Kapitel 16
Aua.
Hermine erhob sich steif von ihrem Stuhl. Mein Rücken wird sich niemals erholen, dachte sie und streckte ihre Muskeln. Irgendwann in der Nacht war sie an dem Küchentisch eingeschlafen. Sie seufzte. Sie erinnerte sich deutlich daran, dass sie überlegt hatte ins Bett zu gehen, aber eine neue Welle von Tränen, die sie bei dem Gedanken daran überkam, in dem Bett zu schlafen, das sie und Viktor so lange geteilt hatten, ließ sie die Idee verwerfen.
"Ich muss furchtbar aussehen", murmelte sie und rieb ihr Gesicht.
Sie war geschockt, als eine Stimme antwortete: "Ja, das tust du." Ihr Kopf ruckte überrascht nach oben. Es folgte Erleichterung.
"Susan."
Die andere Frau stand von einem Stuhl in der Ecke auf und kam quer durch den Raum auf Hermine zu und schloss sie in die Arme. "O, Süße…" Als sie fühlte, dass sich Hermines Arme fest um sie schlangen, flüsterte sie: "Du hast das Richtige getan. Das hast du."
Hermine schüttelte ihren Kopf. "Es war so hart, Susan… er war so verletzt." Dann kam ihr etwas in den Sinn, sie löste sich und schaute die andere Frau neugierig an. "Ich bin froh, dass du da bist, aber wie-"
Susan lächelte. "Harry hat Neville per Flohnetzwerk heute Morgen informiert - er dachte, dass du heute Morgen vielleicht etwas Gesellschaft brauchen könntest. Viktor ist zurzeit bei ihm."
Hermine seufzte und schaute auf ihre Hände. "Neville muss mich für verrückt halten, nicht wahr?"
Susan schmunzelte. "Nun… ja. Er denkt, dass du das Richtige getan hast, aber er denkt das du total ausgeflippt bist, dass du mit Severus zusammen sein willst." Hermine lachte. Susan lächelte sie an. "Nun, das hört sich gut an. Wie fühlst du dich?"
"Schuldig ohne Ende. Ich fühle mich so schrecklich für das, was passiert ist. Richtig oder nicht, es hat ihn so sehr verletzt… Susan, er hat tatsächlich geweint - ich habe ihn nie zuvor weinen sehen." Hermine schaute wieder auf ihre Hände. "Nicht einmal beim Begräbnis seiner Eltern."
Susan strich eine Locke von Hermines Haar hinter ihr Ohr. "Er ist okay, Hermine. Harry sagt, dass er außer sich ist, natürlich, aber er ist okay. Er hat Neville erzählt - was war es? Dass er denkt, dass Viktor für irgendein Ritual morgen Abend bereit sei. Ich versuchte aus Neville herauszulocken, worüber er sprach, aber er seine Lippen blieben versiegelt." Mit einem schlauen Lächeln sagte Susan: "Ich bin mir sicher, dass ich es aus ihm herausbekommen hätte, aber ich hatte keine Zeit - Ich wollte hierher kommen und sehen, wie es dir geht."
Hermine kicherte, erleichtert durch Susans Neuigkeiten und erklärte ihr das "Ritual". Susan grinste. "Ich hätte es wissen sollen", sagte sie kopfschüttelnd. "Nun, ich vermute, dass Neville morgen Abend ausgehen wird. Ich würde einen Frauenabend vorschlagen, aber ich habe den schleichenden Verdacht, dass du die Nacht mit deinem sexy Mann verbringen willst."
