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Kapitel 12: Der schwere Gang hinab
Alcyone lief ein paar Schritte. Sie wollte außer Reichweite von dem Lokal und lief in Richtung Heulende Hütte.
Was tut man nicht alles für die Liebe, dachte sie sich, als sie sich weit genug entfernt hatte.
Sie war über sich selbst überrascht, daß sie das getan hatte. Normalerweise war sie nicht so mutig. Sie hätte die Strapazen des Fluges auf sich genommen und auch die Stunden, die der Flug gedauert hätte, hätte sie in Kauf genommen. Aber es war genau so, wie Sirius gesagt hatte. Severus hatte sie mutig gemacht. Würde es nicht um ihn gehen, hätte sie es nicht getan, das wußte Alcyone.
Alcyone fragte sich, zu was sie noch alles imstande war, wenn es um Severus und sie ging. Würde sie ihre Grenzen überschreiten? Würde sie alles das machen, daß ihr nicht einmal im Traum einfallen würde? Im Prinzip war das, was sie eben mit dem Kamin gemacht hatte, nichts außergewöhnliches. Sirius und Remus hätten es ohne mit der Wimper zu zucken getan. Und sie waren nicht die Einzigen, denen Alcyone das zutraute, es gab eine ganze Menge von Leuten, die Alcyone kannte, und die das ohne Nachzudenken tun würden.
Alcyone wußte, daß sie es, wenn sie Severus nie kennengelernt hätte, auch nicht getan hätte.
Sirius hatte in ihr einen Mechanismus freigesetzt, der Alcyone nun zum Nachdenken brachte, was wohl aus ihrem Leben ohne Severus Snapes Bekanntschaft geworden wäre.
Sie wäre wohl kaum in der Position in der sie jetzt wäre. Vermutlich würde sie irgendwelche niederen Aufgaben erledigen, zu der sie erst angeleitet werden müßte. Sie würde jeden Tag zur Arbeit gehen, den ganzen Tag die stumpfsinnige, einfache Arbeit erledigen und Abend nach Hause zu Mann und Kind gehen, in eine komplette Illusion des perfekten Familienlebens.
Hätte sie das wirklich gewollt? Wäre das die Erfüllung ihres Lebens gewesen? Nein! Vermutlich hätte sie nicht einmal bemerkt, wie öde und langweilig das alles gewesen wäre. Irgendwann vielleicht, wenn es zu spät gewesen wäre.
Aber das alles war ja nicht eingetreten. Genau aus dem Grund, den sie jetzt erst wirklich verstanden hatte. Sie konnte sich nicht erklären, warum sie so blind war. Sie verstand einfach nicht, warum ihr das selbst nicht bewußt geworden war. Konnten Wut und Enttäuschung wirklich so viel anrichten?
Sie fragte sich, was aus Severus geworden wäre?
Was hatte Sirius gesagt? Durch sie wäre er zu einem guten Menschen geworden?! Wäre er ohne sie schon früher eine Anhänger von Du-weist-schon-wem geworden? Wäre er immer noch dabei? Lag es tatsächlich an ihr, Alcyone, daß er wieder zur guten Seite gewechselt war? Konnte das wirklich alles so sein?
Es waren zu viele Fragen, die sie sich nicht beantworten konnte. Es blieb ihr nur eines. Sie mußte mit Severus darüber reden. Über alles. Über das, was er nicht über sie wußte. Über das, was sie nicht über ihn wußte. Über die Jahre, die zwischen diesem Ereignis und dem heutigen Tag stattgefunden hatten. Einfach über alles. Es war notwendig. Es mußte getan werden und es diente nicht mehr länger nur darum, um unschuldige Kinder von seinem tyrannischen Unterricht zu befreien, der mehr oder weniger auch das Resultat der Ereignisse zwischen ihm und ihr waren. Nein, sie wollte es um ihretwillen und um seinetwillen. Sie wollte sich nichts anderes, als sich mit ihm zu versöhnen, weil sie immer noch so sehr in ihn verliebt war, wie früher und irgendwas tief in ihr drinnen sagte ihr, daß auch er sie immer noch lieben würde.
Alcyone blickte in die Richtung, in der Hogwarts lag. Sie konnte es zwar nicht sehen, aber sie wußte trotzdem, wo es war.
Sie hätte laufen und weiter nachdenken können. Aber das wollte sie nicht.
Sie wollte jetzt schneller denn je zurück.
Also beschloß sie, den Rest der Strecke zu fliegen.
