Runaway Dragon"

 

Zurück

 

Zurück zur
Startseite


Kapitel 4: Das Boilerproblem



"Guten Morgen!"

"Morgen, Munin", murmelte Draco.

Er war nicht einmal überrascht, daß ihn der Rabe aufweckte. Er fuhr mit einer Hand über die glänzenden schwarzen Federn des Vogels und kroch aus dem Bett.

Er musste noch immer etwas mitdenken, um Muggelkleidung anzuziehen, aber er schaffte es schneller als am Vortag. Wieder machte sich Professor Snape schon zum Gehen fertig als sich Draco zum Frühstück setzte.

"Gehen Sie wieder zu dem Prozess?"

Snape nickte nur. Er freute sich nicht darauf, mit Draco über den Prozess zu reden.

"Sie haben mir nicht einmal erzählt, was gestern passiert ist", beschwerte sich Draco.

Severus seufzte und setzte sich wieder an den Tisch. Billy krabbelte zu ihm herüber, und er hob das Baby auf und drückte es.

"Nicht viel", sagte er, wobei er noch immer Billy ansah. "Wie ich erwartet habe, versucht Lucius es hinauszuzögern, und er verschwendet viel Geld darauf, mehr Anwälte zu kaufen als eigentlich in einen Gerichtssaal passen sollten. Sie gehen sich ständig gegenseitig an den Hals, und wenn du je gesehen hast, wie sich zwei Anwälte streiten, weißt du was das heißt.

"Nein, habe ich nicht. Sie dürfen im Gerichtssaal nicht kämpfen, oder?"

"Oh nein, aber sie dürfen Reden halten. Lange, ausgefeilte Reden. Ein guter Anwalt kann eine dreistundenlange Rede halten und dabei nichts sagen, als daß sein Kollege ein Hurensohn ist und all das ohne das Wort je auszusprechen, weil ihn der Kollege dann verklagen würde. Dann hält der Kollege natürlich eine noch längere Rede um zu erklären, daß der erste Anwalt ein verdammter Bastard ist, wieder ohne das Wort auszusprechen. Dann folgt eine kurze Pause für das Gericht, damit der Richter und die Geschworenen nicht verhungern, während sie sinnlosen Reden zuhören, und danach fahren sie mit der Verhandlung fort, indem sie noch einen Anwalt vorstellen, der wieder drei Stunden lang eine Rede hält und darin alle anderen anwesenden Anwälte Idioten nennt. Der Versuch, das folgende Durcheinander zu beruhigen, braucht den Rest des Tages, und deswegen wird die Anhörung der Zeugen auf den nächsten Tag verschoben. Und höchstwahrscheinlich werde ich heute auch nicht gebraucht aber das Protokoll besteht darauf, daß ich da sein muß."

"Dann ist eigentlich nichts passiert?", fragte Draco überrascht.

"Nein, eigentlich nicht. Es sei denn du zählst, daß sie die Anklagen gegen Lucius verlesen haben."

"Anklagen? Ich dachte ihm wird nur der Prozess gemacht weil er Mutter getötet hat?"

"Dafür, und weil er dich angegriffen hat und weil er diverse illegale Gegenstände besitzt die gefunden wurden, als sie Malfoy Manor durchsucht haben. Höchstwahrscheinlich werden sie unterwegs noch ein paar Anklagen wegen Gebrauchs dunkler Magie hinzufügen. Aber das ist nicht wirklich wichtig. Wenn er auch nur in einem dieser drei Punkte für schuldig befunden wird, verbringt er den Rest seines Lebens in Azkaban und da kann er sich nicht wieder herauswinden."

"Warum klagen sie ihn dann wegen allen dreien an?"

"Weil Gerichtsverhandlungen so funktionieren. Der Mord an Narcissa steht als erstes auf dem Plan, und in dem Augenblick in dem er da für schuldig befunden wird, wird der Rest sowieso recht schnell gehen."

Als Draco nichts sagte, setzte Severus Billy vorsichtig ab, sagte schnell auf Wiedersehen und ging, wieder gefolgt von Munin.

Draco hatte über viel nachzudenken. Wenn das Gericht Lucius des Mordes an Narcissa für schuldig befand, würde er mit Sicherheit nach Azkaban gehen, aber warum war Snape so sicher, daß es danach schnell gehen würde? All diese Anwälte würden noch immer da sein und versuchen, Lucius gegen die andern Anklagen zu verteidigen. Würden sie Draco als Zeugen für eines der andern Verbrechen von Lucius wollen? Er hatte gesehen, wie sein Vater dunkle Magie ausübte, aber er wollte nicht wirklich darüber reden. Es war furchteinflößend gewesen, und er wollte nichts mehr, als es zu vergessen. Vielleicht konnte er das jetzt, wo er, technisch gesehen, eine Waise war. Physiklehrer oder Elektriker hatten nicht viel mit den dunklen Künsten zu tun. Wenigstes hoffte er das.

Sarah lächelte ihm zu, als er sofort, nach dem er aufgegessen hatte, das Geschirr abspülte.

"Willst du kommen und die Waschmaschinen sehen?", fragte sie ihn als er fast fertig war.

"Waschmaschinen? Sie meinen es gibt Maschinen, die das Geschirr für uns waschen könnten?"

"Ja, gibt es. Die nennt man Geschirrspüler, aber wir haben keinen. Die Waschmaschinen sind nicht für benutztes Geschirr, sie sind für dreckige Kleidung. Also willst du sie sehen?"

"Sind sie elektrisch?"

"Natürlich sind sie das", grinste Sarah.

"Dann will ich sie sehen."

"Okay, dann bring mir alles was du gewaschen haben willst."

Draco flitzte in das Labor, packte seine Robe und rannte zurück zu Sarah.

"Hier ist sie! Wo sind die Waschmaschinen?"

"Im Keller", lachte Sarah. "Leg sie hier rein und schnapp dir Billy, wir können ihn nicht alleine in der Wohnung lassen."

Draco entdeckte zu seiner Überraschung, daß Sarah einen ganzen Korb mit Kleidung hatte, die gewaschen werden musste, und gehorsam stopfte er seine Robe mit hinein

Billy war hocherfreut darüber, aufgehoben und aus der Wohnung getragen zu werden. Noch ein Abenteuer! Er und Draco sahen sich beide mit großen Augen um, als sie die Treppen in den Keller hinunter gingen.

Billy hatte den Keller natürlich schon öfter gesehen. Draco nicht. Es war noch dunkler als in den Korridoren, und einige der Wände waren nicht einmal gestrichen. Die, die gestrichen waren, waren mit Graffiti bedeckt, so daß Draco beschloß, daß es eine gute Idee wäre, den ganzen Keller neu zu streichen. Natürlich musste es alles dem Hauseigentümer gehören, und keiner der Bewohner würde Wände streichen, die ihnen nicht einmal gehörten.

