Blutsbande

 

 

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Kapitel 20: The Power of Love



Als Emily erwachte, fühlte sie sich grauenvoll. So ziemlich jeder Knochen im Leib tat entsetzlich weh, außerdem verspürte sie einen quälenden Durst.

‚Und ich hatte immer gedacht, tot sein wäre ein angenehmer Zustand', dachte sie voller Zynismus. ‚War wohl auch ein Irrtum.'



Allmählich klärte sich ihr Blick und sie gewahrte, dass sie in einem Bett lag, ein weiches Nachthemd trug - und nicht alleine war.

Neben ihr auf der Bettkante saß Severus Snape, hielt ihre Hand und musterte sie in einer Mischung aus Besorgnis und ungeheurer Erleichterung. Allen Göttern sei Dank, er war noch am Leben.



"Emily, endlich! Ich dachte schon, ich hätte dich verloren."



"Das dachten wir wohl alle", ertönte eine weitere Stimme von der anderen Seite des Bettes. "Mein Kleines, du glaubst ja nicht, wie glücklich ich bin, dass du wieder unter den Lebenden weilst!"



Emily drehte mühsam den Kopf und sah in die Augen ihrer Großmutter.

"Dann bin ich also nicht … gestorben?"



Morticia McElwood ließ ein helles Lachen hören. "Du warst nahe dran, verdammt nahe sogar. Seit fast einer Woche liegst du jetzt hier im Krankenflügel, mehr tot als lebendig. Aber du hast es wohl überstanden."



"Aber wie? Avada Kedavra hat mich - uns beide - getroffen, wieso leben wir noch? Und was ist mit Lennart, und Voldemort …"



"Viele Fragen auf einmal." Die dritte Stimme gehörte Albus Dumbledore, der sich gleich darauf in ihr Blickfeld schob. "Das zeigt wohl, dass Sie sich auf dem Wege der Besserung befinden, Miss McElwood." Er zwinkerte ihr vergnügt zu. "Ich werde Ihnen schnell das Nötigste erklären, denn Madame Pomfrey wirft uns wahrscheinlich eh alle gleich wieder hinaus."



Tatsächlich erschien in diesem Moment die Krankenschwester und brachte Emily ein Glas Wasser, das diese dankbar annahm.

"Zehn Minuten, dann braucht sie wieder absolute Ruhe", befahl sie streng. "Avada Kedavra ist schließlich keine Magenverstimmung!"



"Poppy, wem sagen Sie das!" Snape drückte Emilys Hand fester. "Und sie hat das meiste alleine abbekommen."



Dumbledore hüstelte taktvoll.

"Vielleicht sollten wir vorne anfangen, Miss McElwood. Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass Ihr Bruder dabei umgekommen ist. Was aus Voldemort wurde, wissen wir noch nicht genau, er ist jedenfalls verschwunden."



Emily brauchte eine Weile, um das zu verdauen, doch irgendwie überraschte es sie nicht. "Aber wie?", fragte sie noch einmal. "Niemand überlebt Avada Kedavra …"



"Doch, Miss McElwood, es gibt jemanden, dem das schon gelungen ist. Er war damit seit einer Ewigkeit der einzige, doch jetzt sind Sie zu dritt."



"Harry", flüsterte Emily und bekam große Augen.



"Stimmt", schaltete sich Morticia ein. "Und als ich ihn in den Drei Besen gesehen habe, kam mir die Idee zu meinem Plan. Was bei dem jungen Potter funktioniert hatte, konnte auch ein weiteres Mal klappen. Es war nicht mehr als ein Strohhalm, doch es war der einzige, an den ich mich klammern konnte."



"Doch was hat Harry damals gerettet? Und jetzt Severus und mich?"



"Liebe, Emily. Das einzige, was weder Voldemort noch Lennart verstehen konnten - und sie deshalb völlig außer Acht gelassen haben. Die Macht der Liebe."



"Du meinst, mit Liebe lässt sich Avada Kedavra brechen?"



"Ja, wenn sie stark genug ist, dass man aus freien Stücken bereit ist, für das Leben eines Menschen, den man liebt, das eigene zu geben", sagte Dumbledore leise. "Harrys Mutter ist gestorben, um ihren Sohnes zu retten. Harry war damals noch ein Baby und konnte nicht verstehen, was passierte. Er war sich der Liebe zu seiner Mutter deshalb auch noch nicht bewusst, anderenfalls hätte Lilly ebenfalls überlebt.



