schon."
Sirius gehorchte und leerte das Serum in einem Zug. In dem Moment, als das Serum seine Kehle hinabrann fiel der Imperius-Fluch von ihm ab und Sirius starrte den Death Eater hasserfüllt an.
"Das werden Sie bereuen", keuchte er hasserfüllt.
"Das glaub ich kaum", antwortete Loyer ungerührt.
Sirius röchelte. Er hatte das Gefühl, als drücke ihm jemand die Luft ab. Als das Serum seinen Magen erreichte wurde ihm augenblicklich übel. Er hielt sich den Magen und krümmte sich vor Schmerz.
"Werden Sie nun unsere Fragen beantworten?", hörte er Loyers Stimme über sich.
Sirius biss die Zähne zusammen um nicht zu antworten, aber gegen seinen Willen zischte er durch die geschlossenen Zähne: "Ja".
Thomas Loyer lächelte zufrieden.
"Na also. Dann sagen Sie uns nun bitte, wo Harry Potter sich aufhält."
Sirius biss sich fest auf die Lippen. Er durfte nicht antworten, das wäre Harrys Todesurteil.
"Wo ist er?", wiederholte Loyer fordernd.
"Er ist in Surrey", presste Sirius unter größter Anstrengung durch die geschlossenen Zähne hervor.
Wie hatte er dies nur sagen können fragte er sich im gleichen Moment. Wie hatte er Harry das nur antun können?
"Wird er durch irgendwelche Zauber geschützt?", fragte Loyer weiter.
Sirius biss sich noch fester auf die Lippen, bis er sein eigenes Blut schmecken konnte.
"Er hat eine Geheimniswahrerin", antwortete Sirius schließlich nach kurzem Kampf.
"Wen?", verlangte Loyer sofort die nächste Antwort, ohne dem inneren Kampf, der zu seinen Füßen stattfand, Beachtung zu schenken.
Sirius presste beide Hände vor den Mund, um nicht auch noch dieses letzte Geheimnis auszuplaudern, aber bereits nach wenigen Sekunden hatte er den Kampf verloren und presste gegen seinen Willen hervor: "Arabella Figg".
"Vielen Dank, Mr. Black, Sie haben uns sehr geholfen. Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag", sagte Loyer, wobei er triumphierend lächelte.
Ohne ein weiteres Wort verließen die beiden Männer Sirius' Zelle und ließen ihn mit seinem Schmerz allein.
Tränen liefen seine Wangen herunter. Er hasste sich dafür, dass er sich gegen das Serum nicht hatte wehren können. Er selbst hatte soeben Harrys Todesurteil unterschrieben, denn nun wusste Voldemort alles, was er benötigte um Harry zu finden und endgültig zu vernichten.
Verzeih mir, Harry, dachte er. Schluchzend brach er zusammen und ließ seinem Kummer freien Lauf.
***
Ein Lächeln umspielte den schlangenhaften Mund des dunklen Lords. Lucius Malfoy und Peter Pettigrew, die neben ihrem Meister standen, grinsten ebenfalls breit.
Thomas Loyer, der vor Voldemort kniend über seine neuesten Erkenntnisse berichtet hatte, erhob sich mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck.
"Das hast du sehr gut gemacht, Loyer", zischte der dunkle Lord, "Du wirst für deine treuen Dienste belohnt werden. Du kannst gehen."
"Ich danke Euch, mein Lord", antwortete Thomas Loyer ergeben und disapparierte.
Voldemort schritt langsam durch die prunkvolle Eingangshalle von Malfoy Manor. Seit einigen Wochen hielt er die Treffen mit seinen Anhängern im Hause von Lucius Malfoy ab, da hier mehr Death Eater Platz fanden als im alten Riddle-Haus.
Schließlich kehrte der dunkle Lord zu seinen Anhängern zurück. Die beiden verbliebenen blickten ihren Meister erwartungsvoll an.
"Wurmschwanz", zischte er leise und fixierte Peter Pettigrew mit seinen rot glühenden Augen, "Du wirst dich nach Surrey begeben und Potter zu mir bringen. Sogar du solltest mit einer alten, senilen Hexe und einem kleinen, hilflosen Jungen fertig werden."
Wurmschwanz senkte den Kopf und antwortete: "Ich werde mein Bestes geben, Meister."
"Das würde ich dir auch raten, mein lieber Wurmschwanz", zischte Voldemort warnend, "nun geh!"