"Nun… vielleicht wäre es für mich gut auf jeden Fall raus zugehen. Es ist nicht so als werde ich alle Freunde vernachlässigen nur weil ich mit jemandem zusammen bin und meine Mutter sagte mir immer, dass man eine Beziehung so anfangen soll, wie man sie auch weiterführen möchte", sagte Hermine zögernd. Susan lächelte. "Lass es uns festmachen… mit der Vereinbarung, dass ich absage, wenn es nötig ist. Ich denke, einen Abend kann ich das verkraften, obwohl - ich habe das Gefühl das Severus und ich bald sehr eng zusammen sein werden, Tag und Nacht, und es wird gut sein, eine Pause zu haben." Hermine lehnte sich seufzend zurück. "Ich habe vor Albus zu fragen, ob ich die nächsten Wochen das Gästezimmer benutzen kann, bis es fertig ist und ich herausgefunden habe, wo ich bleiben will. Ich - ich denke nicht, dass ich hier bleiben kann."
"Zu viele Erinnerungen?" Susan war mitfühlend.
Hermine nickte. "Ich konnte letzte Nacht nicht einmal in unserem Bett schlafen."
Susan lächelte ironisch. "Das habe ich bemerkt." Sie rümpfte ihre Nase. "Tatsächlich musst du dich waschen. Warum nimmst du nicht ein Bad und ich mache uns Frühstück. Ich werde selbst Severus eine Eule schicken, dass du später kommst."
Hermine stimmte zu, zu ausgelaugt zu protestieren. Sie wählte eine Dusche statt eines Bades und seufzte vor Vergnügen als das Wasser über ihr Gesicht und ihren Körper rann, wie ein Teil der Anspannung weggespült wurde, mitgerissen mit dem Wasserstrahl, der in den Abfluss lief. Nicht alles, natürlich, aber es war immerhin ein Anfang. Sie schüttelte den Kopf und dachte über das Gespräch nach, was sie mit Susan geführt hatte. Etwas, das sie früher gesagt hatte, kam ihr wieder in den Sinn: Meine Mutter sagte mir immer, dass man eine Beziehung so anfangen soll, wie man sie auch weiterführen möchte. Ihre Mutter. Was sollte sie ihren Eltern sagen? Wie? Sollte sie eine Eule schicken, oder - sie schüttelte sich leicht bei dem Gedanken - sollte sie sie persönlich besuchen? Ihre Zahnarztpraxis war freitags geschlossen, also wäre es recht einfach zu ihrem Haus zu apparieren und noch an diesem Morgen mit ihnen zu sprechen.
Bin ich dazu bereit? Sie wusste, dass sie es ihnen mitteilen musste ehe die morgige Ausgabe des Tagespropheten verschickt wurde - ihre Eltern hatten diesen abonniert, als sie in Hogwarts zugelassen wurde, da sie so viel sie konnten über ihre Welt lernen wollten. Es gab keinen Zweifel, dass in dem Moment, wo das Scheidungspergament registriert wurde, der Tagesprophet Wind davon bekommen würde. Zum Glück hatte sie die Eule relativ spät letzte Nacht losgeschickt - viel zu spät als dass ein Beamter des Ministeriums dieses in der letzten Nacht registriert hätte, aber heute würde es definitiv registriert werden.
Wem muss ich es noch mitteilen? Hermine nahm an, dass Ron es über Harry herausfinden würde. Ich bin mir sicher, dass er sich darauf freut am "Ritual" teilzunehmen, dachte sie ironisch. Remus und Hestia würden ohne Zweifel durch die Gerüchteküche informiert oder von Hermine selbst, wenn Remus zufällig heute in Hogwarts war. Sie fühlte eine weitere Welle von Schuldgefühlen wenn sie an Viktors Freunde dachte. Stoyan und Oliver würden geschockt sein, da war sie sich sicher. Wie auch die anderen Kollegen vom ISK.
Hermine drehte die Dusche ab, kam heraus und trocknete sich schnell ab. Sie kehrte in die Küche zurück und lächelte als Susan sie kritisch beäugte. Die andere Frau nickte schließlich und lächelte ein wenig. "Viel besser. Nun, ich habe Severus eine Eule geschickt, um ihm mitzuteilen, dass du dich verspäten wirst." Sie schob sie zum Tisch und befahl: "Setz dich. Iss. Rede."
