Das Auge des Ares

 

 

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Kapitel 12: Poseidons Dreizack



„Ihr habt verloren, mein Lord“, sagte Snape kalt.
Erneut richtete Voldemort seinen Zauberstab auf Snape und zischte gefährlich: „Für diesen Verrat wirst du bezahlen, Zaubertrankpanscher.“
In diesem Moment wurde die Vordertür mit einem ohrenbetäubenden Knall in Stücke gerissen. Der ganze Raum füllte sich mit Rauch und Staub. Harry sah durch den Nebel mehrere Dutzend Personen in den Raum stürzen.
Als der Rauch sich nach wenigen Augenblicken zu verziehen begann erkannte Harry an ihrer Spitze Thomas Loyer und Roger Colby. Sie stürmten auf Snape zu und überwältigten ihn mit einem Schockzauber. Lord Voldemort war in diesem Durcheinander unbemerkt disappariert. Es war keine Spur mehr von ihm zu sehen.
Zwei weitere Auroren kamen auf Harry zu. „Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte der Erste aufgeregt.
„Hat er dir etwas angetan?“, fragte der Zweite.
Harry wußte nicht, ob er den Kopf schütteln oder nicken sollte.
Langsam verzog sich auch der restliche Qualm. Professor Snape kam langsam wieder zu sich und wurde von Loyer und Colby unsanft auf die Füße gezogen.
„Ich wußte, dass ich dich irgendwann überführe“, sagte Colby triumphierend. „Hier wirst du dich nicht mehr herausreden können. Die Beweise sind eindeutig. Die Death Eater vor der Tür waren nicht zufällig hier. Ich habe es von Anfang an gewußt.“
Snape sagte kein Wort und starrte Colby nur an. Dann drehte Colby sich um und erkannte Harry. „Harry Potter, jetzt wird mir einiges klar.“ Sein Blick wanderte wieder zu Snape. „Dachtest wohl, du könntest dich bei deinem Herrn einschmeicheln, wenn du Potter für ihn erledigst.“
„Äh, Mr. Colby“, meldete Harry sich zaghaft.
Colby drehte sich wieder um. „Was?“, fragte er barsch.
Harry zuckte zusammen. „Äh, ich glaube nicht, dass Professor Snape ......“, begann Harry zögernd, doch Thomas Loyer unterbrach ihn: „Harry, überlaß das jetzt besser uns. Wir haben Erfahrungen mit so etwas.“ Dann wandte er sich an einige seiner Kollegen. „Bringt ihn weg.“
Mehrere Auroren kamen herbei, packten Snape unsanft, drehten ihm die Arme auf den Rücken, so dass er sich kaum noch rühren konnte und stießen ihn grob in Richtung Tür. Dabei fiel Snape das Amulett aus den Händen und landete unbemerkt im Staub. Er leistete keinen Widerstand und starrte nur emotionslos vor sich hin.
Harry wollte den Auroren nachlaufen um sie aufzuhalten, doch Colby hielt ihn fest. „Das ist jetzt nichts mehr für Kinder“, sagte er und zog Harry in die andere Richtung.
„Nein, das können Sie nicht machen“, rief Harry aufgebracht.
„Beruhige dich, er kann dir nichts mehr tun“, sagte Colby ohne auf das zu achten, was Harry sagte. „Ich bringe dich jetzt nach Hogwarts zurück.“
Harry versuchte sich vergeblich aus dem Griff des Auroren zu befreien. „Mr. Colby“, versuchte er erneut auf den Mann einzureden, „es ist nicht so wie Sie denken, und außerdem muß ich ins Ministerium.“
Colby lächelte leicht. Der scheinbar verwirrte Junge schien ihn zu amüsieren. „Nein, Harry, du mußt nicht ins Ministerium, hab keine Angst, es ist nicht nötig, dass du gegen Professor Snape aussagst. Das, was wir hier gesehen haben reicht, um ihn für den Rest seines Lebens nach Askaban zu schicken.“
Harry schnaubte gereizt. Dieser Mann wollte ihm einfach nicht zuhören. Dann mußte er eben Professor Dumbledore davon überzeugen, dass Snape unschuldig war. Er würde ihm bestimmt glauben.