Peter Pettigrew verbeugte sich tief und eilte aus der Halle. Lucius Malfoy konnte sich ein verschmitztes Grinsen nicht verkneifen. Er bezweifelte, dass Pettigrew es schaffen würde Potter nach Malfoy Manor zu bringen. Pettigrew war einfach ein Versager. Er konnte sich beim besten Willen nicht erklären, warum Voldemort eine solche Aufgabe ausgerechnet diesem Mann anvertraute.
Leider war Voldemort Malfoys Grinsen nicht entgangen.
"Möchtest Du mir verraten, was dich so belustigt, Lucius?", fragte er prompt.
Malfoy zuckte zusammen.
"Mein Lord", begann er stotternd, "ich, ich dachte nur gerade an eine amüsante Geschichte, die mein Sohn Draco mir vor einiger Zeit erzählt hat."
"So?", entgegnete Voldemort argwöhnisch.
In diesem Moment wurde die Eingangstür aufgerissen und ein hochgewachsener, blonder Junge stürmte in den Raum. Lucius spannte sich. Es machte sich jedes Mal große Sorgen um Dracos Wohlergehen, wenn sein Sohn mit dem dunklen Lord zusammentraf.
"Dad, wo .....", begann Draco atemlos, hielt jedoch abrupt inne, als er Voldemort erblickte.
Er verlangsamte augenblicklich seinen Schritt und trat gemessen vor den dunklen Lord. Dann fiel der Junge vor dem dunklen Lord auf die Knie und küsste den Saum seines Umhangs.
Lucius beobachtete die Szene. Er war stolz auf seinen Sohn, dass er sich so selbstsicher in Voldemorts Gegenwart bewegte.
"Steh auf, Draco", zischte Voldemort.
Draco gehorchte und erhob sich wieder.
"Eben hat dein Vater von dir gesprochen, mein Junge", fuhr der dunkle Lord freundlich fort.
Lucius' Magen verkrampfte sich. Er konnte nur hoffen, dass der dunkle Lord Draco nicht allzu sehr ausfragte.
"Ich erwarte in diesem Jahr Großes von dir, Draco", fuhr Voldemort fort, "bist du bereit diese Bürde zu tragen?"
Draco blickte Voldemort direkt an, als er mit fester Stimme antwortete: "Ich bin stolz darauf, Euch dienen zu dürfen, mein Lord."
Voldemorts schlangenhaftes Gesicht verzog sich zu einem dünnen Lächeln.
"Wenn nur all meine Diener so ergeben wären wie dieser Junge", zischte er, wobei er Lucius mit einem missbilligenden Blick betrachtete.
"Schon bald wirst auch du das dunkle Mal als Zeichen deiner Treue zu dem größten Zauberer, der jemals gelebt hat, empfangen."
"Wie kann ich Euch meine Treue beweisen?", fragte Draco eifrig.
Voldemort musterte den Jungen aufmerksam.
Wie oft hatte er diesen Enthusiasmus in den Augen eines jungen Mannes gesehen. Meist verflog er schnell, viel zu schnell. Sobald den jungen Männern bewusst wurde, dass dies hier kein Spiel war, sondern tödlicher Ernst, bekamen sie Angst. Viele versuchten dann auszusteigen, und wenn sie merkten, dass es von den Death Eatern kein zurück mehr gab fielen sie in eine tiefe Verzweiflung. Einige begingen sogar Selbstmord um der Dunkelheit zu entkommen. Die meisten fügten sich jedoch in ihr Schicksal, aber sie waren keine vertrauenswürdigen Diener, sie waren reine Mitläufer, die bei jeder Gelegenheit bemüht waren nur nicht aufzufallen.
"Wie kann ich Euch beweisen, dass ich es würdig bin das dunkle Mal zu tragen?", riss Dracos jugendliche Stimme den dunklen Lord aus seinen Gedanken.
Voldemort lächelte milde. Vielleicht war dieser Junge ja anders.
"Dir, Draco, wird die große Ehre zu teil die älteren Slytherins in Hogwarts auf den rechten Weg zu führen. Viel zu lange wurden ihre Gedanken von den Einflüssen Dumbledores vergiftet. Damit wird jetzt Schluss sein. Du wirst ihnen den Weg zu meiner Macht weisen."
Draco kniete erneut vor dem dunklen Lord nieder und antwortete: "Ich danke Euch für Euer Vertrauen, ich werde Euch nicht enttäuschen, mein Lord."