Sarah führte ihn in einen dunklen Raum, suchte nach dem Lichtschalter, der aus irgendeinem Grund nicht leuchtete, und schaffte es endlich, eine einzelne Lampe in der Mitte des Raumes anzuschalten. Das Licht war recht schwach, aber es reichte, damit Draco jetzt vier seltsame rechteckige Kisten an der Wand stehen sehen konnte.

Draco trat vor eine davon hin um sie zu untersuchen. Sie erinnerte ihn irgendwie an einen Kühlschrank, aber sie hatte keinen Griff und nicht einmal eine Türe um sie zu öffnen, und sie hatte ein seltsames rundes Fenster in der Mitte. Draco betrachtete die Kiste von allen Seiten und war sich nicht sicher, ob er sie berühren durfte. Ein Schlauch, der offensichtlich von einer Wasserleitung kam, führte auf der Rückseite in die Kiste, und sie hatte ein Kabel das eingesteckt war und bewies, daß es wirklich die elektrische Sache war, die Sarah ihm zu zeigen versprochen hatte. Er sah erwartungsvoll zu Sarah zurück.

Sarah lächelte und ging dahin, wo die Maschine mit der Wasserleitung verbunden war. Sie stellte das Wasser an, aber nichts schien zu passieren. Draco wartete, aber Sarah kehrte zu ihrem Korb zurück und sortierte die Kleidung.

"Was machen Sie? Warum passiert nichts? Ist die Maschine kaputt?"

"Nein, alles in Ordnung., Ich sortierte nur die Kleidung. Du kannst weiße Sachen nicht mit farbigen zusammen waschen. Sie würden nicht weiß bleiben. Also kommt alles Weiße in diese Maschine und alles andere in die daneben", erklärte Sarah.

Sie öffnete das seltsame Fenster und fing an, weiße Kleidung in das seltsame runde Fach dahinter zu werfen. Draco ging zur anderen Kiste und versuchte sie so zu öffnen, wie Sarah es getan hatte. Nichts passierte. Draco zog fester.

PLOPP! Die Türe ging auf, und Draco fiel hintenüber. Billy landete auf ihm. Er quietschte vor Freude. Was für ein tolles neues Spiel. "Wa? Nein, Billy, das mache ich nicht noch mal.

Billy sah etwas enttäuscht aus, aber er schien es zu akzeptieren. Es gab so viele andere Dinge zu sehen.

Draco stand wieder auf und sah in das seltsame Fach. Es war rund und aus Metall, und hatte kleine Löcher und drei große Ränder. Draco streckte vorsichtig die Hand hinein, mit der er nicht das Baby hielt, und berührte eines der Löcher. Nichts passierte. Er packte einen der Ränder und schob leicht daran. Das ganze Ding drehte sich! Draco versuchte schnell, es zurück in seine ursprüngliche Position zu ziehen, aber es rührte sich nicht. Er schob wieder in die andere Richtung, und wieder drehte sich das ganze Fach. Es bewegte sich also nur in eine Richtung. Seltsam.

Plötzlich kam ein gurgelndes Geräusch von der anderen Kiste. Draco sprang zurück. "Was ist das? Was macht es da?"

"Das Wasser läuft ein," sagte Sarah einfach, "damit sie mit ihrem Programm anfangen kann."

Sie kam zu Dracos Kiste herüber und fing sofort an, den Rest der Kleidung hineinzuwerfen. Draco ging hinüber um zu sehen, was die erste machte. Er konnte hinter dem Fenster Wasser und einen seltsamen Schaum sehen. Dann hörte das Gurgeln auf einmal auf und die Maschine fing an, stattdessen seltsame Geräusch zu machen und das Fach zu drehen.

FLOPP! Der Kleiderhaufen fiel herunter und klatschten ins Wasser. Bald fingen die Kleider an, wild herum zu fliegen, und das Wasser floß in alle Richtungen. Die Maschine änderte die Richtung, in die das Fach sich drehte. Also konnte es sich in beide Richtungen bewegen. Vielleicht war das andere kaputt?

Draco sah wie sich die Kleidung mit gurgelnden, flutschenden und platschenden Geräuschen drehte, und die Maschine selbst seltsam summte, und auf einmal wurde ihm ganz schwindelig. Billy fing an in seinem Griff zu zappeln, und er war nicht mehr sicher, daß er das Baby festhalten konnte. Schnell wandte er sich von der Maschine ab und sah nach was Sarah machte.

Sie warf gerade ein Knut in einen Schlitz in der Seite der Maschine. Dann drückte sie einen Knopf und die Maschine fing an zu summen, und Augenblicke später gurgelte sie.

Sarah nahm Billy vorsichtig aus Dracos Händen und setzte ihn auf den Boden, wobei sie ihn an einer Hand fest hielt, damit er stehen bleiben konnte.

"Mammmi!", verkündete Billy aufgeregt. Dann fing er an, durch das Zimmer zu laufen.

Er konnte ganz gut laufen, solange Sarah seine Hand hielt, wie Draco sah. Das würde er mit ihm üben. Vielleicht würde Sarah sie zu einem Spaziergang in den Park mitnehmen wenn Billy gut genug laufen konnte. Aber jetzt gerade interessierte er sich mehr für die Waschmaschinen. Er sah zu wie die farbige Kleidung sich drehte, bis ihm so schwindelig war, daß er sich eine Weile an der Waschmaschine festhalten musste, bevor er sicher war, daß er wieder laufen konnte. Ging es Billy auch so wenn er laufen wollte?

Die farbigen Kleider gaben ein viel interessanteres Schauspiel als die weißen. Das Fenster änderte ständig die Farbe während sie herumgeworfen wurden. Erst war es blau, dann gelb, und grün und dann wieder schwarz. Draco drehte schnell den Kopf zur Seite bevor ihm wieder schwindelig wurde.

Er beschloß, stattdessen Sarah und Billy zuzusehen. Billy erforschte das Zimmer, und Sarah folgte ihm bereitwillig überallhin wo er hin wollte, und bestand nur darauf, daß er ihre Hand hielt und sich nicht auf den Boden fallen ließ. Als er an fing sich zu sehr zu sträuben hob sie ihn wieder auf und drückte ihn.

"Was machen wir jetzt?", fragte Draco schließlich, als nichts neues zu passieren schien.

"Wir müssen warten bis die Maschinen fertig sind. Dann müssen wir die nassen Kleider trocknen."

"Oh, Sie zaubern?"

"Nein, ich mache es lieber auf die Muggelart. Das dauert länger, aber die magische Art setzt dem Stoff mehr zu."

