Am nächsten Morgen machten Sirius und Remus sich schon vor Sonnenaufgang auf den Weg zu Seidenschnabel. Sie hatten der Einfachheit halber in Hogwarts übernachtet, um am Morgen nicht zu viel Zeit zu verlieren. Professor Dumbledore hatte die beiden am Abend noch genau instruiert, wie sie sich mit Luke Cunning in Verbindung setzen sollten.
Auf dem Weg zu Seidenschnabels Versteck sprachen sie kaum. Jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt.
Kurze Zeit später erreichten sie die Höhle an der Westküste Englands, wo Seidenschnabel sich seit einiger Zeit versteckt hielt. "Hey, Seidenschnabel, komm her, alter Junge", rief Sirius in die Höhle.
Der Hippogreif antwortete sofort mit einem freudigen Fiepen und kam herbeigeeilt. Remus und Sirius verbeugten sich vor dem Tier. Seidenschnabel beäugte die beiden Männer einen Moment skeptisch, dann neigte er jedoch seinen gefiederten Kopf und signalisierte so seine Kooperationsbereitschaft.
"Wir haben heute eine kleine Reise vor uns, mein Junge", sagte Sirius zu dem Hippogreif.
Seidenschnabel fiepte erfreut und rieb seinen Schnabel liebevoll an Sirius' Schulter, so dass dieser fast das Gleichgewicht verlor.
"Ich glaube, ihm gefällt die Idee", sagte Remus und grinste. Sirius verzog leicht das Gesicht und kraulte Seidenschnabel den Hinterkopf.
"So, mein Freund", sagte Sirius schließlich nach ein paar Minuten, "wir haben nicht so viel Zeit, los geht's." Seidenschnabel stupste Sirius leicht mit dem Schnabel an, dann stellte er sich vor den beiden Männern auf, damit sie auf seinen Rücken klettern konnten.
Kaum saßen sie, breitete der Hippogreif seine mächtigen Schwingen aus und erhob sich in die Luft. Bei jedem Schlag seiner Flügel wippte sein ganzer Körper in der Luft auf und ab.
"Oh, wie ich es hasse", brummte Remus und klammerte sich noch fester an Sirius, der vor ihm auf dem Rücken des Hippogreifs saß.
Seidenschnabel gewann schnell an Höhe und flog hinaus auf das schwarze Meer. Der Flug schien nicht mehr enden zu wollen. Um sie herum war nichts als Wasser, das Ufer hinter ihnen war schon lange außer Sicht.
Die Sonne begann bereits am Horizont aufzugehen, als Sirius einen schwarzen Fleck in der Ferne entdeckte. "Da ist es", sagte er.
Remus merkte, wie sich der Körper seines Freundes vor ihm versteifte. "Ruhig, Padfoot, wir schaffen das schon", versuchte Remus seinen Freund zu beruhigen.
Allmählich kam die düstere Insel näher und sie konnten genaueres erkennen. Die felsigen Ufer waren karg, kein Baum und kein Strauch wuchs auf den steinernen Klippen. In der Mitte des Eilandes erhob sich eine riesenhafte, schwarze Festung. Sie erinnerte an eine alte Ritterburg aus dem Mittelalter. Auf jeder Seite war ein mächtiger Wachturm. An den Außenwänden der Festung waren keine Fenster, lediglich ein paar winzige Luken schienen Licht hinein zu lassen.
Sie umkreisten die Insel, bis sie einen geeigneten Felsvorsprung gefunden hatten, hinter dem sie landen und Seidenschnabel verstecken konnten.
"Sei schön artig, mein Junge, und rühr dich nicht von der Stelle", sagte Sirius zu dem Hippogreif, nachdem sie gelandet waren. "Das hier ist kein Ort zum herumstromern."
"Lass uns gehen", sagte Remus und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu der düsteren Festung. Je näher sie dem Bauwerk kamen, desto kälter schien es zu werden. Remus bemerkte, dass Sirius zitterte. Beruhigend legte er ihm eine Hand auf die Schulter.
Sie gingen nicht zum Haupteingang des Gefängnisses, sondern zur Rückseite um den von Professor Dumbledore beschriebenen Seiteneingang zu suchen. Sie brauchten nicht lange bis sie fündig geworden waren. Remus holte den Tarnumhang aus seinem Mantel und warf ihn sich und Sirius über die Schultern. "War das früher auch schon so eng?", nörgelte Sirius.
"Früher waren wir nur halb so groß", antwortete Remus unbeeindruckt.
"Ja", maulte Sirius weiter, "aber damals waren wir auch zu viert."
Remus antwortete nicht, sondern klopfte dreimal an die geschlossene Tür. Sofort öffnete sich die Tür einen Spalt breit und der Kopf eines jungen Mannes lugte nach draußen. Er hatte kurzes, aschblondes Haar, das er zu einem ordentlichen Seitenscheitel gekämmt hatte.
"Wer ist da?", fragte der junge Mann. Sirius und Remus antworteten nicht.
