About A Potions Master

 

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Kapitel 13

Unbeweglich wie Felsen, kaum wagend zu atmen, standen drei Menschen wie Statuen da und beobachteten ein Treffen von dramatischem Ausmaß; die Kreuzung der Flugbahnen zweier Kometen. Salomon und die Königin von Sabah, Cäsar und Kleopatra, Carmen und Don José, Prinz Charles und Lady Diana... Krummbein und Nofretete. Die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen waren getroffen worden. Krummbein, der inzwischen ein recht alter Herr war - Hermine hatte einen Zauber ausprobiert, der eigentlich für die magische Archäologie gedacht war und somit nachgewiesen, dass er nur sechs Jahre jünger war, als sie, was ihn fünfzehn machte - hasste es in einen Korb gesteckt zu werden, hasste Reisen mit Flohpulver, und hasste Apparieren. Bei näherer Betrachtung hasste Krummbein einfach jede Aktivität, die nicht darin bestand friedlich an einem seiner Lieblingsplätze in Hermines Wohnung zu dösen, von Hermine geknuddelt zu werden, oder Delikatessen zu essen, von denen eine Durchschnittskatze nicht einmal geträumt hätte, und wenn sie es doch getan hätte, wäre sie direkt zu einem Psychiater gegangen. Nach dem Aufenthalt in Godrics Hollow, wo das Essen mittelmäßig und die Gesellschaft abscheulich gewesen war, und einem gezwungenen, wenn auch kurzen Aufenthalt in einem Tragekorb, war seine Stimmung in bisher unbekannte Tiefen abgesunken. Ein Kratzer, der diagonal über Hermines Hals lief, legte beredtes Zeugnis dafür ab, wie tief unter den Nullpunkt sie wirklich gefallen war. Severus betrachtete den Kratzer mit freudiger Erwartung und dachte daran, wie angenehm es werden würde, ihn zu behandeln. Mit größter Vorsicht.

Krummbein war für einige Zeit in Hermines Räumen geblieben, wo sie sich solange um ihn gesorgt hatte, bis er sich in einem Zustand von brummiger Zugänglichkeit befand. Dann war sie auf Zehenspitzen zu Mrs. Snapes Räumlichkeiten hinübergeschlichen, wo die Herrin des Hauses die Katze-Die-Severus'-Temperament-Hatte in Vorbereitung für das historische Treffen umschmeichelte. Beide Frauen hatten vereinbart, dass es klüger wäre, es in mehr oder weniger neutralem Gelände geschehen zu lassen, und übereingestimmt, dass die Eingangshalle der vermutlich geeignetste Ort dafür war. Severus war informiert worden und wartete bereits unten an der Treppe, als die beiden Frauen herabschritten, zuerst Mrs. Snape, dann Hermine. Alle Türen waren geschlossen, die Flammen in den Kaminen gelöscht und die Hauselfen angewiesen, dem Ort bis auf weiteres fernzubleiben. So weit wie möglich voneinander entfernt hatten die Frauen einen letzten halb hoffnungsvollen, halb verzweifelten Blick ausgetauscht, kontrolliert, ob Severus auch seinen Zauberstab bereithielt, und im gleichen Moment die sie begleitenden Katzen auf dem Boden abgesetzt.

Nofretete schickte ihrem Lieblingsmenschen einen Blick, der deutlich besagte, dass sie glaubte, Mrs. Snape hätte die Grenze zum Land des Wahnsinns überschritten, schüttelte sich, leckte ein unordentliches Haar auf ihrer Pfote zurecht und rollte sich zu Mrs. Snapes Füßen zusammen. Krummbein, den bürstenartigen Schwanz hoch erhoben, schritt hinüber zu Severus und schlug mit der Präzision eines skalpellschwingenden Chirurgen die Krallen seiner Vorderpfoten in dessen Schienbein. Severus unterdrückte einen Aufschrei des Schmerzes und starrte mit einem Blick, der normalerweise für wiederholt rückfällige Kesselzerstörer vorbehalten war, auf seinen Folterer herab. Sichtlich enttäuscht über diese mangelnde Reaktion ließ Krummbein von einer weiteren Untersuchung dieser interessanten Schienbeine ab, stolzierte weiter dahin, wo Mrs. Snape begann unter Erstickungsanfällen zu leiden - den Atem anzuhalten und gleichzeitig den Drang zu bekämpfen, über Severus' schmerzvollen Gesichtsausdruck zu kichern, förderte den Mangel an Sauerstoff - leckte Nofretetes glatten Kopf, bekam einen schläfrigen Blick und ein freundliches Schnurren zurück, rollte sich selbst zu einer Kugel neben ihr ein und schlief sofort ein.