Draco sah wieder zu, wie sich die Kleider drehten. Die Maschinen hatten die Geschwindigkeit gewechselt, und was waren das für Blasen? Er beschloß Sarah zu fragen.

"Oh, das kommt von dem Pulver das ich vorhin hinein gab. Es ist wie Seife, aber laß es nicht auf die Haut kommen wenn's geht. Es ist für Stoff und ist giftig für Menschen", erklärte sie.

Pulver? Draco hatte nicht gesehen, daß sie Pulver hinein getan hatte. Er hätte genauer zusehen sollen als sie die Maschine angeschalten hatte. Vielleicht würden sie noch einmal herunterkommen, bevor er zu Onkel Thomas ziehen musste? Dann könnte er genauer aufpassen und das Pulver sehen.

Die Maschinen nahmen sich ziemlich viel Zeit für ihre Arbeit, aber Sarah bestand darauf, daß sie dableiben und die ganze Zeit über zusehen mussten. Etwas könnte kaputt gehen, oder jemand könnte kommen und ihre Kleidung stehlen.

Draco war etwas verwirrt über die zweite Möglichkeit. Wer würde denn ihre benutzten, nassen, mit Seifenblasen bedeckten Kleider wollen? Er hatte immer gedacht, daß Diebe nur Geld wollten und Kunstobjekte und Schmuck. Manchmal stahlen sie auch magische Gegenstände oder Besen oder Möbel. Aber wer würde Kleidung stehlen? Sie konnten sie einfach auf dem Markt kaufen. Dann erinnerte er sich daran, wie Sarah um die Lebensmittel gefeilscht hatte, und die kleinen Diebe auf dem Markt herumgerannt waren und sowohl Geld als auch Essen gestohlen hatten. Essen war billiger als Kleidung. Wenn die Leute Essen stahlen, würden sie auch Kleidung stehlen.

Er setzte sich auf den Boden und lehnte sich gegen die Wand, die zu den Wachmaschinen hin zeigte, um zuzusehen wie die Kleidung herumwirbelte. War es nur seine Einbildung, oder wurden die Blasen immer weniger?

"Dako!" Billy sah, daß Draco auf seiner Höhe war und stolperte, so schnell ihn seine noch immer wackeligen Babybeine trugen, zu ihm hinüber. "Dako!"

Draco streckte seine Arme nach ihm aus, und Billy ließ Sarahs Hand los und machte zwei wackelige Schritte ganz alleine, bevor er Draco erreichte und sich in seine Arme stürzte.

"Dako", sagte er noch einmal zufrieden während er sich an Dracos Brust kuschelte und einschlief.

Draco saß so still er konnte und sah dem schlafenden Baby zu. Er wagte es kaum zu atmen, aus Angst er könnte ihn wecken. Billy war so süß und klein.

'Wie ist es möglich, daß Todesser Babies töten?", fragte er sich. 'Wie kann man etwas so süßem etwas antun?' Und auf einmal wusste er, daß er seinen Vater nie wirklich verstehen würde, denjenigen, den er für die Person gehalten hatte, die ihm auf der Welt am nächsten stand. Er hätte nie dem gerecht werden können, was sein Vater von ihm erwartete. Sein ganzes Leben lang hatte er geglaubt, er und sein Vater wären sich innerlich so ähnlich wie äußerlich. Nun wurde ihm klar, daß er sich die ganze Zeit geirrt hatte. Sie hatte überhaupt nicht viel gemeinsam. Sie waren völlig verschieden. Aber wenn er nicht wie sein Vater war, wie wer war er dann?

Er dachte an seine Mutter. Vielleicht war er wie sie. Aber andererseits mochte er Parties nicht, er richtete sich nicht gerne her und unterhielt sich ungern stundenlang über Blödsinn. Narcissa hätte sich nie die Zeit genommen, den kleinen Billy in ihren Armen schlafen zu lassen, sie hatte Draco geliebt und sie war gestorben, um ihn zu schützen, aber sie hatte sich nie die Zeit genommen, ihn kennenzulernen, nein, er war auch nicht wie seine Mutter. Aber wer war denn noch da?

Professor Snape? Sein Lieblingslehrer war auf viele Arten ein Vorbild. Er konnte noch spöttischer sein und Leute besser beleidigen als Draco, und er wusste auch wie man kalt und einschüchternd auftrat. Und bei seiner Familie konnte er warm und liebevoll sein. Er war sich nicht zu gut dazu, Muggelsachen zu benutzen und er war sogar in eine Muggelschule gegangen. Andererseits war Snape wirklich ein toller Zauberer. Draco konnte sich nicht vorstellen, je so mächtig zu sein. Es war nicht nur so, daß Snape einer der besten Meister der Zaubertränke seiner Zeit war. Er war auch hochintelligent und ein Experte auf diversen anderen Gebieten. Draco andererseits sah sich als recht durchschnittlichen Zauberer an. Er konnte nicht hoffen, je auf einem Gebiet der Magie so hervorzutreten wie Snape. Ja, Snape war ganz bestimmt jemand, zu dem man aufblicken und von dem man lernen konnte, aber sie waren nicht dasselbe.

Vielleicht, vielleicht war er wie Sarah. Sie zog die Muggel-Methoden bei vielen Dingen der Magie vor, sie schien streng und abweisend, aber sie war freundlich und liebevoll zu denen, die ihr etwas bedeuteten. Draco sah zu ihr auf und lächelte. Er wünschte, er könnte mehr Zeit hier verbringen, und sie besser kennenlernen. Vielleicht würde er so herausfinden wer er war.

Die erste Maschine hörte auf zu rattern und Sarah ging hin und öffnete sie. Sie nahm die Kleidungsstücke eins nach dem anderen heraus und legte sie wieder in den Korb. Draco sah fasziniert zu. Eine ganze Menge Wasser kam mit jedem Stück heraus.

Bald war die andere Maschine auch fertig, und Sarah wiederholte den Prozeß mit den farbigen Kleidern. Dann hob sie den Korb auf.

"Komm mit, wir müssen das auf den Dachboden bringen."

Draco stand vorsichtig auf und versuchte Billy dabei nicht aufzuwecken, der halb wach aber nicht bereit zu sein schien, ganz aufzuwachen. So lange herumzulaufen musste anstrengende Arbeit gewesen sein.

"Auf den Dachboden? Erst tragen wir's in den Keller zum waschen, dann schleppen wir's rauf auf den Dachboden?" Irgendwie machte das keinen Sinn.

"Ja, so machen wir armen Leute es eben. Komm mit, ich zeige dir wie Muggel ihre Kleider trocknen."

