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Kapitel 4
Natashas Haar bedeckte den größten Teil des Bettes und duftete nach Jasmin. Snape hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, er musste sie ansehen und über sie nachdenken. Er hätte nie gedacht, dass diese Liebe, die an dem Tag in Dumbledores Arbeitszimmer geboren war, - er hätte nie gedacht, dass diese Liebe fähig wäre einen der wirkungsvollsten Tränke, die er kannte, zu übertrumpfen. Er blickte auf diesen Engel auf seinem Bett und er wusste weder was er denken sollte, noch was er mit seinem Gefühl, einer Mischung aus Schmerz, fiebernder Begierde und Zärtlichkeit anfangen sollte.
Sie schwebte leicht, etwa zwei Zentimeter über Betthöhe. ‚So war es auch als wir uns liebten', dachte Snape fröstelnd. Wie konnte sie sich jemandem wie ihm hingeben? Und das mit so viel Leidenschaft und offensichtlichem Vergnügen? Sie war eine Jungfrau bis dahin. Er wusste es in dem Moment als ihre Körper einander begegnet waren. Sie war kein billiges Flittchen, das seine Zuneigung aus Lust und Laune verschenkte. Was hatte er getan, um das zu verdienen? Um sie zu verdienen? Gab es für ihn doch noch Hoffnung? Könnte er noch einmal wieder rein werden, geheilt werden?
Er, der gewöhnlich nur Ärger und Hass in seinem Herzen trug, hatte in seinen Armen das süßeste Geschöpf, das er je getroffen hatte. Sie passte in seine Umarmung, als wäre sie seine verlorene andere Hälfte. Sie lächelte im Schlaf. Er strich über ihr Haar und sie seufzte, streckte ihre dünnen Arme aus und öffnete ihre Augen warm und glücklich. Diese lebendigen großen und runden grünen Augen waren ihm die Sonne. Alle Lebenswärme die er brauchte kam von ihnen.
Snape stand widerwillig auf. Sie saß noch etwas verwirrt auf dem Bett.
"Guten Morgen", sagte er ohne sie anzuschauen, während er sich anzog. "Du solltest dich beeilen, niemand sollte wissen, dass du hier übernachtet hast.
"Ich verstehe", antwortete Natasha sanft und hüllte ihren nackten Körper in ein Laken wobei sie leicht errötete.
Snape sah sie an und wurde schwach. Sie sah aus wie ein Engel, noch so unschuldig und doch, letzte Nacht... Er setzte sich neben sie aufs Bett und zog sie an sich. Er küsste ihre Brauen, ihre Augen, ihre Nase, ihren Mund... Er wusste er konnte sein Leben lang nicht genug von ihr bekommen.
"Ich muss dir etwas sagen...", unterbrach er plötzlich mit ernstem Blick.
"Was?", fragte Natasha und umarmte ihn.
"Dieser Pilz... ist, glaube ich, nicht das, was du suchst."
Sie seufzte, doch ihre Augen leuchteten. "Dass geht in Ordnung. Ich bin sicher, wir finden eines Tages die richtige Zutat, den richtigen Trank.
Sie hatte wir gesagt... Er gehörte schon zu ihrer Zukunft.
Natasha glitt aus dem Bett und sammelte ihre Kleidung vom Boden auf. Sie sah wie ein Kind aus, so klein, so zerbrechlich...
"Hör zu" sagte Snape in einem tiefen Tonfall, der sie ängstigte. "Ich werde es nicht zulassen, dass du erkrankst, niemals. Für ein Heilmittel würde ich in die Hölle gehen, du sollst nicht so wie deine Mutter sterben!" Seine schwarzen Augen waren schmerzerfüllt. "Du vertraust mir doch?"
Sie küsste ihn auf die Stirn. Ja, sie vertraute ihm. Sie liebte ihn so innig, dass es für sie nichts wichtigeres als diese Liebe gab. Während sie liebte und wieder geliebt wurde, fühlte sie sich sicher und unverwundbar.
Ron war verschwitzt und kurzatmig.
"Was ist los?" fragte Hermione aufgeregt. "Du siehst aus, als wäre dir ein Werwolf begegnet."
"Wo ist Harry?", fragte er atemlos.
"Er kommt heute später - Quidditch-Training. Warum? Sagst du mir nicht, was los ist?"
Ron setzte sich auf einen Bibliotheksstuhl. Sie hatten sich verabredet, die Verteidigung-gegen-die-dunklen-Künste-Hausaufgaben zusammen zu machen, d.h. Hermione machte die Aufgaben und die Jungs schrieben bloß ab. Sie war nicht besonders glücklich mit dieser Vereinbarung, aber es war der einzige Weg Albträume zu vermeiden.
"Und Neville?"
"Er ist im Krankentrakt. Zu viele Schokofrösche...", sagte Hermione immer noch neugierig.
Harry kam glücklich in der Bibliothek an. "Nächste Woche gehen wir wieder nach Hogsmeade!"
"Harry irgendwas ist passiert und Ron will es mir nicht erzählen", sagte Hermione.
