Severus Snape Treffen

 

 

 

 



*** TELL-Freilichtspiele Interlaken - Bericht von Ermione ***
Besuch der Vorstellung vom Samstag, 24. Juli 2004


Dank Jenn, die tapfer genug, die Fahrt von Dresden nach Interlaken mit dem eigenen Auto zu wagen, hatten wir in Interlaken zwei Autos zur Verfügung. Somit war es kein Problem neun Snape-Fans sicher und trocken zu den Tell-Festspielen in Interlaken-Matten zu transportieren. Zum Glück hatte sich das Wetter inzwischen gebessert, und der Regen hatte aufgehört. Als wir ankamen wurde gerade vor dem Eingang zu den Freilichtspielen das mittelalterlich-angehauchte Ambiente für das Vorprogramm "Tellwelt" aufgebaut.


Während das Metallbild des legendären Volkshelden Wilhelm Tell nicht wirklich interessant war, war die Kulisse für das Vorprogramm sehenswert. Mehrere im Detail liebevoll gestaltete Stände, darunter eine Wappenmalwerkstatt, stellten eine Art mittelalterlichen Markt da. Das Zentrum bildete allerdings die mittelalterliche Schaubühne, wo ein buntes Theaterprogramm als Ergänzung zu Schillers Drama geboten wurde.
Bänkelsänger bei der Ballade von Wilhelm Tell

Die Schauspieler/innen waren in wunderschöne, altmodische Kostüme gekleidet und mischten sich zeitweise unter das Publikum bzw. wirkten als fiktives Publikum an den einzelnen Darbietungen mit. Aufgefallen sind mir z. B. zwei Frauen in trachtenkleidartigen Gewändern, die während eine Bänkelsänger und seine Gruppe, darunter auch weibliche Mitglieder, den ersten Bänkelgesang über Tell und den Apfelschuss vortrug, nicht nur applaudierten, sondern wütend auf die Bühne blickten, als der Landvogt Gessler von Tell diese grausame Probe seines Könnens fordert. Später folgte noch ein weiterer Bänkelsang über Tell und den Apfelschuss. Eine weitere Sensation war ein Geschichtenerzähler, der in schönsten, aber etwas schwerverständlichen Schweizerdeutsch Sagen zum Besten gab. Außerdem wurden zwar Moritaten aufgeführt, die ausführlich zwei Geschichten erzählten, die in Schillers Drama so nebenbei nur gestreift werden, um die schrecklichen Untaten der Habsburger-Vögte und ihrer Handlager zu veranschaulichen: Die Geschichte von Arnold von Melchthal, der Widerstand leistet, als Landknechte des Vogtes ihm den Ochsen wegnehmen wollen, daher fliehen muss und dessen alter Vater aus Rache dafür auf Befehl des Vogtes geblendet wird. Diese, eigentlich tragische Geschichte wurde als Moritat aufgeführt und wirkte somit stellenweise wie eine Parodie. Da bleibt der alte Melchthal einmal im Text hängen und muss sich von der mittelalterliche gekleideten Souffleurin einsagen lassen. Da erinnert es an das Märchen Rotkäppchen, wenn Arnold auf der Flucht im dunklen Wald eine Tochter von Walter Fürst, dem Schwiegervater Tells, begegnet und die ein Blumenkörbchen in der Hand hält. Für erwartete Lovestory bleibt jedoch keine Zeit, obwohl der junge Mann mit den blonden, unechten Locken und das Mädchen gut zusammenpassen würden, denn schließlich wird er verfolgt und so bringt sie ihn nur zu ihrem Vater, der helfen kann.