"Benutzen sie etwas elektrisches?", fragte Draco aufgeregt als sie anfingen die Treppen hinauf zu steigen.

"Nein, tut mir leid. Nicht dieses Mal. Ihre Methode ist viel einfacher, macht den Kindern aber auch viel Spaß. Zu schade, daß Billy noch nicht alleine laufen kann. Er würde den ganzen Tag mit dir verstecken oder fangen spielen."

"Was ist verstecken und fangen?", fragte Draco verwirrt.

"Das sind Spiele. Ich bin sicher, daß du sie auch gespielt hast. Vielleicht hattet ihr andere Namen dafür? Verstecken ist wenn einer sich irgendwo versteckt und der andere versucht ihn zu finden, und Fangen ist wenn einer wegläuft und der andere versucht ihn zu fangen. Man kann natürlich beides zu einem Spiel verbinden, und das machen die ganz Kleinen wie Billy meistens. Du kennst diese Spiele doch, oder?"

"Nein." Draco schüttelte den Kopf. "Ich habe sie nie gespielt. Ich habe keine Geschwister, also habe ich nie Spiele gespielt die zwei Spieler brauchten."

"Aber hat deine Mami sie nicht mit dir gespielt? Und was ist mit deinen Freunden?", fragte Sarah. Sie klang verwirrt.

"Mutter war immer zu beschäftigt."

"Zu beschäftigt? Aber hast du nicht gesagt, daß sie einen Hauselfen hatte um ihr mit ihrer Arbeit zu helfen?"

"Äh ... also ... mehrere Elfen, ehrlich gesagt. Aber sie hatte immer diese Parties, und wenn sie nicht auf einer Party war musste sich sie für eine Party herrichten. Sie hatte nie wirklich Zeit übrig. Mein Vater war anders. Er hat viel Zeit mit mir verbracht, aber er hat nie mit mir gespielt. Er hatte mir wichtigere Dinge beizubringen als Spiele."

"Wie dreckige Sprache und Vorurteile?"

"Nun, ich schätze schon wenn man es so sieht. Es war ihm aber wirklich wichtig."

"Aber was ist mit Freunden, Cousins, Kindern von Nachbarn? Hast du nicht mit ihnen gespielt?"

"Mein Vater kommt mit seinen Verwandten nicht klar, denke ich. Ich habe nie welche getroffen. Wir haben eigentlich keine Nachbarn. Es gibt natürlich das Dorf, aber die Dorfkinder blieben immer vom Anwesen weg, und Vater hätte es sowieso nicht gerne gesehen, daß ich mit ihnen spiele. Er suchte die Söhne einiger seiner Freunde als meine Freunde aus, als ich nach Hogwarts kam, aber da war ich zu alt um Spiele für kleine Kinder zu spielen und... sie sind nicht wirkliche Freunde. Sie sind nützliche Bekannte, aber irgendwie… ich weiß nicht, einfach nicht was ich Freunde nennen würde."

Sie erreichten das obere Ende der Treppe, und Draco war erschöpft. Warum bauten einige Leute ihre Häuser denn so hoch? Und gab es keine Magie die sie viel leichter herauf tragen könnte? Nun, sie hätten vermutlich apparieren sollen, obwohl er das weder bei Sarah noch bei Snape gesehen hatte. Er war aber sicher, daß Snape es konnte. Aber vielleicht hatte Sarah es nie gelernt. Sie war schließlich nicht einmal nach Hogwarts gegangen. Vielleicht unterrichteten sie die Schüler in der West Hogsmeade Zaubererschule nicht im Apparieren?

Hier oben war kein langer Korridor, nur eine einzige Tür. Sarah zog einen Schlüssel aus der Tasche und sperrte auf, und sie betraten einen großen Raum der vermutlich die ganze Länge des Hauses einnahm. Holzbalken und Säulen hielten das Dach, und einige kleine Fenster ließen Licht und Luft herein. Sie waren alle geöffnet, und die Sommersonne heizte den Dachboden auf, bis es fast unerträglich wurde.

Sarah machte sich nicht die Mühe das elektrische Licht anzudrehen. Das Sonnelicht war hell genug. Draco blinzelte ein paar Mal um sich an das Licht zu gewöhnen, und sah sich dann noch einmal um. Überall waren Abteilungen in denen Seile auf Augenhöhe eines Erwachsenen gespannt waren. Wollten sie die Leute davon abhalten, vom Mittelgang abzuweichen? Wenn es so war, war es wirklich eine seltsame Methode.

Billy war auf einmal hellwach und quietschte begeistert, und Draco ließ ihn vor Überraschung fast fallen, als das Geräusch von den Wänden wiederhallte und durch den ganzen Raum klang. Billy kämpfte etwas, und Draco stellte ihn vorsichtig auf die Füße und nahm eine seiner kleinen Babyhände in seine große.

"Na gut. Lauf."

"Laufen!", stimmte Billy zu, und wieder hallte der Klang. Billy kicherte.

"Laufen!" versuchte er es wieder, und dann: "Dako!" und "Mommmmy!"

Das letzte Wort enttäuschte ihn etwas, weil es nicht so gut hallte wie die anderen, aber dieser kleine Rückschlag hielt ihn nicht davon ab, sein ganzes Vokabular auszuprobieren.

"Siehst du, es ist der perfekte Ort für kleine Kinder zum Spielen," lächelte Sarah. "Sie lieben es hier oben einfach."

Sie führte sie auf eine der abgetrennten Sektionen zu und nahm eine kleine Kiste mit Holzklammern heraus mit denen sie die nassen Kleider an den Leinen befestigte. Draco sah erstaunt zu, wie sie jedes Stück glättete und dann auf dem Seil befestigte.

"Warum müssen Sie sie erst glatt machen? Das scheint viel mehr Zeit zu brauchen."

"Ganz im Gegenteil. Wenn ich sie nicht glätte brauchen sie länger bis sie trocken sind, und sie haben viel mehr Falten, die länger herausgebügelt werden müssen. Alles in allem würde mich das viel mehr Zeit kosten als sie jetzt gleich richtig aufzuhängen."

Billy betastete Dracos nassen Umhang. Er schien von dem nassen Stoff fasziniert zu sein. Dann hob er vorsichtig den Saum auf und sah seine Mutter hinter dem Umhang heraus an. Draco ging einmal mit ihm herum und musste sich dabei unter dem Seil durch ducken. Dann ging Billy dazu über, das nächste Stück in der Reihe zu untersuchen. Seine eigenen Kleider waren außer Reichweite. Sie waren zu klein um bis zu seiner Höhe herunter zu hängen, aber die Schürze seiner Mutter war ein weiterer Gegenstand, der eingehend untersucht werden musste.