"Was, Ron?"
"Nein, nein, ich wollte dir das schon sagen, es ist nur, dass ich noch voll geschockt bin."
"Ja, was war denn los, hast du irgendetwas schlimmes gesehen?"
"Ja, gut, ich war gerade auf der Suche nach einem verborgenen Ausgang im dritten Stock, von dem mir Fred erzählt hatte. Als ich Mrs. Norris sah, habe ich die erste Tür geöffnet, die ich gefunden habe, und die führte in einen dunklen Gang und... uh, da habe ich sie gesehen.
"Wen?", fragte Hermione.
"Fräulein Rice...", murmelte Ron
Harry hatte so eine dumpfe Vorahnung.
Ron fuhr fort: Sie … also sie… sie war mit jemandem zusammen, heimlich…"
"Mit wem?? Bitte Ron mach's nicht so spannend", sagte Hermione.
"Snape!"
"Was heißt Snape? Meinst du, die beiden waren zusammen?", fragte Hermione mit weit geöffneten Augen.
"Sie haben sich geküsst!!!", sagte Ron als würde er bald explodieren. "Glücklicherweise haben sie mich nicht gesehen, Snape hätte mich sicher umgebracht."
Betretene Stille.
Harry konnte es nicht glauben. Ron musste sich irren, das war unmöglich. In all der Zeit war Natasha ihnen mehr als eine Freundin geworden. Er war inzwischen so dran gewöhnt nach ihr zu schauen, wenn er Hilfe brauchte. Harry fühlte sich betrogen, konnte sie nicht jemand weniger abstoßenden finden?
"Was sieht sie nur in ihm?", fragte Hermione, die nicht so schockiert dreinschaute wie die Jungs.
"Er muss sie verhext haben", grummelte Ron.
"Glaubst du wirklich? Nein, Fräulein Rice ist zu schlau und weiß eine Menge über Zauberei, sie hätte sich schon zu verteidigen gewusst", sagte Hermione mit einem seltsamen Ausdruck auf ihrem Gesicht. "Professor Snape, wer hätte das gedacht? Er muss wohl verborgene Qualitäten haben, die sie gefunden hat..."
Ron lacht. "Weiber.."
Harry wollte nichts mehr davon hören. Er rückte irritiert seine Brille zurecht.
"Können wir jetzt endlich Hausaufgaben machen? Es wird langsam spät..."
Natasha näherte sich Harry und warf einen Blick in seinen Kessel. Seit dieser Woche unterrichtete sie nun auch die Viert- und Fünftklässler. Harry stellte fest, dass sie wesentlich schöner als vorher war, sie sah stärker und glücklicher aus. Alles in allem konnte Snape nicht so schlecht für sie sein. Tatsächlich hatten alle Schüler in Hogwarts auch eine kleine Veränderung am berühmten Professor Snape wahrgenommen. Nicht, dass er nun aufgehört hätte Harry Potter zu hassen, natürlich. Das war so eine alte Angewohnheit, er würde Harry wohl für immer hassen. Und er versäumte keine Gelegenheit Gryffindor Punkte abzuziehen, das blieb sein Lieblingshobby. Doch er sah zugänglicher aus und weniger reizbar, ganz besonders was Neville Longbottom anging.
Natasha blieb bei Hermiones Kessel stehen und nahm ihre Arbeit in Augenschein. "Hermione, dein Trank ist perfekt, das könnte ich nicht besser bewerkstelligen, zehn Punkte für Gryffindor!"
Hermione lächelte glücklich.
"Heute gebe ich euch keine Hausaufgaben auf, aber ich bitte euch den Stoff für nächste Stunde gut durchzusehen."
Dean und Seamus sahen aus als wären sie von ihr hypnotisiert und meinte sie würden die Stunde wiederholen wann immer sie Freizeit hätten.
Als die Schüler den Kerker verließen, setzte sie sich auf den Tisch mit einem Gedichtband in der Hand, den ihr Neville Longbottom als Weihnachtsgeschenk überreicht hatte. Sie liebte das Buch. Sie öffnete es und begann zu lesen:
"Soll ich meine Augen schließen und in Ekstase versinken
denn der Traum von dir lässt mich nicht schlafen"
Natasha schloss das Buch wieder mit einem sorgenvollen Ausdruck auf ihrem Gesicht. Letzte Nacht hatte sie nur eine Stunde geschlafen, die vier Nächte davor nur zwei drei Stunden. Sie hatte nicht den Mut gefunden Severus davon zu erzählen. Sie fühlte sich auch etwas schwach und verspürte Übelkeit. Vielleicht ging das vorüber und die Schlaflosigkeit war nur Ausdruck der Aufregung der letzten Tage, ein wenig Schlaftrunk tät's vielleicht...
Sie schloss die Augen, sie sah traurig aus. Warum sollte sie sich selbst belügen? Sie kannte diese Symptome nur zu gut. Was sie erschreckte war, dass es so schnell ging. Noch vor einer Woche hatte sie so lange geschlafen, dass sie mit verschwollenen Augen aufgewacht war. Wenn sie recht hätte... Sie schloss die Augen als versuchte sie einen Gedanken zu vertreiben.