"Versprich nichts, das du nicht halten kannst, junger Draco Malfoy", zischte Voldemort warnend, "diesen Fehler haben bereits viele vor dir gemacht. Ein Versagen kann und werde ich nicht tolerieren."
"Aber mein Lord", unterbrach Lucius Voldemort bestürzt, "Draco ist fast noch ein Kind, er wird ......"
Blitzartig wandte Voldemort sich zu Lucius um. In seinen rotglühenden Augen loderte unbändiger Zorn. Lucius wich unbehaglich einen Schritt zurück.
"Du wagst es, du Wurm?", zischte Voldemort hasserfüllt.
Drohend ging er ein paar Schritte auf Lucius zu.
"Willst du mir etwa widersprechen, Lucius? Mich gar zurechtweisen?", fragte er gefährlich leise.
"Das würde ich nie wagen, mein Lord", antwortete Lucius mit aufgerissenen Augen und leicht zitternder Stimme.
Draco erhob sich langsam wieder und beobachtete die Szene bestürzt. Er wusste, dass sein Vater nur versucht hatte ihn zu schützen, er hatte mit Sicherheit nicht vorgehabt den dunklen Lord zu brüskieren.
Draco hatte schon oft von den unerwarteten Wutausbrüchen Voldemorts gehört, hatte es aber zuvor noch nie selbst miterlebt. Langsam begriff er, warum die Death Eater ihrem Meister bedingungslos gehorchten, und alle in der Zaubererwelt ihn fürchteten.
Langsam zog Voldemort seinen Zauberstab aus dem Umhang und richtete ihn auf sein Opfer. Er schien Lucius Malfoys Angst sichtlich zu genießen.
"Ich hatte angenommen, dass wir die Lektion über Gehorsam bei unserem letzten Treffen abgeschlossen hatten, scheinbar war das ein Irrtum."
"Nein!", rief Draco in diesem Moment mit dem Mut der Verzweiflung.
Voldemort drehte sich abrupt zu dem Jungen um und blickte ihn überrascht an.
"Wie bitte?", fragte er gefährlich freundlich, wobei er Draco erwartungsvoll anblickte.
"Mein Vater hat das sicher nicht so gemeint", begann der Junge vorsichtig, "Er wollte doch nur ......"
"Halt dich da raus, Draco", unterbrach Lucius seinen Sohn barsch, "Das ist nicht deine Angelegenheit."
Der dunkle Lord begann leise zu lachen. Er wandte sich zu Lucius und sagte: "Wie rührend. Brauchst du jetzt schon ein Kind, Lucius, um dich vor dem Zorn deines Meisters zu schützen? Findest du etwa, dass ich dich ungerecht behandle?"
Lucius schüttelte leicht zitternd den Kopf und flüsterte kaum hörbar: "Nein, mein Lord, ich habe jede Zurechtweisung, die Ihr mir zugedacht habt, verdient."
Voldemort lächelte zufrieden und drehte sich wieder zu Draco um. Dieser stand immer noch unbeweglich ein paar Meter entfernt und beobachtete die Szene entsetzt.
"Dies, mein junger Malfoy, ist wahre Ergebenheit", sagte Voldemort lächelnd zu Draco und deutete dabei auf Lucius.
"Vielleicht ist das die ideale Gelegenheit um dir zu zeigen, dass wir hier keine Spielchen spielen. Hier geht es um Leben und Tod, ich möchte, dass du dir dessen bewusst bist, wenn du deinen ersten Auftrag annimmst."
"Ich bin mir dessen absolut bewusst, mein Lord", antwortete Draco leise.
Er traute sich kaum zu Atmen.
"Trotzdem", zischte Voldemort weiter, "habe ich beschlossen dir eine kleine Warnung mit auf den Weg zu geben. Sagen wir einfach es soll dich etwas anspornen, damit du nicht unvorsichtig wirst."
Bei diesen Worten lächelte er wieder.
Dann drehte er sich erneut zu Lucius um, richtete seinen Zauberstab auf ihn und zischte: "Crucio."
***
Albus Dumbledore hatte die letzten Tage trübsinnig über den unzähligen Papieren auf seinem Schreibtisch gebrütet. Er hatte das Gefühl, als gleite ihm langsam alles aus den Händen. Vielleicht wurde er wirklich allmählich zu alt für diesen Job.
