Kapitel 1: Barfuß im Schnee
In sanften Flocken entluden sich dicke Wolken über Hogwarts und hüllten alles in dumpfe Melancholie. Morgen würden die Schüler wieder aus den Weihnachtsferien zurückkommen und das Haus mit Leben füllen. Severus Snape hasste Lehrerkonferenzen, diese gezwungene Heiterkeit, dieses ewige Gelaber... Zu allem Unglück hatte sich auch noch diese Wahrsagelehrerin neben ihn gesetzt.
"Oh, Severus das ist ja aufregend: Sie werden der Sonne begegnen", sülzte sie und beugte sich mit all ihrer Körperfülle ihm entgegen.
Er war genervt, das war noch ätzender als ihre ständigen Vorraussagen, der Tod würde ihn bald ereilen. Er stand auf, ging ans Fenster, seufzte und blickte in den Hof. Eine Bewegung zog seine Aufmerksamkeit zur grossen Treppe. Seine Augen weiteten sich und er erstarrte. Da unten mitten im Schneegestöber stand eine Frau, barfuss, ihr Haar in dicken Zöpfen, in gleißendem Licht, ein Spektrum zischend weiß und Kupfer, die mit Blättern geschmückt waren. Ihr Körper war spärlich mit einem Tuch bekleidet, Arme und Beine wirkten bemalt. Sie stand da wie ein verlorenes Kind und blickte hoch zum erleuchteten Fenster. Wie war denn die hierher gekommen? Er drehte sich um: "Albus!" Dumbledore blickte ihn erstaunt an und eiste sich von einem Gespräch los. Ein Blick aus dem Fenster genügte. "Severus, Minerva, wir sollten wohl sehen, dass unser Gast da unten nicht erfriert!"
Sie eilten aus dem Zimmer und die Treppe hinunter, hinterher flog eine Decke, die durch Zauberhand gerufen war.
Die Frau sah auf, als ihr drei Gestalten entgegen rannten und lachte über die fliegende Decke. Sie winkte freudig mit den Armen und hüpfte auf und ab. Sie ging dem freundlichen Männlein mit dem schlohweissen Haar entgegen, blieb aber abrupt stehen, als sie die Frau mit dem verbissenen Lächeln erblickte und erstarrte fast als ihre Augen den Blick der dritten Person kreuzten, sie hatte ein eigenartiges Gefühl in der Magengrube, mit dem sie nicht umzugehen wußte. Da kam die Decke geflogen und brach die Erstarrung auf, als sie sie einhüllte.
"Kommen Sie doch erst mal herein", bat Dumbledore und führte sie am Arm ins Schloss. Der Weg führte sie treppauf, treppab bis sie an einen Wasserspeier ankamen. "Mousseauchocolat" murmelte Dumbledore, dann schritten sie weiter eine Wendeltreppe hinauf in Dumbledores Zimmer. "Setzen Sie sich", sagte er und zeigte auf einen Stuhl.
Die Frau sah ihn mit grossen Augen an und blieb stehen. Sie schaute umher, dann adressierte sie sich an Dumbledore: "sshstszz...schz!"
Die drei Lehrer blickten sie mit offenem Mund an.
Als sie nicht antworteten griff die Frau in ihr Gewand und zog daraus eine ziemlich giftig aussehende orange Schlange hervor und zeigte darauf: "bsl slzt".
McGonagall fand als erste die Sprache wieder. "Sie spricht Parselmouth, nun - Potter ist in den Ferien im Haus vielleicht kann er uns übersetzen, ich gehe ihn holen". Schon war sie aus dem Raum enteilt.
Die Frau setzte sich mit gekreuzten Beinen auf den Boden streichelte die Schlange und begann auf sie einzureden.