Hermine hatte keinen Hunger, aber als sie Susans entschlossenen Gesichtsausdruck sah, seufzte sie und nahm artig einen Bissen. Sehr zu ihrer Überraschung kam ihr Hunger zurück als das warme Essen ihre Zunge berührte und sie verschlang ihr Frühstück zügig. Befriedigt lehnte sie sich mit einer Tasse heißen Tees zurück und begann zu erzählen. Sie erzählte Susan die ganze Geschichte ihrer zwei Gespräche mit Viktor. Sie war stolz, dass ihre Stimme während ihres Monologes nur ein- oder zweimal wankte... bis ganz zum Schluss... Als sie versuchte Susan zu erzählen, wie sie sich gefühlt hatte, als sie den Ehering auf dem Tisch liegen sah, verengte sich ihr Hals aus eigenem Antrieb und sie stellte die zitternde Teetasse auf den Tisch. Sie schüttelte still ihren Kopf. Susan schien sie zu verstehen und umschloss die Hand ihrer Freundin fest mit ihrer.
"Du musst es nicht aussprechen, Süße. Ich kann mir vorstellen, wie du dich gefühlt haben musst. Nun, warum packst du nicht ein paar Sachen für das Wochenende ein und verschwindest hier?" Susan hielt einen Moment inne. "Bist du sicher, dass es okay für dich ist in Hogwarts zu bleiben? Wir haben ein Gästezimmer, wenn du es brauchst und ich passe auch gerne auf Krummbein für dich auf, wenn du möchtest."
Hermine schüttelte nur ihren Kopf. "Nein, Susan - ich denke, ich will bei ihm sein. Und ich bin mir fast sicher, dass es Albus nichts ausmacht - er hat das Gästezimmer eh schon für mich vorbereitet." Sie lehnte sich schwer zurück und atmete aus. "Ich muss heute Morgen zu meinen Eltern... ich denke, ich erzähle ihnen alles besser ehe sie es in der morgigen Ausgabe des Tagespropheten lesen." Susan nickte zustimmend und Hermine stand auf.
Nach kurzem Einpacken verkleinerte sie ihren Koffer und verstaute ihn in ihrem Gewand. Dann sammelte sie Krummbein ein und drehte sich zu ihrer Freundin. Sie gab ihr eine einarmige Umarmung, den orangefarbenen Fellball im anderen Arm berücksichtigend. "Danke, Susan. Danke, dass du für mich da bist."
Susan lächelte. "Ich bin immer für dich da, Hermine. Denk daran - ich bin nur einen Anruf per Flohnetzwerk entfernt, wenn du reden möchtest. Und, hör mir zu", sagte Susan und sah sie ernst an, "Ich denke wirklich, dass du das richtige getan hast."
Hermine lächelte aus tränenschweren Augen. "Danke."
***
"Verdammt", murmelte Hermine als sie die Autos in der Einfahrt ihres Elternhauses sah. Sie hatte ein wenig gehofft, dass sie nicht da wären; weggefahren für ein schnelles Frühstück in einem ihrer Lieblingsrestaurants. Aber beide Autos standen in der Einfahrt und das bedeutete, sie würde sich ihnen persönlich stellen müssen.
Mit einem tiefen Seufzer, bei dem Krummbein unheilvoll zu ihr aufschaute, nahm sie mit schweren Schritten die Vordertreppe und läutete.
Eine halbe Stunde später schimpfte sie sich im Geiste aus, dass sie nicht einfach eine Eule geschickt hatte. Wie schwer wäre das gewesen? Eine kurze Nachricht lautend "Hallo Mum und Dad, entschuldigt, dass wir so lange nicht mehr miteinander gesprochen haben, aber ich habe Neuigkeiten - ich bin nun geschieden. Ich liebe euch beide, Hermine." Was hat mich glauben lassen, dass ich das besser persönlich erledige? dachte sie und zuckte innerlich zusammen als sie hörte, dass ihre Mutter einen weiteren patentierten "meine Tochter hat ihr Leben ruiniert"-Seufzer losließ.