Bei diesen Gedanken hätte Harry fast laut aufgelacht. Er hätte nie zu träumen gewagt, dass er sich eines Tages für Professor Snape einsetzen würde, den Lehrer, der ihn die letzten 5 Jahre aus tiefstem Herzen gehaßt und schikaniert hatte. Andererseits hatte Snape auch ihm schon einmal das Leben gerettet, damals, als Professor Quirrell versucht hatte Harry während eines Quidditch-Spiels vom Besen zu fluchen. Und jetzt, ja, was war eigentlich genau passiert? Warum hatte Snape ihn hierher gebracht? Hatte er ihn tatsächlich an Voldemort ausliefern wollen? Nein, das war völlig ausgeschlossen, schließlich hatte Snape Voldemort sogar das Amulett abgenommen.
Roger Colby hatte Harry mittlerweile aus dem alten, verfallenen Haus geschoben. Draußen bot sich ihm ein Bild der Verwüstung. Überall standen Auroren des Ministeriums und hielten mindestens zwei Duzend jammernde, verletzte Death Eater in Schach. Sie mußten Voldemorts Anhänger mit gewaltigen Schockzaubern überwältigt haben. Viele hatten Platzwunden im Gesicht oder hielten sich verletzte Arme und Beine.
Harry sah sich um, neugierig, ob er unter den Verletzten wohl ein bekanntes Gesicht entdecken würde, aber keiner der Männer kam ihm bekannt vor.
Als Harry den verwilderten Garten betrat schienen sich alle Blicke auf ihn zu richten. Die Auroren warfen ihm neugierige Blicke zu, schließlich hatten sie hier den berühmten Harry Potter vor sich. Die Augen der Death Eater schienen Funken zu sprühen vor Haß als sie Harry erkannten.
Colby schob Harry so schnell wie möglich weiter durch das Schlachtfeld, bis sie den Ort der Verwüstung hinter sich gelassen hatten. Dann wandte er sich an Harry: „So, ich werde nun mit dir nach Hogsmeade apparieren. Halte dich gut an mir fest.“ Harry nickte nur. Er war zu erschöpft um zu antworten.
Roger Colby legte seinen Arm um Harry, zog seinen Zauberstab heraus und murmelte etwas, das Harry nicht verstand. Fast im selben Moment löste sich die Szenerie um sie herum auf, die Farben verschwammen und bildeten neue Konturen. Nur einen Wimpernschlag später erkannte Harry die vertrauten Gebäude von Hogsmeade.
Verwirrt blickte er sich um. Er hatte erwartet, dass Apparieren ein genauso unangenehmes Gefühl war wie die Reise mit einem Portschlüssel, aber das hier war ja ein Kinderspiel gewesen.
Gemeinsam mit Colby machte er sich auf den Weg zur Schule. Erst jetzt bemerkte Harry die Schmerzen in seinem Körper, die der Cruciatus-Fluch von Voldemort hinterlassen hatte. All seine Glieder brannten, er hatte einen stechenden Schmerz in der Seite und er fühlte sich unglaublich müde und ausgelaugt.
Der Auror schien Harrys Zustand nicht zu bemerken und stapfte entschlossen voran. Harry hatte Mühe ihm zu folgen, doch er mobilisierte all seine verbliebenen Kräfte um mit dem Mann Schritt zu halten. Auf keinen Fall wollte er wie ein Schwächling wirken.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern bis sie endlich das Portal des Schlosses erreicht hatten. Harry atmete dankbar auf. Colby stieß energisch die hölzerne Tür auf und betrat die Eingangshalle.
Sie schien verlassen. Die meisten Schüler mußten wohl draußen auf dem Schulgelände sein, jetzt wo die Prüfungen vorbei waren und die Ferien vor der Tür standen.
