Und es ward Schatten - Kapitel 5

 

 

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Kapitel 5



Im nächsten Augenblick fand ich mich auf einer Lichtung in einem Tannenwald wieder.
Die meisten Treffen fanden an solchen Plätzen statt.
Ich war mal wieder der letzte Todesser, der erschien, schließlich mußte ich erst das Schulgelände verlassen, um apparieren zu können.
Voldemort selbst fehlte noch.
Plötzlich fiel mir auf, daß außer denen, die bei dem letzten Überfall getötet wurden, noch drei weitere Todesser nicht anwesend waren.
Wo waren sie? Wo waren Malfoy, Warner und Bador?
Führten sie eine mir unbekannte Aktion durch?

Ich hatte keine Zeit mehr, mir über die fehlenden Todesser Gedanken zu machen, denn in diesem Moment kam Voldemort.
Aber anstatt mit einer theatralischen Inszenierung, wie er es so häufig bei seinem Erscheinen tat, apparierte er zu diesem Treffen.
Dabei erschien er so plötzlich in unserer Mitte, daß einige erschrocken zurückwichen.
Sie fingen sich schnell und gingen wieder vor, doch der Dunkle Lord hatte ihr Verhalten bemerkt.

Doch wider Erwarten zog er nicht seinen Zauberstab, um seine Anhänger für ihre Furcht zu bestrafen. Voldemort lachte.
Es war ein grausames Lachen und es wirkte gespenstisch, wie er dort in seiner silbernen Robe auf dieser Lichtung, umringt von schwarz gekleideten Todessern im Mondlicht stand und lachte.

Sein Blick glitt über die Gesichter der versammelten Anhänger und blieb schließlich an mir hängen. Sein Lachen verstummte so plötzlich, wie es gekommen war und er begann, mit kalter Stimme zu sprechen.

„Letzte Nacht fand eine lange geplante Aktion statt. Der Überfall auf die Wallners. Doch er wurde vereitelt. Vereitelt von den Auroren. Sie stellten uns eine Falle. Alle meine beteiligten treuen Diener wurden getötet, weil sie kämpften.
Und nur einer ist entkommen. Nur einer hat überlebt.
Nun frage ich euch: Wie konnte das passieren?
Ihr wißt es nicht?
Nun, ich weiß es auch nicht.
Darum laßt uns denjenigen fragen, der für diese Aktion verantwortlich war und der als einzigster entkommen ist.
Was hast du dazu zu sagen, Severus Snape?“

Mein Mut war während Voldemorts Rede stetig gesunken. In dieser Stimmung, mit dieser Wut hatte ich kaum eine Chance, diesen Tag zu überleben.
Nun trat ich aus dem Kreis der Todesser hervor und versuchte meinen Meister so sicher, wie möglich anzusehen.

„Die Auroren hatten das Haus der Wallners umstellt. Sofort, nachdem wir die Tür gesprengt hatten, griffen sie an. Ich selbst wurde von einem ihrer Flüche getroffen und konnte nur knapp entkommen.“

„Ja, das ist mir bekannt.“, antwortete Voldemort.

Wieso war ihm das bekannt? Ich war doch der einzigste, der überlebt hatte. Wer konnte ihm davon erzählt haben?

„Ich war dort und habe die Aktion beobachtet. Ich habe also gesehen, daß du verwundest wurdest und dann disappariert bist. Aber warum ist es dir gelungen, wo es doch alle anderen nicht geschafft haben?
Weil du nicht in dem Haus oder direkt davor warst, sondern in einiger Entfernung von dem Ort des Geschehens. Und nun frage ich mich, warum wohl standest du so weit weg?
Die einzige Erklärung für mich ist, daß du von der Falle der Auroren wußtest.
Das wiederum würde bedeuten, daß du entweder hellseherische Kräfte hast, was ich jedoch stark bezweifle, da du ansonsten doch wohl die anderen nicht zu dem Haus geschickt hättest, oder daß du die Auroren selbst informiert hast.
Das würde heißen, da du ein Verräter bist!“

Voldemort hatte die Wut immer weniger aus seiner Stimme verbannen können und ich wußte, daß ich ihn dringend beruhigen mußte, um nicht sofort den tödlichen Fluch zu spüren zu bekommen.

