Kapitel 2: Wünsche dir nie etwas, wer weiß, manchmal geht es in Erfüllung
Ein Glas zerschellte. Jemand hatte es gegen die Wand geworfen und dieser jemand war es auch gewesen, der das nächste Glas gegen die kalte Steinwand schleuderte.
"Lucius!", schrie Narzissa verzweifelt.
Doch ihr Mann wollte sie nicht hören. Letzte Woche hatte er für ein paar Tage weg müssen, um einen Auftrag für den Lord zu erfüllen und als er zurückgehrt war, hatte er zu trinken begonnen und nicht mehr aufgehört. Wieder zerschellte ein Glas an der Wand. Lucius sah zum Fürchten aus, seine Haare waren wirr und seine Kleidung verdreckt und er stank nach Alkohol, er hatte etwas verschüttet, nicht weiter verwunderlich, wenn man an die vielen leeren Flaschen dachte, die sein Umfeld säumten. Wenn er sich so betrank, half kein Befehl einen Hauself auch nur in seine Nähe zu bewegen.
Narzissa seufzte und fegte, was auch immer den Lehnstuhl belegte zu Boden, die Hauselfen müssten den Raum ohnehin gründlich säubern. Da spielte etwas mehr Dreck auch keine Rolle mehr.
"Wenn du reden willst, tue es ich höre zu", sagte sie bestimmt und starrte ihren Mann an.
"Wie geht es Draco?", fragte dieser indessen leise, fast flüsternd und Narzissa hätte ihn fast nicht verstanden.
"Draco?!"
"Ja unserem Sohn! Verdammt du musst doch wissen, wie es Draco geht!"
"Hey ich bin nicht diejenige die ihn mit Isolation bestraft, weiß ohnehin nicht warum er keinen Kontakt zu seinen Freunden haben darf!", fauchte sie scharf zurück.
"Es ist zu seinem Besten, je eher er sich daran gewöhnt desto leichter wird es ihm fallen", sagte Lucius trocken.
"Was fallen?" Narzissa beäugte ihren Gatten mit unverhohlenem Misstrauen.
"Meinem Weg zu folgen, was denn sonst!"
"Nein, Lucius Nein! Das kann nicht dein Ernst sein, du hast es versprochen. Lucius du hast es versprochen, du hast versprochen, dass er kein Todesser werden muss!"
"Na und? Das interessiert den Lord einen feuchten Scheißdreck!"
Lucius schwankte und nahm einen weiteren Schluck gleich direkt aus der Flasche, nun ja, er hatte schließlich alle sich im Raum befindlichen Gläser zertrümmert.
Narzissa stand auf und schlug ihm die Flasche aus der Hand. ihr Mann starrte sie groß an und dann stierte er die zerbrochene Flasche an, deren Inhalt sich über den Teppich verteilte. Er kicherte leise und sah Narzissa irre an, er hatte sich um seinen Verstand getrunken, er war wahnsinnig zumindest hatte sie diese Befürchtung.
"Ich wollte es nie, weißt du", lachte er. "Ich wollte es nie!", schrie er. "Niemals!"
"Ich weiß Schatz, ich weiß. Du kannst nichts dafür, Schatz, du kannst nichts dafür, vergib dir doch endlich. Du kannst die Vergangenheit nicht ändern."
Lucius rannte durch den Raum rief nach einem Hauselfen. Dieser zitterte, wie Espenlaub, aber er war erschienen. Lucius forderte noch mehr Alkohol. Der Hauself brachte gehorsam was aufgetragen wurde. Der Mann trat gewohnheitsmäßig nach ihm, aber er verfehlte den armen kleinen Kerl glücklicherweise.
Nach dem er die Flasche angesetzt hatte und das brennende Getränk seine Kehle hinunter geflossen war, sah er Narzissa an und lächelte sie an.
"Er ist immer da, weißt du, dieser Scheißkerl ist tot und trotzdem ist er immer noch in meinem Kopf!", schrie er lauthals.