Mit Ihnen und Professor Snape war es etwas anderes. Sie sind beide erwachsen und sich Ihrer Gefühle füreinander bewusst. So haben Sie sich gegenseitig geschützt und der tödliche Fluch ist auf Voldemort zurückgefallen - wie auch damals bei Harry. Severus hat im Vergleich zu Ihnen nur eine geringe Dosis abbekommen, doch die hat schon ausgereicht, dass er drei Tage lang bewusstlos gewesen ist." Der Schulleiter seufzte.

"Ihr Bruder hatte nicht so viel Glück, weil er solcher Gefühle nicht fähig war. Und weil Sie beide durch den Consanguinity verbunden waren, hat er das Avada Kedavra, das für Sie bestimmt war, genauso stark abbekommen wie Sie - doch er hatte niemanden, der ihn davor hätte schützen können."



"Armer Lennart", flüsterte Emily. "Doch wahrscheinlich ist es so am besten."



"Professor Dumbledore, haben Sie etwa gewusst, dass sich Avada Kedavra auf diese Weise brechen lässt?", ließ sich Snape vernehmen.



"Nein Severus, gewusst habe ich gar nichts. Ich kannte nur Morticias Plan, der, zugegebenermaßen, ziemlich logisch erschien. Und schon lange haben wir uns ja die Köpfe zerbrochen, warum Harry damals überlebt hat. Wie Morticia schon sagte, es war nicht mehr als ein Strohhalm, doch jetzt können wir sicher sein."



"Und die ganzen Auroren …"



"Habe ich kommen lassen, falls Morticia und ich uns getäuscht hätten. Sie hätten Lennart und Voldemort einen harten Kampf geliefert, doch ich weiß nicht, wie es dann ausgegangen wäre."



Emily streckte sich und versuchte, sich mit der neuen Situation zurechtzufinden. Sie würde weiterleben, konnte auf die Universität gehen und dort die Kunst der Zaubertränke studieren, SIE WAR FREI!

Frei, zu tun, was sie wollte, und sollten, sie und Severus …Ein schrecklicher Gedanke durchzuckte sie. Lieber Himmel, wenn Dumbledore erfuhr, was zwischen ihnen passiert war …



‚Dumme Gans, was glaubst du wohl, wer euch beide gefunden hat? In Severus' Bett und nicht gerade sehr bekleidet? Was wird er sich wohl gedacht haben, was ihr da gemacht habt, bevor Lennart vorbeigekommen ist. Etwa, dass ihr ein Sonnenbad bei Kerzenschein genommen habt?'

Auch Emilys innere Stimme konnte sehr spöttisch sein - und sie hatte fast immer Recht.

‚Dumbledore weiß es, deine Großmutter auch - und wer weiß wer noch alles. Wahrscheinlich spricht längst die ganze Schule davon."



"Ähh, Professor Dumbledore", begann Emily mit dünner Stimme. "Wie geht es denn jetzt weiter?"



"Wie meinen Sie das, Miss McElwood?"



"Nun, ähhh, ich meine … Professor Snape und ich … wir werden wohl beide Hogwarts verlassen müssen … oder?"



Der Schulleiter sah sie nachdenklich an.

"Ich muß zugeben, dass nicht einmal ich mir Gedanken darüber gemacht habe, was passiert, wenn alles gut ausgeht", gestand er. "Ein solcher Vorfall zwischen einer Lehrkraft und einer Schülerin ist normalerweise ein Grund, beide der Schule zu verweisen."



Emilys Mut sank.



"Andererseits war es notwendig, hat uns alle gerettet - und ich habe Severus ja förmlich dazu gedrängt, genauso wie Ihre Großmutter Ihnen zugeredet hat. Es wäre also nicht gerecht, Sie beide deshalb zur Rechenschaft zu ziehen." Er lächelte. "Und haben Sie beide denn überhaupt schon darüber nachgedacht, wie Sie das in Zukunft zu handhaben gedenken?"



"Dazu sind wir bis jetzt noch nicht gekommen und ich weiß deshalb nicht, wie Emily darüber denkt", sagte Severus und ergriff demonstrativ Emilys Hand von Neuem. "Was mich jedoch angeht, solange sie mich haben will, werde ich bei ihr bleiben. Wir haben Avada Kedavra die Stirn geboten, warum also sollten wir uns über ein im Vergleich dazu so nebensächliches Problem wie einen Rausschmiß Gedanken machen?"