Colby blickte sich suchend um. Gerade als er sich auf den Weg zu Professor Dumbledores Büro machen wollte kam Professor McGonagall aus einem Seitengang. Sie erblickte Colby und stapfte entschlossen auf ihn zu. „Mr. Colby, was wollen Sie hier? Haben Sie nicht schon genug Unheil angerichtet?“, fragte sie ihn barsch. Dann fiel ihr Blick auf Harry. Sie gab einen erstickten Schrei von sich und rannte auf Harry zu.
„Potter, was ist passiert? Wie sehen Sie denn aus?“, fragte sie ihn.
Harry war noch nie so erleichtert gewesen seine Hauslehrerin zu sehen wie in diesem Moment. Professor McGonagall würde ihn sicher gleich zu Professor Dumbledore bringen, und dann konnte er berichten was passiert war.
„Potter, was ist passiert, sagen Sie etwas“, wiederholte Professor McGonagall. „Was haben Sie mit ihm gemacht?“, schnauzte sie nun der Auror an.
Harry bekam kaum mit was der Mann zu Professor McGonagall sagte. Er blickte sich abwesend in der Eingangshalle des Schlosses um, bis sein Blick an einem Spiegel hängen blieb. Der Anblick der sich ihm bot war erschreckend.
Sein Gesicht war dreckig vom Staub der Explosion, auf seiner Wange befand sich ein tiefer Schnitt, sein Umhang war zerrissen und die Stellen seines Oberkörpers, die durch den zerrissenen Stoff zu sehen waren, waren übersät von blauen Flecken, Überbleibsel des Cruciatus-Fluchs. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.

Als Harry wieder zu sich kam lag er in einem sauberen, weichen Bett auf der Krankenstation. Abrupt setzte er sich auf, bereute diese Bewegung jedoch gleich wieder, als er mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück in seine Kissen fiel.
Sofort war Madam Pomfrey zur Stelle und rieb Harry eine Salbe auf die schmerzende Stelle an seinem Brustkorb. Harry stöhnte leise bei der Berührung der Krankenschwester.
„Ganz ruhig, das ist halb so schlimm, zwei Rippen sind gebrochen, die kriege ich in wenigen Minuten wieder hin.“
„Madam Pomfrey, ich muss dringend Professor Dumbledore sprechen“, sagte Harry aufgeregt und setzte sich erneut in seinem Bett auf.
„Legen Sie sich wieder hin, Potter, ich werde Professor Dumbledore für Sie holen, ganz ruhig“, sagte Madam Pomfrey, während sie weiter Harrys Wunden verarztete.
„Wie lange war ich weg?“, fragte Harry die Krankenschwester.
„Du warst fast vier Stunden bewußtlos“, sagte Hermine.
Harry drehte sich überrascht um und erblickte Hermine und Ron, die beide am Fenster saßen und Harry beobachteten. „Was macht ihr denn hier?“, fragte Harry seine Freunde und lächelte gequält.
„Hattest du etwa geglaubt wir würden dich hier alleine lassen?“, fragte Ron entrüstet.
„Professor McGonagall hat uns sofort Bescheid gesagt, als du hier ankamst“, sagte Hermine. „Was ist denn passiert?“
Harry lehnte sich wieder in seinem Bett zurück. „Ich sage es euch, wenn Dumbledore hier ist.“ In diesem Moment öffnete sich die Tür und Professor Dumbledore betrat in Begleitung von Professor Lupin und einem großen schwarzen Hund die Krankenstation. Harry lächelte erleichtert. Alle drei sahen sehr besorgt aus, Lupin wirkte zusätzlich erschöpft und ausgelaugt..
Madam Pomfrey stöhnte auf. „Schon wieder dieser Hund. Muss das denn sein, Direktor?“
„Reg dich nicht auf, Poppy, ich habe dir doch schon gesagt, dass er sehr gut erzogen ist.“ Ein Lächeln huschte über Dumbledores Gesicht und er zwinkerte Harry zu.
„Würdest du uns jetzt bitte alleine lassen“, wandte er sich wieder an die Krankenschwester.
Madam Pomfrey verließ murrend die Krankenstation. Harry konnte noch etwas verstehen, das klang wie „das ist doch kein Zoo“, dann schloß sie die Tür hinter sich. Fast im selben Moment verwandelte sich der schwarze Hund in Sirius Black.