Ihr Vater war angesichts der Situation erstaunlich vernünftig. Nachdem er sich versichert hatte, dass Viktor sie nicht auf irgendeine Weise verletzt hatte ("Magie oder nicht, wenn er mein kleines Mädchen verletzt, werde ich ihn töten" "Nein, nein, Daddy - nichts in der Richtung!"), war er recht entspannt. Es war ihre Mutter, die sich auf ihre Hände schauen ließ wie eine Fünfzehnjährige, die nach dem Ausgehverbot erwischt worden war.
Schwachsinn, dachte sie. Als sie aufsah und ihrer Mutter direkt in die Augen blickte, fühlte sie ihren Mut zurückkehren. "Mutter. Bitte. Glaubst du wirklich ich hätte mit einem Mann verheiratet bleiben sollen, den ich nicht liebe?" Ihre Mutter antwortete nicht und rieb sich lediglich ihre Augen mit einem Taschentuch. Hermines Stimme wurde zu ihrer eigenen Abscheu flehentlich. "Mum, bitte. Bitte versuche mich zu verstehen. Ich dachte, dass ich ihn liebte, wirklich... ich wollte ihn lieben, aber es ist einfach nicht passiert. Es ist besser er ist frei jemanden zu finden, der ihn auf diese Weise lieben kann." Und ich bin besser frei, um mit dem Mann zusammen zu sein, den ich liebe.
Ihr Vater verließ schließlich das Zimmer. Er hatte ein Tennisspiel mit einem Freund an diesem Morgen und er musste sich fertig machen. Der Kopf ihre Mutter drehte sich leicht, um zu lauschen. Sobald sie hörte, dass die Schritte den oberen Flur erreicht hatten, drehte sie sich zu ihrer Tochter um. Ihr Gesicht zeigte einen völlig anderen Ausdruck.
"So, wie heißt er, junge Dame?"
"W-Was?"
Ihre Mutter lachte. Sie lachte tatsächlich. Hermine schüttelte verwirrt ihren Kopf. "Mein Herz, ich bin keine Idiotin. Ich bin auch eine Frau, weißt du. Niemand verlässt seinen Ehemann, weil sie ihn nicht liebt, wenn es da nicht die Aussicht auf was Neues gibt." Als sie sah, dass sich das Gesicht ihrer Tochter indigniert verdunkelte, tätschelte sie ihre Hand. "Süße, ich meine das nicht negativ. Nicht im Mindesten. Es ist nur - du hast Viktor nicht gehasst und du schienst glücklich genug. Irgendetwas muss passiert sein, dass das in Gang gesetzt hat, und da du eher traurig als verletzt aussiehst... nun, es sieht nicht so aus als hätte Viktor irgendetwas getan, dass du ihn verlassen wolltest. Daher muss es einen anderen Mann geben, der dich zu dieser Entscheidung gedrängt hat." Ihre Mutter lehnte sich auf der Couch zurück und sah sie müde an. "Glaubst du ich wusste nicht, dass du ihn nicht wirklich geliebt hast, als ihr verheiratet wurdet? Darum habe ich doch so hartnäckig versucht, es dir auszureden. Ja, du mochtest ihn, aber es fehlte der Glanz in deinen Augen, wenn du über ihn gesprochen hast, es gab keine Verbindung zwischen euch beiden. Nicht so als wenn du über den anderen Gentleman gesprochen hast." Das Gesicht ihrer Mutter wurde ernst. "Der, dessen Namen du nicht nennen wolltest. Als wenn du deiner eigenen Familie nicht trauen könntest."
Hermine schloss ihre Augen. "Mum, du weißt warum ich es nicht konnte. Ich habe es erklärt."
Ihre Mutter nickte und entspannte sich leicht. "Ich weiß, Süße, aber eine Mutter mag es nicht so aus dem Leben ihrer Tochter ausgeschlossen zu sein. Ich wollte für dich da sein, dir helfen... du wirst das eines Tages verstehen, wenn du selber Mutter bist."