Draco ging mit dem Baby und genoß seine Verwunderung fast so sehr wie er die Lichtschalter genossen hatte. Er erinnerte sich daran, wie Professor Snape ihn beobachtet hatte, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Da hatte er seinen Gesichtsausdruck nicht verstanden. Jetzt glaubte er, daß er wahrscheinlich wusste was er bedeutete.

"Okay, hier sind wir fertig", verkündete Sarah plötzlich. "Kommt mit. Es ist höchste Zeit, daß wir anfangen das Mittagessen herzurichten."

Sie ging davon, und Draco folgte ihr etwas verwirrt mit Billy. "Lassen Sie sie einfach hier?", fragte er mit einer Kopfbewegung in die Richtung der Kleider. "Ich dachte jemand könnte sie stehlen?"

Sarah lächelte nur und winkte ihn in den Mittelgang, aus der Sektion heraus in der sie ihre Kleidung aufgehängt hatten. Billy fing an zu protestieren und sich zu sträuben. Er wollte seine Forschungstour fortsetzen. Sobald sie die Sektion verlassner hatten, drehte sich Sarah um und legte einen Spruch auf die Kleider.

"Da, das sichert sie. Die meisten Leute hier machen sich aber nicht die Mühe, Schutzsprüche auf ihre Wäsche zu legen. Es ist ziemlich selten, dass hier oben was verschwindet. Die Nachbarn halten zusammen, weißt du."

Sie gingen zurück zur Tür, und Sarah sperrte hinter ihnen wieder ab. Draco wollte sie gerade fragen, warum die Leute im Keller Kleidung stahlen aber nicht auf dem Dachboden, aber auf einmal hörte er Schritte auf der Treppe, die auf sie zukamen. Er hatte noch nie jemanden auf der Treppe getroffen. Die Schritte waren leicht und schnell und hüpften etwas. Draco wartete mit angehaltenem Atem. Und dann kam ein Mädchen in Sicht.

Sie sah etwa so alt aus wie er, war ganz in blau gekleidet und trug eine blaue Mütze über ihren kurzen Locken. Ein Raker? Draco betrachtete sie neugierig. Blaue Augen sahen ihn ähnlich interessiert an. Sie war wirklich hübsch. Draco fragte sich wer sie wohl sein konnte.

"Guten Morgen, Mrs Snape!", sagte sie höflich als sie vorbei sprang.

"Morgen, Cathy!" antwortete Sarah. "Heute ganz alleine?"

"Ich hab auf den kleinen Martin aufgepasst. Mrs Brown ist grade heimgekommen, also konnte ich früh gehen. Und sie hat mich sogar voll bezahlt."

Sarah lächelte ein wissendes kleines Lächeln. Vielleicht erklärte das ihre Sprünge? Draco nahm an, daß Cathy das Geld vielleicht brauchte, um etwas zu kaufen, das ihr ihre Eltern nicht geben wollten und daß sie jetzt endlich genug hatte. Vielleicht einen neuen Besen? Oder vielleicht nur einen der Bälle für das Spiel, das die Rakers ständig zu spielen schienen?

"Wenn Sie jemanden brauchen um auf Billy aufzupassen, wissen sie, wo sie mich finden können."

Na gut, vielleicht hatte sie noch nicht genug. Draco fragte sich, wie viel Geld man fürs Babysitten bekam. Wahrscheinlich nicht viel. Oder Cathy sparte auf etwas wirklich teures.

"Aber es sieht aus als hätten Sie schon einen anderen Babysitter", fuhr sie mit einem seltsamen Blick auf Draco fort, der noch immer Billy trug.

"Oh, Draco ist nur ein Gast, der ein paar Tage bei uns bleibt. Ich brauchte deine Dienste anschließend möglicherweise immer noch", lächelte Sarah. Sie schien Cathy zu mögen.

"Das wäre toll. Ich kann immer Geld brauchen, und ich liebe Billy einfach. Er ist so ein süßes Kind! Sagen Sie mir einfach wenn Sie mich brauchen."

Draco lächelte Cathy an. Ja. Billy war wirklich ein süßes Kind. Und Cathy war auch wirklich niedlich.

"Aber jetzt muß ich mich beeilen und beim Kochen helfen. Mum wird froh sein, daß ich früh zurück bin. Bye Mrs Snape! Bye Billy! ... Bye Draco!" Sie warf Draco ein wundervolles Lächeln zu und sprang die Treppen hinauf. "Wir sehen uns beim Treffen!", rief sie über die Schulter zurück bevor sie um die nächste Biegung verschwand.

"Bye Cathy!", konnten Sarah und Draco gerade noch hinter ihr herrufen, während ihre Schritte sich immer weiter entfernten.

"Wer war das?", fragte Draco, immer noch etwas durcheinander.

"Oh, das ist nur Cathy Cat. Catherin McDougal eigentlich. Sie wohnt mit ihrer Mutter im 5. Stock. Sie ist ein wirklich nettes Mädchen, und ein sehr zuverlässiger Babysitter, aber sie flirtet mit jedem, sie hat aber einen festen Freund. Jake, den Anführer der Raker Gang. Also mach dir nicht zu viel aus ihren Annäherungen. Sie spielt nur mit dir. Sie wird einen Jungen wie Jake kaum für einen gutaussehenden Fremden wie dich aufgeben."

"Warum? Ist dieser Jake etwas besonderes?"

"Wie gesagt, er ist der Anführer einer Gang. Mädchen lieben Jungen, die in ihren Gangs hoch angesehen sind. Alle Raker-Mädchen und die die Rakers werden wollen, wollen mit Jake ausgehen. Und sogar Mädchen aus anderen Gangs werden wohl einen Blick auf ihn werfen. Vor allem, wenn sie mit dem Anführer ihrer eigenen Gang nicht gut genug auskommen, oder wenn die Gang von einem Mädchen geführt wird."

"Die Kleinen auch?", fragte Draco überrascht. "Sind sie nicht etwas jung?"

"Nun, sie wollten ihn vielleicht nicht sofort, aber sie träumen, daß sie irgendwann sein Mädchen werden."

Draco schüttelte nur überrascht den Kopf. Warum würde jemand... und dann fiel ihm auf einmal ein, daß alle Slytherinmädchen ihm laufend nachstellten. Er konnte als Anführer der Slytheringang angesehen werden, und das Mädchen, das mit ihm ausging, war die Anführerin der Slytherinmädchen. Und jeder Slytherinjunge wollte sie. Vielleicht sollte er es wirklich mit einem Mädchen aus einem anderen Haus versuchen. Nur um zu sehen was mit Pansy passierte, wenn er sie fallen ließ und wer die Mädchen anführen würde, wenn er keine von ihnen zur Anführerin machte.

