Und es ward Schatten - Kapitel 4

 

 

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Kapitel 4

Erzählt von Severus Snape:

Sobald ich konnte verließ ich die Große Halle.
Ich hatte sehr wohl bemerkt, wie Professor McGonagall und Dumbledore zu mir hinüber gesehen hatten. Ich hasste diese Art, wie sie mich anblickten.

Eilig ging ich durch die Gänge hinunter in die Kerker, wo sich sowohl mein Büro, als auch mein Klassenzimmer befand.
Durch die wenigen kleinen Fenster fiel strahlender Sonnenschein und erhellte die sonst so düsteren Flure um einige Nuancen.
Jetzt, im Hochsommer, war es hier unten angenehm kühl.

Ich betrat das Schülerlabor, in dem ich unterrichtete, und ließ mich in dem Stuhl hinter meinem schweren Holzschreibtisch nieder.
Die nächsten zwei Stunden würde ich mich mit den Drittklässlern aus Hufflepuff und Ravenclaw herumschlagen müssen.
Schon öffnete sich die Tür und die Schüler strömten in den Raum.

Nachdem sie alle an ihren Tischen Platz genommen hatten, schrieb ich Zutaten und die Zubereitung des Trankes, den sie heute brauen sollten, an die Tafel.
Die Schüler schrieben sofort eifrig ab.
Nach zwei Jahren Unterricht bei mir wußten sie, was ich von ihnen erwartete.
In der Zwischenzeit holte ich die benötigten Substanzen und verteilte sie auf den Tischen.

Die Drittklässler begannen mit der Zubereitung, während ich durch die Reihen ging, um Fehler zu korrigieren.

Plötzlich bildete sich über einem der Kessel eine dichte Rauchsäule. Es war der Kessel von Thomas Golnar, einem Schüler aus Hufflepuff.

"Mr. Golnar! Gehe ich Recht in der Annahme, daß sie weder Analphabet noch blind sind?", fragte ich mit leiser Stimme.

"Ja, Sir!", kam eine schüchterne Antwort hinter der Dampfwolke hervor.

"Können Sie mir dann vielleicht sagen, was vorne an der Tafel zu der Frage steht, in welcher Form sie das Farnkraut benutzen sollen?"

"Geschnitten, Sir!", flüsterte der Schüler.

"So! Geschnitten! Und warum schmeißen Sie das Kraut dann als Ganzes in ihren Trank?", schnauzte ich.

Thomas schien vor meinen Augen kleiner und kleiner zu werden.

"Ich weiß es nicht, Sir."

"Sie wissen es nicht? Schade. Fünf Punkte minus für Hufflepuff. Schütten Sie ihren Trank weg. Und dann schreiben Sie das Rezept des Trankes ab. Solange, bis die Stunde zu Ende ist. Vielleicht fällt ihnen dann ja beim hundertsten Mal auf, daß das Farnkraut geschnitten werden muß", sagte ich.

Ich setzte mich wieder an meinen Schreibtisch, während Thomas meinen Anordnungen folge leistete. Von dort aus beobachtete ich den Rest der Klasse.
Ich wußte, daß die Strafarbeit, die ich dem Schüler gegeben hatte, stupide und sinnlos war, aber ich hatte in diesem Augenblick nicht die Energie und Geduld, mir etwas kreativeres auszudenken.

Es folgten keine weiteren Zwischenfälle mehr und nachdem die Schüler ihre Plätze aufgeräumt hatten, verließen sie zügig das Zimmer.

Mit einem leisen Seufzen blickte ich auf den vor mir liegenden Stundenplan. Als nächstes hatte ich die Siebtklässler aus Slytherin und Gryffindor. Welcher Idiot hatte bloß diese beiden Häuser zum gemeinsamen Unterricht eingeteilt?



Erzählt von Harry Potter:

So schnell ich konnte rannte ich die Treppen hinab zu den Kerkern. Bei Professor Snape zu spät zum Unterricht zu kommen, war etwas, das man möglichst vermeiden sollte.
Endlich erreichte ich die Tür zum Klassenzimmer. Als ich eintrat, sah ich, daß die anderen Schüler bereits an ihren Plätzen saßen.
Einige drehten sich zu mir um, darunter auch Draco Malfoy, der mir schadenfroh grinsend entgegenblickte.