Einige Zeit lang blickten sich die drei Menschen lediglich an, angenehm überrascht aber sprachlos angesichts dieses nicht vorhandenen Höhepunktes. Dann zog Mrs. Snape vorsichtig ihren rechten Fuß unter Nofretete hervor, nur um von zwei gerade vereinigten Seelenkameraden angefaucht zu werden und sagte ein bisschen schwach: "Nun, ich denke, ich brauche jetzt dringend eine Stärkung."
"Wir werden uns dir jeden Moment anschließen, Mutter. Ich möchte nur schnell unsere Kratzer behandeln und dann, denke ich, könnten wir auch eine Stärkung brauchen. Komm, Hermine, der Skingro-Trank ist in meinem Labor."
Langsam aus ihrer Betäubung erwachend, nickte Hermine nur und durchquerte die Halle. Als sie die Stelle erreichte, wo die beiden Katzen friedlich dösten, hielt sie inne und meinte zu Mrs. Snape: "Ich denke, wir haben einen Fehler begangen. Haben Sie auch dieses plötzliche Gefühl eines Verlustes? Nennen Sie mich dumm, aber ich bin wirklich, wirklich eifersüchtig."
"Ich glaube, wir sollten uns für sie freuen. Aber das war sicherlich der frustrierendste Korb, den ich je in meinem Leben erhalten habe."
Mit diesen Worten, verschwand sie in den Salon und Sekunden später konnte man den Klang von Flüssigkeit hören, die in ein Glas gegossen wurde. Severus und Hermine stiegen die Treppen hinab in den Keller.

***



31 Oktober 1991
Ich habe es versucht. Ich habe es wirklich versucht. Aber niemand mag mich. Ich bin so unglücklich. Alle Jungs sind dumm, aber Harry Potter und Ron Weasley sind die dümmsten von allen. Mom sagt, dass Männer Angst vor intelligenten Frauen haben. Sie hat Recht. Und dumme Jungs haben Angst vor intelligenten Mädchen. Ich hasse sie. Ich will keinen mehr sehen, und ich will nicht bei ihnen beim blöden Halloweenfest sitzen. Ich will allein sein und irgendwohin gehen, wo ich weinen kann, ohne gestört zu werden.


Hermine betrachtete ihr altes Tagebuch mit einem warmen Lächeln. Dies war der letzte Eintrag - sie hatte es nach dem Ereignis mit dem Bergtroll nie wieder benutzt. Aber sie hatte es behalten, mit der Absicht wieder hineinzuschreiben, sobald sie es brauchte. Sie hatte mehr aus einem Impuls heraus gehandelt und es in ihre Tasche gesteckt, als sie zurück nach Canterbury gegangen war, um noch einige Sachen zu holen, die sie für ihre verlängerten Ferien brauchte. Doch, es war eine gute Idee gewesen, meinte sie jetzt. Irgendwie musste sie ihren Kopf frei bekommen; Ginny zu rufen war nicht immer möglich, und so hatte sie beschlossen ihr altes Tagebuch wiederzubeleben. Es war noch früher Morgen - seit sie in Snape Manor eingetroffen war, wachte sie immer beim Einbruch der Dämmerung auf. Natürlich war das Severus' Schuld. Wenn sie ihre Augen öffnete, sie daran dachte, dass sie ihn innerhalb der nächsten Stunde sehen würde, begann ihr Herz wie wild zu klopfen und Schlaf wurde zu einem theoretischen Konzept, statt zu einer wirklichen Möglichkeit. Sie tauchte ihre Feder in das Tintenfass und begann nach einem kurzen Moment des Zögerns zu schreiben.