„Meister! Ich versichere Euch, daß ich kein Verräter bin. Ich bin Euch stets treu ergeben gewesen! Glauben Ihr, wenn ich von den Auroren gewußt hätte, wäre ich so lange vor Ort geblieben, bis mich ein Fluch traf? Vielleicht habe ich einfach nur schneller reagiert, als die anderen, und bin deshalb entkommen.“

Der Dunkle Lord starrte mich nun nachdenklich an. „Ich muß zugeben, daß ich dir nicht gerade die besten meiner Zauberer mitgegeben habe. Trotzdem warst du der Leiter der Aktion und somit für die Sicherheit der dir Untergebenen verantwortlich. Und nun sind sie tot. Du hast versagt, Snape.“

Voldemort richtete seinen Zauberstab auf mich. Er zögerte einen Moment, als würde er überlegen, welchen Fluch er aussprechen sollte, dann flüsterte er: „Crucio!“

Die Woge aus Schmerzen riß mich von den Beinen.
Meine Muskeln verkrampften sich in unerträglicher Weise.
Mein Blut schien zu kochen, meine Haut in Flammen zu stehen.
Wie durch Watte hörte ich mich selbst schreien und die anderen Todesser gröhlen.
Ich wußte nicht, wie lange ich nun schon unter dem Fluch stand, als der Cruciatus von mir genommen wurde.
Aus der Ferne hörte ich Voldemorts Stimme.

„Ich werde dich nicht töten. Deine Fähigkeiten sind für mich nicht leicht zu ersetzten. Aber du hast einen Fehler gemacht. Und Fehler müssen bestraft werden. Crucio!“

Wieder füllte sich meine Welt mit Schmerzen.
Vor meinen Augen flimmerte es.
Dann endlich fiel ich in eine wohltuende Ohnmacht.

Als ich wieder zu mir kam, war ich allein.
Der Dunkle Lord und seine Helfer waren verschwunden.

Ich lag am Rand der Lichtung.
Ich spürte einen starken Würgereiz und begann krampfhaft zu husten. Blut floß stoßweise aus meinem Mund.
Mühsam setzte ich mich auf, obwohl jeder Teil meines geschundenen Körpers lautstark dagegen protestierte. Schwankend stand ich auf. Die Welt um mich herum drehte sich. Meine Beine drohten nachzugeben, darum stützte ich mich an einen nahen Baum.
So verharrte ich eine Weile, um zu Atem zu kommen.
Dann sammelte ich alle meine Kraftreserven zusammen und disapparierte.

Ich landete genau an der Stelle, von der ich einige Zeit zuvor gestartet war.
Am Rande des Verbotenen Waldes.
Doch das Apparieren hatte mich zuviel Kraft gekostet.
Ich warf einen Blick auf das Schloß, das in unerreichbarer Ferne schien, dann wurde es erneut schwarz um mich.




Erzählt von Harry Potter:

Nachdem unser Unterricht für diesen Tag beendet war, gingen Ron, Hermine und ich sofort zu Hagrids Hütte. Er hatte mir bereits am Morgen eine Nachricht geschickt, daß er uns sehen wollte.
Es stellte sich heraus, daß er einige Exemplare einer seltenen Tierart gekauft hatte, die er uns zeigen wollte. Er hielt sie in einer Koppel hinter seinem Haus und wir waren wirklich überrascht, als wir sie zum ersten mal sahen.
Alles hatten wir erwartet, nachdem Hagrid so begeistert von diesen Wesen gesprochen hatte, nur das nicht. Es waren weiße, geflügelte Ponys! Und im Gegensatz zu den vorherigen Pfleglingen meines Freundes, waren sie klein und wunderschön.
Da es ein warmer Sommertag war und weder ich, noch Ron Lust hatte, uns mit Hausaufgaben zu beschäftigen, verbrachten wir, gemeinsam mit Hagrid und Hermine eine ganze Weile damit, diese zarten Geschöpfe zu beobachten und zu streicheln.