Emily erwiderte den Händedruck. "Das ist auch meine Meinung", verkündete sie.



Albus Dumbledore seufzte. "Einerseits freue ich mich für Sie beide, doch andererseits bin ich nicht gerade glücklich, dass hier ein Präzedenzfall geschaffen wird. Doch was soll ich machen? Sie beide sind jetzt so eine Art Helden und nehmen in der Zauberwelt ab sofort eine Sonderstellung ein, genauso wie Harry Potter. Die gesamte Zauberwelt wird erfahren, was passiert ist - und wie man Avada Kedavra bricht. Es wird allen neuen Mut geben. Man wird also selbst an höchster Stelle ein Auge zudrücken und darüber hinwegsehen, dass Ihr Verhältnis zueinander eigentlich nicht gestattet ist. Es steht nicht in meiner Macht, Sie von Hogwarts zu verweisen, selbst wenn ich das wollte, was nicht der Fall ist. Ich habe nicht einmal das Recht, Ihnen das Zusammensein zu verbieten. Sie sind beide erwachsen und wissen wohl, was Sie tun. Aber ich möchte Sie wenigstens bitten, dabei so diskret wie möglich vorzugehen. Es sind ja auch nur noch ein paar Monate, bis Miss McElwood ihren Abschluß hat."



"Wundervoll", strahlte Emily.



Dumbledore zwinkerte verschmitzt. "Das bedeutet aber nicht, dass Sie hier ab sofort völlige Narrenfreiheit haben, Miss McElwood", sagte er. "Ich werde mich heraushalten, wie Sie beide künftig Ihre Abende verbringen, in der Zwischenzeit sind Sie jedoch eine Schülerin wie alle anderen auch - und es gelten für Sie die gleichen Vorschriften."



"Ich denke, damit kann ich leben, Professor", gab Emily zurück. "Ich bin viel zu glücklich, um irgendwelchen Ärger machen zu wollen."



Morticia nahm Snape näher in Augenschein. "Wie es scheint, werde ich mich mit Ihnen etwas näher beschäftigen müssen", sagte sie, nicht unfreundlich. "Ich muß zwar zugeben, dass mich Emilys Wahl ziemlich erstaunt, aber sie ist glücklich mit Ihnen, also soll es so sein. Und wenn ich's mir recht überlege, Sie würden eigentlich ziemlich gut in unsere Familie passen …"



"Großmutter, um Merlins Willen", rief Emily, peinlich berührt. "Ich habe schließlich keine Heiratsabsichten, also halte dich bitte etwas zurück, bevor du in ihm deinen künftigen Schwieger-Enkel siehst!"



"Schon gut", grummelte Morticia. "Ich dachte ja nur … und wenn ich denke, was für einen Ehemann sich deine Schwester an Land gezogen hat, wäre ich heilfroh, endlich mal wieder ein neues Familienmitglied mit Verstand zu bekommen."



"Das war jetzt beinahe eine Stunde", giftete Madame Pomfrey. "Ich bestehe darauf, dass das Mädchen nun endlich ihre verdiente Ruhe bekommt!"



"Wir gehen ja schon", sagte Dumbledore begütigend.



"Ich komme gleich nach", meinte Severus, als der Schulleiter zusammen mit Morticia den Raum verließ. Dann, als sie alleine waren, beugte er sich zu Emily hinunter und küsste sie vorsichtig. "Ich muß dir so vieles erzählen, du weißt ja kaum etwas von mir", meinte er dann.



"Später. Jetzt haben wir ja endlos viel Zeit." Emily strich ihm durchs Haar. "Und ich freue mich sehr darauf, es wird eine wunderschöne Zeit."



"Es sind aber auch sehr viele schlimme Dinge darunter", warnte Severus. "In diesem Punkt hatte Voldemort Recht, meine Vergangenheit ist … nicht gerade ein Ruhmesblatt."



"Ich weiß, du bist einmal sein Anhänger gewesen", sagte sie.



"Und das wird man mir mein Leben lang ansehen", entgegnete er bitter. "Ich wünschte, ich wäre dieses verfluchte Ding endlich los!" Er schob einen Ärmel zurück - und erstarrte. "Es ist verschwunden!"

Er zeigte Emily seinen nackten Arm. "Sieh nur, das Dunkle Mal. Es ist weg … Kannst du dir das erklären?"



"Die Macht der Liebe", sagte Emily nur. "Auch darin hatte Voldemort wohl Recht, Sie ist stärker, als man vermuten könnte."