Draco lächelte still in sich hinein. War da nicht eine in der 4. Klasse von Ravenclaw, die genau so schwarze Locken und blaue Augen hatte wie Cathy. Ihr Haar war etwas länger, wenn er sich richtig erinnerte, und sie trug eine Brille, aber es war eine geschmackvolle Brille und passte irgendwie zum Ruf von Ravenclaw. Er sollte wirklich den Namen dieses Mädchens herausfinden.

Nachdem sie zu Mittag gegessen und das Geschirr gespült hatten, zog sich Draco wieder ins Labor zurück und fing mit dem Mathematikbuch an. Er hatte in der Grundschule einfaches Rechnen gelernt, aber das hier stellte sich als viel komplizierter heraus. Dezimalzahlen waren verwirrend, und wozu zum Henker waren negative Zahlen gut?

Es war trotzdem leichter als das Physikbuch. Er konnte es schaffen, aber Snape hatte Recht gehabt. Es würde lange dauern. Draco brauchte wieder mehr Pergamente auf, als er gewollt hatte während er versuchte, die Übungsrechnungen zu lösen. Er merkte, daß er viel zu viele kleine Fehler machte.

Als er eine Rechnung überprüfte, bei der er zum dritten Mal das falsche Ergebnis bekommen hatte, wurde ihm endlich klar, daß er geschrieben hatte 4 mal 4 wäre 12.

"Verdammt! Konzentrier dich! Das ist der blödeste Fehler, den du je gemacht hast." Er beschloß sich zu bestrafen, indem er die ganze Rechnung noch einmal machte.

Die Katze, die auf dem Fensterbrett gedöst hatte, warf ihm über seinen Ausbruch einen verwirrten Blick zu und spazierte mit erhobenem Schwanz herüber, um den Grund der Störung zu untersuchen. Draco bemerkte es kaum. Dieses Mal musste er es einfach richtig machen.

Der Kater beschnupperte Dracos Buch, Pergament und Feder, aber er ignorierte die kleine Tintenflasche. Er wusste wahrscheinlich schon, daß sie stank und wollte seine Nase nicht so beleidigen. Als Draco ihn weiter ignorierte, verzog er die Nase und stolzierte zurück zum Fensterbrett, wo er sich auf seinem ursprünglichen Platz zusammenrollte, mit dem Rücken zu Draco als wollte er sagen: "Wer, ich? Zum Tisch gehen? Nein, hab ich nie gemacht. Warum sollte ich? Ich bin nicht im geringsten interessiert."

Professor Snape kam etwas früher nach Hause als am Vortag, und wieder musste er den Jungen von einem Buch wegziehen und zum Abendessen schleppen.

"Also was ist heute passiert? Haben sie endlich aufgehört sich zu beleidigen und Ihre Geschichte angehört?", fragte Draco ihn sobald er herein kam.

"Natürlich nicht, aber sie sind mit der Vorstellung von allen Anwälten von Lucius fertig geworden. Das heißt, daß sie wahrscheinlich morgen dazu kommen werden. Und Anwälte hören nie auf sich zu beleidigen. Sie sind in dieser Betziehung schlimmer als Todesser."

"Was wissen Sie über Todesser?", fragte Draco überrascht. Was hatte sein Lehrer denn mit denen zu tun?

"Mehr als mir lieb ist, Draco. Viel mehr als mir lieb ist oder gut für mich ist. Und nichts Gutes. Bist du sicher, daß du mit dem Mathebuch weitermachen willst? Wenn du beschließt, daß du einfach nur ein normaler Zauberer werden willst, wie all deine Klassenkameraden, brauchst du dich nicht damit zu belasten. In eine Muggelschule zu gehen ist viel schwere Arbeit, und keiner erwartet das von dir. Es gibt viele Dinge die man im Leben ohne das machen kann. Viele interessante Berufe, aus denen man wählen kann."

"Ich will etwas über Elektrizität lernen", bestand Draco. "Und ich komme in dem Buch bisher gut voran. Es ist eine Weile her, daß ich das letzte Mal gerechnet habe, aber es fällt mir jetzt alles wieder langsam ein. Ich wette daß es Morgen noch besser läuft."

Snape schüttelte nur den Kopf über die Sturheit des Jungen. Er würde früher oder später aufgeben. Ein Malfoy wollte Elektriker werden. Das war sicher das seltsamste, das er je gehört hatte. Es konnte nicht von Dauer sein. Sobald Draco sie verließ und wieder ins traditionelle Zaubererleben zurückkehrte, würde er sicher seine seltsame Faszination für Muggelsachen vergessen.

"Wir gehen zu einem Treffen in den Keller hinunter", verkündete Snape nach dem Abendessen. "Willst du mitkommen, oder lernst du lieber weiter?"

"Was für ein Treffen?", fragte Draco überrascht. Er hatte schon einmal vom Treffen im Keller gehört? Nun, abgesehen von Todessertreffen. Die wurden immer an seltsamen Orten abgehalten. Aber es konnte kein Todessertreffen sein. Die Snapes würden sicher nie zu einem Todessertreffen gehen, und selbst wenn, würden sie ihn nicht einfach einladen, mitzukommen.

"Nur ein Treffen mit den Nachbarn um über die Boiler zu reden", erklärte Snape.

"Boiler? Was für Boiler?" Draco betrachtete den Ofen. Dort kochte Sarah das Essen. War das ein Boiler? Ging es bei dem Treffen um Öfen?

"Die Heißwasserboiler."

Draco verstand offensichtlich nicht, also beschloß Snape, es zu erklären. "Sie sind ..." 'Oh, nein! Ich hätte daran denken sollen, bevor ich sie erwähnt habe!' "...elektrische Dinge, die uns mit warmem Wasser versorgen. Du hast vielleicht bemerkt, daß wir manchmal kein warmes Wasser haben."

"Elektrisch! Kann ich sie sehen?!"

"Nein, tut mir leid, sie sind im Keller und wir haben keinen Schlüssel."

"Oh", schmollte Draco. Elektrische Dinge und er konnte sie nicht sehen!

"Nun, diese Boiler arbeiten nicht richtig, und dieses Treffen wird abgehalten, um das Problem zu besprechen und zu entscheiden, was wir dagegen unternehmen."

"Einen Elektriker holen?" Draco war auf einmal wieder sehr interessiert."

"Eher einen Brief an den Hauseigentümer schreiben und ihn um einen Installateur bitten."

"Was ist ein Installateur?"

"Ein anderer Muggelberuf. Sie reparieren alles das mit Wasser zu tun hat."

"Vielleicht zeigen sie uns bei dem Treffen die Boiler", sagte Draco hoffnungsvoll, als er die Teller aufhob um sie in die Küche zu tragen.