Da Professor Snape noch mit seinen Unterlagen beschäftigt schien, schlich ich mich zu meinem Platz. Doch natürlich hatte er mein Zuspätkommen bemerkt.

"Mr. Potter! Wer sonst könnte es sein! Sie denken wohl, sie hätten es nicht nötig, pünktlich zu erscheinen? Wer könnte es Ihnen verübeln? Berühmte Menschen haben so viele Termine, da kann man den Beginn einer einfachen Unterrichtsstunde schon mal vergessen. Nicht war, 
Mr. Potter?", erklang die kalte Stimme des Professors.

"Entschuldigen Sie, Sir! Ich mußte noch etwas mit Professor Lupin besprechen", sagte ich so selbstsicher, wie möglich.

"Interessant. Und ich dachte schon, es wäre was wichtiges", erwiderte Snape und die Slytherins begannen zu kichern.
"Zehn Punkte Minus für Gryffindor. Und nun haben Sie bitte die Güte, und setzten sich.
Wir wollen doch schließlich nicht, daß Gryffindor noch ein weiteres Jahr den Hauspokal verliert. Ansonsten bleiben Sie ruhig noch etwas stehen."

Schnell ließ ich mich auf meinen Platz neben Ron, erleichtert darüber, daß Snape mir nicht mehr Punkte abgezogen hatte. Minus Zehn. Das hätte jeder andere Lehrer auch für angebracht gehalten.

Professor Snape wandte sich nun der gesamten Klasse zu.

"Heute werden wir einen Fiebertrank brauen, um den mich Madam Pomfrey gebeten hat.
Das Rezept steht bereits an der Tafel. Dabei wird ihnen vielleicht eine Zutat auffallen, die wir bis jetzt noch nicht gebraucht haben: Regipselbeeren. Kann mir einer von euch sagen, wo ich diese Beeren finde und was sie bewirken?"

Hermines Hand schoß in die Höhe.
Da sich außer ihr niemand freiwillig meldete, nahm Snape sie dran, woraufhin sie einen etwa drei minütigen Vortrag hielt, der durchsetzt war mit Fremdwörtern.
Ich hatte kein Wort verstanden, und wie es aussah, auch der Rest der Klasse nicht.

"Haben Sie ein Lexikon verschluckt, Miss Granger? Wenn ich eine Antwort, wie die Ihre haben wollte, würde ich dort nachschlagen. Ich glaube Ihnen sogar, daß Sie selbst verstanden haben, was Sie gerade sagten, aber der Großteil Ihrer Klassenkameraden tut es mit Sicherheit nicht! Welchen Sinn also macht, Ihrer Meinung nach, eine solche Antwort?", fragte Snape, woraufhin Hermine rot anlief und den Kopf senkte.

Ich konnte es kaum glauben.
Auch wenn Snapes Stimme kalt wie immer geklungen hatte, hatte seine Standpauke doch ein gewisses Lob für Hermine enthalten.
Und, so sehr ich Hermine auch mochte, auch seine Kritik hatte eine gewisse Berechtigung.

"Mr Potter?"

Autsch!
Das war ein Fehler gewesen.
Ich hatte nur einen Moment nicht aufgepasst, sondern war in meinen Gedanken versunken und schon folgte die Strafe.
Snape schien es regelrecht zu spüren, wenn ein Schüler sich nicht auf seinen Unterricht konzentrierte.

Schon fuhr er fort: "Vielleicht können Sie mir ein wenig Ihrer kostbaren Zeit schenken und mir erklären, was Regipselbeeren sind?"

Was nun? Ich hatte keine Ahnung, was auch immer das für Dinger waren.

Meine Unwissenheit war mir offenbar anzusehen, denn Snape wartete meine Antwort nicht ab, sondern sagte spöttisch: "Wie wäre es mit Ihnen, Mr Longbotton? Sie sollen ja ein wahrer Spezialist in Kräuterkunde sein. Da müßte diese Frage für Sie doch ein Leichtes sein?"