Auch das andere Stück wird so aufgeführt, dass es weniger Schrecken und Empörung über diese Vögte und ihre Untaten bewirkt, als Unterhaltung. Der alte Baumgarten aus Unterwalden erschlägt den bösen Vogt, der seine zänkische Frau (großartig übrigens gespielt) verführen will, mehr aus Versehen, und sein tragisches Schicksal, als er jetzt fern von seiner reizenden Ehefrau einsam durch die Welt irrt, wie der Erzähler am Schluss mitteilt, will nicht so recht ergreifen, als die Familienidylle zuvor alles andere als idyllisch wirkte. Auch wenn der böse Vogt wirklich arge Übergriffe verübt, so zwingt er die Ehefrau ihm die Stiefel auszuziehen, futtert das Essen, das für Baumgarten, den Hausherrn bestimmt ist und lässt sich dann ein Bad richten. Als er in den Bottich steigt und dabei seiner Kleider entledigt, bekommt die Zuseher/innen nicht allzu viel von seinem nackten Körper und vor allem nichts Anstößiges zu sehen, geschickt sorgen die beiden Mägde dafür, die ihm die Kleider abnehmen, dass alles verdeckt bleibt. Übrigens schäkern sie dabei mit ihm, und seinen Tod scheinen sie eher zu bedauern. ("Schad um den Mann") Der wiederum bewegt als Leiche ständig die Füsse...

Lust und Ehrbarkeit - die Geschichte von Baumgarten und Wolfenschiessen


Nach dieser vergnüglichen Einstimmung beginnt der Ernst des Abends. Angel hatte uns gute Plätze auf der Tribüne beschafft, die allerdings überdacht ist. Die Freilichtbühne stellt sich als wunderschöne Landschaft mit einer breiten Straße, einer Stiege, einigen liebevoll gebauten Häusern und Teilen einer steinernen Festung heraus. Sehr geschickt ist der Ausgang auf der rechten Seite gestaltet, es wird in der ersten Szene angedeutet, dass sich der See befindet, über den Tell den verfolgten Baumgarten übersetzt. Dass dieser dasselbe Kostüm wie der Schauspieler in der Moritat im Vorprogramm trug, machte es mir allerdings schwer, seine tragische Geschichte, die er da berichtet, ernst zu nehmen.
Auf der linken Seite befindet sich die Holzhütte, wo Wilhelm Tell mit seiner Familie wohnt, daneben das Bürgerhaus des reichen Stauffachers, gekennzeichnet durch das Schwyzer Wappen. Im Hintergrund ist eine Kirche angedeutet, die breite Hauptstraße kreuzt sich dann mit einer Nebenstraße. Über der Straße liegt das Wohnhaus von Walter Fürst, Tells Schwiegervater, gekennzeichnet durch das Wappen von Uri. Im oberen Stockwerk hat sich ein Mann mit blauem Anzug und weißer Berücke einquartiert - der Dichter persönlich, der der Aufführung zusieht und an entscheidenden Stellen (z. B. beim Rütli-Schwur) selbst den Text zitiert, wodurch dieser mehr Gewicht erhält. Auf der anderen Seite führen Stufen zu der im Bau befindlichen Festung "Zwing-Uri" hinauf, die zuletzt beim Aufstand zerstört wird. Mit Blick mit Bühnenarchitektur stellt sich heraus, dass Unterwalden von den drei Urkantonen benachteiligt ist, nirgends findet sich das Wappen von Unterwalden.

Zuerst wird eine Idylle vorgeführt, wobei die Möglichkeiten einer Freilichtbühne ideal genützt werden. Der Almabtrieb findet soeben statt, mit Blumen bekränzte Kühe werden vorbeigetrieben und ihre riesigen Kuhglocken klingeln, dann folgt eine Herde entzückender brauner Ziegen mit kleinen Glöckchen um den Hals, Frauen mit Körben sind unterwegs, einige Musikanten spielen auf Blasinstrumenten, ehe Landsknechte im Auftrag Gesslers, des Vogtes von Uri, auf Pferden vorbeigaloppieren, um die Steuern einzutreiben. (Wegen der vielen nicht menschlichen Statisten war es vollkommen verständlich, dass Fotografieren während der Aufführung verboten ist.) (Anmerkung von Angel: Diese Fotos stammen aus dem Archiv der TELL-Freilichtspiele Interlaken)

Alpabzug

Das Pferd fungiert hier überhaupt als Symbol für die Unterdrücker. Die Schweizer/innen sind stets zu Fuß unterwegs. Ulrichs Abkehr zeigt sich daran, dass er ebenfalls dreimal zu Pferd auftaucht. Symbolisch aussagekräftig ist sein Schlussauftritt, wo er mit Bertha zu Pferd heranreitet und beide absteigen. Wie uns Angel erzählte, die früher einmal die Bertha gespielt hatte - darüber findet sich übrigens eine interessante Kurzgeschichte in ihrem Spezial -, ist dieser positive Ausgang für Bertha nicht so selbstverständlich, auch wenn er sich schon bei Schiller findet.