Harry setzte sich wieder in seinem Bett auf und sagte aufgeregt: „Professor, Sirius, Remus, es geht um Professor Snape, er ....“.
„Harry ganz ruhig, eins nach dem anderen.“
Sirius trat an Harrys Bett und schloß seinen Paten in die Arme. „Als Professor Dumbledore uns berichtet hat, dass dir etwas zugestoßen ist, habe ich mir wahnsinnige Sorgen gemacht“, sagte er, „du siehst ja furchtbar aus, was ist denn passiert?“
Nun berichtete Harry was sich seit seiner Abreise von Hogwarts ereignet hatte. Als er berichtete wie das Amulett um Voldemorts Hals zu glühen begonnen hatte und er den Cruciatus-Fluch abgeblockt hatte hob Professor Dumbledore eine Augenbraue und Ron und Hermine starrten ihn mit offenen Mündern an.
„Woher hast du gewußt wie man das macht?“, fragte Hermine ihn bewundernd.
„Professor Snape hat mir den Gegenfluch beigebracht“, antwortete Harry leise, „Wochenlang haben wir es geübt, aber ich habe ihn nie richtig hin bekommen. Ich glaube das hier hat mir geholfen.“ Harry zog den Zauberstab seines Vaters aus seinem Umhang.
„James‘ Zauberstab“, keuchte Sirius fassungslos.
„Wo hast du ihn her?“, fragte Remus mindestens genauso überrascht wie Sirius.
„Mrs. Figg hat ihn mir in den Osterferien gegeben. Sie sagte sie hätte ihn im Haus meiner Eltern kurz nach ... nach dem Angriff von Voldemort gefunden.“
Dumbledore griff vorsichtig nach dem Zauberstab und betrachtete ihn eingehend. Dann blickte er Harry lächelnd an. „Weißt du was das ist, Harry?“, fragte er ihn.
Harry blickte ihn verwirrt an.
„Der Kern dieses Zauberstabes ist aus einem Splitter von Poseidons Dreizack gemacht.“
„Poseidon?“, fragte Hermine neugierig, „Sie meinen den griechischen Meeresgott? Ich dachte das wäre nur ein Mythos.“
Dumbledores Lächeln wurde noch etwas breiter als er antwortete: „Nein Hermine die griechischen Götter waren einst so real wie du und ich. Oder dachtest du auch das ‚Auge des Ares‘ hätte nur durch Zufall diesen Namen gehabt.“
„Dann hat das Amulett einmal dem Kriegsgott gehört?“, fragte Harry überrascht.
„Natürlich, er hat es vor vielen Tausend Jahren erschaffen und einen Teil seiner Macht ist auf das Amulett übergegangen.
Ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen, dass Mr. Olivander mir berichtete ein elf-jähriger Junge namens James Potter hätte seinen ältesten Ladenhüter gekauft. Schon sein Großvater hatte diesen Zauberstab in seinem Sortiment, aber er hat niemals einen Zauberer gefunden, der zu ihm gepaßt hätte. Dein Vater ging damals durch den kleinen Laden von Mr. Olivander und weigerte sich standhaft eine Beratung von ihm anzunehmen. Statt dessen ging er recht zielstrebig durch den Verkaufsraum und zog aus einem der hintersten Regale eine kleine, sehr verstaubte Schachtel. Mr. Olivander hatten seinen Augen nicht trauen können, als der Junge den Zauberstab aus der Schachtel nahm und der Stab sofort goldene Funken ausspie. Darauf hin hat er mich natürlich sofort informiert. Ich finde es erstaunlich, dass der Stab genauso gut zu dir zu passen scheint, Harry, wie er einst zu deinem Vater gepaßt hat. Es kommt nicht oft vor, dass Verwandte ein und den selben Zauberstab verwenden können. Sehr ungewöhnlich.“
„Professor“, begann Harry vorsichtig, „wie konnte es aber sein, dass ich mit diesem Zauberstab den Gegenfluch hin bekommen habe, mit meinem eigenen aber nicht?“