Natasha schüttelte ihren Kopf, die Locken fielen locker herunter. Sie musste stark sein, zumindest für eine Zeit lang, sie konnte ihm nichts sagen bis sie absolut sicher war. Sie hörte Schritte, konnte er es sein?
Es war Hermione.
"Fräulein Rice, Professor Sprout will Sie sprechen. Sie sagte es geht um ein Kraut, von dem Sie wissen wollten was es ist."
Ja, sie wusste, sie wusste, dass ihre Hoffnung mal wieder ins Leere gegangen war. Hätte das Kraut funktioniert, wäre Sprout selbst gekommen um es ihr zu erzählen.
Hermione begleitete Natasha und die beiden lachten beim Durchschreiten der Gänge. Natasha dachte, je weniger sie sich mit ihren Problemen beschäftigte desto besser. Sie waren fast aus dem Schloss heraus, als Natasha sich schwindelig fühlte. Sie berührte Hermione an der Schulter und flüsterte "Madam Pomfrey", dann fiel sie in Ohnmacht.
Die Ohnmacht dauerte nur wenige Minuten, aber als Natasha in die Wirklichkeit zurückkehrte, erinnerte sie sich nicht daran, was geschehen war. Alles, woran sie sich erinnerte war, dass sie ein Gedicht in einem Buch gelesen hatte, das ihr ein Schüler geschenkt hatte. Was tat sie hier im Krankentrakt? Sie fing an zu schwitzen; das war nicht möglich, was war geschehen? Sie zwang sich sich zu erinnern, doch je mehr sie sich darum bemühte, desto nervöser wurde sie. Sie war krank, sie würde sterben.
Madam Pomfrey näherte sich und begann sie zu untersuchen. Natasha konnte nicht sprechen, sie fühlte sich so schwach, versuchte sich die ganze Zeit zu erinnern was sie hier tat.
"Augen auf, meine Liebe!"
Natasha wusste nicht, was Madam Pomfrey in ihren Augen sahen. Alles was sie wusste war, dass es nichts Gutes sein konnte, da sie augenblicklich aufstand, mit einem seltsamen Ausdruck in ihrem Gesicht.
"Bleiben sie ruhig, Fräulein Rice, ich komme gleich wieder."
Ruhig bleiben war alles was sie konnte. Doch ihre Gedanken konnte sie nicht aufhalten. Es lag solche Ironie in der Sache. Ihr halbes Leben hatte sie darum gebetet, dass es schnell gehen würde, sollte ihre Zeit gekommen sein. Warum sollte das gerade jetzt passieren und so schnell? Sie drehte ihren Kopf und sah Minerva McGonagall an ihrer Seite, die sehr ernst und bestürzt aussah.
"Poppy, lass mich mit ihr allein, bitte!"
Sie setzte sich auf einen Stuhl in der Nähe von Natashas Bett. "Sind Sie so weit in Ordnung, dass ich Ihnen ein paar Fragen stellen kann, Fräulein Rice?"
"Äh-ja."
"Madam Pomfrey hat mir gerade erzählt, Liebes... Natasha, ich erinnere mich noch an ihren erstaunten Blick, als Sie der sprechende Hut nach Gryffindor geschickt hat. Ich erinnere mich auch gut daran, dass Sie mir einige Stunden, bevor sie Hogwarts verließen ,erzählt hatten, Sie wären glücklich, dass Sie zu Gryffindor gehörten, erinnern Sie sich?"
Sie konnte sich an nichts erinnern. Schwere Tränen fielen auf ihre Wangen. Was wollte McGonagall von ihr?
"Sie müssen mir vertrauen, Liebes. Ich muss wissen, wer er ist."
"Wer was war?.... Nein, das konnte nicht sein...
"Es war Severus Snape, nicht wahr?"
Sie war schwanger! Das erklärte ihre Übelkeit und die Nächte zuvor, die sie so viel geschlafen hatte, bevor... bevor...
Minerva wartete noch auf die Antwort.
"Ich.. wir... wir haben vor drei Wochen geheiratet."
Sie erinnerte sich an alles. So weit konnte die Krankheit also noch nicht fortgeschritten sein, ihr ging es gut, ihr ging es gut...
"Was?" fragte Minerva und sah sie schockiert an. "Sie haben geheiratet?"
"Ja, in Hogsmeade, es war ein Geheimnis..."
"Aber, aber.." McGonagall konnte ihren Ohren nicht glauben. "Das ist nicht in Ordnung, Sie sollten nicht... Poppy hat mir erzählt Sie sind im zweiten Monat und Sie haben erst vor drei..." Plötzlich, mit einem Schreckensblick im Gesicht, hörte sie zu sprechen auf. Sie rannte zur Tür und rief: "Poppy, Poppy, hol Dumbledore, es ist dringend!"
Natashas Augenhöhlen waren leer, blicklos, und ihr Gesicht so leblos wie das einer Puppe.
Kapitel 5