"Mum, lass uns nicht darüber diskutieren, okay? Du weißt, wie ich über Kinder denke." Hermine schüttelte ihren Kopf und fügte hinzu: "Viktor hat mir nie wirklich geglaubt, denke ich. Es ist tatsächlich der offizielle Grund, den er auf unserem Scheidungspergament angegeben hat. Wie dem auch sei, ich habe viel Zeit mich zu entscheiden... Hexen können bis weit in ihre Sechziger Kinder bekommen."
"Ja, sei es wie es sei, ich denke, wir sind vom Thema abgekommen. Wer ist er?" Die Augen ihrer Mutter verengten sich. "Kenne ich ihn? Ist es Harry?" Als sie den Ausdruck auf Hermines Gesicht sah, lachte sie. "Okay, nicht Harry. Aber wer ist es? Ist es der gleiche Mann wie früher?"
Hermine seufzte. "Du hast gewonnen, Mum. Ich werde es dir sagen, aber bitte lass mich ausreden ehe du irgendetwas sagst." Hermine schloss ihre Augen und erzählte ihrer Mutter von Severus. Als sie fertig war, wartete sie auf eine Reaktion. Als sie nichts hörte, öffnete sie schließlich nervös ein Auge. Ihre Mutter lächelte.
Lächelte? dachte Hermine geschockt und riss beide Augen auf. "Mum?"
Ihre Mutter schüttelte nur mit dem Kopf. "Nun, ich muss sagen, du hast ein gutes Händchen, Hermine." Als sie die aufgerissenen Augen ihrer Tochter sah, kicherte sie. "O, nun komm schon, Süße. Du weißt, dass ich den Tagespropheten bekomme - ich mag es einen Kontakt zu deiner Welt zu haben und das ist ja wirklich der einzige Weg, da meine eigene Tochter kaum schreibt." Hermine verdrehte die Augen und ihre Mutter fuhr fort: "Nun, wie auch immer - er ist ein sexy Teufel"
Hermine konnte es nicht glauben. "Was? Mum!", rief sie mit geschockter Stimme.
Ihre Mutter lachte. "O, Hermine, ich habe Augen in Kopf. Nur weil ich mit deinem Vater verheiratet bin heißt das nicht, dass ich einen netten Anblick nicht zu schätzen weiß." Bei dem ungläubigen Blick ihrer Tochter schüttelte sie ihren Kopf und sagte: "Nach dem, was ich über ihn gelesen habe, war er sehr mutig. Ein Spion, nicht war? Hmm. Ich erinnere mich etwas über seine Vergangenheit gelesen zu haben, obwohl, Hermine... bist du sicher-"
"Mum, seine Vergangenheit ist vergangen. Nichts kann das ändern. Er hat sich Dumbledore angeschlossen ehe ich geboren wurde und er hat für das Gute mit großem Risiko für sich selbst spioniert."
Ihre Mutter nickte, leicht besorgt. "Ich weiß, Süße, ich habe die Artikel gelesen." Plötzlich verengten sich ihre Augen. "Er war dein Meister der Zaubertränke, nicht wahr? Wie alt ist er?"
Hermine wusste, was nun kommen würde, und biss die Zähne zusammen. "Er ist jünger als Dad, wenn es das ist, worüber du dir Sorgen machst."
"Versuch nicht mir spitzfindig zu kommen, junge Dame! Nun, wie alt ist dieser Mann?"
Hermine murmelte etwas vor sich hin. Ihre Mutter zog eine Augenbraue mit einem Ausdruck hoch, an den sie sich noch gut aus ihrer Kindheit erinnerte. Mit einem hörbaren Seufzen wiederholte sie: "Neunzehn Jahre älter als ich."
"Ich verstehe." Das Gesicht ihrer Mutter war wieder angespannt.
Entnervt verdrehte Hermine wieder die Augen. "Mum, schau - du musst aufhören, wie ein Muggel zu denken. Hexen und Zauberer leben länger als Muggel. Daher ist der Altersunterschied nicht erwähnenswert! Severus gilt immer noch als junger Mann. Albus ist über 150 Jahre alt und immer noch voll dabei! In der Welt der Magie ist ein Unterschied von neunzehn Jahren wie... wie fünf Jahre Unterschied in der Muggel-Welt. Keine große Sache. Viktors Eltern waren fast dreißig Jahre auseinander!"