Neville wurde knallrot.
Aber er sah Snape direkt an und fing leise, aber deutlich an zu sprechen.
"Regipselbeeren wachsen ausschließlich in der Arktis. Da sie nur unter einer Schneedecke von mindestens zehn Metern überleben können, sind sie äußerst schwer zu finden.
Um sie zu finden, benutzt man bestimmte Tiere, die sich von ihnen ernähren und sie aufspüren können.
Die Beeren haben eine kühlende und zugleich heilende Wirkung. Deshalb finden sie in vielen medizinischen Tränken Gebrauch."
Nevilles Stimme war im Laufe seiner Rede immer bestimmter geworden. Dies war ein Gebiet, auf dem er sich wirklich sicher fühlte.

"Gut, Mr Longbotton", sagte Snape, als Neville geendet hatte.

Ich dachte, er hätte ruhig ein "sehr" davorsetzen können. Aber das wäre wohl zu viel verlangt gewesen. Immerhin war dies das zwei Lob innerhalb weniger Minuten.
Und das von Snape.
An zwei Gryffindors. 
Doch es kam noch besser.

"Fünf Punkte für Gryffindor", fügte der Professor hinzu.

Neville und einigen anderen Schülern klappte die Kinnlade runter. Was war mit Snape los?

"Vielleicht sollten sich einige andere Schüler auch einmal mit solchen Dingen auseinander setzten, anstatt sich im Glanze vergangener Triumphe zu sonnen", sagte dieser in diesem Moment kalt und ich nahm meine Frage zurück. Snape war völlig okay.

"Worauf wartet ihr noch? Macht euch an die Arbeit!"

Schnell holten wir uns die Zutaten, die auf dem Schreibtisch unseres Lehrers lagen und fingen an, den Trank zu zubereiten.
Während wir uns so beschäftigten, wanderte Snape von einem zum Anderen.
Nachdem er einige Leute zusammen gefaltet hatte, weil sie einen Fehler gemacht hatten, setzte er sich an sein Pult und sortierte Papiere.

Der Rest der Stunde verlief friedlich und sogar Neville schaffte es, wahrscheinlich ermutigt durch das vorangegangene Lob, den Trank richtig zu Ende zu brauen.
Wir fühlten den Fiebertrank in Gläser, dann räumten wir unsere Plätze auf.
Alle anderen Schüler hatten bereits das Zimmer verlassen und wir wollten ihnen gerade folgen, da hörten wir Snapes Stimme:

"Miss Granger, könnte ich Sie noch einen Moment sprechen?"

Ron und ich warfen uns einen fragenden Blick zu, dann schlossen wir die Tür und warteten auf dem Flur auf Hermine.
Sofort legte Ron sein Ohr an die Tür und versuchte zu lauschen, doch es war nichts zu hören.
Wahrscheinlich war der Raum mit einem Fluch eben vor diesem geschützt.
Nachdem einige Zeit vergangen war, fragte er besorgt: "Meinst du, wir sollten mal reingehen und nachsehen, ob es ihr gut geht?"

In diesem Moment öffnete sich die Tür und Hermine betrat lächelnd den Flur.

"Was wollte er von dir?", fragte ich neugierig.
"Er hat mich gefragt, ob ich in nächster Zeit vielleicht öfters mal auf Judy aufpassen könnte", antwortete sie. "Ich freu mich schon richtig! Die Kleine ist einfach so süß!"

Ron sah sie zweifelnd an. "Bist du sicher, daß sie wirklich von Snape ist?"

Ich prustete los. Hermine warf ihm einen tadelnden Blick zu, konnte aber ein Grinsen nicht ganz unterdrücken.
Dann machten wir uns auf den Weg in die Große Halle zum Mittagessen. Wir setzten uns an den Tisch der Gryffindors und begannen zu Essen.

"Waf ham we glef?", fragte mich Ron nach einer Weile mit vollem Mund.

"Wie bitte?", erkundigte ich mich.

"Was wir gleich haben, habe ich gefragt", antwortete mein bester Freund, nachdem er geschluckt hatte.

"Verteidigung gegen die dunklen Künste."