"Dafür wird man uns beiden Voldemorts Fluch für immer ansehen können." Snape fiel plötzlich ein, dass Emily das noch nicht wußte. "Schau mal auf deine Brust."



Neugierig zog Emily den Ausschnitt ihres Nachthemdes herunter und erblickte eine lange, feuerrote Narbe mitten auf ihrer Brust.

"Sie sieht aus wie die von Harry, genauso gezackt und sogar noch etwas größer", meinte sie verblüfft.



"Anscheinend hinterlässt Avada Kedavra so etwas", sagte Severus. "Ich habe auch so eine auf der Schulter, wo mich der Fluch getroffen hat."



"Das gibt dem Begriff ‚Partnerlook' eine ganz neue Bedeutung", kicherte Emily und auch Severus musste schmunzeln.

"Im Austausch für Voldemorts Dunkles Mal nehme ich diese hier jedenfalls mit Freuden in Kauf", meinte er und Emily stimmte zu.



Dann gähnte sie. "Bitte entschuldige, aber ich bin wirklich sehr müde - und muß mich auch erst einmal daran gewöhnen, ein neues Leben zu haben. Wiedergeboren zu werden kann ziemlich anstrengend sein."



Severus lachte. "Irgendwie geht es mir ähnlich. Also schlaf dich jetzt aus und werde gesund, wir haben alle Zeit der Welt."



‚Und wenn es irgendwie geht, werden wir sie auch nutzen', fügte er in Gedanken hinzu, strich Emily liebevoll übers Haar, verließ das Zimmer und schloß leise die Tür.



Emily war schon fast eingeschlafen, als sie von draußen noch einmal seine Stimme hörte: "Was ist das für eine Unart, sich an geschlossenen Türen die Ohren platt zu drücken, Mr. Potter", wetterte er. "Und das gilt auch für den Rest von Ihnen, Miss Granger, Miss Patil, Miss Brown, Mr. Longbottom und Mr. Weasley. Fünfzehn Punkte Abzug für Gryffindor, für jeden von Ihnen!"



Emily lachte leise. Manche Dinge würden sich anscheinend nie ändern. War das Leben nicht wundervoll?



~*~




Irgendwie war die ganze Geschichte natürlich durchgesickert und wie Emily schon befürchtet hatte, sprach man in Hogwarts von nichts anderem.

Ihre Affäre mit Snape wurde mindestens genauso heiß diskutiert, wie die Tatsache, dass sie alle um Haaresbreite an einer Katastrophe vorbeigeschrammt waren.



"Wie romantisch, sich so zu lieben, dass man für den anderen sterben würde", schwärmte Parvati.



"Snape und Romantik ist ein Widerspruch in sich", hielt Ron dagegen. "Was hat sich Emily nur dabei gedacht?"



"Die beiden passen doch eigentlich ganz gut zusammen", verteidigte Lavander ihre neue Freundin. "Und Voldemort ins Gesicht zu sagen, dass er Abschaum ist, ist etwas, was nicht viele fertig bringen würden."



"Habt ihr euch mal überlegt, was passiert wäre, wenn der ganze Plan schiefgegangen wäre," sagte Draco säuerlich. Wie alle Slytherins missgönnte er Emily ihren Erfolg, doch da auch Snape darin verwickelt war, konnte er schlecht offen etwas dagegen sagen. "Es war unverantwortlich von Dumbledore, alles auf eine Karte zu setzen!"



"Hat er ja gar nicht", widersprach Harry. "Ganz Hogwarts war voll von Auroren, wir haben es halt nur nicht gewusst. Er hat getan, was er konnte."



Darauf wusste Draco nichts mehr zu sagen.

"Was ist nur in Professor Snape gefahren, sich mit dieser Gryffindor-Vogelscheuche einzulassen", jammerte Pansy im Kreis ihrer Hausgenossen. "Was findet er nur an der? Er könnte doch wirklich was besseres haben!"



‚An der ist mehr zu finden als an dir', dachte Draco, doch er machte sich nicht die Mühe, das laut zu sagen. Er hatte dieser Tage eine Menge zum Nachdenken und überlegte sich oft, was gewesen wäre, wenn Voldemort den Sieg davongetragen hätte. Wäre das wirklich ein solches Glück gewesen, wie sein Vater immer sagte? Vor allem mit Emilys unberechenbarem Bruder an der Spitze wäre es mehr als fraglich gewesen, dass das Haus Malfoy seine Privilegien behalten hätte. Alles in allem konnte man wohl eher seinen Göttern auf Knien danken, dass es so gekommen war, doch das würde Draco niemals zugeben.