"Mr. äh, Moony, Mr. Padfoot? Sind Sie das?", fragte er vorsichtig. Professor Dumbledore hatte dem Kontaktmann absichtlich nicht die wahren Namen von Remus und Sirius gesagt. Sicher war sicher.
"Ja, wir sind es Mr. Cunning?", antwortete Remus leise.
Der junge Aufseher atmete erleichtert auf und öffnete die Tür. "Ja, kommen Sie herein", sagte er mit gedämpfter Stimme und Remus und Sirius betraten, durch ihren Tarnumhang verborgen, Askaban.
Hinter ihnen fiel die Tür mit einem lauten RUMS ins Schloss. Sirius fuhr vor Schreck zusammen. "Ganz ruhig", beruhigte Remus ihn leise.
"Folgen Sie mir bitte", sagte Luke Cunning und ging voraus durch einen düsteren Gang. Er führte die beiden Männer kreuz und quer durch die riesige Festung, bis Remus und Sirius vollkommen die Orientierung verloren hatten. Auf ihrem langen Weg waren sie niemandem begegnet, weder Aufsehern, noch Dementoren.
Entweder kannte Luke Cunning sich sehr gut in Askaban aus, oder er lockte sie gerade in eine Falle, dachte Remus besorgt. Er wagte jedoch nicht Sirius seine Sorge mitzuteilen, seinem Freund ging es sowieso schon schlecht genug.
"Wo führen Sie uns eigentlich hin?", fragte Remus nach einiger Zeit.
Cunning drehte sich um und versuchte in die Richtung zu schauen, aus der Remus' körperlose Stimme gekommen war. "Das ist ein alter Versorgungsgang, er wird kaum noch benutzt, wie Sie sicher bemerkt haben. Er endet am Eingang zum Hochsicherheitstrakt. Bis dahin kann ich Sie bringen, den Rest des Weges müssen Sie alleine gehen, ich habe keine Zugangsberechtigung zu diesem Teil von Askaban."
"Ich verstehe", antwortete Remus, "aber Sie können uns doch hoffentlich den Weg bis zu unserem Ziel beschreiben."
"Selbstverständlich, Mr. ....."
"Moony", half Remus.
"Selbstverständlich, Mr. Moony", antwortete der junge Mann leicht pikiert.
Wenig später erreichten sie eine schwere Eisentür. Cunning beschrieb Remus und Sirius genau den Weg bis zu Snapes Zelle. "Hier ist der Zellenschlüssel. Ich erwarte Sie in einer Stunde wieder hier", sagte er, verabschiedete sich und ließ die beiden Männer allein.
"Na, dann los", sagte Remus, steckte den Schlüssel in seine Umhangtasche und öffnete vorsichtig die mächtige Tür. Sirius antwortete nicht, ließ sich aber von seinem Freund durch die Tür schieben. Remus blickte sich suchend in dem Gang um, in dem sie nun standen und versuchte sich zu orientieren.
"Komm, hier geht's lang", sagte er und beide machten sich auf den Weg. Es war schwierig unter dem Tarnumhang zu laufen, denn sie hatten beide nicht viel Platz, aus diesem Grund kamen sie nur langsam voran.
Plötzlich fuhr Sirius zusammen. "Da kommt einer", sagte er angsterfüllt und griff nach Remus' Arm.
Remus wollte seinen Freund gerade fragen, wer da nach seiner Meinung kam, doch dann spürte er es selbst. Es schien, als ob irgendetwas oder irgendjemand die gesamte Wärme aus dem Korridor saugen würde. Es wurde kalt und Remus fühlte eine Beklemmung, die er seit seiner Lehrtätigkeit in Hogwarts nicht mehr empfunden hatte, als die Dementoren dort gewesen waren.
Als er sich suchend umblickte sah er einen Dementor, der um eine Ecke circa 30 Meter vor ihnen geschwebt kam. Das Geschöpf wandte sich in ihre Richtung und schwebte direkt auf sie zu.
"Mein Gott, er sieht uns", flüsterte Sirius mit zitternder Stimme.
"Pssst", zischte Remus und drückte seinen Freund gegen die Wand. Der Dementor schwebte geräuschlos weiter auf sie zu. Sirius krampfte sich an Remus' Arm. Remus biss sich auf die Lippen, um nicht laut los zu schreien. Langsam kam der Dementor näher. Er schien direkt in ihre Richtung zu stieren. Remus fühlte, wie eine eisige Kälte von seinem Körper Besitz ergriff und Übelkeit in ihm aufstieg. Das Heulen eines Wolfes hallte in seinen Ohren.
Sirius an seiner Seite lockerte seinen Griff und begann langsam in sich zusammen zu sacken. Remus griff nach seinem Freund, um ihn zu stützen, damit er nicht zusammen brach.
Der Dementor glitt langsam vorbei ohne Notiz von ihnen zu nehmen. Sein zerlumptes Gewandt streifte leicht den Tarnumhang und eine noch eisigere Kälte schlug den beiden Männern ins Gesicht. Sirius' Knie gaben nach und Remus musste seine ganze Kraft aufwenden um seinen Freund auf den Beinen zu halten.