19 August 2001
Ich bin jetzt seit fünf Tagen auf Snape Manor - den Freitagabend nicht mitgezählt. Und ich glaube ich bin wahnsinnig in Severus verliebt. Ich formuliere das so vorsichtig, weil es schwierig ist zu wissen, ob man verliebt ist, oder nicht. Die Symptome sind da. Mein Herz fängt an auf sehr verwirrende Art und Weise zu klopfen, wann immer ich an ihn denke - was eigentlich die meiste Zeit ist, und letzteres ist sicherlich ein weiteres Symptom. Wenn ich ihn dann sehe, wird mir zuerst heiß und unmittelbar danach eiskalt und ich habe Schwierigkeiten beim Atmen. Wenn wir zusammen sind, fühlt es sich an, als stände ich mir selbst gegenüber. Es kommt mir vor, als könnten wir für immer reden. Er liest mir vor, mit seiner unglaublichen Stimme und ich fühle mich wie eine Weinbrandpraline unter der tropischen Sonne: schmelzend und sehr nass in der Mitte. Was mich direkt zum schwierigen Teil bringt. Oder eher, dem frustrierenden Teil. Weil es ist so frustrierend ist, dass es mich halb wahnsinnig macht und damit ich die Gelegenheit habe, die Angelegenheiten etwas zu entwirren werde ich es wohl oder übel aufschreiben müssen
O.K., erster Versuch: Ich bin jetzt fast 21. Ich bin Jungfrau, mehr ein Zufall als mein Entschluss. Ich bin nicht dazu erzogen an strikte Moral zu glauben, zumindest soweit es die gewöhnliche, als-Moral-bezeichnete-Heuchelei betrifft. Hätte ich den richtigen Mann getroffen, hätte ich nicht gezögert, mit ihm zu schlafen, nicht einmal als ich 15 war. Und sicherlich nicht jetzt. Ich bin sicher, dass Ginny Recht hat, und es hauptsächlich meine Schuld ist, dass ich bis heute nicht den Richtigen getroffen habe. Aber ich glaube, ich habe ihn jetzt getroffen. Nun, nein. In diesem Fall bin ich sogar sicher. Ich will mit Severus in eines dieser wundervollen, riesigen Betten springen und ihn lieben, bis ich nicht mehr weiß wer und wo ich bin. Gut. Das musste ich einfach mal aufschreiben. Ich sehe es schwarz auf weiß und es erscheint mir immer noch wahr.
Natürlich bin ich furchtbar unsicher. Ich weiß, dass ich intelligent bin, und das vielleicht sogar außergewöhnlich, vielleicht bin ich auch brillant. Aber ich habe keine Ahnung, was ich von meinem Aussehen halten soll. Ich denke, ich bin durchschnittlich, mehr oder weniger. Ich mag mein Haar, jetzt wo ich es kontrollieren kann, und ich glaube, ich habe schöne Augen. Meine Haut ist O.K. Seltsam, oder, dass alles, bei dem ich mir mit meinem Aussehen sicher bin, mit meinem Kopf zu tun hat? Haare, Augen und Haut. Der Rest ist ein Niemandsland. Ich bin weder übermäßig dünn, noch bin ich fett. Ich denke meine Brüste sind zu klein. Bis vor kurzem dachte ich, sie würden vielleicht noch ein bisschen wachsen, aber diese Hoffnung habe ich inzwischen aufgegeben. Körbchengröße A - was für eine Schande. Mein Bauch ist nicht so flach, wie er sein könnte (Ich HASSE Sport!), aber Ginnys ist es auch nicht und sie sagt Harry liebt es. Mein Hintern ist... na ja, ich würde sicherlich keinen Tanga tragen. Wenigstens ist er nicht flach. Vielleicht ein bisschen zu rund? Ich denke ich hasse meine Hüften, aber ich erinnere mich, dass Mom gesagt hat, jede Frau tut das.
Das hier bringt mich NIRGENDWO hin. Ich bin unsicher, Punkt. Aber ich will es, so sehr. Mir kommt es nur so vor, als ob die Dinge zwischen Severus und mir ein bisschen zum Stillstand gekommen sind. Wir küssen uns, sogar ziemlich oft, aber das Gewagteste, was er macht, ist meinen Hals oder meine Ohren zu streicheln (was mich übrigens verrückt werden lässt). Seine Hände gehen niemals tiefer als bis zum Schlüsselbein. Manchmal fühle ich mich, als wäre ich eine Büste, die ordentlich unterhalb des Brustknochens abgeschnitten wurde. Sein Widerstreben weiter zu gehen, lässt mich zögern, noch etwas mehr als seine Arme und Schultern mit meinen Händen zu erforschen. Vielleicht denkt er, ich bin zu lasziv, wenn ich den ersten Schritt mache. Vielleicht wartet er darauf, dass ich ihn mache. Aber er ist älter, oder? Er sollte es tun. Ich meine, ich erwarte nicht, dass er mich vom Boden reißt und mich in sein Bett verschleppt (obwohl ich zugeben muss, dass das auch nicht so schlecht wäre), aber ein bisschen mehr Enthusiasmus wäre mir sicher lieber.
Ich wünschte, dass hier wäre ein magisches Tagebuch, so eines wie Ginny in ihrem zweiten Jahr hatte. Natürlich nicht von Tom Riddle geschrieben und gefüllt mit Schwarzer Magie. Nein, es sollte irgendeine weise Frau sein, die mir ein paar Tipps geben könnte. Ich kann nicht einfach gehen und meine Mutter fragen. Ich würde vor Peinlichkeit sterben. Und Ginny erzählt mir weiterhin, ich sollte es einfach versuchen - nun, wenn ich das tun könnte, würde ich nicht hier sitzen und Blödsinn schreiben. Ich könnte zu Mrs. Snape gehen - überraschender Weise bin ich sicher, dass das einfacher wäre, als mich an meine eigene Mutter zu wenden. Aber schließlich ist sie ein bisschen unverfroren. Sie würde es verstehen. Ich denke ich werde bis Freitag warten, und wenn seine Hände noch auf Schulterlevel sind, dann frag ich sie. Oh, Gott. Der bloße Gedanke lässt mich zusammenschrecken.
Wer auch immer behauptet, dass es jemandem hilft, seine Probleme in ein Tagebuch zu schreiben, ist ein Idiot. Zu sehen, wie sie einem zurück ins Gesicht starren, macht es nur noch peinlicher.