"Schauen wir lieber mal, ob wir Emily endlich besuchen dürfen", schlug Neville vor und so gelangten sie zu sechst vor die Tür zum Krankenflügel.



"Sie scheint endlich wach zu sein, aber Snape ist bei ihr", berichtete Harry, der an der Türe lauschte. "Warten wir besser, bis er weg ist."



Im nächsten Moment öffnete Snape die Tür, sah sich der Gryffindor-Schar gegenüber und begann erbost, ihnen für's Lauschen Punkte abzuziehen.



"Ich hab's euch doch gesagt, er ist trotz allem noch ein Ekel", wisperte Parvati, so leise, dass es der wütende Snape vor ihnen nicht hören konnte.



"Mir ist es ehrlich gesagt auch ein Rätsel, was Emily an ihm findet", wisperte Hermine zurück. "Vielleicht kann er ja ganz nett sein, wenn er will. Ich wünschte nur, er würde öfters wollen."



"Was gibt es da zu flüstern? Ich soll Ihnen wohl noch ein paar Punkte zusätzlich abziehen!"



Die kleine Schar von Gryffindors machte betretene Gesichter. "Wir wollten Sie nicht stören, Professor", wagte Neville zu sagen. "Aber wie geht es Emily?"



"Emily … Miss McElwood geht es viel besser. Und Sie stören mich allerdings, aber was will man von euch Gryffindors schon anderes erwarten." Snape schnaubte wütend. "Und gibt es einen speziellen Grund für Ihr impertinentes Grinsen, Mr. Potter?"



Doch zu seiner größten Überraschung begann Harry, laut zu lachen.

"Allerdings, Professor."



"Ach, und dürfte ich diesen erfahren?" Snapes Augen begannen, gefährlich zu funkeln. "Nur weiter so, es fehlt nicht mehr viel und der Hauspokal rückt für Gryffindor in unerreichbare Ferne."



Harry konnte sich kaum noch halten. "Es ist zum Totlachen", japste er. "Wissen Sie, Professor, all die Jahre sind Sie wütend auf mich gewesen, haben immer gedacht, ich würde mich in den Vordergrund spielen und mich für etwas besonderes halten, nur wegen meiner blöden Narbe. Und jetzt haben Sie selbst so eine. Jetzt werde ich endlich Ruhe haben, weil alle Sie und Emily viel interessanter finden werden. Und nun werden Sie es endlich am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn man von allen angestarrt wird, wenn alles zu flüstern beginnt, sobald man einen Raum betritt, wenn einen die Reporter des Tagespropheten auf Schritt und Tritt verfolgen und so weiter."



Seine Freunde zogen die Köpfe ein und erwarteten ein Donnerwetter, doch erstaunlicherweise blieb es aus.



Severus Snape starrte Harry nur an. Auf diese Idee war er nämlich noch gar nicht gekommen, und er haßte Publicity wie kaum etwas anderes auf der Welt. "Ich sage es ja nur ungern, Potter", knurrte er, "aber Sie haben in diesem Punkt völlig Recht." Er musterte ihn aus zusammengekniffenen Augen und kämpfte sichtlich mit sich selbst. "Vielleicht könnten Sie Emily und mir ja ein paar Ratschläge geben, wie man sich diesen Pöbel erfolgreich vom Leib hält?", rang er sich dann zu einer Bitte durch.



"Sie werden es einfacher haben als ich, Professor Snape", entgegnete Harry und ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. "Seien Sie einfach nur ganz Sie selbst, dann bleiben garantiert auch dem hartnäckigsten Reporter die dummen Fragen im Hals stecken." Er überlegte kurz. "Ich habe mir in solchen Situationen nicht nur einmal gewünscht, diese Nervensägen auch so gekonnt abfertigen zu können wie Sie", sagte er dann leise.





Zum ersten Mal in all den Jahren lag ein Hauch von Freundlichkeit in dem Blick, den Snape Harry zuwarf.

"So habe ich es noch nie gesehen", gestand er. "Ob es wohl möglich wäre, dass wir gegenseitig von unseren Fähigkeiten und Erfahrungen profitieren?"

Er wartete keine Antwort ab. "Denken Sie darüber nach, Potter. Und jetzt entschuldigen Sie mich, ich habe noch zu tun." Mit diesen Worten rauschte er davon.