Als der Dementor hinter der nächsten Ecke verschwunden war, atmete Remus innerlich auf.
Er wandte sich zu Sirius um und erschrak. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn, seine Augen waren angstvoll geweitet und seine Hände zitterten.
"Setz dich einen Moment", flüsterte Remus mitfühlend. Sirius schüttelte schwach den Kopf. "Glaubst du etwa, ich bleibe hier sitzen, bis er wieder kommt? Lass uns weiter gehen, ich will hier so schnell wie möglich wieder raus."
Remus nickte. Langsam gingen sie weiter den Weg, den Cunning ihnen beschrieben hatte. Glücklicherweise begegneten sie keinem Dementoren mehr. Nur zwei Mitarbeiter des Wachpersonals kreuzten ihren Weg, nahmen aber selbstverständlich keine Notiz von ihnen.
***
Obwohl die Dementoren ihn in dieser Nacht in Ruhe gelassen hatten, fühlte Severus sich am Morgen keineswegs ausgeschlafen. Diese Kreaturen hatten alte Wunden aufgerissen, von welchen Severus geglaubt hatte, dass sie schon lange verheilt wären.
Lange vergessene Erinnerungen waren ihm auch heute wieder im Traum erschienen, dieses Mal nicht an Lord Voldemort und seine eigenen grausamen Taten, sondern an seine Kindheit. Vielleicht lag ja dort der Schlüssel zu seinem düsteren Schicksal begraben.
Severus seufzte, schloss wieder die Augen und hoffte nun endlich ein bisschen schlafen zu können, ohne von seinen Erinnerungen verfolgt zu werden. Vielleicht war ihm jetzt ein erholsamer, traumloser Schlaf vergönnt.
Die Sonne war bereits untergegangen, als der Hogwarts-Express auf dem Gleis 9 ¾ im Bahnhof Kings Cross einfuhr. Der Bahnsteig war voller Eltern, die ihre Sprösslinge abholen wollten. Severus blickte aus dem Fenster und suchte den Bahnsteig ab.
Seine Klassenkameraden verließen johlend und lärmend den Zug und fielen ihren Eltern glücklich um den Hals. Severus beobachtete grimmig James Potter, diesen arroganten Gryffindor, der seinem Vater strahlend entgegen rannte. James' Vater breitete die Arme aus und umarmte glücklich seinen Sohn.
Severus schnaubte verächtlich, er hatte für Sentimentalitäten nichts übrig. Sein Vater würde ihn wahrscheinlich auslachen, wenn er darum bitten würde in den Arm genommen zu werden, nein, falsch, er würde ihm wahrscheinlich eine kräftige Ohrfeige verpassen.
Missmutig nahm er sein Gepäck und verließ ebenfalls den Zug. Allmählich leerte sich der Bahnsteig. Severus suchte immer noch nach irgendjemandem, der ihn abholte. Insgeheim hatte er gehofft, dass sein Vater ihn nach seinem ersten Jahr in Hogwarts vom Zug abholen würde, aber eigentlich hatte er nicht wirklich damit gerechnet. Sein Vater war schließlich ein viel beschäftigter Mann und hatte einfach wichtigeres zu tun als seinen Sohn vom Bahnhof abzuholen.
Nach einer halben Stunde war Severus alleine auf dem Bahnsteig. All seine Mitschüler waren gemeinsam mit ihren Eltern nach Hause gegangen.
Er schulterte sein Gepäck, zog seinen Zauberstab aus dem Umhang und disapparierte. Eigentlich war es Minderjährigen verboten zu apparieren, solange sie noch keine Prüfung abgelegt hatten, aber Severus kümmerte das nicht. Trotz seines jungen Alters von zwölf Jahren beherrschte er diesen Zauber perfekt, warum also sollte er ihn nicht anwenden?
Sekunden später stand er vor dem Haus seiner Eltern. Severus zögerte einen Moment. Plötzlich hatte er einen Kloß im Hals. Hoffentlich war sein Vater zufrieden mit seinen schulischen Leistungen. Mr. Snape war sehr streng und maßregelte jedes Fehlverhalten und jedes Versagen seines Sohnes gnadenlos.
Leise öffnete Severus die Haustür und betrat die düstere Eingangshalle der großen Villa. "Hallo?", rief Severus schüchtern. Niemand antwortete. Er stellte sein Gepäck unter die Garderobe und ging zum Arbeitszimmer seines Vaters.
Unsicher klopfte er an die geschlossene Tür. "Herein", erklang die Stimme von Mr. Snape. Severus öffnete die Tür und trat ein. Sein Vater saß hinter seinem Schreibtisch und blickte nur kurz auf, als sein Sohn den Raum betrat.
"Warum kommst du erst jetzt?", fragte Mr. Snape unwirsch.
"Ich", begann Severus unsicher, "ich habe auf dem Bahnhof auf jemanden gewartet, der mich abholt."
Mr. Snape blickte von seinen Papieren auf und starrte seinen Sohn ungläubig an. "Wie alt bist du, Severus? Fünf?"
"Entschuldigung, Sir, das war dumm von mir", sagte Severus kleinlaut.