Er wankte auf sie zu und sie fing ihn auf. Tränen rannen über sein Gesicht, sie hielt ihn einfach fest, zu sehr liebte sie diesen Mann auch wenn es kaum jemand verstand. Wer wusste auch schon die Wahrheit, wer wusste, dass er, der große Lucius Malfoy, ein gebrochener Mann war? Alle hatten sie ihn verlassen, sogar Severus, der einst ein Freund war, der einzige den ihr Mann eigentlich je gehabt hatte. Sie wusste auch wer Schuld an der Feindschaft trug, es war der Lord, er hatte beide immer gegeneinander ausgespielt und mit der Zeit wurde aus dieser Rivalität Hass, welche der Lord, weidlich für sich nutzte.
Der Lord war Schuld, er hatte an allem Schuld. Hilflosigkeit und Jahre überdauerte Verzweiflung hatten den Hass, den Narzissa gegen den Lord hegte, geschürt. Sie kannte die Wahrheit, sie wusste was geschehen war und sie hatten sich Beide versprochen, das niemals Draco anzutun.
Draco Drackam Malfoy, wie Lucius auf diesen Namen gekommen war, wusste sie nicht, aber er hatte darauf bestanden. Er sagte, sein Sohn würde einmal ein Drache werden, wie ihn die Gesellschaft noch nicht erlebt hat. Lucius Malfoy, der als einer der größten Zauberer galt, als integere Gestalt der Gesellschaft - der Gleiche hing nun in ihren Armen.
"Warum hat er mir das angetan?", flüsterte er leise.
"Schatz ich weiß es nicht, kämpfe dagegen, du bist ein großer Zauberer, andere wären längst verrückt geworden."
"Ich bin ein Mörder, der Sohn eines Mörders, Draco wird auch ein Mörder werden, wie sein Vater."
"Du bist nicht Apperix, du bist es nicht und wirst es nie sein, hörst du mich, du bist kein Mörder!", ereiferte sie sich.
"Vater", murmelte er.
"Nenn sein Namen Lucius, nenne verdammt noch mal seinen Namen, er ist ein Arschloch gewesen, er ist doch mit Schuld! Er hat doch geholfen Voldemort groß zu machen!"
"Und ich habe nichts dagegen getan." Er blickte sie traurig an. "Nichts, nicht einen einzigen hab' ich beschützt. Niemals, die hatten schon recht, mich nicht aufzunehmen, einem Malfoy kann man nicht trauen!"
"Idioten, man sieht ja was es ihnen gebracht hat", erwiderter sie wütend.
Mit einem Mal sah Lucius sie kalt an und erhob sich aus ihrer Umarmung, sie wusste, dass der Fluch wieder wirksam war. Er war nicht mehr Herr seiner selbst.
"Was hast du vor?", fragte sie nervös.
"Meinem Sohn unsere Macht zeigen, was denn sonst, es ist Zeit."
Narzissa rann eine Träne über die Wange. Sie hatte Angst, wie sollte das nur enden? Wer würde denn Lucius helfen, wenn dieser sich selbst nicht helfen konnte. Ihr fiel nur einer ein, doch der Weg dahin war weit und ihr Mann müsste ihn alleine finden, da konnte ihm niemand helfen. Er würde eines Tages seinen Stolz überwinden müssen und einem Anderen die Wahrheit erzählen. Vielleicht schaffte er es ja, eines Tages. Sie hoffte es so sehr.
Währenddessen, in einem anderen Trakt des weitläufigen Gebäudes.
"Steh auf Junge! Schlafen kannst du wenn du tot bist!", schrie Lucius seinen Sohn an, der verdattert aus dem Bett kroch. Natürlich hatte er sich gewünscht, dass sein Vater Zeit für ihn finden würde, allerdings hatte er das Gefühl, dass er diesen Wunsch bitter bereuen würde. Rasch zog er sich eine Robe über seinen Schlafanzug, hier konnte es verflucht kalt werden. Nicht so wie in Hogwarts, wo die Feuer immer brannten. Hogwarts, welcher Idiot hatte eigentlich die Ferien erfunden. Denn etwas wusste kaum jemand über den jungen Mann, dieser hatte nämlich eine große Abneigung gegen die Ferien, das ergab sich daraus, dass er diesen Kasten, wie er Malfoy Manor nannte, hasste. Es war düster, kalt und unheimlich. Die Keller waren so weitläufig, dass man sich darin verirren konnte.