Ich unterhielt mich gerade mit Hagrid, als ich hinter mir einen spitzen Schrei hörte. Erschrocken fuhr ich herum. Es war Hermine gewesen, die geschrien hatte. Nun starrte sie mit großen Augen über die Koppel hinaus zum Rand des Waldes und stotterte: „D-da vorne! Da ist eben eine Person appariert und dann zusammen gebrochen!“

Hermine zeigte nun mit ihrer Hand in die Richtung, in der sie die Beobachtung gemacht hatte und ich folgte ihrem Blick.
Tatsächlich konnte man dort in einiger Entfernung einen kleinen schwarzen Hügel erkennen.
Hagrid handelte als erster und lief los. Wir drei anderen folgten ihm sofort.

Schnell erreichten wir die Person. Sie lag mit dem Gesicht zum Boden und ihr Körper war größtenteils von einem schwarzen Mantel verdeckt. Fast gleichzeitig erkannten wir alle, was das für ein Umhang war und erstarrten.
Wer immer diese Person auch war, sie trug die Kleidung der Todesser, der Anhänger Voldemorts.

„Bleibt hinter mir!“, befahl Hagrid. „Vielleicht ist das eine Falle.“ Dann näherte er sich vorsichtig dem leblosen Körper und drehte ihn um.
Es war Professor Snape.
Er sah schlimm aus. Er war offenbar bewußtlos und aus seinen Mundwinkeln lief eine dünne Blutspur.

„Mein Gott!“, flüsterte Hermine. „Ist er tot?“

„Nein, ich glaube er lebt noch“, erwiderte Hagrid, hob den Professor vom Boden auf und rannte mit ihm in den Armen hinauf zum Schloß.
Ron, Hermine und ich schlossen uns ihm an.

Nach nur kurzer Zeit erreichten wir das Schulgebäude.

„Ron! Lauf zu Professor Dumbledore und erzähl ihm, was passiert ist!“, rief Hagrid.
Während Ron den Weg zum Büro des Direktor einschlug, liefen wir anderen drei weiter zur Krankenstation.
Einen Moment lang wunderte ich mich, warum wir keinen anderen Schülern begegneten, doch dann fiel mir ein, daß die meisten diesen schönen Tag wohl in Hogsmeade oder unten am See verbrachten.

Endlich kamen wir zur Krankenstation. Wir traten ein und sahen eine Madam Pomfrey, die uns erschrocken anstarrte.

„Was ist passiert?“, fragte sie atemlos, während Hagrid Professor Snape auf eines der Betten legte.

„Ich weiß es nicht. Wir haben in zufällig gefunden!“, erwiderte mein Freund.

In diesem Moment stürzte Ron in das Zimmer, dicht gefolgt von Professor Dumbledore.

„Wie geht es ihm, Poppy?“, fragte er sofort.

„Ich kann es Ihnen noch nicht sagen, ich hatte keine Zeit ihn zu untersuchen!“, antwortete sie und beugte sich nun über Snape. „Es hat ihn ziemlich erwischt, aber ich denke, er wird es überleben. Sein Körper ist mit der Zeit widerstandfähig gegenüber dem Cruciatus geworden.“

Erst jetzt schien Dumbledore bewußt zu werden, daß sich Schüler im Raum befanden, denn er wandte sich zu uns und sagte: „Gut, daß ihr ihn so schnell hergebracht habt! Aber ihr geht jetzt besser.“

Wir nickten und verließen den Raum.
Sofort, als wir auf dem Flur standen, fing Ron aufgeregt an zu reden. „Habt ihr das gehört? Der Cruciatus! Voldemort hat Snape gefoltert. Was er wohl verbrochen hat, daß er so bestraft wird? Meint ihr, er hat rausgefunden, daß Snape ein Spion ist?“

„Nein, das bestimmt nicht. Sonst hätte Voldemort ihn gleich umgebracht“, erwiderte ich.

„Wenn wir ihn nicht gefunden hätten, wäre er wahrscheinlich auch so gestorben. Und habt ihr gesehen, mit welcher Leichtigkeit Hagrid Snape getragen hat? Als wäre er nicht schwerer, als eine Fliege“, flüsterte Hermine.
Sie schien wirklich erschüttert zu sein von dem Anblick ihres Lehrers.

Nachdenklich gingen wir die Treppen zu unserem Gemeinschaftsraum hinab.