"Allerdings", antwortete sein Vater ungerührt.
Severus schrumpfte in sich zusammen. Die Hoffnung, sein Vater könnte eventuell stolz auf ihn sein, schwand. Er stand einen Moment unschlüssig da, dann fasste er neuen Mut, holte eine Rolle Pergament aus seiner Tasche und reichte sie seinem Vater.
"Das ist mein Zeugnis", sagte er zaghaft, "ich bin der beste Slytherin meines Jahrgangs. Professor Ethanus sagte, er hätte selten einen begabteren Schüler in ‚Zaubertränke' gehabt."
Mr. Snape nahm das Zeugnis entgegen und studierte es eingehend. "Eine Zwei?", fragte er schließlich. "Eine Zwei in Zauberkunst?"
"Mir hat in der Prüfung nur ein Punkt zur Eins gefehlt", versuchte Severus schnell zu erklären.
"Mein Sohn hat eine Zwei?", wiederholte Mr. Snape, blickte von dem Zeugnis auf und starrte seinen Sohn an.
"Es .... es tut mir leid, Sir", sagte Severus leise und senkte seinen Blick kleinlaut.
"Das macht diese beschämende Note auch nicht rückgängig", sagte Mr. Snape und starrte seinen Sohn ungehalten an. "Du hast gesagt, du seiest der beste Slytherin, du bist also nicht der Beste deines Jahrgangs?", fragte Mr. Snape weiter.
"Nein", sagte Severus fast unhörbar.
"Wie bitte?", fragte Mr. Snape mit gefährlich freundlichem Ton. "Ich glaube ich habe dich nicht richtig verstanden, könntest du das bitte wiederholen?"
"Nein, Sir", wiederholte Severus etwas lauter.
"Und wer ist der Beste, wenn mir dir Frage erlaubt ist?", fragte Mr. Snape weiter.
"James Potter", antwortete Severus und schrumpfte unter dem Blick seines Vaters noch weiter.
"Der Sohn der ‚Godric's Hollow Potters'?", wollte Mr. Snape wissen. Severus nickte kaum merklich. "Willst du mir damit etwa sagen, dass ein blasierter Gryffindor bessere Noten nach Hause bringt als MEIN Sohn?" Severus wagte nicht zu antworten, sondern stand nur wie versteinert vor seinem Vater. Panik stieg in ihm auf.
Mr. Snape griff nach seinem Zauberstab, der neben ihm auf dem Tisch lag, und richtete ihn auf seinen Sohn. Severus hatte das Gefühl, als greife jemand nach seiner Kehle und drückte ihm ganz langsam die Luft ab. "Nun?", fragte Mr. Snape kalt.
"Ja, er ist besser als ich, wolltest du das hören?", röchelte Severus panisch. Sofort ließ der Druck auf seine Kehle nach, doch im selben Moment zischte Mr. Snape "Stupor". Severus taumelte von dem Schockzauber getroffen rückwärts, prallte gegen die Wand, verlor dabei das Gleichgewicht und fiel auf den Boden.
Mr. Snape erhob sich von seinem Stuhl, ging um den Tisch herum und trat vor seinen Sohn. "Das war für deine Frechheit", zischte er kalt. Severus starrte seinen Vater an. "Nun?", fragte dieser fordernd.
"Es tut mir leid, Sir", antwortete Severus eingeschüchtert.
"Das will ich auch hoffen", sagte Mr. Snape und starrte seinen Sohn an, "ich erwarte, dass du nächstes Jahr der Beste bist. Ich rate dir, mich nicht zu enttäuschen, mein Sohn, sonst werde ich dir meinen Standpunkt auf andere Weise erläutern müssen. Ist das klar?"
"Ja, Sir", antwortete Severus kleinlaut und rappelte sich wieder auf. "Ich gehe jetzt lernen", fügte er schnell noch hinzu und verließ das Büro seines Vaters.
Severus erwachte aus diesem Traum und stöhnte leise. Diese Erinnerung hatte er viele Jahre tief in seinem Hinterkopf eingeschlossen, um sie nie wieder hervorbrechen zu lassen.
Auch nach seinem zweiten Jahr in Hogwarts war James Potter wieder der beste Schüler des Jahrgangs gewesen. Sein Vater hatte ihm daraufhin ein paar Flüche der schwarzen Magie an den Hals gehext, von denen Severus bis dahin noch nicht einmal gewusst hatte, dass sie existieren.
Er hatte zwei Tage im Koma gelegen und war auch danach noch über eine Woche an sein Bett gefesselt gewesen. Nachdem er sich von den Flüchen erholt hatte, hatte sein Vater ihn für den Rest der Ferien in seinem Zimmer eingesperrt. Um die seiner Meinung nach massiven Wissenslücken seines Sohnes zu schließen, hatte er ihm außerdem einen Privatlehrer engagiert, der Severus neun bis zehn Stunden am Tag unterrichtet hatte.