Die Keller, dorthin waren sie unterwegs, Kerker sollte man wohl eher dazu sagen, denn das waren sie nämlich. Wenn auch auf viele Arten. Lucius hatte schließlich einen großen Teil seiner Jugend darin verbracht.
Draco war kalt und er hatte Angst, auch wenn er sich das nicht eingestand. Lucius sprach während der Zeit kein Wort mit seinem Sohn. Sie waren in einen Bereich gekommen, wo Draco noch nie zuvor gewesen war. Hier gab es nur unbehauenen Stein und es roch, stank gerade zu nach menschlichen Ausdünstungen und Tod. Wenn der Tod einen Geruch hatte, dann würde er so riechen. Dem jungen Mann fröstelte es, er wollte hier weg, er wollte, dass das alles nur ein Albtraum war und er eigentlich nur in seinem Bett lag.
Doch er trottete gehorsam weiter, vor einer schweren Eisentür blieben sie stehen. Lucius zückte seinen Zauberstab und entriegelte das magische Schloss. Es war eine Zelle, das Innere ließ keinen Zweifel daran. Auf einer Pritsche saß ein Muggel, er war ungepflegt und in der Ecke sah und roch man, wo er sein letztes Geschäft erledigt hatte. Draco würgte, unter anderem wurde ihm vom Gestank übel. Ein leerer Wasserkrug und ein leer gegessener Teller standen neben der Pritsche. Der Muggel richtete sich schwerfällig auf und seine Augen weiteten sich vor Schreck und Hoffnung, als er die Beiden sah. Es waren die ersten Menschen, die er seit seiner Entführung in dieses Höllenloch sah.
Doch der kalte Blick des Erwachsenen ließ ihn frösteln, er wusste nicht was man von ihm wollte. Er wollte nur nach Hause zu seiner Frau und er hatte sich geschworen nie wieder auch nur einen Tropfen anzurühren. Wäre er nicht so betrunken gewesen, hätte er diesen schwarzen Kapuzenmann eher bemerkt und wäre weggelaufen.
"Bitte Sir lassen Sie mich gehen, ich weiß nichts, ich werde niemandem etwas sagen", bettelte er.
Lucius lächelte ihn kalt an. "Was wollen Sie denn wem erzählen, wir haben doch noch nicht einmal angefangen Muggel!"
Er wandte sich seinem Sohn zu. "Nun zeige mir wie weit du mit den Unverzeihlichen bist, ich denke wir sollten diesem Muggel eine Lektion in wahrem Schmerz geben, damit er sieht wie gut er es bis jetzt hatte."
Draco erschrak bis auf die Knochen. Natürlich hatte er die Unverzeihlichen gelernt, er hatte sie bis jetzt jedoch nur gegen Tiere angewandt, besser gesagt, Tassen oder Ähnliches, das er in Lebendes verwandelt hatte. Er war in Verwandlungen nicht der Schlechteste und wenn McGonnagall nicht immer so auf die Theorie pochen würde, wäre er der Beste in der Klasse, seiner Meinung nach.
Er zog seinen Zauberstab aus der Robe und richtete ihn zittrig gegen den Muggel. Warum sollte er diesen foltern? Das war doch unsinnig! Es gab keinen Grund, es war doch nur ein einfacher Muggel.
"Was ist, schläfst du!", fauchte sein Vater ungeduldig.
"Es ist verboten, Moody hat gesagt, wenn man einmal einen Unverzeihlichen gegen einen Menschen anwendet, handelt man sich lebenslang Azkaban ein."
"Also hält mein Sohn, die Worte dieses Auroren" - er spuckte das Wort gerade zu aus - "für gewichtiger, als einen Befehl seines eigenen Vaters. Ich bin enttäuscht!"
