Kapitel 3: Sylvia Snape
Es war ein schöner Sommermorgen mitten in den Ferien. Die Sonne schien strahlend vom Himmel, ein warmer Wind rauschte über das Gras und kleine Wölkchen flogen über den ansonsten blauen Himmel. Trotzdem saß Albus Dumbledore in seinem Büro. Er erwartete den neuen Lehrer für Verteidigung gegen die dunkeln Künste. Oder besser: die neue Lehrerin. Die letzten Lehrer, die in diesem Fach unterrichtet hatten, waren immer nach einem Jahr wieder gegangen. Er hoffte sehr, dass dies nicht auch mit Sylvia Snape passieren würde. Langsam war er es Leid ständig verzweifelt nach einer Lehrkraft für dieses Fach zu suchen, weil niemand so enden wollte wie die vorangegangenen Lehrer. Es war zu schade, dass Remus Lupin gekündigt hatte, er war ein guter Lehrer gewesen.
Es war vielleicht etwas dumm von ihm gerade die Schwester von Severus einzustellen und zwar in genau dem Fach, das Severus seit Jahren unterrichten wollte. Aber er, Dumbledore, hatte schon seine Gründe, auch wenn der Zaubertränkelehrer diese nicht verstand.
In diesem Moment purzelte jemand aus seinem Kamin.
"Pünktlich auf die Minute, Miss Snape!", sagte Dumbledore, kam hinüber zum Kamin und reichte der Frau die Hand um ihr wieder auf die Beine zu helfen.
"Guten Tag Professor Dumbledore. Für Sie bitte Sylvia, ich kann nicht gerade behaupten, dass ich stolz darauf bin mit Severus verwandt zu sein", sagte sie und wischte sich den Ruß vom Umhang. "Sie haben übrigens ein schönes Büro"
"Danke für das Kompliment. Bitte, setzen Sie sich doch, Sylvia. Ich hoffe, Sie werden uns nicht so schnell verlassen. Wir haben auf diesem Posten einen recht hohen ,Verschleiß'. Mittlerweile heißt es sogar, dass diese Stelle Unglück bringt und die Zeiten werden nicht besser."
"Ich lasse mich nicht von Gerüchten einschüchtern, ebenso wenig von meinem Bruder."
"Da bin ich mir sicher. Außerdem hoffe ich, dass Severus vielleicht irgendwann versteht, dass ich ihm diese Stelle nicht geben kann. Es ist nicht so, dass er nicht dazu fähig wäre."
"Severus ist stur und geduldig. Er wird keine Möglichkeit auslassen um mir zu zeigen, dass er für diesen Posten kämpft. Aber wissen Sie, im Grunde seines Herzens kann er nicht schlecht sein", sagte Sylvia nachdenklich.
"Davon bin ich fest überzeugt, aber genug geredet. Wenn Sie möchten können Sie nun den Vertrag unterschreiben und dann zeige ich Ihnen alles." Dumbledore lächelte sie erwartungsvoll an.
"Gern", sagte Sylvia Snape und setzte mit der Feder, die Dumbledore ihr gab, eine schwungvolle Unterschrift unter den Vertrag.
***
"So, das war alles. Ich hoffe Sie haben einen kleinen Einblick bekommen. Wenn Sie noch etwas Zeit haben, dann stelle ich Ihnen gleich ein paar Lehrer vor", sagte Dumbledore nach der Führung durch das Schloss. "Aber vielleicht wollen Sie vorher ja noch Ihren Bruder besuchen?"
"Ich weiß nicht", sagte Sylvia nachdenklich. "Wir haben uns lange nicht gesehen."
"Gerade das ist doch ein Grund, liebe Sylvia. Wir könnten uns danach in den ‚Drei Besen' treffen."
"Mit Severus haben Sie haben vielleicht Recht…", überlegte Sylvia laut. "Gut, dann treffe ich Sie später in den Drei Besen wieder."