In einer früheren Aufführung weigerten sich die Schweizer/innen Bertha in ihr neues Staatsgebilde aufzunehmen, ein Seitenhieb der Regie gegen die Fremdenfeindlichkeit, die damals gerade wieder ein politisches Thema war.
Ebenso hat es auch schon eine Aufführung gegeben, wo Hedwig Tell zuletzt gemeinsam mit ihren Kindern ihren Mann verlässt, weil sie ihm nicht verzeihen kann, dass er es gewagt hat, auf seinen Sohn zu schießen. Nachdem, was ihr nach der Festnahme Tells im Haus ihres Vaters berichtet wird, scheint dieses Verhalten sogar ein wenig verständlich, vermitteln ihr doch die anwesenden Männer, die Zeugen des Apfelschusses waren, den Eindruck, dass Tell vor dem Vogt mit seinem Können als Meisterschütze angeben wollte. Dass er gereizt wurde, heißt es da - keiner lässt sie wissen, dass Gessler Tell vor die Entscheidung gestellt hat, entweder einen Apfel vom Kopf seines Sohnes in zwei Hälften zu teilen oder gemeinsam mit seinem Sohn umgebracht zu werden.

In der Aufführung, die wir erleben durften, hielt sich die Regie allerdings an den Originaltext von Schiller. Dieser war geschickt verkürzt und auf seine Schwerpunkte reduziert worden, die Handlung allerdings einschneidend nicht verändert.

Mit dem Auftritt Baumgartens wird zudem ein interessantes Thema angeschnitten. Dieser wird verfolgt, nur die Fahrt über den Vierwaldstätter See, der hier nicht als Kulisse vorkommt, aber geschickt angedeutet ist, vor den Verfolgern retten kann. Der Fischer weigert sich jedoch ihn überzusetzen, da so eben ein Sturm aufzieht und beruft sich auf seine Verantwortung als Familienvater, für die er unbedingt am Leben bleiben will. Er bittet den Jäger Tell, der zufällig anwesend ist und ebenfalls als Fährmann Erfahrung hat, zu bestätigen, dass eine Fahrt über den Vierwaldstätter See bei diesem aufziehenden Unwetter Selbstmord bedeutet. Tell wiederum wagt die Fahrt schließlich, als der Fischer erneut auf seiner Verweigerung beharrt, und bringt Baumgarten in Sicherheit. Die Verfolger, die zu spät kommen, nehmen daraufhin Rache an der Zivilbevölkerung. Schillers Drama tendiert eher dazu, das Heldentum zu fördern, wie auch die folgende Szene zwischen dem Ehepaar Stauffacher klarstellt. Immerhin lässt sich überlegen, ob der Fischer nicht doch auch Recht hat. Da er eine Familie, trägt er Verantwortung für andere. Darf da so einfach sein Leben riskieren, um das eines anderen zu retten. Tell hat auch eine Familie und entscheidet sich dafür, Baumgarten zu helfen. Ist die Entscheidung des Fischers so gesehen falsch.

Die nächste Szene spielt vor Stauffachers Haus. Stauffacher ist ein reicher Bürger aus dem Urkanton Schwyz. Auch hier wird durch die Kinder und das Hauspersonal, die im Hintergrund agieren, eine Idylle angedeutet, die freilich gefährdet ist, wie Stauffacher seiner Ehefrau Gertrud anvertraut. Der Landvogt Gessler hat sich gegen den freien Häuserbau der Landleute gewendet und ihn unterschwellig gedroht. Gertrud überzeugt ihren Mann, dass er sich mit Gleichgesinnten aus den beiden anderen Urkantonen verbünden soll. Zudem stellt sie klar, dass der Willkür der Vögte nur durch gemeinsamen Widerstand begegnet werden kann.