Erzählt von Severus Snape:

Mühsam öffnete ich meine Augen und sah, daß ich in einem Bett im Krankenflügel lag.
Wie war ich hier hergekommen? Ich konnte mich nicht erinnern.

Mein Körper schmerzte noch immer, aber es war erträglich.
Nun erschien das lächelnde Gesicht von Madam Pomfrey vor meinen Augen.

„Sie haben uns einen ganz schönen Schreck eingejagt, Professor Snape. Aber keine Sorge, morgen früh sind Sie so gut wie neu!“

„Wie bin ich hierher gekommen?“, fragte ich.

„Jemand hat sie am Rand des Verbotenen Waldes gefunden“, antwortete sie knapp.

„Wer?“

Sie schien einen Moment zu zögern, bevor sie sagte: „Ich glaube es waren Hagrid, Mr. Potter, Mr. Weasley und Miss Granger.“

Ich stöhnte. Außgerechnet Potter mußte mich in diesem Zustand zu Gesicht bekommen.
Und was war mit Hagrid? Wußte er bereits von meiner Spionage-Tätigkeit?
Nun, wahrscheinlich hatte ihm Potter davon erzählt.

Madam Pomfrey reichte mir einen Trank, den ich ohne Widerworte zu mir nahm.
Er schmeckte entsetzlich. Ich mußte dringend etwas an dem Rezept verbessern.
Aber er bewirkte, daß ich mich sofort besser fühlte. Die Schmerzen ließen nach und ein Gefühl der Stärke durchfloß mich.

Ich schwang meine Beine über die Bettkante und setzte mich auf.
Nachdem ich ein aufkommendes Schwindelgefühl unterdrückt hatte, stand ich langsam auf und ging hinüber zu einem Stuhl, auf dem meine Robe und die Schuhe standen.

„Bleiben sie im Bett, Professor! Sie müssen noch liegen bleiben!“, rief Madam Pomfrey, doch ich ignorierte sie und zog mich an.

In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und Professor Dumbledore betrat den Raum.
Als er mich sah, begann er zu lächeln.

„Wie ich sehe, geht es dir wieder besser, Severus? Aber meinst du nicht es wäre klüger, noch eine Nacht hier auf der Krankenstation zu bleiben?“

„Nein, das glaube ich nicht!“, erwiderte ich. „Ich gehe jetzt nach Hause. Dort kann ich mich genauso gut erholen wie hier.“

Madam Pomfrey schnaubte empört, doch Dumbledore nickte.

„Lassen Sie ihn ruhig gehen, wenn er sich stark genug fühlt, Poppy.“

Die Heilerin verließ schimpfend den Raum. Dumbledore fragte mich nicht, was passiert war. Das war offensichtlich. Also sagte ich: „Bis morgen, Albus,“ was er mit einem Lächeln quittierte, dann verließ ich das Zimmer.

Auf dem Flur traf ich auf Professor Lupin, der mich erstaunt ansah.

„Hallo, Severus! Ich wollte gerade zu dir. Hab von Harry gehört, was passiert ist. Hat dich Poppy schon entlassen? Wenn ich ehrlich bin, siehst du nicht so gut aus.“

„Danke für das Kompliment!“, erwiderte ich trocken. „Sie wollte mich noch nicht gehen lassen, aber sie hatte keine andere Wahl, nachdem Albus mir die Erlaubnis gegeben hatte.“

„Das wird sie dir nie verzeihen, das weißt du, oder?“, sagte Lupin lächelnd.

„Das macht nichts. Ich gehe jetzt nach Hause.“ Damit wandte ich mich zum Gehen.

„Gute Nacht, Severus!“, rief Lupin hinter mir her.
Ich brummte eine Antwort, dann verließ ich das Schloß.

Inzwischen war es dunkel geworden.
Es war eine sternenklare Nacht. Aber ich hatte nicht die nötige Kraft, den Anblick zu genießen. So entfernte ich mich vom Gelände, bis ich die Waldgrenze erreichte.
Dort disapparierte ich.
Die Landschaft um mich herum verschwamm und als sie wieder klarer wurde, befand ich mich an der kleinen Eiche am Weg zu meinem Haus.

Zügig schritt ich weiter, den Blick auf den Waldboden gerichtet.
Plötzlich hob ich den Blick und erstarrte.


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