***



Mrs. Snape genoss gerade ihren Morgenspaziergang, und Severus nutzte die Gelegenheit ihrer Abwesenheit, um sich in ihr Boudoir zu stehlen und sich mit seinem Vater zu unterhalten. Sie hatten schon viel miteinander gesprochen, alle drei, am Samstagmorgen, als Hermine nach Hause gegangen war, um ihre Sachen und ihre Katze zu holen. Es hatte ihnen allen überaus gut getan. Er hatte versucht zu erklären, und er glaubte verstanden worden zu sein, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Und nun brauchte er einfach den Rat seines Vaters. Hätte er noch immer nichts von der Existenz des Porträts gewusst, hätte er sich wahrscheinlich an Dumbledore gewandt. Wahrscheinlich. Ungern und mit knirschenden Zähnen. Doch sein Vater war die bessere Wahl.

Zu seiner endlosen Enttäuschung hatte Hadrian Snape seinen Rahmen verlassen und war irgendwo anders hingegangen. Mit einem langen, leidenden Seufzer, machte sich Severus auf die Suche nach ihm und fand ihn endlich, verwickelt in eine freundliche Unterhaltung mit einem sehr beeindruckenden Jesaja von Michelangelo, ein Gemälde, für das Kunstgeschichtler, Händler und Museumsdirektoren sich zuerst gegenseitig und dann seine Besitzer umgebracht hätten, wüssten sie, dass es existierte. Er war unsicher, wie man einen Propheten standesgemäß ansprach - Eure Heiligkeit klang verlockend, aber irgendwie falsch - also wünschte Severus ihm einfach einen guten Morgen, wurde mit einem würdevollen Nicken bedacht und sagte "Ähm, es tut mir leid euch zu unterbrechen. Könntest du womöglich einige Minuten für mich erübrigen, Vater?"
"Aber natürlich. Was kann ich für dich tun?"
Severus räusperte sich: "Es ist... äh, eher persönlich. Ich bin mir nicht sicher, ob das Thema passend für die Ohren eines Propheten ist. Könnten wir vielleicht anderswohin gehen?"
Jesaja strich über seinen lockigen Bart und schickte ihm einen strengen Blick: "Ich wollte mich sowieso einmal mit der jungen Dame im Watteau unterhalten. Daher werde ich ihr einen Besuch abstatten und überlasse euch Gentlemen euch selbst."
"Vielen Dank", sagte Hadrian Snape und klopfte ihm auf die Schulter. "Aber bitte benimm dich - meine Frau wird in Kürze von ihrem Spaziergang zurückkehren und ich möchte mir keine Beschwerden anhören müssen."
Jesaja grinste ziemlich un-prophetisch für Severus' Geschmack, ordnete die Falten seiner Tunika neu und verließ das Gemälde.
"Ist er so übel?", fragte Severus.
"Nun, ja. Das Problem ist natürlich, dass er nicht Jesaja ist, sondern ein römischer Zimmermann namens Isidorio Piccini. Ist dir sein Akzent nicht aufgefallen?"
"Äh… schon", antwortete Severus, "aber ich dachte, es wäre vielleicht hebräisch."
"Nein, nein, er ist italienisch. Und du würdest die Geschichten niemals glauben, die er mir erzählt hat, sobald er das Englische einigermaßen beherrschte. Es scheint, dass er ein ziemlich wollüstiger, schmutziger alter Mann war. Aber nun sag mir, Severus, worüber möchtest du sprechen? Wenn ich deine Röte und deinen etwas betretenen Gesichtsausdruck betrachte, nehme ich doch an, dass es Miss Granger betrifft?"
"Ja. Ja in der Tat. Ich wollte dich um deinen Rat bitten."
"Geh mit ihr ins Bett und dann heirate sie", sagte sein Vater. "Ich würde dir nicht raten es andersherum zu machen, denn du könntest ziemlich unangenehm überrascht werden. Obwohl ich, wenn du mich fragst, denke, dass es eine sehr angenehme Erfahrung für dich werden wird. Aber andererseits kann man sich niemals sicher sein, bevor man es nicht versucht hat. Wenn ihr herausfindet, dass ihr absolut inkompatibel seid, gibt es immer noch die Möglichkeit abzuspringen. Nicht nett, aber besser als in einer unglücklichen Ehe aneinandergekettet zu sein.