***
Plötzlich wurde Severus durch das Klicken eines Schlosses aus seinen Gedanken gerissen. Er blickte verwundert auf und bemerkte, dass die Tür seiner Zelle einen Spalt breit offen war. Er erhob sich langsam von seiner Pritsche um sich das etwas genauer zu betrachten, doch bevor er die Tür erreicht hatte, schwang sie vollständig auf, blieb einen Moment offen und schloss sich dann wieder.
"Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen Potter ist hier mit seinem Tarnumhang", knurrte er.
"Äh, nicht ganz", sagte Remus vorsichtig und zog den Tarnumhang herunter. Severus starrte seine beiden Besucher einen Moment sprachlos an.
"Black, Lupin", schnaubte Severus fast angeekelt, "wenn man denkt, es kann nicht mehr schlimmer werden, wird man immer eines besseren belehrt."
"Hallo Severus", sagte Remus so freundlich er konnte, "schön dich zu sehen."
"Diese Freude beruht nicht auf Gegenseitigkeit", knurrte Severus.
"Wir können auch wieder gehen und dich hier verrotten lassen, Snape, fehlt ja nicht mehr viel wenn ich dich so betrachte", entgegnete Sirius gereizt.
"Padfoot, bitte", sagte Remus beschwichtigend.
"Was wollt ihr?", fragte Severus abweisend.
"Wir wollen dir helfen", antwortete Remus, "Albus schickt uns."
"Davon gehe ich aus. Ich habe nicht erwartet, dass ihr Zwei von alleine hier her kommt."
Remus versuchte Severus' bissigen Kommentar zu ignorieren und fuhr ungerührt fort: "Wir haben dank der Observationskugel von Albus erfahren, dass die Auroren dich heute mit einem Veritas-Serum verhören wollen, deswegen sind wir hier."
"Wollt ihr mich etwa aus Askaban heraus holen?", fragte Severus fast belustigt. "Dann wird die halbe Zaubererwelt hinter mir her sein, im Gegensatz zu gewissen Anwesenden habe ich keine Lust mich für den Rest meines Lebens vor Voldemort UND dem Ministerium zu verstecken." Mit diesem Worten bedachte er Sirius mit einem angeekelten Blick.
"Nein, wir wollen dich nicht heraus holen", antwortete Remus, "wir haben dein ‚Anti-Veritas-Serum' mitgebracht. Ich hoffe es funktioniert." Mit diesen Worten zog Remus die kleine Phiole mit der grünlich schimmernden Flüssigkeit aus der Tasche.
Severus starrte die Phiole an. "Selbstverständlich funktioniert es, aber woher wusstet ihr ......", knurrte er, hielt dann allerdings einen Moment inne und zischte hasserfüllt: "Potter!"
"Sei froh, dass Harry dieses Zeug gefunden hat, wenn sie dich nachher mit dem Veritas-Serum verhört hätten und du gesungen hättest, wie viele Muggel du getötet hast, hätte Albus es selbst mit der besten Taktik nicht mehr geschafft dich lebend aus Askaban heraus zu holen", sagte Sirius gereizt und starrte Severus an.
Severus schwieg. Remus hielt ihm die Phiole hin und sagte beschwichtigend: "Hier, nimm es bevor sie kommen." Severus nahm wortlos die Phiole, entkorkte sie und trank den Inhalt in einem Zug aus. Dann verzog er leicht das Gesicht.
Sirius grinste. "Na, hast es zwar selbst gebraut, aber hast es scheinbar nicht hin bekommen, dass es auch genießbar ist."
"Mit Süßungsmitteln verliert es seine Wirkung, Dummkopf", zischte Severus und starrte Sirius hasserfüllt an.
"Sirius, wir haben keine Zeit für solche Sticheleien", sagte Remus streng und bedachte seinen Freund und Severus mit einem leicht missbilligenden Blick. "Wir müssen wieder los, Severus. Albus hat Übermorgen ein Gespräch mit Minister Fudge. Ich hoffe, wir können dann mehr für dich tun."
Er trat neben Sirius und breitete den Tarnumhang über sie.
"Hat Albus es gefunden?", fragte Severus und starrte an die Stelle, an der Remus und Sirius eben noch gestanden hatten.
"Was gefunden?", fragte Remus verwirrt.
"Ich habe etwas für ihn in den Kerkern gelassen, was ihm bei der Beweisführung für meine Unschuld helfen sollte, es ......"
Wieder ertönte das leise Klicken eines Schlosses und Severus hielt abrupt inne. Die Zellentür öffnete sich mit einem Schwung und Loyer und Colby traten ein. Loyer grinste. Colby blickte Severus ernst an und sagte: "Ich hoffe, du bist ausgeruht, Snape." Dann holte er ein kleines Fläschchen mit einer klaren Flüssigkeit aus der Tasche und hielt es Severus unter die Nase.
"Weißt du was das ist?", fragte er provozierend. Severus schwieg und starrte die beiden Auroren verächtlich an.
"Vielleicht interessiert es dich", fuhr Colby fort, "dass dieses Serum aus einer Lieferung stammt, die wir vor einigen Jahren aus Hogwarts erhalten haben. Ist das nicht Schicksal? Wahrscheinlich hast du es selbst zusammengebraut."
Severus antwortete nicht.