Er hatte in den letzten Wochen mehrfach versucht mit Cornelius Fudge zu sprechen, aber ohne Erfolg. Der Minister weigerte sich standhaft Albus zu empfangen.
Dumbledore seufzte. Er konnte noch immer nicht verstehen, was das Ministerium dazu bewogen hatte Harry Potter aus der Gesellschaft auszuschließen. Damit hatte Fudge praktisch das Todesurteil des Jungen unterschrieben.
Wer sollte Harry nun vor Voldemort beschützen? Das Ministerium hatte diese Verantwortung feige von sich gewiesen.
Dumbledore konnte nun nur noch auf seine eigenen Sicherheitsvorkehrungen vertrauen.
Außerdem zermarterte er sich den Kopf, wie er Sirius helfen konnte. Für das Ministerium stand außer Frage, dass Sirius Black seinerzeit Peter Pettigrew und die 12 Muggel getötet hatte. Alle Beweise sprachen gegen ihn.
Dumbledore seufzte erneut, dann raffte er sich entschlossen auf, verließ sein Büro und ging in seine angrenzenden Privatgemächer.
Er hatte eine Entscheidung getroffen. Er würde Fudge einen Besuch abstatten, ob dieser nun mit ihm sprechen wollte oder nicht. Dumbledore machte sich frisch, zog sich einen sauberen, weinroten Umhang an und machte sich dann auf den Weg nach Hogsmeade.
Sobald er die magischen Grenzen von Hogwarts hinter sich gelassen hatte disapparierte er nach London.
Sekunden später stand er vor der Eingangstür des Zaubereiministeriums. Entschlossen betrat er das große Gebäude und ging zielstrebig durch die langen Gänge zu Minister Fudges Büro.
Da Professor Dumbledore jedem im Ministerium gut bekannt war hielt niemand ihn auf. Nach kurzer Zeit hatte er Fudges Büro erreicht.
Noch bevor die junge Sekretärin ihn fragen konnte, ob er denn einen Termin hatte, war Dumbledore an ihr vorbei gegangen und öffnete die Tür zum Büro des Ministers.
Als Dumbledore das Büro betrat sprang Fudge überrascht von seinem Stuhl auf. Er starrte Dumbledore ärgerlich an und polterte: "Ich habe Ihnen schon mehrfach mitteilen lassen, dass ich nicht gedenke mit Ihnen zu sprechen. Verlassen Sie sofort mein Büro, Dumbledore."
"Das werde ich nicht, Cornelius", antwortete Dumbledore entschlossen, "und Sie werden mit mir sprechen, ob Sie wollen oder nicht."
Fudge schnaubte ärgerlich. Er griff nach einem kleinen Handspiegel, der auf seinem Schreibtisch lag, um seine Wachen zu rufen, doch bevor er den Spiegel aktivieren konnte hatte Dumbledore bereits seinen Zauberstab darauf gerichtet. "Lactis turbidis", sagte er. Augenblicklich wurde das Glas des Spiegels trüb. Fudge starrte einen Moment sprachlos auf das milchige Glas, dann knurrte er: "Sie sind ziemlich penetrant. Da ich Sie wahrscheinlich ansonsten nicht los werde, gebe ich Ihnen genau 5 Minuten."
"Mehr werde ich auch nicht brauchen", entgegnete Dumbledore mit fester Stimme.
Cornelius Fudge setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch und blickte den Schuldirektor von Hogwarts erwartungsvoll an.
"Ihre Zeit läuft", sagte er auffordernd.
"Ich bin hier wegen Harry Potter", kam Dumbledore auch gleich zu Sache.
Fudge schnaubte verächtlich.
"Was in Merlins Namen haben Sie sich dabei gedacht den Jungen aus der Gesellschaft auszuschließen? Seit wann greift das Ministerium zu solchen Mitteln?", fragte er fordernd.
"Potter, immer dieser Potter", knurrte Fudge ärgerlich, "Ich kann diesen Namen allmählich nicht mehr hören. Viel zu lange wurde ein wahrer Kult um diesen Burschen gemacht. Alles haben wir ihm durchgehen lassen. Wenn ich bedenke, dass ich selbst vor etwas mehr als drei Jahren noch in die Winkelgasse gegangen bin, um ihn vor Sirius Black zu schützen ....."
Fudge schnaubte verächtlich. "Und was war der Dank? Dieser Bengel tanzt immer aus der Reihe. Ich bin einfach nicht mehr bereit die Kapazitäten des Zaubereiministeriums zu verschwenden, um diesen Jungen immer wieder aus Schwierigkeiten heraus zu holen."