"Cool!", sagte Ron und ich stimmte ihm in Gedanken zu.
Der Unterricht bei Professor Lupin war wirklich sehr interessant.
Ich sah hinüber zum Lehrertisch, wo Lupin sich gerade mit seinem Nachbarn unterhielt.
Es war Snape.
Das lenkte meine Gedanken auf eben diesen Professor.
Früher hatte es so etwas nicht gegeben: Professor Snape unterhielt sich mit Lupin.
Aber auch sein Verhalten den Gryffindors gegenüber in der heutigen Stunde wäre noch vor einiger Zeit undenkbar gewesen.
Kein Zweifel, er hatte sich verändert.
Er war zwar noch immer sarkastisch und kalt, doch etwas war anders.
Er war fairer geworden und ich wußte auch was der Grund dafür war: Seine Frau Soleya.
Seitdem Snape verheiratet war, und das waren nun schon fast zwei Jahre, war die Verbitterung und der Haß langsam von ihm abgefallen.
Und Hermine, die schon öfters bei ihm zu Hause gewesen war, um auf seine Tochter Judy aufzupassen, erzählte mir, daß Snape dort anders war.
Entspannter und ruhiger. Sogar freundlich.
Er schien tatsächlich glücklich zu sein und nahm seine Rolle als Vater sehr ernst.
Es war eine große Überraschung für uns gewesen, als Hermine uns sagte, daß sie bei Snape babysitten würde. Erst glaubten wir an einen Scherz, aber das war es nicht.
Und wenn ich es mir recht überlegte, verstand ich die Entscheidung meines Professors.
Einer Schülerin aus seinem Haus, aus Slytherin, ein kleines Kind anzuvertrauen, das wäre niemals gut gegangen.
Und Hermine war alt genug. Sie war verantwortungsbewußt und mochte Babys.
Natürlich freute sie sich auch über die Aufbesserung ihres Taschengeldes und so hatte sie das Angebot von Snape gerne angenommen.
Aber für ihn mußte es schwierig gewesen sein, derart über seinen Schatten zu springen und obwohl ich ihn so wenig mochte, respektierte ich es, daß er für sein Kind seine Vorurteile beiseite gelegt hatte.

Plötzlich bemerkte ich, daß ich den Lehrer für Zaubertränke schon eine ganze Weile anstarrte.
Schnell wandte ich mich wieder Ron und Hermine zu, bevor Snape mir noch mehr Punkte abziehen konnte. Zehn reichten für einen Tag.



Erzählt von Severus Snape:

Nachdem Professor Lupin gegangen war, beschloß auch ich mich auf den Weg in meinen Klassenraum zu machen.
Wir hatten uns während des Essens unterhalten, da er einen Rat suchte, sein Fach "Verteidigung gegen die dunklen Künste" betreffend.
Ich verstand einiges von diesem Gebiet und so hatten wir uns in der Vergangenheit schon öfter über verschiedene Probleme ausgetauscht.
Als er vor zwei Jahren seinen Job in Hogwarts wieder aufgenommen hatte, war ich sehr wütend darüber gewesen, doch mit der Zeit hatte ich eingesehen, daß es besser so war.
Ich hatte genug zu tun und hätte es nicht geschafft noch ein weiteres Fach zu unterrichten.
So war im Laufe der Jahre so etwas, wie Freundschaft zwischen uns beiden entstanden.

Ich betrat den Kerker und entfernte einige Reste, die die Schüler der vorherigen Klasse vergessen hatten.
Als ich fertig war, klopfte es an der Tür und die nächste Klasse betrat schüchtern den Raum.
Es waren Erstklässler aus Hufflepuff und Gryffindor.
Da das neue Schuljahr erst eine Woche alt war, erschien den Schülern noch alles fremd und ungewohnt. Zögernd setzten sie sich an die Tische.
Die Doppelstunde verbrachte ich damit, ihnen die Verbote zu erklären und ihnen vorne auf meinem Schreibtisch zu zeigen, wie man einen einfachen Trank zubereitete, dann entließ ich sie in den Nachmittag.

Diese beiden Unterrichtsstunden waren meine letzten für den Tag gewesen, darum ging ich in mein Büro, das gleich neben dem Schülerlabor lag, um noch einige Hausaufgaben zu korrigieren, bevor ich mich auf den Weg nach Hause machte.

Ich hatte erst einige Minuten dort gesessen, da schoß mir plötzlich ein scharfer Schmerz durch meinen rechten Unterarm.

Als wüßte er, wann ich unbemerkt verschwinden konnte. Nun, wahrscheinlich wußte er das auch.

Ich schrieb noch schnell eine Nachricht für Professor Dumbledore, die ich mit einer Hauselfe in sein Büro schickte, dann verließ ich das Schloß und ging soweit, bis ich das geschützte Gelände verlassen hatte.
Dort disapparierte ich.


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