"Nein, werden sie nicht. Wir reden nur darüber. Ich denke nicht, daß überhaupt irgendjemand in diesem Haus einen Schlüssel hat."

"Oh."

"Also, willst du mitkommen oder hierbleiben?", fragte Sarah, die etwas ungeduldig wurde.

Draco nahm den Spüllappen und den ersten Teller. Er öffnete den Mund um zu sagen 'Nein, ich bleibe lieber hier und mache Mathematik', als ihm auf einmal dieses blendende Lächeln und die Worte "Wir sehen uns beim Treffen!" einfielen. Cathy Cat würde da sein. Er wollte das Mädchen wirklich noch einmal ansehen. Nur so, daß er sich ihr Aussehen einprägen und sie etwas besser mit dem Mädchen aus Ravenclaw vergleichen konnte. Aber es gab immer noch das Mathematikbuch. Das war viel wichtiger als ein fremdes Mädchen.

"Okay, ich komme mit", sagte er, wobei er sogar sich selbst überraschte.

"Du bekommst die Boiler nicht zu sehen, Draco", versicherte ihm Sarah wieder.

"Ich will trotzdem mitkommen. Ich werde einfach die Leute beobachten. Sie werden mich gar nicht bemerken."

Sarah wandte sich an Severus und zuckte hilflos die Schultern. Severus lächelte sie nur an. Er hätte den Jungen nicht gefragt, wenn er es für gefährlich gehalten hätte, ihn mit zu einer Mieterversammlung gehen zu lassen.

"Dann gut. Beeil dich mit dem Geschirr. Wir gehen in 5 Minuten."

Und so ging Draco zum zweiten Mal an diesem Tag in den Keller. Dieses Mal aber trug Professor Snape Billy.

"Dada!", verkündete Billy glücklich, als Severus ihn und das kleine Quietschespielzeug aufhob, mit dem er spielte.

Severus lächelte und küsste ihn auf die Stirn, und Billy kuschelte sich eng an ihn.

Dieses Mal gingen sie in einen anderen Raum. Er war größer als der mit den Waschmaschinen, und vollgestopft mit Menschen. Alle schienen die Snapes zu kennen, und bald waren sie von ihren redenden und lachenden Nachbarn umrundet. Draco sah Cathy nirgends in der Menschenmenge, aber er hörte draußen weitere Stimmen.

Professor Snape drückte ihm vorsichtig Billy in die Arme, als einer der Nachbarn nach einem Trank fragte, und verschwand mit dem Fremden. Draco drückte das Baby und sah sich nach Sarah um, aber er konnte sie nicht sehen. Auf einmal fühlte er sich sehr verloren und einsam. Warum war er mit herunter gekommen? Er hätte in der Wohnung bleiben und auf Billy aufpassen können. Dann hätten sie sich beide diese Menge lärmender Unbekannter ersparen können.

Die Stimmen schienen von überall her zu kommen, und Draco wurde auf einmal schwindelig. Was passierte wenn er stolperte und unter all diese Füße geriet? Was wenn er stolperte und Billy unter all diese Füße geriet? Was, wenn er auf Billy fiel? Draco schob sich so vorsichtig wie möglich durch die Menge und suchte eine stützende Wand. Er würde nicht fallen, wenn er eine Wand hatte, die ihm bei der Orientierung half.

Durch Zufall erreichte er schließlich die Tür, und ging hinaus in den Korridor. Er hörte die Stimmen noch immer, aber sie kamen nicht mehr aus jeder Richtung gleichzeitig, und Draco fühlte sich etwas besser. Ein Tisch war hier draußen an die Wand geschoben worden. Er war wahrscheinlich zeitweilig aus dem Zimmer entfernt worden, um Platz für die Leute zu machen.

Draco hob das Baby auf den Tisch und setzte sich mit dem Rücken an die Wand neben ihn. So war es viel besser.

Billy schien es hier auch besser zu gefallen. Er krabbelte über den Tisch, erforschte ihn und ließ sein kleines Quietschespielzeug neben Draco liegen, ohne es zu beachten. Eine Zeit lang hatte Draco Angst, er könnte herunterfallen, aber Billy schien zu wissen wie nah er genau an den Rand gehen konnte, und bald entspannte sich Draco.

Nach einer Weile langweilte der Tisch Billy, und er krabbelte zurück zu Draco.

"Dako!", rief er glücklich. Offensichtlich hatte er das Erlebnis im Versammlungsraum schon vergessen. Er wollte spielen.

Draco aber war noch immer etwas wackelig, und ihm war nicht danach, aber er wollte Billy auch nicht wegstoßen. Was sollte er tun? Seine Augen fielen auf das Quietschespielzeug, und er hob es auf und drückte es. Billy quietschte glücklich. Draco drückte das Spielzeug noch ein paar Mal, dann hielt er es Billy hin. Tatsächlich packte das Baby das Spielzeug, und vergaß einen Augenblick lang Draco.

Draco seufzte leise und lehnte sich wieder mit geschlossenen Augen an die Wand. Er hörte noch immer Stimmen aus dem Zimmer, aber jetzt war es nur ein störendes Hintergrundrauschen das er ignorierte. Manchmal konnte er hören, daß Leute an ihm vorbei kamen, und er sah den ersten durch halb geschlossene Augen zu, aber sie ignorierten ihn einfach, und er hörte ebenfalls auf, sie zu beachten. Das Geräusch des Quietschespielzeuges sagte ihm, daß Billy noch immer zufrieden spielte. Alles war in Ordnung.

"WAAHHHH!"

Draco setzte sich blitzschnell gerade hin. "Billy!"

Billy saß am Rand des Tisches, weinte und versuchte gleichzeitig aufzustehen und verzweifelt nach seinem Quietschespielzeug zu greifen. Aber der fremde Junge, der es ihm offensichtlich weggenommen hatte, stieß gegen seine Schulter, und Billy fiel wieder auf den Tisch und schrie noch lauter.

"Laß ihn in Ruhe!" Draco benutzte seine herrischste Stimme.

Der Fremde drehte den Kopf und betrachtete ihn kalt. "Warum sollte ich? Es macht Spaß", sagte er, wobei er das Baby wieder hart anschubste, so daß es fast über die Kante fiel.

"Weil ich es sage!" Draco sprang vom Tisch herunter und stellte sich vor den Jungen.

Schlechter Zug. Der Fremde war ein gutes Stück größer als er. Dennoch starrte Draco ihn kühl und vernichtend an. Insgeheim schätzte er seinen Gegner ab. Er war wirklich groß, und schien recht stark zu sein, aber nicht so groß und stark wie Crabbe oder Goyle. Er trug Muggelkleidung, wie alle Kinder aus der Gegend, und ein rotes Stirnband. Mark the Shark. Verdammt. Aber Draco wich nicht zurück. Draco konnte nicht zurückweichen. Mark tat Billy weh.