In der folgenden Szene werden die Aktionen von Gessler, obwohl selbst nicht auftritt, näher beleuchtet. Gessler zwingt das Volk eine Zwingburg, die "Zwing-Uri" zu seiner eigenen Unterdrückung zu bauen.
Außerdem lässt er eine hohe Stange mit seinem Hut auf dem Marktplatz aufstellen, den alle grüßen sollen. (Damit entlarvt sich selbst Usurpator, denn eigentlich ist er nur Beamte des Kaisers, er dürfte also höchstens den Hut des Kaisers so aufstellen lassen.) Diese Szene ist sehr witzig umgesetzt. Die beiden Wachposten, die darauf achten sollen, dass alle Vorbeigehenden den Hut grüßen, wirken etwas vertrottelt. Ziemlich umständlich versuchen sie den Hut auf die Stange zu bekommen, wobei ihnen die Stange samt Hut noch umfliegt. (Wenn wir eine Parallele zur HP-Fanfiction ziehen wollen, ist es naheliegend Gessler mit Voldemort und die beiden Wachposten mit Crabbe und Goyle Sen. zu besetzen.)
Lustig auch die erfolgreichen Versuche der anwesenden Bevölkerung dieser Demütigung, einen Hut grüßen zu müssen, zu entgehen. Bäuerinnen treten auf die Stange zu, um im entscheidenden Momenten einfach wiederwegzugehen. Eine Gruppe Männer, die vorbei will, bleibt ratlos stehen, doch dann kommt ihnen ein Priester zu Hilfe. Er stellt sich mit einem erhobenen Kreuz direkt vor die Stange, worauf die Männer vorbeigehen und grüßen, ihr Gruß gilt jedoch eindeutig dem Kreuz, könnte aber auch den Hut gelten. Wenn in einer späteren Szene die beiden Wachposten noch beim Schlafen gezeigt werden, obwohl sie doch Wache halten soll, gerät ihre Mission endgültig zu einer Farce.
Diese Ideen finden sich alle nicht bei Schiller, aber sie fügen sich ausgezeichnet in die Handlung. (Die deutschsprachigen Staats- und Stadttheater können davon nur lernen.)

In der nächsten Szene finden wir uns bei Walter Fürst in Uri, wo der junge Arnold von Melchthal aus Unterwalden, den wir bereits in der Moritat im Vorprogramm kennen gelernt haben, Zuflucht gefunden hat. Auch Stauffacher kommt dorthin, der Aufstand der drei Urkantone wird geplant.

Inzwischen kommt es zwischen Ulrich von Rudenz und seinem Onkel, dem alten Freiherr von Attinghausen, zum Konflikt. Rudenz steht auf der Seite der Habsburger, der Glanz des Kaiserreiches und die Liebe zu Bertha haben ihn geblendet. Sein Bruch mit Onkel und Volk wird durch eine gelungene Farb- und Tiersymbolik verdeutlicht. Rudenz besteigt ein Pferd, um zu Gessler zu reiten. Sein roter Mantel und die schwarze Kleidung seines Onkels kontrastieren wirkungsvoll miteinander. Und die Szene, dass sein Onkel mit seinen Gesinde den Frühtrunk teilt, und er sich davon fernhält, ist ebenfalls plastisch umgesetzt. Später wird Rudenz dank Bertha wieder zurückkehren, beim Apfelschuss vergebens für Tell eintreten und sich mit seinem Volk versöhnen, nicht zuletzt dank im Gedenken an seinen inzwischen verstorbenen Onkel, der alle auf dem Totenbett zur Einheit gemahnt und ihm vergeben hatte. Rudenz gibt dem Gesinde die Freiheit - eine Parallele zum gemeinsamen Frühtrunk zwischen Gesinde und Onkel. Und er steigt vom Pferd absteigen ab.

Es folgt die Rütli-Schwurszene. Auf dem Rütli-Treffen die Vertrauensleute der drei Urkantone geführt von Fürst, Stauffacher und Melchthal zusammen. Sie bilden den Ring, die uralte selbstgewählte Beratungsform des freien Volkes. Da eine gütliche Einigung nicht möglich scheint ist, wird der Aufstand beschlossen. Die Schwurformel spricht hier der Schauspieler des Friedrich Schiller, wodurch wohl ihre Bedeutung betont werden soll. Auch hier finden sich einige klug gewählte Symbole. Es gibt die drei Fahnen mit dem Wappen der Urkantone, einen Priester mit Kreuz und einige Fackeln, die Licht spenden, aber auch als Symbol die Freiheit gesehen werden können. (Mag zwar ein wenig kitschig sein, aber es ist halt wirkungsvoll.)