„Ich denke es lag nicht nur an dem Zauberstab, sondern auch an dem Amulett. Du mußt wissen, beide sind aus der selben Art von Magie. Dein Vater, der beide Artefakte besaß konnte ihre Kräfte scheinbar bündeln, dies verlieh ihm eine große Macht. Ich denke Voldemort hat nichts von diesem Zauberstab gewußt, sonst hätte er sicher auch nach ihm gesucht, und nicht nur nach dem Amulett. Bei deinem Zusammentreffen mit Voldemort standen sich nun der Zauberstab und das Amulett als Feinde gegenüber. Ares und Poseidon waren schon immer verfeindet gewesen, seit einst Ares Poseidons Sohn Helirrhothios ermordet hatte. Seit dieser Zeit sann Poseidon nach Rache. Als nun der Zauberstab, der mit Sicherheit auch einen Funken von Poseidons Persönlichkeit enthält dem Amulett des Ares gegenüberstand verlieh er dir große Kräfte. Voldemort war scheinbar so in seinen Haß vertieft, dass er die drohende Gefahr nicht bemerkte.“
Harry nickte langsam, doch er glaubte nicht alles verstanden zu haben, was der Direktor ihm eben erzählt hatte. Er würde sich das alles noch einem intensiv durch den Kopf gehen lassen müssen.
Sirius blickte Harry und Dumbledore nun fragend an. „Albus, wie konnten die Leute des Ministeriums eigentlich wissen, dass Harry und Voldemort in Godric‘s Hollow waren?“
„Nun, Sirius“, begann Dumbledore, „Mr. Colby, einer der Auroren, sagte mir, dass das Ministerium heute morgen eine anonyme Eule bekommen hätte, derzufolge Voldemort sich dort aufhalten würde.“
„Aber wer hat ihnen diesen Hinweis gegeben?“, fragte Hermine sichtlich überrascht.
„Ich müßte mich sehr irren, wenn nicht Severus das Ministerium kurz vor seinem Aufbruch mit Harry benachrichtigt hätte“, antwortete Dumbledore.
Harry überlegte einen Moment, dann blickte er Dumbledore direkt an und fragte: „Soll das heißen, Professor Snape hat sich selbst nach Askaban geschickt um mich zu retten?“
Professor Dumbledore senkte traurig den Blick. „Ja, ich vermute, dass es so war. Du mußt wissen, Voldemort hat sehr viel Einfluß auf das Ministerium. Viele Beamte in hohen Positionen gehören zu seinen Anhängern. Es ist nicht auszuschließen, dass er sogar dafür verantwortlich ist, dass die Anhörung um ein paar Tage verschoben wurde, so dass sein vermeintlich treuer Diener Severus Snape dich ins Ministerium begleiten konnte. Allerdings hatte er Severus daraufhin angewiesen dich nicht nach London, sondern nacht Godric‘s Hollow zu bringen, wo er dich bereits erwartete. Severus wußte wohl auf was das alles hinauslaufen würde, und teilte dem Ministerium mit, dass Voldemort sich dort aufhalten würde. Wahrscheinlich hatte er die Befürchtung, dass er dich nicht alleine vor ihm beschützen könnte. Außerdem wollte er natürlich nicht seine Tarnung auffliegen lassen.“
„Aber Albus“, schaltete sich Remus Lupin ein, „genau das hat er doch getan, in dem Moment, als er Voldemort das Amulett vom Hals gerissen hat.“
Dumbledore senkte langsam den Blick. „Ja, das war ein großer Fehler, das hätte er nicht tun dürfen. Nun hat er nicht nur die Leute des Ministeriums gegen sich, sondern auch Voldemort und seine Anhänger. Wenn nur keine Death Eater Zugang zu Askaban bekommen, ich möchte mir lieber nicht vorstellen, was sie Severus aus Rache antun werden, dafür dass er Voldemort hintergangen hat.“
Harrys Magen verzog sich schmerzhaft. Er machte sich große Vorwürfe, schließlich war er der Grund dafür, dass Snape in dem gefürchtetsten Gefängnis der Zaubererwelt saß.