Die sechs Gryffindors schauten ihm mit offenen Mündern hinterher.



"Wenn ich das nicht selbst miterlebt hätte, würde ich es nicht glauben", meinte Neville dann.



Hermine lächelte versonnen vor sich hin. "Es gibt da so einen alten Muggelfilm", erzählte sie. "In dem zwei auf den ersten Blick grundverschiedene Menschen, die als Gegenspieler fungieren und sich eigentlich nicht leiden können, zum Schluß durch ein bestimmtes Ereignis zusammengeschweißt werden."



"Und dann werden sie ein Liebespaar?", kicherte Parvati.



"Nein, es sind zwei Männer - und beide nicht vom anderen Ufer", entgegnete Hermine. "Ein Barbesitzer und ein Polizist. Und es endet mit den Worten ‚Ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft …'"



Ron begann, nun ebenfalls zu lachen. "Wir wollen's mal nicht übertreiben", meinte er.

"Ich wage nämlich, stark zu bezweifeln, dass aus Harry und Snape jemals Freunde werden könnten."



"Mag sein", sagte Hermine. "Aber auch wenn es dann eben nicht der Beginn einer Freundschaft ist, es ist auf jeden Fall der Beginn einer neuen Ära. Voldemort scheint geschlagen - und es besteht zumindest die Aussicht, dass aus unserem Snape doch noch so etwas wie ein Mensch wird."



"Dafür wird Emily schon sorgen", meinte Lavander. "Und wenn ein solches Wunder möglich ist, bin ich gerne bereit, auch noch an weitere zu glauben."



"Dann lasst uns gehen und sehen, was der Tag sonst noch Wunderbares für uns bereithält", sagte Ron. "Vielleicht hat ja in der Zwischenzeit einer der Hauselfen die zwei Meter Aufsatz für mich geschrieben, die Professor Binns uns heute aufs Auge gedrückt hat."



Alle lachten zwar, doch insgeheim war jeder davon überzeugt, dass auf Hogwarts tatsächlich eine Art von Wunder geschehen war - in mehr als nur einer Hinsicht - und sie zu den wenigen vom Glück Begünstigten gehörten, die es beinahe hautnah hatten miterleben dürfen.





- ENDE -






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Was noch zu sagen bleibt:

Hier endet also meine allererste Fanfiction und ich hoffe, sie hat euch auch bis zum Schluß noch gefallen. Ich habe mir alles jetzt noch einmal von vorne bis hinten durchgelesen. Die Idee finde ich nach wie vor nicht schlecht und manche Passagen halte ich auch für ziemlich gelungen. Allerdings gibt es darin auch eine gehörige Menge von Dingen, die mir nicht so richtig gefallen bzw. die ich absolut katastrophal finde. (Nein, die werden hier nicht aufgezählt, ich überlasse es euch, sie selbst herauszufinden).

Man hätte jedenfalls diverses besser machen, einiges umschreiben und vieles gründlicher ausarbeiten können.

Eine Fortsetzung von Blutsbande wird es übrigens nicht geben. Wenn, schreibe ich eine komplett neue Geschichte.

Ach ja, und für alle, die ihn tatsächlich nicht kennen sollten: Mit dem Film, den Hermine am Schluß erwähnt, ist natürlich ‚Casablanca' gemeint.



Anyway, jedes Mal, wenn man eine Geschichte schreibt, lernt man eine Menge dazu (geht mir jedenfalls so), und mit etwas Glück macht man dieselben Fehler beim nächsten Mal nicht wieder. (Wozu auch, die Auswahl ist ja schließlich groß genug *g*).

Und wenn ich es auch längst eingesehen habe, noch mindestens fünfzehnmal auf die Welt kommen zu müssen, um auch nur den Hauch der Größe eines J.R.R.Tolkien zu erreichen, ist meine Freude an der Schreiberei nach wie vor ungebrochen.



Auf keinen Fall möchte ich es aber versäumen, mich an dieser Stelle bei all denen von euch ganz herzlich zu bedanken, die mir während der ganzen Zeit des Schreibens Lob, Aufmunterung und auch konstruktive Kritik bei ff.net geschrieben oder auch gemailt und mit einer Engelsgeduld gewartet haben, als es mal monatelang nicht weiterging. Vielleicht habe ich nicht alle beantwortet *schäm*, aber ich habe mich wirklich über jede einzelne sehr gefreut.



Yours, Yoro, am 05.09.2002


Kapitel 19

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