Rütlischwur

In der darauffolgenden Szene bricht Tell mit seiner Armbrust nach Altdorf auf, um seinen Schwiegervater zu besuchen, obwohl seine Frau ihn bittet, nicht dorthin zu gehen. Nicht gestrichen wurde die Stelle, wo Tell Hedwig erzählt, dass er Gessler das Leben gerettet hat. Hier wird angedeutet, warum Gessler später auf den grausamen Apfelschuss besteht. Er ist Tell eben nicht dankbar, dass er ihm gerettet hat, sondern hasst ihn nun, weil Tell ihn als schwach erlebt hat. (Gibt es da nicht eine Parallele zu Harry Potter - da gibt es doch auch jemanden, der seinem Retter nicht vergeben hat, dass er ihn gerettet hat ...) Diese Information dient bei Schiller natürlich dazu, Gessler in ein noch schlechteres Licht zu rücken und seinen Tod durch der Tell, da eindeutig ein Mord ist, zusätzlich zu rechtfertigen. (Tell hat Gesslers Leben einmal gerettet, dieser vergilt die Tat nicht nur durch Undankbarkeit, sondern durch noch Schlimmeres. So gesehen macht Tell später, indem er Gessler tötet, seine frühere Entscheidung wieder rückgängig - was als eine Rechtfertigung für Tell interpretiert werden könnte.)

Die Schaueffekte können sich wirklich sehen lassen. Die folgende Szene, ehe es zur entscheidenden Aussprache zwischen Rudenz und Bertha kommt, ist ein gutes Beispiel dafür. Gesslers Jagdgesellschaft galoppiert mit Tempo über die Bühne, das ist wirkungsvoll. Die Kostüme sind wunderschön und in leuchtenden Farben, auch die Pferde können sich sehen lassen, zudem sie prachtvoll verziertes Zaumzeug tragen.

Gessler - Jagdzug


Die Szene zwischen Bertha und Rudenz war weniger gelungen, da Rudenz eine unangenehme Stimme und Sprechart hatte. Dass beide dazu vom Pferd steigen, dürfte praktische Gründe haben - eine Liebesszene zu Pferd ist etwas schwierig umzusetzen. Macht aber auch innerhalb des Kontexts Sinn. Zum Vergleich - Gessler steigt kein einziges Mal vom Pferd, erst als ihn Tells Geschoss trifft, sinkt er von ihm hinunter. (Etwas langsam allerdings, schließlich wird der Schauspieler noch für weitere Aufführungen benötigt.)

Apfelschuss

Es folgen noch die Apfelschussszene, die auch den Wendepunkt der Handlung bedeutet, Tells Flucht aus der Gewalt des Vogtes, die Szene mit Hedwig bei Attinghausen, wo es zur Versöhnung zwischen Rudenz und den anderen kommt. Hedwig macht den anwesenden Männer schwere Vorwürfe, dass sie Tell ihm Stich gelassen haben. Wütend verweist sie darauf, dass Tell ihnen stets (auch unter Lebensgefahr) geholfen hat, wenn es darauf angekommen ist. Attinghausen erweist sich im Sterben als Seher.

Dann folgt noch die Ermordung Gesslers. Etwas brutal wirkt die ausgelassene Stimmung an der Leiche. Dass die Bäuerin Armgard, über die Gessler hinwegreiten wollte, als sie sich vor sein Pferd warf und um die Freilassung ihres Gatten bat und ihre Kinder voller Freude sind, ist verständlich. Wenn aber dann noch Musikanten auftauchen, wird es makaber. Überzeugend fand ich dagegen, dass Tell sich gleich zurückzieht, nachdem er auf Gessler geschossen und sich zu seiner Tat offen bekannt hat.

