Shake the disease

 

 

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Kapitel 9: Einladung zum Dinner


Am nächsten Tag fühlte Snape sich schon um Längen besser - vor allem deshalb, weil er einen wirklich höchst amüsanten Traum gehabt hatte, in dem ein Pfau, der von einer riesigen, schwarzen Fledermaus gejagt wurde, die Hauptrolle spielte. Er war sogar fähig, ein halbes gekochtes Ei und etwas Toast zu sich zu nehmen.
Das Gel, das Madam Pomfrey benutzt hatte, reduzierte das Maß an Schmerzen, die von dem Dunklen Mal ausgingen, auf ein Minimum; lediglich ein- oder zweimal war er des Nachts noch aufgewacht und dann an diesem Morgen, doch das störte ihn nicht weiter. Vielleicht hatte der Dunkle Lord es ja aufgegeben... zumindest fürs erste.
Pomfrey sah ebenfalls ausgeruht aus; nach den paar vorangegangenen, recht schwierigen Nächten, hatte sie und ihr Patient annähernd acht Stunden am Stück geschlafen.
"Wenn du möchtest, dann können wir uns heute Nachmittag ja für ein Weilchen nach draußen auf die Terrasse setzen. Es ist ein wundervoller Tag... die frische Luft wird dir gut tun."
"Frische... Luft?" Er sprach die Worte deutlich und mit geschürzten Lippen aus.
"Ja, du weißt schon, zerzaust deine Haare, macht deine Wangen rot."
Snape sah aus, als hätte sie ihm gerade einen Löffel mit Salzwasser eingetrichtert.
"Ich denke, wohl eher nicht."
"Gut, vielleicht änderst du ja später deine Meinung", gab sie vorerst nach.