Es war ein kurzer Flug. Er dauerte keine zehn Minuten und dennoch war er der beste, den Alcyone bisher erlebt hatte. Es war auch erst in dritter, genaugenommen. Der erste Versuch, den von gestern und den gerade eben. Im Gegensatz zu dem von gestern hatte Alcyone diesmal eine tolle Aussicht auf alles, was sich unter ihr abspielte. Sie konnte die schneebedeckten Wiesen erkennen, den gefrorenen See und das Dorf, auf dessen Dächern der Schnee lag und aus dessen Schornsteine Rauch aufstieg.
Sie konnte Hogwarts erkennen, wie es direkt vor ihr lag. Mächtig und Respekt einflößend. Auch seine Dächer waren voller Schnee und obwohl heller Tag war, glaubte Alcyone einige Lichter zu erkennen.
Sie flog drüber, sie wollte Hogwarts von oben sehen. Jene Perspektive, die sie noch nie zuvor gesehen hatte.
Freude durchflutete sie. Es war einfach ein tolles Erlebnis. Sie konnte alles sehen, jeden Winkel, jede Ecke und keiner, der Schüler oder Lehrer, über den sie geflogen war, ahnte auch nur im mindesten, daß sie es war.
Alcyone war so fasziniert von allem, daß sie die Kälte gar nicht mehr spürte.
Sie beschloß, wenn sie schon flog, könnte sie gleich bei den Gewächshäusern landen und sich dort auch zurück verwandeln.
Sie steuerte die verglasten, einstöckigen Gebäude an und landete direkt vor der Tür des äußeren linken Gewächshauses und kaum hatte sie den Boden berührt, war sie auch schon wieder sie selbst.
Alcyone sah sich um. Es befand sich niemand in der Nähe, was sie auch kaum wunderte. Es war Samstag und kalt. Sie wäre, wenn sie noch Schülerin wäre, sicher auch nicht unter diesen Umständen nach draußen gegangen.
Sie warf einen Blick auf das Gewächshaus, vor dem sie stand und konnte durch die beschlagenen Scheiben nicht viel erkennen.
In ihren Taschen kramte sie nach dem Schlüssel und fand ihn natürlich nicht. Wie auch. Sie hatten ihn am gestrigen Abend in ihren warmen Umhang gesteckt und vor lauter Hektik, die sie hatte, um zu Remus zu gelangen, nicht mehr daran gedacht, ihn auch anzuziehen. Jetzt trug sie einen von Remus alten, abgenutzten, warmen Umhängen, den er ihr kurz bevor er das Flohpulver in den Kamin geworfen hatte, gegeben hatte. Alcyone hätte schlichtweg nicht daran gedacht, einen warmen Umhang anzuziehen.
Jetzt ging es allerdings darum, das Gewächshaus aufzubringen.
Alcyone hätte in ihr Zimmer laufen können, die Schlüssel holen und alles wäre erledigt gewesen.
Das wollte sie aber nicht. Es würde Zeit kosten.
Das Schloß aufbrechen wäre natürlich auch eine Möglichkeit gewesen, aber Alcyone hätte das niemals getan.
Sie könnte die Schlüssel mittels Zauber zu sich rufen, aber das borgte doch zu viele Risiken. Zum ersten würde sie eine Scheibe zertrümmern, was sich allerdings auch durch einen Zauber wieder reparieren ließe, und zum anderen waren die Schlüssel ein harte Gegenstand und könnten jemanden verletzen, während sie zu ihr fliegen würden.
Es blieb ihr also nichts anderes übrig, als die Schlüssel zu holen.
Seufzend machte sich Alcyone auf den Weg.
Drinnen war es angenehm warm und die Geräusche der vielen Schüler, die sich durch die Gänge drängten, waren begleitet von ihren, teilweise nicht gerade angenehmen, Gerüchen.