Mit Nebelschwaden wird die Vernichtung der "Zwing-Uri" angedeutet, ehe es zum Happyend kommt - ein wirkungsvoller Abschluss.

Was die schauspielerischen Leistungen betrifft, waren sie überzeugend. Berücksichtigt man, dass es sich um engagierte Laienschauspieler/innen handelte, sind sie sogar als sehr gut zu bezeichnen. Die einzige Ausnahme war, wie bereits erwähnt, der Ulrich von Rudenz. (Arme Bertha)

Alles in allem war es eine interessante und gute Aufführung.
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Abschließend noch ein paar Informationen zum Drama (für die Interessierten)

Friedrich Schiller (1759 - 1805) dürfte ohnehin jede/r aus dem Schulunterricht kennen.
Sein Schauspiel "Wilhelm Tell" (5 Akte, Uraufführung in Weimar 1804) wurde als Stück gegen Napoleon I. seinerzeit sehr gut aufgenommen und blieb aber bis ins 20. Jahrhundert sehr populär. Weitere bekannte Werke von Schiller sind Dramen "Die Räuber", "Kabale und Liebe", "Don Carlos" sowie "Wallenstein" und "Maria Stuart". Außerdem hat er eine Menge seitenlanger Balladen geschrieben wie "Die Bürgschaft" und "Die Glocke" und mehrere literaturwissenschaftliche Abhandlungen.
Im Drama "Wilhelm Tell" geht es um mehrere Handlungsstränge, die durch den Tod des Landvogtes Gesslers und den daraufhin ausbrechenden Aufstand gegen die Herrschaft der Habsburger (bzw. ihre kriminellen Beamten - das sind nämlich die Vogte) verbunden werden.
Die drei Urkantone Uri (wo Tell und Fürst her sind), Schwyz (wo Stauffacher her ist) und Unterwalden (wo Melchthal und Baumgarten her sind) schließen sich zum Aufstand zusammen. Tell, ein geachteter Außenseiter und Eigenbrödler, ist unpolitisch und nimmt daher nicht am Rütli-Schwur teil, obwohl die Aktionen seiner Landsleute gutheißt und durch Taten zu unterstützen bereit ist. (Schiller versuchte wohl mit dieser Darstellung von Tell als guten Bürger, der eigentlich nichts mit der Politik zu tun haben will und mehr wiederwillig in die Rolle des Helden gerät, Probleme mit der Zensur zu vermeiden.) Eine weitere Handlung ergibt sich die Liebesgeschichte zwischen den Adeligen Ulrich von Rudenz und Bertha von Bruneck. Er will sein Volk verraten, um sie zu gewinnen, da er sie für eine Gefolgsfrau der Habsburgervögte hält, sie wiederum steht auf Seite der Eidgenossen und bringt ihn letztlich wieder auf den richtigen Weg. Im Zusammenstoß zwischen Rudenz und seinem Onkel dem Freiherr von Attinghausen hat Schiller auch eine Art Generationskonflikt eingebaut, der letztlich dadurch dass Rudenz Umkehr versöhnlich gelöst.

Als Schlusspunkt folgt noch ein Tipp für Opernkenner. Nach Schillers Drama entstand die letzte Oper des italienischen Komponisten Gioachino Rossini, die in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts in Paris uraufgeführt wurde. Germanisten/innen und Musikwissenschaftler/innen (vorwiegend deutscher Herkunft) rümpfen zwar die Nase wegen des Librettos und sind verärgert, dass die Handlung von Schillers Drama bei dieser "Veroperung" gekürzt und etwas vereinfacht wurde, aber das Libretto ist absolut nicht schlecht und die Musik (nicht nur der Rütli-Schwur) einfach wunderbar. Und mit welch wirklich ergreifenden Tönen sich Tell hier an seinen Sohn wendet, unmittelbar, bevor er den Apfelschuss wagt, das sollte sich niemand entgehen lassen.

(Aus politische Korrektness noch eine Warnung "Zwinkern" - nirgends ist die Musik in Opern schöner und ergreifender, als wenn der/die Held/in leidet. Es wäre daher sicher interessant, einmal festzustellen, wie viele Opernkenner/innen unter den Snape-Fans sind.)


Herzliche Grüsse

Ermione




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