"Und das soll mir Angst machen?" Mark lachte und schubste Billy wieder. Zum Glück tat er es dieses Mal in der anderen Richtung, so daß er nicht vom Tisch fiel, aber er hatte furchtbare Angst und schrie.

Draco hörte Billys Schrei und vergaß, daß er Crabbe und Goyle nicht dabei hatte, um ihn zu unterstützen, als er sich auf Mark warf.

Mark war offensichtlich überrascht. Er hatte nicht erwartet, daß ihn ein viel kleineres Kind angriff, und sie landeten beide auf dem Boden, wo Draco Mark festhielt. Mark kämpfte darum, unter dem leichteren Kind heraus zu kommen, aber Draco hielt nicht still. Er schlug, trat und kratzte sogar in seiner Wut.

"Ahh! Laß los!", kreischte Mark als Draco seine langen Haare zu fassen bekam und anfing, daran zu ziehen.

Plötzlich packte eine Hand Draco von hinten. Er drehte sich, noch immer mit einer Hand auf Marks Bauch, um, und starrte in zwei identische, drohende Gesichter hinauf die beide rote Stirnbänder trugen. Verdammt. Er hatte nicht bemerkt, daß Mark seine Bande dabei hatte. Vielleicht war es nicht einmal die ganze Bande. Vielleicht waren es nur diese Zwillinge. Aber das war mehr als genug, um Draco in wirklich schlimme Schwierigkeiten zu bringen.

Er rutschte rückwärts von Mark herunter, hoffte, daß sie vielleicht damit zufrieden waren, ihren Anführer gerettet zu haben, und sprang auf die Füße. Eine weitere Gestalt ragte rechts von ihm auf. Draco sah sich zu ihr um, und bemerkte, daß es ein Mädchen war, aber das Metall in ihren Händen hatte gar nichts Mädchenhaftes. Mit einem boshaften Grinsen hob sie die Hände und...

... fiel vornüber, als sie etwas von hinten traf. Ein Junge mit einer blauen Kappe. Die Rakers waren auf dem Schauplatz erschienen. Draco war sich nicht sicher, was das für ihn bedeutete. War es gut oder schlecht?

Dann sprang Cathy Cat über die beiden Kämpfer auf dem Boden und stellte sich neben ihn, um Mark anzugrinsen. "Vier gegen Vier, Fischchen. Nicht die Art von Verhältnis die ihr gerne habt, oder?"

Mark warf einen Blick auf seine Zwillingskrieger, die sich langsam zurückzogen und etwas hinter Cathy anstarrten. Draco drehte leicht den Kopf. Um zu sehen was es war.

Ein weiterer Raker kam gerade um das kämpfende Paar auf dem Boden herum, und näherte sich langsam den Zwillingen. Es war ein Mädchen, wie Draco mit leichter Überraschung bemerkte. Das größte Mädchen, das er je gesehen hatte. Sie war noch größer und breiter als Crabbe und Goyle, und der Ausdruck, den sie auf ihrem dunkelhäutigen Gesicht trug, konnte nur als erfreut bezeichnet werden. Das Mädchen liebte es einfach, jemandem weh zu tun.

"Wir erwischen dich und dein Baby ein andermal, Waschlappen", fauchte Mark, und die Sharks drehten sich um und rannten den Korridor hinunter.

Zumindest taten das Mark und die Zwillinge. Das Mädchen war noch immer von Draco und den beiden Rakermädchen von ihren Kameraden abgeschnitten, und der Junge war noch immer über ihr. Er zog sich aber etwas zurück, und sie kam unter ihm heraus und saß auf dem Boden, während die anderen einen Kreis um sie bildeten.

Draco nahm den kleinen Billy wieder in die Arme, und seine lauten Schreie wurden sofort zu einem, leisen Weinen.

"Aber hallo, Robin!, sagte der Raker-Junge gespielt freundlich zu dem Shark-Mädchen.

Die Rakers lächelten zu ihr hinunter, und sie stand sofort auf und sah sich wild um.

"Was ist hier los?", wollte eine spöttische Stimme hinter ihnen wissen.

Professor Snape war mit seinem Freund wieder da. Und es war sein üblicher Tonfall, den Draco in den letzten drei Tagen irgendwie vermisst hatte. Er mochte Snape, den Familienmenschen, aber Snape der Lehrer gab ihm das Gefühl, geschützt und sicher zu sein. Er ging schnell mit einem breiten Lächeln im Gesicht zu ihm hinüber.

Die anderen Kinder schienen seine Gefühle aber nicht zu teilen. Die Rakers rückten näher zusammen und sahen jetzt alle Snape an, und Robin, die Shark, benutzte den Augenblick, um an ihnen vorbei und ihrem Anführer und den Zwillingen nach zu laufen.

"Wir wissen nichts", sagte der Rakerjunge verteidigend. "Ehrlich, Dad!", fügte er mit einem Seitenblick auf Snapes Freund hinzu. "Wir sind nur vorbei gekommen und haben gesehen, daß dein Junge alleine gegen vier Sharks angetreten ist. Hätten wir sie vielleicht weitermachen lassen sollen?"

Snapes Augen wanderten über die drei Rakers und legten sich endlich auf Draco, der neben ihm stand und Billy drückte, als würde ihn die ganze Angelegenheit gar nichts angehen. Draco sah zu ihm auf. Snapes Blick war fragend, nicht drohend, und es schien ihn nicht einmal zu stören, daß Draco als sein Junge bezeichnet wurde.

"Mark hat Billy geärgert. Und er wollte ihn nicht in Ruhe lassen, als ich es ihm gesagt habe", erklärte er. "Ich habe die anderen erst gesehen, als ich schon auf ihm lag", fügte er leiser hinzu.

Snape sah auf Billy hinunter, der noch immer weinte. Hinter sich konnte Draco die Rakers flüstern hören.

"Er hat Mark angegriffen?"

"Und er hatte sogar die Oberhand?"

"Cool!" Es war die Stimme des Jungen.

Draco musste ein riesiges stolzes Lächeln niederkämpfen. ‚Ja, ich habe den Anführer der Sharks geschlagen. Ich kann ebenso gut kämpfen wie ihr Bandenkids.' Er sah zu Snape auf, der noch immer auf Billy hinunter blickte. Was würde jetzt passieren?

"Komm mit, bringen wir ihn ins Bett", sagte Snape nur.


Severus' Standpunkt





Kapitel 3

Kapitel 5

 

Zurück