"Mr. Loyer, schließen Sie die Tür", wandte Colby sich an seinen Kollegen. Thomas Loyer ging zur Zellentür und schloss sie. Dann trat er wieder neben seinen Kollegen und fixierte Severus.
"Nimmst du das Zeug freiwillig, oder müssen wir dich füttern?", wandte Colby sich nun wieder an Severus.
"Wie du willst", sagte Colby trocken und warf Loyer einen kurzen Blick zu. Dieser trat auf das Zeichen seines Kollegen vor, holte aus und rammte Severus ohne Vorwarnung seine Faust in den Magen.
Severus ging vor Schmerz sofort in die Knie. Seine Schmerzgrenze war im Moment weit herabgesetzt, denn sein Körper hatte sich von den Misshandlungen der letzten Tage noch nicht erholt und seine gebrochene Rippe war weit von einer Heilung entfernt.
Roger Colby trat hinter den zusammengekauerten Severus, griff in seine Haare und riss seinen Kopf brutal in den Nacken. "Mund auf", sagte er kalt.
Severus schwieg beharrlich und machte keine Anstalten seinen Mund zu öffnen. Thomas Loyer trat nun ebenfalls neben Severus und hielt ihm die Nase zu.
Ohne zu Atmen konnte Severus nur noch kurze Zeit Widerstand leisten, dann musste er notgedrungen seinen Mund öffnen um Luft zu bekommen. In dem Moment, als er seinen Mund öffnete um Luft zu holen, goss Colby ihm den gesamten Inhalt des kleinen Fläschchens in den Rachen. Sofort danach griff er Severus an die Kehle und massierte mit festen Bewegungen seinen Hals von oben nach unten, um ihn zum Schlucken zu zwingen. Loyer hielt ihm weiterhin die Nase zu.
Als das Serum Severus' Kehle hinunter rann, musste er abrupt husten. Loyer löste seinen Griff daraufhin, aber Colby hielt seinen Kopf weiterhin gnadenlos fest und massierte das Serum weiter nach unten.
Severus hatte das Gefühl, als drücke ihm jemand die Luft ab, als das Serum seinen Magen erreichte. Übelkeit stieg ihn ihm auf und er verspürte den Drang sich zu übergeben. Er begann zu würgen, aber Colby hielt seinen Kopf weiter im Nacken und versperrte Severus' Mageninhalt durch den anhaltenden Druck auf seine Kehle den Weg zurück. Er bekam keine Luft mehr und begann erneut zu husten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht griff er nach seiner schmerzenden Rippe. Bunte Sterne begannen vor seinen Augen zu tanzen und ihm wurde schwindelig.
Es war schon lange her, dass er das letzte Mal das Veritas-Serum hatte schlucken müssen, aber er erkannte diese Symptome sofort wieder.
Bald ließ der Drang sich zu erbrechen nach, aber die Übelkeit blieb und sein Magen verkrampfte sich schmerzhaft. Als Colby ihn endlich aus seinem gnadenlosen Griff entließ krümmte Severus sich vor Schmerzen auf dem Boden vor den Füßen der Auroren.
"Kannst du mich verstehen, Snape?", fragte Colby und stieß Severus mit dem Fuß an.
Severus hörte die Stimme des Auroren wie durch einen dichten Nebel. Sie hallte unnatürlich in seinen Ohren.
"Ja", keuchte Severus, konnte den Auroren aber nicht ansehen.
"Die Antwort lautet ‚Ja, Sir'", blaffte Loyer gereizt und trat Severus mitten ins Gesicht.
Gegen seinen Willen antwortete Severus: "Ja, Sir".
Loyer und Colby grinsten. Scheinbar tat das Serum seine Wirkung. Severus biss sich auf die Lippen. Warum hatte er das gesagt? Sollte das Gegenserum doch nicht stark genug sein? Er musste sich einfach mehr konzentrieren, sonst war er verloren.
"Hast du im Auftrag des dunklen Lords gearbeitet?", fragte Colby weiter.
Das Wort ‚ja' formte sich sofort in Severus' Kopf, doch er versuchte mit aller Kraft diese Antwort zu unterdrücken. Die Verweigerung der korrekten Antwort drückte ihm beinahe die Luft ab. Er begann zu keuchen, schloss die Augen und antwortete mit gepresster Stimme: "N....Nein, Sir".
Colby blickte seinen Kollegen verwundert an. "Warum trägst du dann das dunkle Mal?", fragte er weiter.
Die Antwort ‚Weil ich sein ergebener Diener war' bildete sich in Severus' Kopf und er ballte die Fäuste um die Antwort zu unterdrücken. Er bekam fast keine Luft mehr. Schweiß bildete sich auf seiner Stirn, als er zögernd antwortete: "Ich habe mich bereits .... viele Jahre ..... vor seinem ersten Sturz ..... von ihm losgesagt."
"Was hast du damals in Godric's Hollow gemacht?", fragte Colby nun fordernd. Er konnte kaum verbergen, dass die Antworten seines Gegenübers ihn verwirrten.
