Sieben Morgen - Kapitel 2

 

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Kapitel 2: Der Traum



Snape kehrte in seine Räumlichkeiten zurück, um sich wieder an die Arbeit zu machen. Doch er konnte sich einfach nicht konzentrieren. Vielleicht war die Idee doch nicht so gut gewesen, ein so üppiges Frühstück zu sich zu nehmen. Aber vielleicht waren es auch seine Gedanken, die die ganze Zeit um eine Sache kreisten: seinen Traum.

Seit fast einer Woche spielte sich in seinem Schlaf die selbe Geschichte ab:

Er befand sich in seinem Klassenzimmer. Es war schon nach Schulschluss und die Klassenarbeiten warteten darauf, korrigiert zu werden. Also machte er sich an die Arbeit.

Nach kurzer Zeit stieg ihm ein seltsamer Duft in die Nase, nach Gewürzen, soweit er das einordnen konnte. Er suchte also nach der Quelle dieser Wohlgerüche und fand sich plötzlich auf einem Platz wieder, den er noch nie zuvor gesehen hatte.

Sein Klassenzimmer war verschwunden.

Auf dem Platz tummelten sich die Menschen und die Sonne brannte auf seinen Kopf.

Er schien sich auf einem orientalischen Markt zu befinden. Und jetzt erkannte er auch, aus welcher Richtung der Gewürzduft herüberströmte. Die mit Fliesen ausgelegten Gassen wirkten wie Korridore zwischen zahllosen winzigen Buden mit prallgefüllten Säcken von Gewürzen und Kräutern sowie Flaschen voll duftender Essenzen.

Snape setzte sich in Bewegung und streifte ungeniert zwischen den Ständen umher, vorbei am Teppichmarkt und den Handwerkern, die filigrane Goldarbeiten präsentierten. Überall drangen fremde Worte an sein Ohr und er sah, wie an jeder Ecke heftig um den Preis gefeilscht wurde.

Als er so eine Weile gegangen war, erhob sich vor ihm ein grosses Steintor. Das musste das Tor in der Stadtmauer sein, überlegte er. Er drehte sich um. Hinter sich konnte er zwei Minarette einer Moschee sehen. Dies bestätigte seine Annahme, dass er sich in einem Land des Orients befinden musste. Auf der anderen Seite der Mauer erstreckte sich die karge Wüste.

Plötzlich tauchte eine verhüllte Gestalt hinter einer der Steinsäulen auf. Snape wollte sich zu erst hinter die andere Säule schieben, merkte aber dann, dass es sich bei der Gestalt um eine zierliche Frau handelte.

Ihr ganzer Körper war in ein schwarzes Gewand gehüllt und ihr Gesicht war von einem Tuch verhüllt, dass nur einen schmalen Schlitz für die Augen frei liess. Grosse, dunkelbraune Augen, von langen Wimpern umrandet und durch schwarze Striche hervorgehoben.

Er blieb wie gefesselt stehen. An ihrem Handgelenk konnte er einen dicken goldenen Armreif erkennen, der gar nicht zu ihrer zerbrechlichen Statur passte. Sie streckte eine Hand nach ihm aus. Instinktiv wollte er sie ergreifen.

In diesem Moment trat eine andere Gestalt aus dem Schatten ins Licht der grellen Wüstensonne. Sie war kaum grösser als die Frau, jedoch trug sie keinen Schleier, sondern nur ein langes schwarzes Gewand und einen Umhang. Snape konnte erkennen, dass es sich diesmal um einen Mann handelte und er schätzte, dass er etwa in seinem Alter war. Sein Gesicht wurde durch eine grosse Narbe entstellt und sein Mund verzog sich zu einem grässlichen Grinsen. Der seltsame Mann trat von hinten auf die Frau zu. Sie schien ihn nicht zu bemerken und fuhr erschrocken zusammen, als er sie am Arm packte und in die Dunkelheit zurückzerrte, aus der er gekommen war.

Die Frau schrie auf und sagte etwas in einer Sprache, die Snape nicht verstand. Doch er brauchte sie nicht zu verstehen um zu wissen, dass sie in Gefahr war.

Als er aber durch das Tor trat, war die Frau verschwunden. Ebenso der Mann. Einzig der goldene Ring lag im Sand und schien sich zu bewegen.

Erst jetzt erkannte Snape, dass es sich um eine goldene Schlange handelte, die sich nun auf ihn zu bewegte. Ihr Körper war mit Zeichen übersäht, die er nicht deuten konnte. Allem Anschein nach waren es Hieroglyphen der alten Ägypter. Also befand er sich wahrscheinlich in Ägypten.

Aber sein Standort war jetzt sein kleinstes Problem, denn die Schlange hatte sich aufgerichtet und zischte ihn böse an. Das Zischen hörten sich wie Worte an, die sie ständig wiederholte. Snape verstand es nicht, aber es hörte sich an wie "saba'a" und "bukra", aber er war sich nicht sicher.

Auf einmal verstummte sie und fing an zu wachsen. Nach kurzer Zeit überrage sie sogar die beiden Minarette hinter ihm. Ihre Augen glühten wütend und der Himmel verdunkelte sich. Die Erde zitterte. Snape wollte weglaufen, konnte sich aber nicht bewegen. Hilflos musste er zusehen, wie die Schlange das Tor passierte und auf den Markt zukroch.

Die Menschen waren in ihre Häuser geflüchtet oder rannten panisch durch die engen Gassen. Das Monster bewegte sich unbeirrt fort und zerstörte alles was ihm im Weg war.

Snape stand immer noch wie angewurzelt da und die Welt um ihn herum verschwamm, bis er schliesslich nur noch die entsetzlichen Schmerzensschreie der Leute wahrnahm.

An diesem Punkt endete es immer und er erwachte schlagartig. Er wusste, dass alles nur ein Traum gewesen war. Doch schien es ihm von Mal zu Mal realer zu sein.

"Saba'a, bukra" sagte er immer wieder leise vor sich hin. Was hatte die Schlange damit gemeint? Es liess ihm keine Ruhe und er beschloss sich in der Bibliothek nach einem Wörterbuch umzusehen. Wahrscheinlich waren es arabische Worte gewesen, da er sich ja jedes Mal in Ägypten befand.

Auch die unbekannte Frau begleitete ihn immer in seinen Gedanken. Wer war sie? Und wer war der Mann?

Sofort verbannte er jeden weiteren Gedanken an seinen Traum aus seinem Kopf. Wie konnte er sich nur von so etwas von seinen täglichen Tätigkeiten abhalten lassen?

Snape beschloss nicht weiter darüber nachzudenken und stattdessen die Aufsätze fertig zu korrigieren, die sich immer noch auf seinem Schreibtisch stapelten.

Aber irgendwie wollte ihm das auch nicht gelingen.


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