Also machte Sylvia sich auf den Weg durch das Dorf, denn von Dumbledore hatte sie erfahren, dass ihr Bruder ein kleines Haus etwas außerhalb von Hogsmeade hatte. Dort verbrachte er meist die Sommerferien.
Als Sylvia ankam, sah sie sich um. Der kleine Garten war gut gepflegt und enthielt eine Menge an Zauberkräutern. Allerdings hing der Zaun leicht schief. Sylvia durchquerte den Garten und klopfte an der schweren Eichentür. Sie hörte, wie das Pochen durch das Haus hallte. Es dauerte einige Zeit, dann jedoch hörte Sylvia Schritte. Jemand schien eine knarzende Treppe herunterzukommen. Die Tür öffnete sich und vor ihr stand Severus Snape. Sie hatte ihn anders in Erinnerung. Früher war seine Haut nicht so blass und auch sein Haar nicht so fettig gewesen.
"Was willst du denn hier?", fragte er schroff.
"Wenigstens erkennst du mich noch. Du hast dich sehr verändert." Sie lächelte ihren Bruder an, doch dieser erwiderte ihre freundliche Geste nicht.
"Du hast dich anscheinend kein bisschen verändert. Also, was willst du?"
"Darf ich rein kommen? Ich würde dir gern etwas erzählen."
"Wenn's unbedingt sein muss." Severus Snape machte einen Schritt zur Seite und ließ seine Schwester in das kleine Haus.
Innen war es düster und verstaubt. Eine alte Treppe führte rauf in den ersten Stock. Von dem kleinen Gang aus konnte man in die weiteren Zimmer gelangen. Severus ging voraus und führte Sylvia in eines der Zimmer. Dort stand ein gemütliches Sofa, einige Sessel und ein runder Tisch.
"Setz dich! Also, sagst du mir nun was du hier suchst?"
"Ich dachte, ich könnte dich mal besuchen, wo wir uns doch bald öfter sehen." Sylvia setzte sich auf einen der Sessel.
"Wieso öfter sehen?" Er setzte sich ihr gegenüber.
"Hat Dumbledore es dir noch nicht gesagt? Ich unterrichte ab sofort Verteidigung gegen die dunklen Künste."
"Das tust du nicht!", brüllte Severus und sprang wieder auf. "Das ist meine Stelle, verstehst du? MEINE!" Wie konnte Dumbledore es wagen gerade seine Schwester einzustellen? Und dann auch noch in dem Fach, das er unterrichten wollte?
"Dumbledore scheint das etwas anders zu sehen! Ich dachte, du würdest dich für mich freuen. Ich dachte, das wäre eine Chance, um einen Neuanfang zu machen. Du bist wirklich nicht mehr der Severus, den ich mal kannte", sagte sie um Ruhe bemüht. Doch ihre Stimme zitterte verräterisch vor Enttäuschung und Wut.
"Du hast mich nie gekannt und jetzt verschwinde! Verschwinde aus meinem Haus!"
"Ich wollte sowieso gerade gehen!", schrie Sylvia. Sie stürmte aus der Tür und ließ sie wütend hinter sich zuknallen.
Sie rannte den Weg zu der Kneipe die ,Drei Besen', wo Dumbledore sich mit ihr treffen wollte um ihr noch einige ihrer Kollegen vorzustellen.
***
"Glauben Sie wirklich, dass wir noch so eine herzlose Fledermaus in unserem Kollegium brauchen, Dumbledore?", fragte Professor Sprout.
"Oh, glauben Sie mir, sie wird hervorragend ins Kollegium passen. Da ist sie übrigens schon." Dumbledore zeigte zur Tür, zu der gerade Sylvia Snape, völlig außer Atem, hereinkam.
Sylvia konnte Dumbledore schon von der Tür aus sehen. Er winkte ihr freundlich zu. Bei ihm am Tisch saßen noch einige andere Lehrer, wie verabredet.