‚Ich wollte Harry Potter dem dunklen Lord ausliefern' formte sich in Severus' Kopf. Er schluckte hart und versuchte sich zu konzentrieren. Er musste einfach durchhalten. "Ich habe Gerüchte ..... über die Pläne von Voldemort gehört ..... und wollte Potter vor ..... vor seinem Zugriff bewahren", antwortete Severus schließlich keuchend.
Colby runzelte die Stirn. "Wie viele Menschen hast du im Namen des dunklen Lords getötet und misshandelt?"
Die Worte ‚zu viele' formten sich in Severus' Kopf, doch auch diese Antwort unterdrückte er. Das Schwindelgefühl in seinem Kopf nahm zu und er drohte das Bewusstsein zu verlieren. Severus biss sich auf die Lippen und presste unter größter Anstrengung die Worte: "Durch meinen Zauberstab ..... ist niemand zu Schaden gekommen", heraus.
Loyer baute sich drohend über Severus auf und schrie: "Du lügst, du Ratte."
Erneut stieg Übelkeit in Severus auf, als er die korrekte Antwort verweigerte. Er musste ein Würgen unterdrücken, als er gepresst antwortete: "Nein, Sir, das ist die Wahrheit."
"Ich habe ihm die doppelte Dosis an Veritas-Serum gegeben als üblich, ich glaube nicht, dass er mit dieser Menge noch in der Lage ist zu lügen", wandte Colby sich an seinen Kollegen.
Loyer blickte wieder auf den Mann zu seinen Füßen, der sich vor Schmerzen krümmte und nickte langsam. "Es muss wohl so sein", knurrte er leise, "auch wenn ich es nicht glauben kann."
Severus atmete innerlich auf. Sein Magen krampfte sich ein letztes Mal zusammen und er erbrach sich vor den Füßen der Auroren. Colby verzog angeekelt das Gesicht. "Vielleicht war es doch ein bisschen zu viel Serum", brummte er und wandte sich angewidert ab.
Die beiden Auroren würdigten Severus keines weiteren Blickes, sondern verließen wortlos die Zelle. Severus blieb noch einige Zeit reglos auf dem kalten Boden liegen, dann kroch er zu der Pritsche an der Wand, zog sich unter größter Kraftanstrengung daran hoch und rollte sich darauf zusammen. Er fühlte sich elend. Die Schmerzen der letzten Tage waren wieder in vollem Umfang da und die Übelkeit sowie das Schwindelgefühl ließen nur langsam nach.
***
Remus und Sirius hatten sofort nach dem Erscheinen der Auroren die Zelle verlassen, noch bevor Thomas Loyer die Tür wieder geschlossen hatte.
Ohne Probleme erreichten sie die schwere Eisentür, die zu dem Versorgungsgang führte, in dem sie Luke Cunning wieder treffen sollten. Sie brauchten nicht lange zu warten bis der junge Mann auftauchte. Remus atmete innerlich auf. Wenn Cunning sein Wort nicht gehalten hätte, wären sie nie aus diesem Labyrinth heraus gekommen.
"Hallo?", fragte Cunning vorsichtig in die Dunkelheit.
"Ja, wir sind hier", antwortete Remus leise. Luke Cunning schien sich sichtlich zu entspannen, als er die Stimme von Remus hörte.
"Alles erledigt?", fragte er.
"Ja, alles erledigt", antwortete Sirius.
"Was hatten Sie eigentlich hier zu tun?", fragte Cunning neugierig.
"Diese Frage können wir Ihnen leider nicht beantworten", entgegnete Remus.
"Verstehe", antwortete Cunning und verzog leicht beleidigt das Gesicht.
"Kommen Sie, lassen Sie uns gehen", sagte er dann und führte die beiden Männer wieder kreuz und quer durch die düsteren Korridore von Askaban. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis sie den Ausgang der Festung erreicht hatten. Sie verabschiedeten sich schnell von ihrem Kontaktmann und machten sich auf den Weg zu Seidenschnabel.
Als sie den Felsvorsprung erreicht hatten, war Seidenschnabel verschwunden. Sirius und Remus suchten das umliegende Gelände nach dem Hippogreif ab, fanden aber keine Spur von ihm.
Schließlich sagte Remus: "Es ist zu riskant ihn bei Tageslicht weiter zu suchen, wir müssen warten bis es dunkel ist, sonst entdeckt uns noch jemand."
"Nein", antwortete Sirius entschieden, "wir müssen ihn jetzt suchen, Seidenschnabel ist genau wie ich ein unschuldiger, geflohener Sträfling, wenn sie ihn finden bevor wir es tun ist er tot."
Remus seufzte. "Na gut, wie du willst, ich hoffe nur, dass das kein Fehler ist."
***
Als die beiden Auroren wieder im Zaubereiministerium angekommen waren machte Thomas Loyer sich sofort auf den Weg zu Lucius Malfoy.