Severus Snape betrachtete sie mit Argwohn. War das wieder eine Zeitbombe, so eine Überraschung, für die der dunkle Lord gern zu haben war? Hatte er sich vorhin getäuscht, als er das Muster auf ihrer Haut gesehen hatte? Sie wirkte wie ein Kind, doch mochte sie wohl an die dreissig Jahre alt sein. Parselmouth sprachen doch nur die Anhänger des Bösen und ja natürlich auch sein ach so geliebter Harry Potter, der sicher jetzt die Show abziehen würde. Sein Blick wurde finster, als er sich nach vorne beugte fielen ein paar fettige Strähnen in sein fahles Gesicht. Er hatte eigentlich gehofft eine Zeitlang Ruhe von den Deatheatern zu haben nachdem er ihnen Malfoy geliefert hatte. Aber die Rache würde ihn überall einholen. Sein Körper war noch von der letzten Mission geschwächt, ausgemergelt grau und die Albträume liessen keinen Schlaf zu, ausser wenn er sich dazu extra einen starken Schlaftrunk genehmigt hatte. In sich versunken fiel ihm der Blick nicht auf, mit dem ihn derweil die Frau bemass. Etwas zwischen Angst und Anziehung bewegte sie und sie spürte eine enorme Anspannung und Last, als sie mit ihren Augen fixiert blieb. Die Tür ging auf und Harry Potter trat hinter seiner Lehrerin ein. Die Frau sprang auf als sie Potter spürte und redete zischend auf ihn ein, wobei sie auf die Schlange deutete.
Harry übersetzte: "Das ist Basil, meine Schlange, mein Hüter. Er hat gesagt, dass ich jetzt endlich in die Schule darf. Ich bin schon 3 Monate 11. Wir haben so lange diese Schule gesucht, sind so weit gelaufen. Was ist das für eine schöne weisse Welt und was für ein grosses Haus."
Entsetzt wechselten die Lehrer einen Blick. Die Frau drückte Harry die Schlange in die Hand, die sofort zu zischen begann. "Alle sind tot - die schwarzen Männer... Sie ist eine Troida, hat vor Schreck das Gedächtnis verloren, ist wieder Kind geworden. Die Elfen, die sie aufnahmen, konnten sie nicht ansprechen, auch die anderen Wesen nicht, nur Parselmouth scheint ihr so verwurzelt, dass man es nicht löschen konnte. Ich war immer ihr Haustier. Sie war eine schöne Frau, eine Priesterin der Sonne - Solaris. Jahre haben wir versucht sie aus ihrer inneren Gefangenschaft zu befreien. Eine Prophezeiung besagt, dass eine neue Ära der Magie beginnt, wenn Sonne Mond und Blitz zusammentreffen. Wir hörten von Harry Potter und fragten uns, ob das die Hilfe sein könnte, die wir suchen. So kamen wir nach Hogwarts. Wir werden sie euch anvertrauen, wir sind alt, am Ende..."
Die Schlange rollte sich zusammen. Es war still im Raum. "So-la-ris Ssu-le", sagte die Frau mit offenen fragenden Augen.
Dumbledore nickte. "Minerva, bringen Sie sie bitte auf die Krankenstation, damit Poppy sie anschauen kann und zeigen Sie ihr dann eines der Gästezimmer? Ach und bringen Sie sie nachher zu uns zum Essen mit, sie sieht ziemlich abgemagert aus, ich möchte sie aber noch nicht auf die Schüler loslassen."
Die Frauen verliessen den Raum. "Danke Harry, eventuell werden wir noch öfters deine Hilfe brauchen, doch im Moment brauche ich dich nicht."
Harry ging nachdenklichen Schrittes hinaus, er hatte Schwingungen in dem Gespräch wahrgenommen, die ihm etwas wie Wärme entgegenbrachten. Nicht zuletzt war er nun nicht mehr der einzige Parselmouth an dieser Schule - ob sie etwas mit Voldemort zu tun hatte?
"Severus, was halten Sie davon?"
Snape schreckte, von Dumbledore direkt angesprochen, wie aus einem Traum hoch. Die Troiden waren ihm wohl vertraut, das heißt eigentlich nicht, sondern nur ihr Ende. Es war einer seiner ersten grossen "Ausflüge" als junger Deatheater. Das Gemetzel hatte sich tief in seine Erinnerung gegraben. Er dachte, alle seien umgekommen, er konnte das Geschrei und die Panik dieses so kindlichen Stammes fast wie reell wahrnehmen. Seine Fäuste waren geballt. Hatte er in diesem Nebel aus grünem Licht in diesem Inferno ihre Familie ausgelöscht?
"Severus?" Dumbledore berührte ihn an der Schulter.
"Die Albträume holen einen wohl überall ein", antwortete er brüsk.
"Vielleicht kann man ja an ihr etwas gut machen, das Schicksal geht eigene Wege", antwortete Dumbledore. "Gehen wir mal in die Küche und lassen uns etwas zum Essen herrichten."
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