Sylvia war jetzt eigentlich nicht nach Gesellschaft zumute. Lieber wollte sie nach Hause und diesen ganzen grässlichen Tag mit einer Tasse Tee wegspülen. Nicht gerade fröhlich trotte sie zum Tisch hinüber.
"Setzen Sie sich. Was möchten Sie trinken? Ich lade Sie ein." Dumbledore schob einen Stuhl zurecht, so dass die neue Lehrerin sich setzen konnte.
"Ich hätte gern einen Kräutertee. Ich brauche etwas zur Beruhigung." Sylvia ließ sich auf den Stuhl plumpsen. Zum Glück stellte ihr niemand dazu eine peinliche Fragen.
Dumbledore bestellte bei Madam Rosmerta einen Tee und kam zurück um Sylvia die anderen Lehrer vorzustellen. "Das ist Professor McGonagall, sie unterrichtet Verwandlung… Professor Sprout unterrichtet Kräuterkunde. Professor Flitwick… er unterrichtet Zauberkunst und zu guter Letzt Professor Vector. Sie unterrichtet Arithmantik."
"Freut mich Sie kennen zu lernen", sagte sie und reichte allen der Reihe nach die Hand.
"Darf ich aus der Sache mit dem Tee schließen, dass Severus die Neuigkeiten nicht so gut aufgenommen hat?", fragte Dumbledore.
"Nicht so gut ist noch untertrieben. Er hat sich so verändert, ich erkenne ihn kaum wieder. Wir haben uns gestritten."
"Liebe Sylvia, was haben Sie denn erwartet?", fragte Professor McGonagall mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Ich weiß ja, dass wir uns seit fast 20 Jahren nicht mehr gesehen haben, aber der Severus den ich kannte, kann nicht einfach so verschwunden sein", antwortete Sylvia verzweifelt.
"Er hat sich verändert, mehr als andere", sagte Dumbledore. "Aber damit müssen wir leben. Er ist ein guter Lehrer und er ist auch kein schlechter Mensch!"
"Oh, das wissen wir alle Dumbledore", entgegnete Professor McGonagall mit leicht sarkastischem Unterton. Es war offensichtlich, dass sie Snape nicht wirklich für einen guten Menschen hielt.
Die Lehrer redeten noch eine ganze Weile. Am späten Abend machten sich dann alle auf den Heimweg. Professor McGonagall reiste mit einem Portschlüssel nach Montrose. Professor Flitwick ging zu Fuß, da er ein Haus in Hogsmeade besaß und Professor Vector setzte sich auf ihren Besen. Ganz zum Schluss verabschiedete sich Dumbledore von Sylvia, die mit Flohpulver durch den Kamin der ,Drei Besen' reiste. Es hätte sie wirklich interessiert, wo Dumbledore seine Ferien verbrachte. Er schien seinen Aufenthaltsort sehr geheim zu halten.
Zu Hause angekommen warf Sylvia Snape erst mal sämtliche Kleidungsstücke von sich und ließ sich ein Bad ein. Es dauerte nicht lange und im ganzen Haus roch es nach exotischen Pflanzenextrakten. Es war eine Mischung, die eine befreundete Kräuterhexe extra für Sylvia zusammengestellt hatte. Völlig entspannt lehnte sie sich im warmen Wasser zurück und dachte über ihren Bruder nach.
Sie konnte sich noch genau daran erinnern wie sie als Kinder immer zusammen gespielt hatten. Wie sie heimlich zaubern geübt hatten und hinterher vor einer riesigen Schnecke saßen. Bei dem Gedanken daran musste sie leise lachen. Severus hatte als kleiner Junge ganz anders ausgesehen. Seine Haut war nie so blass gewesen, seine Gesichtszüge nicht so hart.