Es war vorhersehbar gewesen. Um etwa zehn Uhr fand sich Snape draußen in einem bequemen Stuhl wieder, von der Sonne durch einen schwarzen Schirm geschützt. Er war gut in mehrere Decken verpackt worden und hatte einen Slytherin-Schal um seinen Hals gewickelt.
Konnte er dieser Frau denn gar nichts entgegensetzen? Kein Wunder, daß er sich normalerweise so weit wie nur irgend möglich vom Krankenflügel entfernt aufhielt. Aber nun war er ihr auf Verdeih und Verderb ausgesetzt und sie schien das natürlich bis zum Letzten auszukosten.
Obwohl, zugegeben... diese verabscheuungswürdige frische Luft war tatsächlich ganz angenehm.
"Alles klar, Severus?" fragte sie ihn gerade und steckte ihren Kopf unter seinen Sonnenschirm. "Ich dachte, ich bringe dir ein wenig Limonade vorbei."
"Wenn es dich glücklich macht. Nicht, daß ich eine Wahl hätte..."
"Du hast Besuch."
Sofort fielen Snapes Gedanken auf Dumbledore, der auf die Terrasse geschritten kam und er sah sich schon nach den Roben des alten Mannes greifen und ihn anzuflehen, ihn aus Pomfrey´s Obhut zu entlassen. -
Doch die Medihexe fuhr fort: "Es ist Miß Granger. Offenbar sind Sie zu einem Sherlock Holmes-Fan erklärt geworden.
Snape stöhnte. Er ließ sich tiefer in seinen Stuhl sinken und zog den Schal so hoch, bis er ihm bis knapp unter die Augen reichte.
"Komm hier herüber, Hermione", winkte sie Pomfrey heran. "Der Professor ist wirklich unglaublich gespannt darauf, was wohl im nächsten Kapitel passiert."
"Wirklich? Oh, ich habe es doch gewußt!" jubelte die Gryffindor und trat ins Sichtfeld. "Es ist wirklich ein besonders guter Teil, Professor."
"Miß Granger", kam seine gedämpfte Stimme, "ich bin doch ein wenig müde."
Sie sah enttäuscht aus.
"Aber...", setzte er nach einem kurzen Zögern hinzu, "machen Sie ruhig weiter. Ich hoffe nur, Sie nehmen es mir nicht übel, falls ich mitten in Ihren Ausführungen einschlafen sollte."
"Selbstverständlich nicht, Professor."
"Ich mach mich dann mal daran, dein neuestes Paket durchzusehen, Hermione", erklärte Pomfrey und ließ sie allein.
Hermione wollte gerade beginnen, als Snape anfing zu reden: "Miß Granger... Madam Pomfrey mußte letzte Nacht eine von Ihren Muggelsalben verwenden, es enthielt irgendeinen Stoff, an dessen Namen ich mich nicht mehr genau erinnern kann - sie nannte es wunderbares... Asporan..."
Sie blinzelten verwirrt ehe sie antwortete: "Oh, hmm, ich glaube, Sie meinen Aspirin."
"Ah, ja. Genau das war es. Ich habe mich gefragt... Es wurden doch sicherlich Bücher über diesen Wirkstoff geschrieben, oder?"
"Ja, Sir. Möchten Sie, daß ich Ihnen welche mitbringe?"
"Ja. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Miß Granger."
"Es ist mir eine Freude, Professor." Sie machte eine Pause und fügte hinzu: "Ich hoffe, Sie denken nicht, daß ich mich... ähm, zu sehr in Ihre Angelegenheiten einmische..."
Zu ihrer Überraschung sah sie, wie sich kleine Fältchen um seine Augen bildeten und sie wußte, daß er lächelte.
"Nun, Sir, ich wollte Sie fragen, warum Sie sich so sehr für das Aspirin interessieren."
Für eine Weile sagte er gar nichts und sie fürchtete schon, daß sie zu weit gegangen war. Doch dann sprach er: "Miß Granger, gestern Abend, hat mich der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf zu sich gerufen und... wie dem auch sei, Ihr Mittel hat das Brennen des Dunklen Mals gelindert."
Hermione starrte ihn mit großen Augen an. "Man hat Sie gerufen?"
Er nickte und stieß einen Seufzer aus. "Ich bin mir bewußt, daß ich nicht gerade der freundlichste Mensch auf diesem Planeten bin. Aber, ich bin Ihnen aufrichtig dankbar, für die Hilfe, die Sie mir zukommen lassen und... vielleicht war es nicht gerade meine umwerfendste Beurteilung, Sie eine kleine Alleswisserin zu nennen."
Ihre Augen waren nun unverwandt auf ihre Füße gerichtet und mit schwacher Stimme sagte sie: "Sir, ich ... ich bin, nun ja, bekannt dafür, daß ich zuviel rede - manchmal."
"Ich weiß genau, wie das ist, wenn man nie - richtig und vor allem verdient gelobt wird, Miß Granger. Aber wie auch immer, ich kann Ihnen versichern, daß sich das gesamte Kollegium darin einig ist, daß Sie eine unserer begabtesten Schülerinnen sind. Und Sie müssen sich gar nicht ständig darum bemühen, Eindruck bei uns zu machen. Wir sind uns auch so durchaus ihrer Qualitäten bewußt."
Ihre Brust erzitterte und er glaubte ein Aufschluchzen zu hören.
Super, Severus... du kannst aber auch wirklich machen, was du willst, du kriegst jeden zum Heulen.
Er lange zu ihr herüber und strich ihr rasch zweimal über die Hand. "Ist doch schon gut, Sie brauchen wirklich nicht zu weinen, Miß Granger."
"Tut mir leid, Sir", antwortete sie ihm und bekam einen Schluckauf.
"Warum lesen Sie mir nicht einfach das nächste Kapitel aus Ihrem Buch vor?"
Sie beschäftigte sich augenblicklich mit dem dicken Buch auf ihrem Schoß, blätterte mit ungeschickten Fingern durch die Seiten und begann zu lesen.