Sirius schien Harrys Sorge bemerkt zu haben und sagte mitfühlend: „Mach dir keine Vorwürfe, Snape hat genau gewußt welches Risiko er eingeht.“
„Irgendwann mußte es ja so kommen“, fügte Remus bitter hinzu.
Harry sah die beiden Männer aufmerksam an. Obwohl beide Severus Snape einst von ganzem Herzen verabscheut hatten, schien nichts mehr von diesem Haß vorhanden zu sein. Statt dessen schienen sie einerseits Mitleid, andererseits aber auch Respekt vor dem zu haben, was er getan hatte.
Und wenn Harry es sich genau überlegte, überwog auch bei ihm im Moment das Mitgefühl. Er befürchtete jedoch, dass Snape, falls er je wieder aus Askaban zurück kam, Harry noch mehr hassen würde als je zuvor, schließlich war Harry der Grund, warum er nun in Askaban saß. Und Askaban mit seinen Dementoren war nicht gerade dafür bekannt seine Insassen das Schöne im Leben sehen zu lassen.
Die Dementoren trieben ihre Opfer viel mehr an den Rand des Wahnsinns indem sie ihnen alle guten Gedanken entzogen, und nur die düsteren zurück ließen. Sicher gab es bei Snape davon eine ganze Menge.
Plötzlich fiel Harry noch etwas ein. Er machte einen kleinen Satz in seinem Bett, bereute ihn aber sofort wieder, denn seine gebrochenen Rippen taten dabei höllisch weh.
„Professor Dumbledore“, sagte er aufgeregt, „was ist mit Professor Aspervir, wird sie auch nach Askaban kommen?“
Dumbledore schüttelte langsam den Kopf. „Nein, Harry, Professor Aspervir ist heute morgen, kurz nach eurem Aufbruch spurlos verschwunden. Ich vermute, dass sie zu Voldemort zurück gekehrt ist.“
„Diese Schlange“, zischte Ron ärgerlich, zog jedoch sofort das Genick ein um sich vor den vorwurfsvollen Blicken zu schützen, die mit Sicherheit gleich folgen würden. Aber nichts dergleichen geschah. Statt dessen setzte Hermine ein ärgerliches Gesicht auf und Professor Dumbledore sagte niedergeschlagen: „Ich hätte es wissen müssen. Noch zu Beginn des Schuljahres hatte ich beschlossen keinen neuen Lehrer ins Kollegium aufzunehmen. Aber nachdem wir noch einen Lehrer weniger hatten sah ich keine andere Möglichkeit um den Lehrbetrieb aufrecht zu erhalten.“
„Mach dir keine Vorwürfe, Albus“, sagte Remus mitfühlend, „jeder hier weiß, dass du nur das Beste für Hogwarts willst. Was hättest du denn machen sollen? Ein Teil der Lehrer hatte schon eine Doppelbelastung, es was das Vernünftigste was du tun konntest. Wer konnte denn ahnen, dass ein Mitarbeiter aus der ‚Abteilung gegen den Mißbrauch der Zauberei‘ ein Anhänger Voldemorts sein würde.“
„Ich hätte es merken müssen“, entgegnete Dumbledore entschlossen.
„Wenn man den Death Eatern ansehen würde was sie sind, wäre sie alle schon lange hinter Schloß und Riegel“, sagte Sirius, bemüht seine wütende Stimme unter Kontrolle zu halten.
„Harry, wir lassen dich nun besser alleine, du mußt dich von den Strapazen erholen. Scheinbar endet für dich jedes Schuljahr gleich“, sagte Dumbledore und zwinkerte ihm zu.
„Ja, im Krankenflügel“, brummte Sirius und konnte gar nichts über Dumbledores scheinbaren Witz lachen.
Dumbledore schien Sirius‘ Kommentar überhört zu haben und fragte ihn statt dessen: „Bleibst du bei Harry?“
„Natürlich“, antwortete Sirius. Harry lächelte glücklich.