Sylvia hatte damals mit ihren Eltern in Frankreich gewohnt. Sie hatte sich immer gewünscht nach Beauxbatons zu gehen, auch als der richtige Vater von Severus wollte, dass dieser nach Hogwarts ging. Ihr Bruder meldete sich danach nicht mehr bei ihr. Sie hatte ihn nach seinem Abschluss das letzte Mal gesehen. Danach schickte sie ihm nur noch einen Brief, jedes Jahr zu Weihnachten...
Vor Weihnachten erreichte sie dann ein regelrechter Briefregen. Severus versuchte damit immer sie davon abzubringen ihm etwas zu Weihnachten zu schenken. Nach seinem Abschluss hatte das angefangen. Mit der Begründung er würde Weihnachten hassen, schickte er ihr eine Drohung. Er hatte nie eine davon wahr gemacht, aber er schien zu glauben, dass Sylvia es dann irgendwann aufgeben würde. Da kannte er sie aber schlecht.
***
"Hallo Hermine!", riefen Harry und Ron und liefen auf sie zu.
"Da seid ihr ja endlich. Ich habe schon gewartet. Ihr seid spät dran, was war los?"
"Oh, Mum hat Stress gemacht. Dann wollte der Taxifahrer uns nicht mitnehmen, weil Pig keine Ruhe gegeben hat. Dad hat ihn am Ende doch noch überreden können", erklärte Ron, weil Harry anscheinend vorübergehend das Talent zu sprechen verloren zu haben schien.
Harry und Ron hievten die Koffer in den Zug und suchten mit Hermine nach einem leerem Abteil. Dort machten sie es sich gemütlich.
Die Zugfahrt verlief relativ ruhig. Harry und Ron spielten Zauberschach und Hermine las ein Buch. Zwischendurch sah sie immer wieder über den Rand des Buches hinweg zu Harry. Dieser schien das jedoch gar nicht zu bemerken. Am Mittag kam die Hexe mit ihrem Wagen vorbei und Harry kaufte für sich und seine Freunde etwas Kürbissaft, einige Kesselkuchen und Süßigkeiten.
Kurze Zeit später öffnete sich die Tür ein weiteres Mal, jedoch war dieser Besuch nicht so gern gesehen. Es war Draco Malfoy und hinter ihm standen Crabbe und Goyle.
"Was willst du hier, Malfoy?", fragte Harry leicht angewidert.
"Na Potter, immer noch mit den Versagern befreundet?"
"Halt dein dreckiges Maul!", brüllte Ron. Harry musste am Arm festhalten, sonst wäre er sicher auf Malfoy losgegangen.
"Er ist es doch gar nicht wert", sagte Hermine ruhig und mit einem Schwung ihres Zauberstabs flog die Abteiltür vor Malfoys Nase zu.
Für den Rest der Zugfahrt sie unterhielten sich und probierten die Scherzartikel aus, die Fred und George ihnen mitgegeben hatten.
"Hast du noch was von Sirius gehört?", fragte Hermine zwischendurch einmal neugierig.
"Nein, seit meinem Geburtstag nicht mehr. Aber da fällt mir ein, dass ich dich noch was fragen wollte." Harry zog den Anhänger unter seinem Pullover hervor.
"Oh, ein Escular! Was ist damit?"
"Was ist das?", fragte Ron verwirrt.
"Ein Escular. Er funktioniert fast wie ein Telefon."
"Er ist von Sirius", erklärte Harry. "Ich habe schon fast gedacht es wäre irgendein Schund."
Nach einer Weile hielt der Zug auf dem Bahnsteig von Hogsmeade. Die drei Freunde stiegen aus. Draußen war es schon fast völlig dunkel, vom Ende des Bahnsteigs sahen sie Hagrid und hörten ihn rufen: "Erstklässler hierher! Sind alle da?"
Hagrid, der sie ebenfalls entdeckt hatte, winkte ihnen kurz zu, dann machte er sich mit den Erstklässlern auf den Weg.
Hermine, Harry und Ron verließen den kleinen Bahnhof und stiegen in eine der pferdelosen Kutschen, die sie zum Schloss brachten.
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