Severus brauchte einige Momente, um die Worte seines Vaters zu verarbeiten. "Willst du mir etwa sagen, dass du auf die gleiche Weise mit Mutter verfahren bist?"
"Natürlich bin ich das. Oder eher, wir sind. Es war gegenseitiges Einverständnis. Keiner von uns wollte nachher entdecken müssen, dass wir nicht füreinander geschaffen sind."
"Aber das war etwas anderes", wandte Severus ein. "Ihr wart gleich alt, beide aus alten Familien... Ich befürchte Hermine würde es nicht sehr gut aufnehmen, wenn ich so ein... nun, Experiment vorschlagen würde."
"Ah ja, ich vergaß, dass sie eine Muggelgeborene ist. Aber nichtsdestotrotz sehe ich keine Schwierigkeit. Oder willst du sie nicht?"
"Ob ich sie nicht will? Machst du Witze? Ich will sie so sehr, dass... nun, kein Grund bis ins Detail zu gehen. Aber sie scheint mir ein bisschen zögerlich zu sein."
"Zögernd im Sinne von schüchtern, oder im Sinne von prüde?"
"Genau das kann ich nicht beurteilen."
"Mmmmmh... vergib mir, wenn ich indiskret bin, aber dieses Gesprächsthema erlaubt eigentlich keine Diskretion. Wie weit seid ihr gekommen?"
"Küssen, nicht mehr."
"Oh, aber du musst doch ihre Reaktionen einschätzen können. Schreckt sie zurück, wenn du sie berührst?"
"Na ja", gab Severus zu, "was das Berühren anbelangt… Ich meine, ich will sie nicht erschrecken, oder sie zu Eile antreiben, also lasse ich meine Hände oberhalb des Brustniveaus."
Hadrian Snape verdrehte die Augen. "Bitte, was erwartest du dann? Sie ist jung, sie ist unerfahren, was soll sie deiner Meinung nach tun? Du warst einmal ihr Lehrer, Severus. Sie wird dich nicht anspringen und dir deine Kleider vom Körper reißen. Das ist eher deine Aufgabe, nicht ihre, zumindest im Moment. Ich meine, du sollst sie nicht hetzen, aber ein bisschen Ermunterung dürfte nicht allzu sehr schaden."
"Oh, Merlin", meinte Severus und schüttelte den Kopf, "ich wusste du würdest das sagen. Was, wenn ich ihre Absichten falsch eingeschätzt habe? Was wenn sie-"
"Severus, die Furcht zurückgewiesen zu werden, wird immer da sein, außer du versuchst sie zu überwinden. Sie ist halb so alt wie du, kannst du dir vorstellen, wie unsicher sie sich fühlen muss?
"Danke, dass du den Altersunterschied erwähnst", meinte Severus kalt, "das macht den Tag perfekt."
"Jetzt werde bitte nicht irrational", schnappte sein Vater ein wenig ungeduldig. "Ihr beide wusstet von Beginn an, dass es da war. Ich bin sicher, dass es sie nicht stört, wahrscheinlich weiß sie es sogar zu schätzen. Aber bedenke, dass es anfangs zu ihrer Unsicherheit beitragen könnte."
Severus seufzte. "Also gut, wenn du es sagst... Dann rätst du mir, meine Absichten ein bisschen deutlicher zu machen?"
"Exakt. Sie mag schüchtern sein, aber sie ist nicht der Typ der schreit und auf den nächsten Tisch springt, wenn sie eine Maus sieht. Glaub mir, Severus, sie hat Potential. In jeder Hinsicht", fügte er mit einem ziemlich eindeutigen Grinsen hinzu.
"Nun gut. Vielen Dank, Vater. Bitte richte Jesaja meine Grüße aus. Und... äh, du wirst Mutter nichts über dieses Gespräch erzählen, oder?"
"Ich mag zwar tot sein, mein lieber Sohn, aber ich bin in keinem Fall beschränkt. Cassandra würde einen Liebestrank zusammenrühren und es dem armen Mädchen schneller einflößen, als du Aphrodisiakum sagen kannst. Kein Grund zur Sorge, dein Geheimnis ist sicher bei mir."