Alcyone lief an ihnen vorbei und schenkte dem einen oder anderem, der ihr bekannt vorkam (das waren so ziemlich alle), ein Lächeln, welches ständig erwidert wurde. Natürlich mit Ausnahme der Slytherins, die sie keines Blickes würdigten. Ab und zu hörte sie von ein paar von ihnen Aussagen über den Umhang, den sie trug. Aber das störte Alcyone nicht. Ihre Vorurteile gegenüber Slytherin, die sie die letzten Jahre mit sich herumgetragen hatte, waren seit gestern Nacht verschwunden. Sie glaubte jetzt, daß es egal war, in welchem Haus man sich befand, entweder man war von Grund auf schlecht oder nicht. Es gab mit Sicherheit genug Schüler und Schülerinnen in Slytherin, die im Grunde ihres Herzens einfach nur gute Menschen waren. Ihre Bosheit bestand vermutlich weitgehendes nur darin, weil sie dem Ruf des Hauses gerecht werden wollten, zeigen, daß sie es Wert waren, ein Slytherin zu sein oder vielleicht, weil sie es einfach sein mußten, von zu Hause aus. Diese Schüler taten ihr leid und sie konnte ihnen nicht helfen, selbst wenn sie es noch so sehr gewollt hätte.
Die anderen Schüler der Häuser jedoch mochten auch schlechte Menschen beherbergen, die es nur nicht auf die selbe Art und Weise wie die Slytherins zeigten. Dem war sich Alcyone mehr als sicher.
Das Lächeln allerdings, von dem Alcyone überzeugt war, daß es ehrlich war, zeigte ihr, daß sie gar keine so schlechte Lehrerin sein mußte und die Schüler sie offensichtlich mochten.
Als sie an einer Kreuzung vorbeikam, zur der ein Weg zu den Kerkern führte, widerstand Alcyone der Versuchung, dort hinzugehen, äußerst knapp.
Wahrscheinlich lag es auch an der Tatsache, daß Dumbeldore genau in diesem Moment auftauchte.
„Oh Hallo Alcyone“, begrüßte er sie freundlich. „Schon wieder zurück?“
„Professor?“ Alcyone war überrascht. „Woher wissen Sie?“
Dumbeldore lächelte sie unter seinem Bart an. Es war trotz seines weißen, langen Bartes nicht zu übersehen.
„Meine Liebe“, sagte er und zog sie etwas auf die Seite, so daß die Schüler ungehindert an ihnen vorbeikamen. „Ich weis so ziemlich alles, was hier vorgeht.“
„Oh“, sagte Alcyone und fragte sich, wie Dumbelore das alles wissen konnte. Hatten Harry, Hermine und Ron es ihm gesagt. Oder hatte er sie wegfliegen sehen? Mit Sicherheit wußte er bereits, daß sie ein Animagus war. Wahrscheinlich hatte er eine Mitteilung darüber im selben Augenblick erhalten, wie Alcyone selbst.
„Dann wissen Sie sicher auch, wo ich war?“ fragte sie vorsichtig.
Würde sie jetzt deswegen Ärger bekommen? Sie wußte nicht einmal, ob es erlaubt war, sich als Lehrkörper (auch wenn sie nur Aushilfe war) am Wochenenden einfach so für eine Nacht unabgemeldet aus dem Staub zu machen.
„Natürlich“, sagte Dumbeldore. „Ich hoffe, Sie haben einen schönen Abend mit ihrem Bruder gehabt?“
Alcyone nickte. „Das habe ich. Danke Professor.“
„Schön“, sagte Dumbeldore. „Dann will ich Sie nicht weiter aufhalten. Sie haben sicher wichtiges zu tun. Schönen Tag noch!“
Sie hatte tatsächlich keinen Ärger bekommen, wenngleich sie immer noch nicht wußte, ob sie es nun hätte tun dürfen, oder nicht.
„Wünsch ich Ihnen auch Professor!“ sagte sie, worauf Dumbeldore nickte und seinen Weg fortsetzte.
Alcyone blickte ihm kurz nach und fragte sich, ob er womöglich mehr wußte, als er ihr preisgegeben hatte.
Alcyone hatte sich nicht mehr aufhalten lassen und war direkt in ihr Zimmer gegangen. Dort hatte sie einen kurzen Blick auf alles geworfen. Es war, wie sie sich gedacht hatte. Das Fenster war geschlossen und alles andere war noch genau an dem Platz, an dem es gestern schon gelegen hatte.
Mit einem zufriedenen Lächeln schnappte sie sich die Schlüssel und lief auf dem direkten Weg zurück zu den Gewächshäusern.
Nacheinander inspizierte sie die Gewächshäuser. Es schien alles in Ordnung zu sein. Allen Pflanzen ging es gut. Keine einzige war eingegangen. Natürlich nicht. Alcyone war ja nur über Nacht weg und was hätte da schon passieren sollen. Wenn sie nicht weg gewesen wäre, hätte sie bestimmt auch erst jetzt nachgesehen. Vielleicht ein zwei Stunden früher, aber das hätte nicht viel geändert.