Ihre Mutter schüttelte den Kopf. "Es ist nicht das körperliche Alter über das ich mir Sorgen mache, es ist das geistige. Der Mann hat viel durchgemacht, hat viel Dunkelheit in seinem Leben erlebt. Das kann eine Person um Jahre altern lassen." Hermine schaute nachdenklich. Ihre Mutter fügte mir sanfter Stimme hinzu: "Ich verstehe, Süße... in meinem Kopf. Es tut mir leid - es ist nicht einfach für mich Ideen über den Haufen zu werden, die mich mein Leben lang begleitet haben. Ich denke, dass Wichtigste ist, dass du ihn liebst und er liebt dich, habe ich Recht?" Hermine nickte. "Hat er dich bedrängt, Viktor zu verlassen?" Hermine schüttelte den Kopf. Seufzend sagte ihre Mutter: "Du weißt, was ich über Scheidungen denke, Hermine. Aber du musst dein eigenes Leben leben, denke ich. Behandelt er dich gut?" Hermine nickte. "Ich liebe dich, Süße", sagte ihre Mutter und schloss sie in die Arme.
"Ich liebe dich auch, Mum."
***
Als sie in Hogwarts ankam war es bereits Nachmittag und die Große Halle war leer. Sie holte tief Luft und entschied sich den Direktor aufzusuchen, ehe sie sich in den Kerker wagte.
"Hallo, meine Liebe. Wie läuft's?" fragte Albus als sie sich auf den Stuhl saß, der vor seinem Schreibtisch stand. "Zitronen-Brausebonbon?" Sie schüttelte lächelnd den Kopf.
"Nein, danke, Albus. Ich habe... ich muss Sie etwas fragen", sagte sie. Er bedeutete ihr fortzufahren. Sie holte tief Luft und sagte: "Ich befinde mich in einer unerwarteten... nun vielleicht nicht komplett unerwarteten... Situation. Wäre es in Ordnung, wenn ich das Gästezimmer hier für die nächsten paar Wochen bewohnen würde, bis ich etwas anderes gefunden habe?"
Albus lehnte sich zurück. "Hermine, das Gästezimmer steht so lange zu deiner Verfügung, wie du es benötigst." Er sah sie über gefaltete Hände an und sagte: "Ich nehme an, ich sollte dich wieder Miss Granger nennen?"
Sie war überrascht, aber nicht schockiert. "Albus, gibt es irgendetwas, wovon Sie keine Ahnung haben?"
Albus lachte. "Nun, ich erinnere mich an einen Zwischenfall vor etwa sieben Jahren... ich habe nicht bemerkt, was vor sich ging, bis die Sache bereits am Laufen war." Sie wurde rot und er fuhr ernst fort: "Hermine, es tut mir leid, was damals passiert ist. Und ich bedaure sehr, dass ich dich nicht über Miss Tonks Pläne informiert habe."
Hermine wandte ihr Gesicht ab und starrte ins Feuer. "Es hätte mir viel Herzschmerz erspart, wenn ich es gewusst hätte."
"Ich entschuldige mich nochmals. Wir hatten keine Ahnung, dass du es herausfinden würdest und wenn du einem alten Mann seine Laune verzeihen kannst... ich hatte das Gefühl, dass es besser wäre, wenn du es nicht weißt. Ich muss zugeben, dass ich mich geirrt habe", sagte Albus mit ernsthafter Entschuldigung in der Stimme.
Hermine drehte sich um und schaute ihm in die Augen. "Ich verstehe, Albus. Und... danke, dass ich das Zimmer benutzen kann. Ich bin sicher, dass ich so schnell wie möglich eine andere Unterbringungsmöglichkeit finde." Sie stand auf und verließ das Zimmer. Ihre Katze folgte ihr.