„Ich werde jetzt erst einmal das Ministerium kontaktieren und ihnen erklären, warum du nicht zu dieser Anhörung erschienen bist. Mach dir keine Sorgen, Harry, sie werden sicher einen neuen Termin festsetzen“, sagte Dumbledore und verließ das Krankenzimmer. Ron, Hermine und Remus verabschiedeten sich von Sirius und Harry und verließen ebenfalls das Krankenzimmer.
Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten verwandelte sich Sirius in einen Hund und legte seinen großen Kopf auf Harrys Bettlaken. Harry kraulte ihm schläfrig den Kopf und schlief ein.
Kurz darauf kam Madam Pomfrey zurück, versorgte Harrys Wunden, ohne ihn jedoch zu wecken und bedachte Sirius mit einem skeptischen Seitenblick. Der Hund jedoch schien ihren Blick nicht zu bemerken und schob seine feuchte Nase statt dessen unter Harrys schlaffe Hand.

Zwei Tage später konnte Harry den Krankenflügel wieder verlassen. Professor Dumbledore hatte mit Valerie Rickpark, der zuständigen Sachbearbeiterin von der ‚Abteilung für Vormundschaftsangelegenheiten‘ gesprochen und die Anhörung auf einen Termin Mitte September verschoben.
Dies bedeutete, dass Harry seine Ferien abermals bei den Dursleys verbringen mußte. Aber Sirius hatte ihm fest versprochen ihn im Auge zu behalten. Harry hoffte insgeheim, dass er sich vielleicht bei Mrs. Figg einquartieren würde, so wäre er wenigstens die ganze Zeit in seiner Nähe.
Zu ihrer großen Erleichterung hatten Harry, Ron und Hermine ihre ZAG-Prüfungen geschafft. Harry und Ron hatten jeweils 10 ZAGs erreicht, ein sehr gutes Ergebnis, Hermine hatte 12 ZAGs und einen Sonder-ZAG für besondere Leistungen erhalten. Diese Auszeichnung wurde in Hogwarts nur sehr selten vergeben, und Hermine war sehr stolz auf dieses Ergebnis.
Am Tag der Abschlußfeier war die Große Halle in Slytherin-Grün geschmückt. Trotz eines erfolgreichen Spiels gegen Ravenclaw hatte Gryffindor seinen Rückstand gegenüber Slytherin nicht mehr aufholen können. Durch den Gewinn des Quidditch-Pokals konnte Slytherin in diesem Jahr auch wieder den Hauspokal mit 70 Punkten Vorsprung vor Gryffindor, Hufflepuff und Ravenclaw erringen.
Am Tisch der Gryffindors herrschte gedrückte Stimmung. Vor allem Harry machte sich große Vorwürfe. Hätte er sich bei dem Spiel gegen Hufflepuff mehr angestrengt, hätte Gryffindor auch in diesem Jahr den Pokal gewonnen. Und wenn Professor Snape ihm nicht 100 Punkte abgezogen hätte in der Nacht, in der er Sirius getroffen hatte, hätte Gryffindor auch den Hauspokal gewonnen. Doch Harry war der einzige, der sich Vorwürfe machte. Die anderen schienen ihm nicht die Schuld dafür zu geben.
Harry ließ seinen Blick über den Lehrer-Tisch schweifen. Professor Flitwick war aus dem St. Mungos Hospital zurückgekehrt und saß wieder zwischen seinen Kollegen. Als er den Raum betreten hatte war er von tosendem Applaus empfangen worden. Vor allem die Ravenclaws waren sehr erleichtert ihren Hauslehrer wohlbehalten wiederzusehen.
Allerdings war ihm immer noch anzusehen, dass er eine ganze Menge durchgemacht hatte. Er war sehr blaß, und sein Gesicht wirkte ausgemergelt. Doch seine Aufenthalt hatte scheinbar keine bleibenden Schäden hinterlassen.