Severus nickte und verließ langsam den Raum. Ein Blick auf seine Uhr sagte ihm, dass es noch immer sehr früh war, sodass Hermine wahrscheinlich noch nicht zum Frühstück herabgekommen war. Er sollte... Ja das war sicherlich eine seiner besseren Ideen. Er würde zu ihrem Zimmer gehen und sie abholen. Eventuell ein kleiner Guten-Morgen-Kuss, vielleicht war sie noch en deshabille... Oder sie hatte möglicherweise gerade eine Dusche genommen... Er beschleunigte seinen Schritt. Als er auf dem Weg zur Treppe die Eingangshalle durchquerte, flog eine winzigkleine Eule durch den Teil der Mauer, der so verzaubert war, dass er sich für die Vögel öffnete, die die Post brachten. Sie zwitscherte wie verrückt und kreiste einige Male um seinen Kopf, bevor er sie fangen konnte.
"Oh, halt still!", murmelte er ungeduldig, während er sie festhielt - sie passte vollständig in seine Hand - und entknotete die Pergamentrolle von ihrem Bein.
Die Eule schuhuhte empört. "Ja, ich weiß, sie ist für Hermine, reg dich nicht auf, ich werde sie ihr geben."
Er rief Piggy und beauftragte sie damit, den winzigen Vogel zu füttern und mit Wasser zu versorgen, danach machte er sich auf den Weg nach oben. Der Brief war aufgerollt, aber nicht versiegelt. Er stoppte mitten auf der Treppe. Es war versuchend, sehr versuchend. Dennoch etwas Ehrloses. Anderer Leute Post zu lesen war eindeutig ein Vertrauensbruch. Andererseits konnte es nicht so wichtig und persönlich sein, wenn man berücksichtigte, dass der Absender die Botschaft nicht versiegelt hatte. Natürlich haben sie es nicht versiegelt, Severus, schließlich sollte die Eule es eigentlich direkt an den Empfänger liefern. Aber es war so verführerisch... Er entrollte die ersten Zentimeter und spähte hinein. Die Handschrift... Er kannte diese Handschrift. Wem gehörte bloß dieses unordentliche Gekritzel? Er starrte an die Decke und versuchte sein Gehirn zur Freigabe der Information zu überreden. Es war... Es war sicherlich ein Weasley, sie hatten alle ähnliche Schreibweisen - abgesehen von der Tatsache, dass Krakelei eine viel bessere Bezeichnung dafür gewesen wäre. Vielleicht stammte der Brief von Ginny Potter! Dann könnte er eventuell einige sehr nützliche Informationen beinhalten.
Mach weiter, Severus, lies ihn. Du kannst es nachher noch beichten. Mit einer schnellen Bewegung entrollte er den ganzen Brief und las:

Meine liebste Hermine

Er las weiter, und der Ausdruck auf seinem Gesicht änderte sich von überrascht zu verletzt zu mörderisch. Mit kreidebleichem Gesicht und Lippen, die kaum mehr waren, als ein dünner weißer Strich, stieg er die restlichen Stufen nach oben.



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