Die Augen des Schulleiters zwinkerten. "Ich bin mir auch sicher, Miss Granger. Ich bin mir auch sicher."
***
Hermine ging langsam zum Kerker, Krummbein auf ihren Fersen. Sie konnte sein Schnurren hören als er die bekannte Umgebung wahrnahm. Als sie an den Stufen zum Gryffindor-Turm vorbeikamen lachte sie laut als er stoppte und sie fragend ansah. "Wir bleiben im Kerker dieses Mal, Krummbein. Los komm, Baby", sagte sie. Sie hob ihn auf und rieb ihre Nase an seinem Fell.
Ihre Schritte beschleunigten sich, als sie sich auf den Weg zum Labor machte. Als sie den offenen Türrahmen erreichte, stoppte sie abrupt. Sie konnte Severus sehen, der mit abgewandtem Rücken in einem Kessel rührte. Sein Anblick brachte alles zurück und sie fühlte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Sie wollte nicht, dass er diesen Gefühlsausdruck mitbekam und setzte ihren Weg zum Gästezimmer fort, das Albus ihr überlassen hatte.
Als sie eintrat ließ sie Krummbein runter und beobachtete, wie er den Raum erkundete. Sie packte schnell ihre Habseligkeiten, die sie mitgebracht hatte, aus und brach auf dem Stuhl neben dem Feuer zusammen. Eine Welle voll Trauer brach über sie herein und sie ließ in der Ungestörtheit ihres Zimmers ihren Tränen freien Lauf. Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen und rollte sich zitternd auf ihrem Stuhl zusammen.
Plötzlich fühlte sie eine Hand auf ihrem Arm. "Hermine", sagte eine leise, sanfte Stimme. Sie schaute auf, überrascht und sah Severus. "Du hast vergessen deine Tür zu schließen." Er berührte ihre Wange mit einem Finger und wischte zärtlich eine Träne weg. "Geht es dir gut?"
Sehnsucht erfasste sie. Sie sprang auf ihre Füße und schlang verzweifelt ihre Arme um ihn. Er streichelte ihr Haar bis sie sich beruhigt hatte, gab ihr dann ein Taschentuch und zog sie neben sich auf die Couch.
Sie lachte kurz auf. "Selbst deine Taschentücher sind schwarz?" Er grinste höhnisch und sie lachte erneut - jetzt länger. "Du bist sehr süß, wenn du höhnisch bist." Daraufhin blickte er finster, wie sie es erwartet hatte. Sie holte tief Luft und sagte: "Nun, ich habe es getan. Ich bin nun offiziell geschieden."
"Ich weiß."
"O - hat Susan das in ihrer Mitteilung erwähnt?" Er schüttelte seinen Kopf. "Dann - woher weißt du es?"
Er hob eine Braue. "Ich habe letzte Nacht mit deinem Mann gesprochen."
"Was? Wann? Wie?", stammelte Hermine.
"Im Tropfenden Kessel. Es war eine... interessante Unterhaltung. Nicht, was ich erwartet hatte." Er erzählte ihr von der Konfrontation mit Viktor letzte Nacht. "Er hat mir gesagt, ich soll auf dich aufpassen und sicherstellen, dass du glücklich bist." Severus lächelte höhnisch. "Das war eines der wenigen Male, dass man mich bedroht hat, und es mir egal war." Er hielt für einen Moment inne und fuhr dann fort: "Er ist ein guter Mann. Du hattest Recht."
"Ich weiß. Ich fühlte mich so fürchterlich, sein Gesicht war so... ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll." Sie verschloss die Augen vor diesem Bild.
Sie fühlte wie eine Hand wieder über ihr Haar streichelte und sanfte Lippen ihre berührten. Mit sanfter Stimme sagte Severus: "Da ich nicht den Wunsch hege von einem wütenden Bulgaren gejagt zu werden... besonders, wenn er bei Karkaroff studiert hat... Bist du glücklich?
Lächelnd schlang sie ihre Arme um ihn und zog ihn näher an sich. "Jetzt bin ich es."
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