Harry sah weiter und sein Blick blieb an dem leeren Stuhl von Professor Snape hängen. Professor Dumbledore hatte den Schülern und Lehrern mitgeteilt, dass Professor Snape aus familiären Gründen erst nach den Sommerferien wieder in Hogwarts sein würde. Nach Harrys Meinung mußte da schon ein Wunder passieren, um Snape innerhalb von 8 Wochen aus Askaban heraus zu bekommen. Doch die Schüler hatten keine Fragen gestellt. Die meisten schienen einfach nur froh zu sein den Rest des Schuljahres ohne ‚Zaubertränke‘ hinter sich bringen zu können. Lediglich einige Slytherins, unter ihnen auch Malfoy, Crabbe und Goyle, hatten wissend gegrinst, niemand hatte jedoch etwas gesagt.
„Hey Harry, was ist los, genieß einfach unseren letzten Abend“, riß Ron ihn schließlich aus seinen Gedanken. Harry wandte seinen Blick vom Tisch der Lehrer ab und blickte seine Freunde an. Ja, Ron hatte wohl recht, er wollte seinen letzten Abend in Hogwarts genießen, bevor er morgen zurück zu den Dursleys mußte. Er nahm sich noch einen Hähnchenschenkel und ließ es sich schmecken.

Die Zugfahrt nach London verlief ereignislos. Harry und seine Freunde genossen die letzten Stunden in denen sie zaubern durften.
Als der Zug schließlich am Bahnhof Kings Cross einfuhr sah das Zugabteil aus wie ein Schlachtfeld. Nachdem der Zug zum Stehen gekommen war verließen sie den Zug. Als sie durch die Barriere in die Muggelwelt traten erblickte Harry sofort Mrs. Weasley, die auf Ron und seine Geschwister wartete. Als sie Harry und Ron zwischen den anderen Schülern entdeckte lief sie freudig auf sie zu und schloß zuerst ihren Sohn, dann Harry in die Arme.
„Harry mein Lieber, wie geht es dir?“, fragte sie ihn.
„Och, naja“, antwortete Harry gedehnt, „fragen Sie mich das noch mal, wenn die Schule wieder anfängt.“
Mrs. Weasley lächelte verständnisvoll. „Vielleicht kannst du ja diesen Sommer zu uns kommen. Ich werde Professor Dumbledore schreiben und ihn fragen.“
„Danke Mrs. Weasley. Aber ich glaube ich muß jetzt gehen. Tschö Ron, bis bald.“
Machs gut, Harry“, sagte Ron und Harry verließ die Weasleys.
Er brachte nicht lange zu suchen, bis er seinen Onkel im Menschengewühl auf dem Bahnhof entdeckte. Er sah immer noch sehr grimmig aus. Harry schluckte. Ob er ihm die Vorkommnisse der Osterferien verziehen hatte?
„Beeil dich Bursche“, blaffte Onkel Vernon durch die Menge. Harry beeilte sich um zu seinem Onkel zu kommen. Er wollte ihn nicht mehr als nötig provozieren.
Als er seinen Onkel erreicht hatte sah er einen großen, schwarzen Hund neben seinem Onkel sitzen.
„Sirius“, entfuhr es Harry und er starrte den Hund entgeistert an. Sein Fell war ordentlich gekämmt, und sah nicht so verstrubbelt aus wie sonst. Außerdem trug er ein Halsband und die Leine die daran befestigt war endete in Onkel Vernons Hand. Harry traute seinen Augen nicht.
Er starrte seinen Onkel verständnislos an. „Das ist Hektor von der Vogelweide“, sagte Onkel Vernon, der Harrys Gedanken zu lesen schien.
„Seit wann haben wir einen Hund?“, fragte Harry verwirrt.
„Dr. Thatcher, Dudleys Diätärztin sagte, dass dein Cousin ein Haustier braucht, das ihm ein wenig Bewegung verschafft. Ich halte das ja für Zeitverschwendung, aber die Ärztin ist die nächsten acht Wochen im Urlaub und meinte es wäre eine gute Idee, wenn wir Hektor so lange in Pflege nehmen, damit wir sehen, ob ein Hund das Richtige für Dudley ist. Völliger Blödsinn, nach meiner Meinung. Immerhin ist es ein reinrassiger Neufundländer.“
Harrys verwirrter Gesichtsausdruck wich einem Lächeln. Das würden phänomenale Ferien werden.

Kapitel 11

 

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