Sie schaute sich jede Pflanze einzeln an, fütterte die fleischfressenden Pflanzen mit einer Präzision, die Alcyone selber überraschte, wenn sie daran dachte, wo sie mit ihren Gedanken eigentlich war. Aber sie war in ihrem Beruf einfach eine Perfektionistin. Das mußte sie auch sein, denn es war ja ihre Aufgabe, das Richtige beizubringen.
Alcyone wußte nicht, wie lange sie in den Gewächshäusern ihre Aufgabe nachging. Sie versuchte auch gar nicht, die Tätigkeit zu beschleunigen, egal wie sehr sie sich sofort zu einem anderen, ganz bestimmten Ort wünschte.
Nachdem sie alle Pflanzen versorgt hatte und die jeweiligen Temperaturen kontrolliert und teilweise auch verändert hatte, machte sie sich noch daran, alles aufzuräumen. Sie benutzte natürlich diesmal Magie, da es dadurch schneller ging und auch wirklich alles sauber und aufgeräumt war.
Dann verließ sie das letzte Gewächshaus und schloß es ab, genauso wie die anderen.
Ein Blick auf die Uhr und den schon verdunkelten Himmel verrieten ihr, daß es bereits Zeit zum Abendessen war.
Alcyone wußte, daß sie keinen Hunger hatte und unter keinen Umständen zum Abendessen in die Halle gehen würde. Sie würde jetzt auf der Stelle zu Severus gehen und nichts könnte sie noch davon abhalten. Sie vergaß sogar, daß sie ursprünglich vorhatte, sich nochmals zu duschen und umzuziehen.
Sie stopfte die Schlüssel in eine Tasche ihres Umhanges und folgte den Lichtern in das Schloß.
Auf dem Weg zu den Kerkern kam sie an einem Gang vorbei, der zu r großen Halle führte. Ganze Massen von Schülern drängten sich ihr entgegen und schlugen den Weg zum Abendessen ein.
Alcyone fragte sich, ob Severus vielleicht auch in der Halle beim Abendessen wäre. Vielleicht sollte sie doch einen kleinen Blick hinein werfen und sei’s nur, um sicherzugehen. Nicht, daß sie sich jetzt in den Kerker schlich, an seiner Tür klopfte und er gar nicht da wäre.
Er war aber da unten. Das war sicher. Er war die ganze Woche weder beim Frühstück noch beim Mittag oder Abendessen in der großen Halle gewesen. Warum sollte er also unbedingt gerade heute dort sein?
Außerdem wußte sie, daß wenn sie auch nur einen Blick in die große Halle werfen würde, Dumbeldore sie mit Sicherheit erblicken würde (der Mann hatte überall seine Augen) und dann wäre sie gezwungen gewesen, sich an ihren Platz zu setzen und hätte auch noch Essen in sich rein stopfen müssen. Das wollte sie auf jeden Fall vermeiden.
Sie wartete noch einen Augenblick bis die große Masse an Schülern, die gerade um die Ecke gekommen waren, an ihr vorbeigelaufen waren und schlug dann schnell den Weg zu den Kerkern ein. Sie blickte sich vorher noch mal kurz um, um sicher zu sein, daß sie niemand beobachtete, denn sie wollte nicht unbedingt den Stoff für Gerüchte liefern und ging dann schnellen Schrittes auf die Treppe, die sie zu Severus Gemächern bringen sollte, zu.
Sie war seit ihrer Zeit in Hogwarts nicht mehr hier unten gewesen und es hatte sich kaum etwas verändert.
Alcyone fragte sich, wie jemand freiwillig hier unten leben konnte. Es war bei weitem kein schöner Anblick, diese nackten Steinwände. Die wohlige Wärme, die sonst überall in Hogwarts verbreite war und jedem ein angenehmes Gefühl vermittelte, fehlte ganz. Hier war es nur kalt. Alles war kalt. Die Luft, die Wände, der Boden und die Decke. Außerdem war es furchtbar dunkel. Die wenigen, kleinen Fenster ließen bei Tage womöglich fast kein Licht durch und zudem war alles sehr schwach mit Fackeln beleuchtet. Das verlieh dem ganzen eine gespenstisches Aussehen. Weiter roch es nach allem möglichen. Es mußten sehr viele verschiedene Gerüche sein, denn Alcyone schaffte es nicht, auch nur einen zuzuordnen. Nur eines war ihr klar, es warne keine angenehmen Gerüche.