Dumbledore musste sich zusammenreißen um nicht laut aufzulachen. Dieses Argument war geradezu lächerlich.
"Das ist doch wohl ein Witz", antwortete er ruhig, "Sie wissen genau, was wir dem Jungen verdanken. Er muss geschützt werden. Wollen Sie mir etwa sagen, dass das Ministerium nicht in der Lage ist für die Sicherheit eines Sechzehnjährigen zu sorgen?"
"Ja, ich weiß, was wir dem Jungen zu verdanken haben", antwortete er aufbrausend, "Sie-Wissen-Schon-Wer ist zurück, mächtiger als jemals zuvor. Soll er den Jungen doch finden, wenn wir Glück haben, lässt er uns dann in Ruhe, wenn er seine Rache bekommen hat."
Dumbledore starrte den Minister fassungslos an. Das konnte er einfach nicht ernst meinen.
"Cornelius, ich kann einfach nicht glauben was ich da höre", sagte er schließlich ehrlich enttäuscht.
"Glauben Sie es ruhig, Dumbledore. Ich versuche unser Volk zu schützen, wenn ich dafür diesen Jungen opfern muss, nun gut."
"Glauben Sie etwa wirklich, dass Lord Voldemorts Mordlust gestillt ist, wenn er Harry getötet hat? Er strebt nach vollkommener Macht."
Bei dem Namen Voldemort war Cornelius Fudge merklich zusammen gezuckt.
"Ich weiß was er will", antwortete Fudge scharf, "und um diese Machtübernahme zu verhindern brauche ich jeden Mann, da können wir uns nicht um einzelne Kinder kümmern."
"Dann werde ich Harry exklusiven Schutz in Hogwarts gewähren, er .....", begann Dumbledore entschieden.
"Das werden Sie nicht", unterbrach Fudge sein Gegenüber entschieden, "Jeder Zauberer, der Kontakt zu Potter aufnimmt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Wir haben immer noch Zellen in Askaban frei. Vielleicht wollen Sie eine Zelle mit Sirius Black teilen?"
Fudge machte eine kurze Pause, bevor er knurrte: "Noch so ein Schützling von Ihnen, wenn ich mich recht erinnere."
"Das ist der zweite Grund warum ich hier bin", sagte Dumbledore ruhig.
"Auch über diesen Punkt werde ich mit Ihnen nicht diskutieren", fauchte Fudge aufgebracht, "Black wurde rechtskräftig verurteilt. Er wird Askaban erst an dem Tag verlassen, an dem Peter Pettigrew persönlich vor meinen Schreibtisch tritt und sagt, dass Black ihn nicht umgebracht hat."
Bei diesen Worten grinste Fudge triumphierend. "Ich kann mir kaum vorstellen, dass das jemals passieren wird. Oder was meinen Sie?"
Dumbledore schwieg.
Cornelius Fudge blickte demonstrativ auf seine Uhr.
"Ihre Zeit ist um", sagte er lächelnd, "Zum Abschluss kann ich Ihnen nur eines raten: Kümmern Sie sich um Ihre Angelegenheiten. Es gibt viele Zauberer, die sich die Finger danach lecken würden, der neue Schulleiter von Hogwarts zu werden. Bedenken Sie immer: Sie sind ersetzbar, Dumbledore."
Dumbledore starrte den Minister ungläubig an. Wie konnte dieser Mann nur so verbohrt sein?
"Ich werde tun, was ich für richtig halte", antwortete Dumbledore schließlich ernst.
"Wenn Sie nicht für uns sind, Dumbledore, sind Sie gegen uns", zischte Fudge drohend und starrte den Schuldirektor mit zusammengekniffenen Augen an, "das habe ich bereits vor einem Jahr zu Ihnen gesagt, aber dieses Mal meine ich es ernst."
Dumbledore nickte kurz.
"Dann, Minister Fudge, wünsche ich Ihnen in Zukunft viel Spaß mit Ihrem Kasperle-Theater, das Sie hier um sich herum aufgebaut haben. Ich für meinen Teil werde in die reale Welt zurückkehren. Und glauben Sie mir, ich werde nicht die Hände in den Schoss legen und tatenlos zusehen, wie unsere Welt unter dem Joch Voldemorts zerbricht."
Dann drehte Dumbledore sich um und verließ Fudges Büro.