Draco sah an dem Blick, dass er in Schwierigkeiten steckte, er war ein Malfoy und Ungehorsam war ein schweres Vergehen in seiner Familie. Er wusste, als er noch klein gewesen war und nicht gehorcht hatte, hatte man ihn in den Kleiderschrank gesperrt und Lucius hatte ihn sogar einmal über Nacht eingesperrt. Weil er damals gesagt hatte, dass Harry Potter doch ein Held gewesen sei. Er wusste es wäre klüger dem Befehl Folge zu leisten und es war doch nur ein beschissener Muggel. Wo war das Problem?
Lucius blickte seinen Sohn kalt an und dann verfluchte er selbst den Mann. Er hatte es mit so einer Kälte getan, die Draco mehr als alles andere schreckte. Laute Schreie hallten in der kleinen Zelle wieder und der arme Mann wand sich am Boden vor Schmerzen, schier unerträglichen Schmerzen. Draco zerriss es das Herz, wie konnte ein Mann nur so schreien?
Nach Stunden, wie es Draco schien löste Lucius den Fluch. Der Mann keuchte und starrte Lucius ungläubig und angstvoll an.
"Nun mein Sohn, du siehst, es ist ganz leicht!"
Draco starrte ihn groß an.
"Gehorsam ist eine Tugend, Draco. Gehorsam ist eine Tugend, wirst du gehorsam sein?"
Der junge Mann starrte auf seinen Zauberstab und wieder erhob er ihn gegen den Muggel.
"Bitte tu das nicht! Bitte!", flehte der Mann und starrte Draco groß an.
Der junge Mann senkte seinen Zauberstab und schüttelte seinen Kopf, er brachte das nicht, er schaffte es einfach nicht.
"Crucio!", erklang die schneidende Stimme seines Vaters und mit einem mal verstand Draco, wann man so schreien konnte. Er selbst hatte das Gefühl, dass seine Knochen in Flammen standen, und sich glühende Lava durch seine Venen zog. Der Schmerz war überall, allumfassend und ein kleiner Teil von ihm fragte sich, wie man solche Schmerzen ohne zu sterben ertragen konnte.
Nach Sekunden oder Stunden, wie es Draco schien, löste sein Vater den Fluch wieder, aber der junge Mann würde es nie vergessen.
"Ich bin gnädiger, als ein Anderer an meiner Stelle", sagte er leise, dann wandte er sich zum Gehen.
Draco blieb wie angewurzelt an Ort und Stelle stehen, er war zu geschockt.
"Mein Name ist James Brown, mein Name ist James Brown, sag meiner Frau wo ich bin, Junge!", schrie der Muggel in seiner Verzweiflung.
Lucius drehte sich um und sprach den Letzten der Unverzeihlichen aus. Der Mann war auf der Stelle tot und Draco stand der blanke Schweiß auf der Stirn. Er hatte laut aufgeschrieen, als er das grüne Licht gesehen hatte.
"Komm jetzt, es sei denn du willst hier übernachten!"
Draco zwang sich dazu seine Beine in Bewegung zu setzen, allerdings mit einem großen Abstand zu seinem Vater. Doch dieser brachte ihn nur in die Haupthalle, wo er seinen Sohn ohne ein weiteres Wort alleine ließ. Dieser rannte die Treppen rauf und die Gänge entlang, bis er in sein Zimmer gelangte, und warf sich auf sein Bett. Er hatte eigentlich noch nie geweint, zumindest konnte er sich nicht mehr daran erinnern. Jetzt aber weinte er, Tränen rannen ihn Strömen und er zitterte. Er wollte das Gesehene vergessen, nicht mehr daran denken, doch die Bilder des Schrecknis hatten sich in sein Gedächtnis eingebrannt und er sah es immer und immer wieder, es wollte nicht enden. Der Junge schrie laut auf. Draco fuhr zusammen, als ein Hauself auftauchte.
"Ihr trinken sollt!", sagte dieser mit seinem gebrochenen Englisch.
Der junge Mann gehorchte, er war zu verwirrt um Fragen zu stellen. Er erkannte an dem Geschmack, dass es ein Schlaftrank war, einer der für einen traumlosen Schlaf sorgen würde.
Er verfluchte sich kurz bevor er wegdämmerte, dass er sich gewünscht hatte, dass sein Vater Zeit für ihn haben sollte, jetzt hoffte er nur, dass es nie wieder passieren würde. Nie wieder!