***



Einen Tag später mußte sich Pomfrey geschlagen geben - es ging ihm nun gut genug, um in seinen Kerker zurückzukehren.
"Du solltest dich aber auch in den nächsten Tagen noch schonen", mahnte sie ihn. "Du darfst nicht vergessen, daß du ernsthaft krank gewesen bist..."
"Ja, Poppy, ich weiß. An der Schwelle des Todes und das zum vermutlich hundertsten Mal", antwortete er, wobei er sich von ihr beim Ankleiden helfen ließ. "Ich verspreche ein guter Junge zu sein und mich nicht unnötig anzustrengen. Und unverzüglich zu dir zu kommen, sollte es mir wieder etwas schlechter gehen. Auch wenn ich das nicht für sehr wahrscheinlich halte, wenn man bedenkt, daß schließlich du es warst, die mich wieder aufgepäppelt hat."
"Severus Snape. Jetzt sag mir nicht, daß du gerade dabei bist, dich bei mir einzuschmeicheln."
"Es tut mir leid, dir sagen zu müssen, daß es keine meiner besonderen Gaben ist, sich bei irgend jemanden einzuschmeicheln."
"Ich schätze, daß ich mich eigentlich nicht beschweren kann. Immerhin habe ich es zumindest einmal geschafft, dich annähernd eine Woche lang hier zu behalten."
Sie richtete seinen Kragen und er sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
"Also, irgendwann kommt noch mal der Tag, da wird diese Miene in deinem Gesicht stecken bleiben."
"Wenn das bis heute nicht geschehen ist, dann wird es auch in Zukunft nicht soweit kommen. Ich mache das täglich in meinem Zaubertrankunterricht - und zwar seit fünfzehn Jahren."
"Unmöglicher Mann."
"Darf ich jetzt gehen?"
"Na schön, dann geh. Und vergiß nicht, wenn..."
"Ja, Mutter."
Der schockierte Ausdruck auf ihrem Gesicht war Gold wert. "Humor, Professor Snape? Sind Sie sicher, daß es Ihnen gut geht? - Und abgesehen davon, Severus, muß ich dir mal sagen, daß ich nicht sehr viel älter bin als du."
"Wie schade. Ich habe reife Frauen schon immer besonders gern gemocht."
Sie schüttelte ihren Kopf. "Also, wenn die Schüler spitz kriegen, daß alles was man tun muß um dich in gute Laune zu versetzen, ist, dich aus dem Krankenflügel zu entlassen, dann gibt es vermutlich eine Menge mehr an Unfällen in deinem Unterricht."
Für einen Augenblick sah er resigniert aus. Er würde, ohne jeden Zweifel, hinter Lockhart herräumen und das Versäumte nachholen müssen. Eher würde die Hölle einfrieren, als dass dieser eitle Dämlack sich auch nur annähernd an den Lehrplan halten würde. Obwohl, Dumbledore hatte ihm ja berichtet, daß die Kinder jetzt aus eigenem Antrieb um so härter lernten.
"Stimmt etwas nicht, Severus?"
"Wie? Oh, nein. Ich habe nur gerade daran gedacht, wie wohl mein Klassenzimmer aussieht, nachdem Lockhart..."
"Jetzt mach dir darüber erst einmal keinen Kopf, Severus. Ich möchte, daß du dich bis Montag ordentlich ausruhst."
"Ich werde... mich ausruhen... und zwar bis morgen. Keinen Tag länger."
Sie starrten einander an, wie die Engländer und die Franzosen während des hundertjährigen Krieges.
"Bis jetzt habe ich mich in deinem Falle nur selten, wenn überhaupt, eingemischt. Aber...", ihre Stimme wurde noch lauter und es war ihm nicht möglich sie zu unterbrechen, "Tatsache ist, daß ich hier einen Posten inne habe, der mir hier in Hogwarts eine gewisse Autorität verschafft."
"Ich gehe dann jetzt runter in meinen Kerker und werde brav bis morgen warten, um mit dem riesigen Berg Hausaufgaben anzufangen, den ich noch zu korrigieren habe und von dem ich, vermutlich zurecht, annehme, daß Lockhart ihn in seiner Freundlichkeit unangetastet auf meinem Schreibtisch hat liegen lassen. Er ist halt einfach zu sehr damit beschäftigt, seine glänzende Fassade aufrecht zu erhalten, als dass es ihm noch möglich wäre, sich um andere Verpflichtungen zu kümmern."
"Warum fällt es dir eigentlich so schwer, dich zu entspannen?"
"Weil", preßte er zwischen seinen Zähnen hervor," ich es nicht mag, alleine mit meinen Gedanken zu sein. Zufrieden? Ich erwarte nicht, daß du oder sonst irgend jemand mich versteht."
"Nun, wenn das der Fall ist, dann habe ich die perfekte Lösung für dich. Abendessen an diesem Wochenende bei mir."
"Was?"
"Wenn du etwas Abwechslung brauchst, um deine Gedanken zu zerstreuen, dann melde ich mich freiwillig für diesen Job, Severus."
Er stammelte: "Ich... Poppy, daß ist... ich will dich ja nicht beleidigen, aber erlaube mir zu..."

 

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