Er lief kreuz und quer durch den verwirrenden Bau des Ministeriums. Wie in vielen großen Zaubergebäuden hatte auch das Ministerium ein Eigenleben. Die einzelnen Büros befanden sich nicht immer an dem Ort, an dem sie noch vor ein paar Tagen gewesen waren. Sie hatten die unangenehme Eigenschaft zu wandern. Nachdem Thomas Loyer dreimal in ein falsches Büro hineingeplatzt war, fand er endlich den richtigen Raum. An der Tür hing ein kleines Messingschild mit der Aufschrift: "Lucius Malfoy, Beauftragter für innere Sicherheit"
Loyer zögerte einen Moment, dann betrat er das Vorzimmer zu Malfoys Büro. Die Sekretärin blickte von ihrer Arbeit auf. Sie war gerade dabei gewesen sich die Fingernägel mit Hilfe ihres Zauberstabes neu zu färben, und starrte den Störenfried nun ungehalten an.
"Sie wünschen?", fragte sie unfreundlich.
"Ich möchte zu Mr. Malfoy", antwortete Loyer.
"Mr. Malfoy ist nicht zu sprechen", entgegnete die resolute Dame noch unfreundlicher.
"Aber es ist dringend", sagte Loyer ungeduldig, "sagen Sie ihm, dass Mr. Loyer ihn sprechen will."
"Moment", knurrte die Sekretärin, wandte ihren Blick von Loyer ab und färbte sich in aller Ruhe die letzten beiden Nägel zu ende. Thomas Loyer musste sich bemühen seine Selbstbeherrschung zu bewahren.
Schließlich erhob sie sich schleppend, ging zur Bürotür von Lucius Malfoy und klopfte. Einen Moment später ertönte ein unfreundliches "Was?" durch die geschlossene Tür. Die Sekretärin öffnete die Tür einen Spalt breit und steckte ihren Kopf hinein. Der Auror konnte nicht verstehen, was die beiden sprachen, so blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten.
Einen Moment später öffnete sie die Tür vollständig, wandte sich wieder an Loyer und knurrte: "Gehen Sie rein". Dann ließ sie ihn stehen und begab sich wieder zu ihrem Schreibtisch.
Thomas Loyer betrat das riesige Büro von Lucius Malfoy und schloss die Tür hinter sich. Malfoy saß hinter einem gewaltigen Schreibtisch aus dunklem, glitzerndem Holz. "Was wollen Sie hier?", fragte Malfoy ohne eine Begrüßung. "Sie wissen, dass sie mich nicht aufsuchen sollen. Noch müssen wir im Verborgenen agieren."
"Ja, Mr. Malfoy, entschuldigen Sie bitte, aber Sie sagten, dass ich mich unverzüglich bei Ihnen melden soll, wenn etwas ungewöhnliches passiert", antwortete Loyer etwas kleinlaut.
"Was ist denn so außergewöhnliches geschehen?", fragte Malfoy in einem Tonfall der unmissverständlich erkennen ließ, dass er den jungen Auror nicht wirklich erst nahm.
"Nun", begann Loyer zögernd, "wir haben heute morgen Severus Snape mit Veritas-Serum verhört."
"Ja, und?", fragte Malfoy ungeduldig.
"Sir, er hat völlig falsche Antworten gegeben, er hat behauptet nie einen Menschen getötet zu haben und er sagte er wäre schon seit vielen Jahren kein Death Eater mehr."
Ein Grinsen breitete sich auf Malfoys Gesicht aus. Loyer blickte ihn verständnislos an.
"Was ist daran so lustig?", fragte der Auror vorsichtig.
"Sie Idiot", antwortete Malfoy und wurde sofort wieder ernst. "Erinnern Sie sich an das Serum, dass der Giftmischer dem dunklen Lord vor einem halben Jahr gegeben hat?"
Loyer überlegte einen Moment. "Das Anti-Veritas-Serum?", fragte er zurück.
"Genau das", sagte Malfoy und sein Grinsen kehrte zurück, "also funktioniert es wirklich, dieser Mistkerl ist wahrhaftig ein Genie."
"Ich bringe ihn um", zischte Loyer wütend.
"Wagen Sie sich", unterbrach Malfoy den jungen Mann ungehalten, "besser hätte es nicht laufen können. Durch diese Aussage kann das Ministerium Snape nicht nachweisen, dass er ein Death Eater war. Früher oder später werden sie ihn freilassen müssen. Dann, endlich, bekommt der dunkle Lord seine Rache. Er wird sehr erfreut sein, wenn ich ihm von dieser unerwarteten Wendung berichte."
"Aber Sir, wie ist er bloß an dieses Serum gekommen?", fragte Loyer und konnte die Euphorie Malfoys ganz und gar nicht nachvollziehen.
"Das ist eine gute Frage", antwortete dieser. "Irgendjemand muss es ihm gebracht haben. Verständigen Sie sofort Mr. Keith. Er soll ein paar Dementoren ausschwärmen lassen. Wie auch immer dieser Jemand nach Askaban gekommen ist, er ist mit Sicherheit noch dort. Er wird es bestimmt nicht wagen die Insel bei Tageslicht zu verlassen."
"Ich werde ihn sofort verständigen", antwortete Loyer eifrig und verließ schnell das Büro von Lucius Malfoy.