Das ein Mensch hier unten völlig isoliert lebte, und sei gerade auf dem Weg zu dieser Person war, machte Alcyone nicht gerade glücklich, bei all diesem schrecklichen Anblick. Hatte sie es früher auch schon so unangenehm gefunden?
Alcyone lief die steinernen Stufen immer weiter hinunter. Sie tat dies äußerst langsam und vorsichtig. Bei jedem Schritt stieg ihre Aufregung immer weiter ins unermeßliche.
Der Gang nach unten schien gar keine Ende zu nehmen und Alcyone fragte sich, ob sie jemals ihr Ziel erreichen würde.
Schließlich kam sie an der Tür zu Severus Klassenraum vorbei. Sie blieb kurz davor stehen und dachte daran, wie sie einst hier Unterricht gehabt hatte. Es war bei weitem nicht ihr Lieblingsraum gewesen. Fast glaubte sie, die Stimmen von damals zu hören, genauso wie die brodelnden Kessel mit der Brühe, die sie fast immer versaut hatte. Sie mußte kurz an ihre schlimmsten Ergebnisse denken. An einen Trank, der sie hätte unsichtbar machen sollen und anstelle dessen hatte er sie bunt gefärbt. In allen Farben des Regenbogens. Ihr war es peinlich gewesen, während alle anderen nur über sie gelacht hatten. So ging es ihr die ganze Zeit, bis Severus ihr gezeigt hatte, wie einfach das alles doch war. Seit dem Zeitpunkt hatte sich nie mehr einer über ihre Tränke lustig gemacht und selbst nachdem Vorfall mit Severus hatten ihre Leistungen in Zaubertränke nicht abgenommen. Eine eins hatte sie zwar nie erhalten, aber sie war nicht mehr die schlechteste.
Ob der Raum immer noch so aussah wie damals? Sie hätte es gerne herausgefunden, lies sich aber von diesem Gedanken nicht weiter einfangen, sondern lief zur nächsten Tür, die, das wußte Alcyone einfach, die Tür zu Severus privaten Räumen war.
Es war eine schwere Tür, die den Eindruck machte, daß man sie nicht einfach einrennen konnte und paßte mit ihrem furchteinflößenden Aussehen einfach perfekt zu dem Rest des Kerkers.
Alcyones Gedanken wanderten kurz zu dem Raum, der sich dahinter befinden würde. Ob er genau so kalt und ausladend aussah wie der Rest hier unten? Diese Frage konnte sie nicht beantworten und hoffte inständig, das dem nicht so war. Sie hoffte, daß Severus wenigstens etwas schönes in seinem Leben hier unten hatte und wenn es nur seine Gemächer waren.
Alcyone blickte die Tür an. Da war sie also. Es blieb nur noch eines zu tun. Sie hob ihre linke Hand, ballte sie zur Faust - und zögerte.
Sie war mit einem Male furchtbar nervös. Sie hörte ihren eigenen Herzschlag und sah ihre Hand, die zitterte.
Ich kann es nicht, sagte sie zu sich selbst.
Sie schüttelte den Kopf.
Auf einmal hatte sie furchtbare angst. Angst vor dem, was alles passieren könnte. Angst vor dem, wie Severus auf ihren Besuch reagieren würde.
Es war eine Art von angst, wie sie sie noch nie zuvor erlebt hatte. Ihre Hände, die schlaff an ihrer Seite herunter hingen zitterten, sie spürte das Blut, daß durch ihre Adern schoß und den Schweiß, der sich auf ihre Stirn bildete. Doch das schlimmste an allem waren die Gedanken, die dabei durch ihren Kopf schwirrten. Es war kein einziger guter Gedanke dabei. Allesamt vermittelten ihr den Eindruck, daß sie diese Vorhaben besser lassen sollte.
Doch sie wollte es. Sie wollte es wirklich. Sie war hier, um mit Severus zu reden. Daran hatte sie den ganzen Tag gedacht. Ihr ganzes Handeln seit gestern Nacht war immer von dem Gedanken an ein klärendes Gespräch mit ihm bestimmt gewesen Ihre angst würde und könnte sie jetzt nicht aufhalten.
Alcyone war bereit. Bereit es zu tun.
Sie preßte ihre Lippen zusammen, wischte den Schweiß von ihre Stirn, spannte ihre Finger in der Faust und tat es. Sie klopfte an die Tür von Severus Snape.